Beiträge von Maximus Decimianus Verus

    Es ging also zu einem Officium. Zu welchem, wurde mir aus den Wortfetzen die ich mitbekam nicht klar, aber egal, ich beschloss einfach den entsprechenden Soldaten zu folgen und alles weitere würde sich eben ergeben.


    Der Eingangsbereich der Regia war imposant. Wenig später würde ich über die große Halle staunen, die Säulen bewundern, den Soldaten auf den Gang folgen und dann vor dem Officium zu stehen zu kommen. Soweit war es allerdings noch nicht.

    Ich erreichte mit den vier Legionären die Regia des Stadthalters von Mogontiacum. Gnädigerweise hatte mich der Centurio am Stadttor reingelassen, obwohl in der Stadt immer noch eine Art Ausgangssperre herrschte. Zwar waren vereinzelt römische Bürger unterwegs, doch in allen Straßen und Gassen wimmelte es von Patrouillen der Legion. Es schien gerade so, als sei die Garnison über die Stadt geschwappt und habe sie überwältigt.


    Als ich das gewaltige Gebäude betrat atmete ich auf. Ich war so gut wie angekommen und die lange Reise, die durchaus interessant war, war zu ihrem Ende gekommen. Gespannt wartete ich ab und hörte zu, wie einer der Legionäre die Wache ansprach und darüber informierte wer ich war. Maximus Decimianus Verus, ein freigelassener Sklave des Statthalters und dessen Klient. Soweit war alles richtig. Er hatte seine Text gut gelernt. Ich nickte bestätigend.

    Er hatte ein Nachsehen mit mir und ich konnte froh sein. Seine Männer durchsuchten mich oberflächlich, sahen dann auch noch in das Gepäck und die Satteltasche und fanden natürlicherweise auch das Messer, welches ich mit mir führte, was aber auch logisch war, denn wer reiste von Tarraco nach Mogontiacum über mehrere tausend Meilen ohne Messer?


    Das Messer war lebensnotwendig, es gab tausend Gelegenheiten in denen ein echter Mann ein Messer brauchte. Brot schneiden, ein Seil durchtrennen, sich rasieren war eines, wenn ein Mann reiste, hatte er mindestens ein Messer dabei. Folglich würde er über das Messer sicher hinwegsehen, war es ja kein Gladius und auch höchstens drei Handbreit lang.


    "Ich danke Dir, Centurio." sprach ich und zurrte dann wieder an meinem Maultier, welches zwei drei Schritte nach vorne tat.


    "Und was den Fall da drin betrifft, wünsche ich viel Erfolg bei der Aufklärung..."

    Der querstehende Hahnenkamm fragte mich nach meinem Namen und das war schon mal ein gutes Zeichen. Immerhin dachte der Centurio nach, und er konnte ja mich und mein Maultier gerne gründlich untersuchen und mich dann reinlassen.


    "Maximus Decimianus Verus. Ich trage den Namen meines ehemaligen Herrn, da ich sein Sklave war und von ihm frei gelassen wurde..." sagte ich kurz und knapp wie es war.


    Du solltest Dir aber gut überlegen, ob Du mich reinlässt. Die anderen hier wollen sicher auch rein, lässt Du einen rein, gibt es Stress... dachte ich, sagte es aber nicht, da ich hier draussen nicht ewig rumstehen wollte. Auf der anderen Seite mussten sie das Tor ja irgendwann wieder öffnen und die Leute rein und raus lassen, alleine schon wegen dem Markt. Auch wenn damit zu rechnen war, dass jeder Mensch, jedes Pferd und jeder Ochse, von aussen und innen durchsucht wurde, man jedes Faß öffnete, jeden Heuballen durchwühlte, jede Kiste öffnete und jede Frau - Gelegenheit machte gründliche Soldaten - betatschte.

    Ich wurde in meinen Gedanken plötzlich von einem Mann angesprochen, welcher der Uniform nach ein Centurio sein musste. Nicht, dass ich mich groß auskannte, aber einen Centurio erkannte man am querstehenden Hahnenkamm auf dem Helm und als ehemaliger Sklave des Legatus Legionis Meridius wusste man sowas, schließlich war das Haus oft genug voll von Offizieren gewesen, die auch immer ihre Helme dabei hatten und am Eingang zur Verwahrung abgaben. Und wieviele verschiedene und doch wieder gleiche Helme mit querstehenden Hahnenkämmen konnte es geben. Es war unglaublich.


    Der Hahnenkamm vor mir war jedenfalls nur einer und ich wusste, dass er mich ansprach und meine Antwort sollte schon korrekt sein, wenn ich noch heute in die Stadt wollte.


    "Das ist richtig, Centurio." antwortete ich und erhob mich umgehend um nicht von unten nach oben reden zu müssen, was unhöflich gewesen wäre.


