Beiträge von Tiberius Corvius Cadior

    "Kein Problem! Ostia kenne ich nahezu auswendig", antwortete ich ihr freundlich.


    "Ich kann auch nachher noch bei der Baustelle vorbeigehen. Lass und am besten beim Markt von Ostia anfangen."



    Ich machte eine einladende Bewegung mit dem Kopf. Auf dem Weg fragte ich mich, wo sie wohl herkommt.


    "Du bist nicht von hier, stimmt's? Ich traf dich hier noch nie. Das ist übrigens der Markplatz."

    Ich machte meinen täglichen Erkundungsgang zum Treffpunkt "Rettungsanker", um den Baufortschritt zu kontrollieren. Es war noch früh am Morgen und so wunderte ich mich, jemand zu begegnen.


    Ich bemerkte den Blick der Fremden. Ob sie jemanden oder etwas suchte? Ich entschloss mich sie anzusprechen.


    "Salve! Kann ich behilflich sein?"

    „In der Villa Pellacia sehe ich nach dem Rechten“, antwortete ich ihr. „Ob ich dabei aufsehe oder herab, hängt von dem jeweiligen Menschen ab“, scherzte ich.
    In Wirklichkeit sah ich zu niemandem auf, aber ich konnte auch nicht anders als sie in dieser Sache aufzuziehen.


    "Bis vor kurzem weilte noch Parisaa hier und ansonsten auch Eirene - hin und wieder. Derzeit musst du dein Zimmer mit niemandem teilen", erklärte ich kurz. „Ich bringe dich am besten zurück, damit du dich nicht verläufst“, sagte ich gönnerhaft.
    Schon wieder rang sie mir ein Lächeln ab. Sie hatte etwas Zerbrechliches an sich und weckte meinen Beschützerinstinkt.


    Schweigsam begleitete ich sie zu ihrem Zimmer.

    "Deandra ist die Herrin dieses Hauses, Schwester von Commodus und Antoninus und - nun, wie soll ich sagen - bevorzugte Dame des Paters der Aurelier, Sophus."


    Ich machte mir meine eigenen Gedanken zu diesem Thema. Niemandem teilte ich diese mit.


    "Hier jedenfalls ist das große Triclinium. Es gibt auch noch ein kleines. Die Küche und vielleicht auch das angrenzende Gestüt zeige ich dir morgen."


    Ich schaute sie an. Irgendwie gefiel mir der Umgang mit ihr. Ich würde sie wiedertreffen, das stand fest.


    "Für heute machen wir Schluß. Ich habe noch etwas zu erledigen. Also, bis dann morgen."


    Ich schenkte ihr eines meiner wirklich seltenen Lächeln.



    edit: Tippfehler. Tjo, und gleich noch einer.

    Ich ignorierte ihren angstvollen Blick, aber von nun an würde ich sie Rehkitz nennen. Der Name war einfach treffend.


    "Einen Despoten wirst du weder hier noch in der Villa Aurelia in Rom antreffen. Sei unbesorgt! Nun ja, manchmal bin ich etwas ruppig, aber vielleicht schaffst du es ja, mich etwas gnädiger zu stimmen."


    Ich versuchte ihr, mit dem Scherz über ihre Unsichrheit zu helfen. Wie konnte man nur so verschreckt sein? Ich war selbst einmal Sklave gewesen, aber meinen Stolz und meine Stärke verlor ich dabei nie.


    Wir kamen zurück zur Empfangshalle und durchquerten sie. Nebenan blieb ich stehen und wies auf eine Tür.


    "Hier ist das kleine Atrium.. Vor kurzem war hier noch Antoninus aufgebahrt. Er war ein Bruder deines Herrn."

    Ein Gewürz? Ich runzelte die Brauen. Was für eine Nichtigkeit!


    "Hat er sich daran die Zunge verbrannt?", fragte ich belustigt und schüttelte mit dem Kopf. Dann erst fiel mir ihre veränderte Art auf und ich bereute meine Worte. Ungeschickt im Entschuldigen, lenkte ich einfach ab, denn wir kamen gerade an der Hausbücherei vorbei. Ich öffnete die Tür.


    "Das hier ist die Bibliothek oder auch das Studierzimmer des Paters der Aurelier. Jetzt ist es leer. Sonst ist es nicht empfehlenswert, es zu betreten."


    "Wie hat er reagiert?", fragte ich als wir weitergingen nun doch neugierig.

    Ich schaute sie an. War es indiskret zu fragen? Ich versuchte in ihrem Gesicht zu lesen, aber Frauen waren mitunter sowieso ein Buch mit sieben Siegeln.


