Beiträge von Maximus Decimianus Verus

    Ich war dem kleinen Burschen gefolgt und betrat das Atrium. Es war immer noch zeitlos schön, ganz wie in meiner Kindheit und meinen Jugendtagen. Andächtig durchquerte ich den Raum, blieb vor der einen und anderen Statue stehen, legte meine Finger auf den Marmor.


    Dieses Haus hatte viel erlebt. Viele Menschen hatten hier gelacht, geweint, sich gefreut und getrauert. Ich hatte einige Herren erlebt. Den alten Decimus Hispanicus hatte ich nicht mehr gekannt. Dafür Decimus Proximus und Decimus Mercator. Ihre Söhne, Töchter, die Nichten, alle die Anverwandten. Und heute stand das Haus leer.


    "Zeiten kommen und gehen..."
    flüsterte ich und marschierte in meine Unterkunft weiter.

    Ich trat an die Türe und klopfte an. Dann wartete ich und sah mich um. Es hatte sich im Grunde kaum etwas verändert, nur dass die Casa etwas verträumter und einsamer dalag es vorher. Der Putz an der Aussenfasade hatte stellenweise einige Mängel vorzuweisen. Viel geschehen war hier in der Tat nicht, was allerdings auch nicht verwunderte, hatten die Decima ihren Hauptwohnsitz doch schon lange nach Rom verlegt. Die Casa in Tarraco WAR einmal der Mittelpunkt ihres Lebens gewesen. Dieses Leben jedoch existierte in dieser Form nicht mehr.


    Wen hatte ich alles gekannt? Ich wollte gerade diesen Gedanken verfolgen, als die Türe geöffnet wurde und mich ein kleiner Bursche mit großen Augen anblickte.


    "Ja?"


    "Salve, kleiner Mann. Bist Du der neue Ianitor?"
    Ich scherzte und klopfte ihm auf die Schulter.


    "Verus! Verus!"
    erkannte er mich nun und schrie:


    "Verus ist wieder da! Verus ist wieder da!"
    und rannte mit schnellen Schritten in das Haus.


    Ich zog die Türe hinter mir zu und folgte ihm.

    Das Schiff legte endlich an und so sehr ich es genossen hatte, war ich doch endlich wieder froh, festen Boden unter den Füßen zu haben. Tarraco. Römische Hauptsstadt in Hispania und Heimat.


    Ich meldete mich beim Hafenmeister, packte dann mein Bündel und machte mich auf den Weg zur Casa Decima. Es gab viel zu tun. Mein Herr hatte mich beauftragt, eine Bestandsaufnahme über alle Besitztümer in dieser Provinz aufzunehmen. Dann sollte ich Interessenten suchen und alles was nicht mehr notwendig erschien verkaufen.

    Zwei Magistrate der Stadt sprachen mich an, was ich unschwer an der Kleidung erkennen konnte. Ehe ich jedoch antworten konnte, eilten sie schon weiter. Ich zuckte daher mit der Schulter und beschloss mich tatsächlich ersteinmal um den Schinken zu kümmern.


    "Schinken, Schinken, Schinken ..."


    trällerte ich vor mich hin und stürzte mich ins Vergnügen.

    Wir machten Halt. Auf dem Marktplatz von Augusta Raurica angehalten ging ich zu dem nächstbesten öffentlichen Brunnen, nahm ein paar Schlücke Wasser zu mir und wusch mir die Hände und das Gesicht. Dann sah ich mich um. Der Räucherschinken aus dieser Stadt sollte berühmt sein, hatte mir einer der begleitenden Soldaten erzählt. Folglich sah ich nach, wieviele Sesterzen ich noch in meinem Reisebeutel hatte und begab mich - nachdem ich erfahren hatte, wie lange wir hier rasten würden - auf Einkaufstour in die Stadt. Viele der Stände sahen wirklich einladend aus. Und dass es eine Schinkenstadt war, roch man sofort. Beinahe jeder dritte Stand verkaufte diese Spezialitäten. Es galt sich erstmal einen Überblick zu verschaffen und dann jenen zu finden, welcher den besten verkaufte ...

    Geneva - Massilia. Der widerlich stinkende Kutscher neben mir ging mir schon seit Tagen auf den Sack. Und immerzu murmelte er die selben Sätze vor sich hin. Ich war über jede Rast dankbar, war froh, wenn ich von dem Wagen herunterkam. Bis Borbetogmagnus hatte ich es noch einigermaßen ertragen. Nach Borbetogmagnus mochte ich nicht mehr. Ich wechselte das Gefährt. Ging abschnittweise auch zu Fuß. Oder lieh mir ein Maultier.


    Geneva lag noch vor uns. Dort würden wir also den Weg Richtung Massilia einschlagen und in Massilia würde ich mich von der Reisegesellschaft trennen. Mein Patronus würde nach Rom weiterreise, ich selbst nach Tarraco.