    "Eigentlich erwartet er mich schon länger, also nicht spezifisch heute, denn ich komme aus Tarraco, seiner Heimatstadt und habe eine lange Reise hinter mir. Aber wenn es da..." ich nickte Richtung Tor


    "...wenn es da drinnen etwas wichtiges zu tun gibt, kann ich auch warten. Auf einen halben Tag mehr oder weniger kommt es auch nicht mehr an. Ist was schlimmes vorgefallen?"

    Anscheinend hatten die Soldaten gerade alle Hände voll zu tun und genug andere Sorgen, als sich um einen mittelmäßig gekleideten Libertus zu kümmern, der ob seiner langen Reise auch noch schlecht rasiert war. Der Offizier jedenfalls hörte meine Frage nicht, oder ging auch gar nicht darauf ein, denn von allen Seiten wurde er mit Fragen bombardiert und musste Leute beruhigen.


    Ich zuckte daher mit der Schulter, zog mein Maultier hinter mir her und ging etwas abseits um mich auf einem Stein niederzulassen. Im Grunde blieb mir nichts anderes übrig als zu warten, bis man mich hineinlassen würde, bis man das Tor wieder öffnete.


    Dass zeitgleich am anderen Tor eine Reisegesellschaft aus Colonia kommend dort umgehend eingelassen wurde, nachdem sich der Reiter an der Spitze als Sohn des Statthalters zu erkennen gab, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht wissen. ( :D ) Die Straße nach Geneva jedenfalls war dicht und die Wache machte nicht den Anschein, jemanden rein, oder raus zu lassen.

    Sim-Off:

    Hab das Stadttor nicht gefunden. Und wenn schon Ausgangssperre ist, sollte man das auch simmen, oder? ;)


    Unsere Reisegruppe hatte Mogontiacum errreicht. Es war noch früh am Morgen, wir hatten die frühen Morgenstunden ab der letzten Mansio genutzt und wollten noch rechtzeitig auf dem Markt eintreffen. Schon von weitem konnte man jedoch sehen, dass etwas nicht stimmt. Auf der Straße zum Tor staute sich der Verkehr, Händler und Karren, Gesinde und Bauern unterhielten sich schwatzhaft und eine doppelte Abordung Soldaten stand vor dem geschlossenen Tor und versuchte die Menge zu beruhigen.


    In der Nähe angekommen, ließ ich mich von meinem Maultier herunter und trat langsam näher um aufzuschnappen, was vorgefallen sein musste. "Es herrscht Ausgangssperre in der Stadt!" sagte einer, und ein Soldat bestätigte das. Ausgangssperre? Wieso? Die Frage machte die Runde. Anweisung von oben, genau wusste es die Torwache auch nicht.


    "Ich bin ein Klient des Statthalters" sprach ich einen Offizier an, in der Hoffnung, dass er mich einlassen würde.


    "Was ist denn hier los? Ist was vorgefallen? Und wie komm ich hier rein? Der Statthalter erwartet mich..." Das Maultier nickte, als wolle es meine Aussage bestätigen.

    Der Rest der Reise verlief problemlos, aber auch langweilig. Die Landschaft war in der Tat interessant, die Bäume trugen gelbe und rote Farben und die Blätter tanzten im Wind. Gesprächig waren meine Reisegenossen nicht, einzig der alte Händler murmelte hin und wieder etwas von besseren Zeiten und davon, dass dieses Banditenpack in Raetia keine Skrupel gekannt hatte. Nicht, dass man ihn falsch verstehe, er sei auch ein Germane, aber eben ein römischer Germane, oder ein germanischer Römer. Zumindest ein Zivilisierter, wie all jene Germanen, die verstanden hatten, dass die römische Zivilisation für sie nur Vorteile brachte. Waldidelaismus in allen Ehren, Bauernhofromantik mal beiseite gelassen, böten die Thermen, die Märkte und die Möglichkeiten des Imperiums doch eine ganze Welt für sich. Man müsse nur von seinem hohen Ross herunter. Denn was bedeute schon Freiheit? War er denn etwa nicht frei? Im Gegenteil, er sei freier als je zuvor, könne im ganzen Imperium reisen, viel weiter als in seinen eigenen Wäldern, wo die Welt am Ende des Stammesgebietes aufhörte und Feindesland begann.


    Ich hörte ihm schweigend, aber aufmerksam zu, als die Stadt in Sicht kam.

    Die nächste Stadt auf der Strecke nannte sich Argentoratum. Auch Argentoratum unterschied sich kaum von den römischen Städten, wie sie überall im Imperium errichtet worden waren. Das geschäftige Leben war wie überall und auf dem Forum schien ein größerer Auflauf stattzufinden, als unsere Reisegruppe dort eintraf und nach einem Quartier suchte. Die Männer des Händlers hatten ihr Ziel gefunden, und so musste ich ab hier die weitere Strecke alleine zurücklegen, oder mich aber einer anderen Reisegesellschaft anschließen.