    „Erzähle es, wenn du es erzählen willst, ansonsten ist es in Ordnung, wenn du nicht darüber sprechen willst. Also gut. Machen wir einen Hausrundgang.“


    Ich gab ihr zu verstehen, dass sie mir folgen sollte. Sie hatte genügend Zeit falls sie reden wollte.

    „Ein wenig? So geht es allen Sklavinnen hier“, sagte ich etwas abfällig und dachte zurück an Eirenes Köstlichkeiten.


    Wieder musterte ich Mia. Ihr Atem ging etwas schnell. Ich verstand beim besten Willen nicht, warum sich Frauen immer so schnell aufregten. ;)


    „Was ist? Kommst du jetzt alleine zurecht oder soll ich dir noch die Villa zeigen?“ Ihre scheue Art machte es mir unmöglich, so abweisend und kalt wie sonst zu sein. Schon fast gegen meinen Willen war ich zugänglich. Zustände waren das…

    Ich musste wieder grinsen. Scheu wie ein Reh. Ich wusste nicht, ob ich amüsiert sein oder sie bemitleiden sollte.


    „Nun werd mal locker. Hier ist niemand außer mir und ich fresse dich sicher nicht auf.“


    Immerhin hatte sie geschafft, dass meine etwas grimmige Laune verflogen war. Ich war gut gestimmt und ausnahmsweise sogar redselig.


    „Kannst du kochen?“, fragte ich hoffnungsvoll bei dem Gedanken an das Essen der letzten Tage. Mir schmeckte nur das Essen von Eirene und die war nicht hier.

    Ich musste wegen dem Versprecher grinsen. Ob sie wohl völlig normal und ungezwungen reden konnte? Das fragte ich mich wirklich. Was diese Stände hier in Rom so aus den Menschen machten? Ich schüttelte mit dem Kopf. In meiner Heimat gab es derartig krasse Gegensätze nicht.


    „Bist du frei geboren oder schon immer im Stand eines Servus gewesen?“, fragte ich als wir bereits die Zimmer erreichten.

    „Mia“, wiederholte ich ihren Namen und musterte sie erneut. Ich gab ihr einen Wink und forderte sie auf, mir zu folgen. Mein Ziel waren die Sklavenunterkünfte.


    „Für dich bin ich Cadior“, sagte ich im Gehen. „Ich lege keinen Wert auf solch unnütze Förmlichkeiten. Des Weiteren…“ Ich sah sie kurz an. „… leg deine Unterwürfigkeit dort an den Tag, wo man diese schätzt. Ich jedenfalls schätze sie keineswegs. Meinst du, dass du das schaffst?“


    Fragend sah ich sie an.

    „Sklavin des Commodus bist du also.“ Ich war überrascht. Ihr Verhalten entsprach dem. Nett sah sie trotzdem aus.


    „Na, ich hoffe doch, dass du hier nicht nur warten wirst, sondern auch mit anfasst.“ Es sollte ein Scherz sein und ich hoffte, er kam als solcher an. Bei ihrer Schüchternheit war ich mir nicht sicher.


    „Komm erst mal rein. Wie ist eigentlich dein Name?“

    Wieder einmal war niemand zur Stelle und deswegen ging ich zur Tür. Es wurde wirklich Zeit, dass hier mal wieder ein verlässlicher Sklave eingestellt werden würde.


    Etwas mürrisch öffnete ich die Tür und blickte in ein junges, hübsches Gesicht. Sogleich glätteten sich meine Züge und ich betrachtete die überraschende Besucherin von oben bis unten. Nett sah sie aus. Nicht von schlechten Eltern.


    "Salve!"


    Musternd wartete ich auf ihre Erklärungen.

    Mit dem Schwert von Antoninus im Gepäck machte ich mich heute auf den Weg nach Corsica.


    Schon viel zu lange schob ich diese Reise vor mir her und selbst jetzt war der Zeitpunkt denkbar ungünstig. Ich wurde ständig in Ostia und im Gestüt gebraucht, war eigentlich unabkömmlich. Hoffentlich fand ich Vibullius schnell und hoffentlich würde mich die Angelegenheit hier nicht allzu lange aufhalten.


    Entschlossen schritt ich den Pfad vom Hafen in Richtung Wohngegend. Nach einigem Herumfragen wies mir ein alter Mann den Weg zu Vibullius’ Behausung. Der Aufstieg war mühselig, aber bald geschafft.


    Ich hielt inne, denn ich war am Ziel.