    Tarraco. Wie lange hatte ich die Stadt nicht mehr gesehen? Und wieviel hatte ich in dieser Stadt erlebt. Die Liebe meines Lebens hatte dort gelebt und war dort auch gestorben. Calliope. Oh, du wunderschöne Calliope. Ich hatte sie begehrt. Ich hatte sie angebetet. Und doch hatte das Glück nur einen kurzen Bestand.

    Ich befand mich ebenfalls in dem Tross. Als ehemaliger Sklave und Klient des Senators befand ich mich jedoch ein wenig weiter hinten. Auch saß ich nicht in einem Wagen, sondern auf dem Kutschbock eines der Gepäckwagen, gleich neben einem der Lenker. Mein Wagen war weniger gut gepolstert, dafür hatte ich beste Sicht auf die Landschaft und die Gesellschaft eines Mannes, welcher unablässig vor sich hinmurmelte, seinen Tieren weibliche Kosenamen zuwarf und regelmäßige nach rechts hin ausspuckte.

    "Ja, Herr."


    antwortete ich und nickte.


    "Ich werde heute Abend im Arbeitszimmer vorbeisehen.
    Wenn Du sonst momentan nichts für mich hast...
    Ich gehe noch in die Stadt..."


    Ich wollte noch einige Kleinigkeiten besorgen.

    Also doch nicht Rom. Ich war unschlüssig. Mein Platz war bisher an der Seite meines Herrn gewesen. Und doch hatte er mich schon einmal die Landgüter in Hispania verwalten lassen. Und wieder führten mich die Wege dort hin. Sollte ich annehmen oder ablehnen? Ich sah meinen Herrn an und dachte nach. Rom war eine große Stadt. Sicher würde er auch dort für mich eine Arbeit finden. In Tarraco hingegen würde dann jedoch ein anderer diese Aufgabe übernehmen. Und wann käme ich wieder in die Heimat zurück? Das Angebot hingegen war klar.


    "Ich bin mir noch nicht sicher, Herr.
    Aber wenn Du es wünschst, gehe ich auch nach Tarraco.
    Ich tus."


    Gut. Also nicht Rom, sondern Tarraco.


    "Was soll ich dort alles tun?"

    Ich war erleichtert. Das Archiv umzustrukturieren ging also an mir vorbei. Doch was bedeutete es, dass ich nicht mit nach Rom reisen musste? Sollte? War mein Herr mit mir unzufrieden?


    "Dominus. Wir kennen uns seit unserer Kindheit. Ich reise gerne mit nach Rom. Ich stehe in Deinen Diensten und werde dies immer tun."


    Mein Entschluss stand fest, zumal es entschieden angenehmer war, Klient eines Senators zu sein, als sich alleine durch die Welt zu schlagen.

    Der Statthalter sprach mich auf meine Arbeit an.


    "Dominus, ich muss gestehen, dass ich nicht so vorran komme, wie ich es mir vorgestellt hatte. Das Archiv der Regia ist gewaltig groß und umfangreich. Bis zu Deiner Abreise werde ich in jedem Fall nicht fertig werden. Man müsste das Archiv umstrukturieren..."


    Nun war es also heraus.

    Als Klient meines Herrn fand ich mich im Atrium ein. Ich hatte beschlossen ebenfalls mitzureisen, schließlich war mein Platz an der Seite meines Herrn. Ich wusste auch nicht, was ich in Germanien wirklich sollte. Also was hinderte es mich, ebenfalls mit nach Rom zu reisen?


    Ich betrat das Atrium, grüßte den Statthalter mit einem Nicken und sprach ihn daher direkt an.


    "Herr..."


    ich hielt einen Moment inne, so dass er sich sammeln konnte, war er doch in Gedanken versunken gewesen. Zumindest schien es so.


    "Herr... kann ich bei den Vorbereitungen irgendwie helfen?"

    Ich verstand. Wie ich es erwartet hatte, war das Erscheinen des Prätorianers in Verbindung mit einem wichtigen Auftrag zu sehen.


    "Ich bin der Scriba Personalis des Statthalters.
    Ich kann Dich umgehend zu seinem Officium führen.
    Wenn Du mir folgen würdest..."


    Ich wandte mich um zu gehen ...

    Getreidehof Decima
    Großbäckerei Decima


    gehen in den Besitz des Primus Decimus Magnus über.
    Der Deal wurde hier abgewickelt.


    Weingut Decima
    Weinkelterei Decima


    gehen wieder in den direkten Besitz von Maximus Decimus Meridius über.

    Ich schüttelte den Kopf. Ich hatte im Grunde lange genug hier gelegen und es würde sicher bald schon wieder gehen. Ich dachte daran, bereits morgen wieder mit leichteren Arbeiten anzufangen.


    "Nein, Herr." antwortete ich daher und fügte noch hinzu:
    "Ich wurde gut versorgt. Ich werde morgen wieder mit der Arbeit beginnen. Ein Sklave soll mir die schweren Dokumente tragen, dann wird es mit genügend Pausen schon gehen."