    Da alleine reisen nicht gerade sicher war, begab ich mich also auf das Forum und hielt Ausschau nach Reisenden, die Richtung Norden wollten. Nach längerem Suchen hatte ich welche gefunden. Es handelte sich um einen Amphorenhändler, der gallische Keramik nach Norden befördern wollte. Ich wechselte ein paar Sätze mit ihm und wir machten aus, dass ich mich am nächsten Morgen reisebereit vor der Taverna zum östlichen Tor einfinden würde.

    Augusta Raurica war eine beschauliche Stadt. Ich war bisher nie in Germanien gewesen, schon gar nicht um diese Jahreszeit und der Herbst war an allen Bäumen weit und breit zu sehen. Die Ernten waren alle bereits eingeholt worden und die Felder und Wiesen hatte man auf den kommenden Winter vorbereitet.


    In der Stadt selbst war Markttag, als meine Reisegruppe dort eintraf. Ich kaufte mir neuen Proviant, tauschte das Maultier gegen ein frisches ein und erging mich ein wenig in den Straßen der Stadt. In einem Lupanar gab es nette Mädchen. Eine Blondine war ganz reizend, sie kostete nicht viel, war schüchtern, daraus schloß ich, dass sie noch nicht lange in diesem Gewerbe arbeitete und so versuchte ich so behutsam wie möglich mit ihr umzugehen.


    Ihr Körper war warm, hatte eine schöne Gestalt, wirkte noch unerfahren. Ich zahlte ihr mehr als das dopplete des Üblichen und verabschiedete mich mit den besten Wünschen für die Zukunft. Ihren germanischen Namen würde ich wohl so schnell nicht mehr vergessen...

    Die Überfahrt nach Massilia war problemlos verlaufen. Das Schiff hatte die Strecke ohne Schwierigkeiten zurückgelegt, und im Hafen von Massilia hatten wir uns einer Reisegruppe angeschlossen, die Richtung Norden ging. Unterwegs jedoch, merkte ich schnell, dass sich Gallus verändert hatte. Zum erstenmal war er frei, und noch dazu in seiner Heimat. Etwas bedrückte ihn, das erkannte ich sofort, und nachdem er mir dann in einer Mansio gestand, dass er am liebsten hier bleiben würde und sein Glück in einer der gallischen Städte versuchte, versicherte ich ihm, dass unser Herr, Decimus dafür Verständnis haben würde. Hatte er ihm nicht deshalb die Freiheit geschenkt?


    So trennten sich also unsere Wege und hinter Geneva reiste ich alleine Richtung Mogontiacum.

    Als das Schiff den Hafen verließ, begann für mich und auch Gallus ein neuer Lebensabschnitt. Ich wusste nicht, wann und wie oft uns die Wege wieder nach Hispania zurückführen würden, doch ich wusste, egal wohin uns die Wege führen würden, würde ein Teil meines Herzens immer für diese schönen Stadt an der Küste Hispanias schlagen. Tarraco war nicht nur irgendeine Stadt. Sie war meine Heimat. Auch wenn mein Zuhause jetzt wo anders sein würde.


    Sim-Off:

    ebenfalls ab

    Gallus hatte sich entschieden mitzukommen und das war gut so. Folglich würde er sich mir im Vestibulum anschließen, oder zumindest dann später im Hafen. So war für die Reise schon gesorgt, Begleitung würde ich haben und hätte auch jemandem zum Unterhalten. Es war der letzte Abend, den ich in der Casa Decima verbrachte. Ich hatte viel erlebt und würde mit einem Lächeln an diese Zeit zurück denken.

    Ich überlegte einen Moment. Das meiste hatte ich dem neuen Vilicus schon gezeigt und die Bücher würden wir uns am Ende des Tages ansehen. Im Grunde gab es eigentlich nichts weiteres mehr zu besprechen, oder zu zeigen. Mit dem was er jetzt wusste, würde er auf jeden Fall erfolgreich arbeiten können.


    "Ich denke wir haben alles..." sagte ich und stellte fest, dass auch ein bisschen Wehmut mit dabei war, jetzt diese Arbeit hinter mir zu lassen. Ich hatte sie gerne getan, auf der anderen Seite war ich aber auch froh etwas neues anfangen zu können.


    Sim-Off:

    Ich muss los. Die Verabschiedung in der Casa lassen wir mal fallen. Kannst ja dort, wenn Du möchtest noch einen Nachpost schreiben. Man sieht sich.

    Ich stand im Hafen und suchte das Schiff, von welchem der Hafenmeister gemeint hatte, dass es nach Massilia fahren würde. Meine wenigen Habseligkeiten hatte ich in einem ledernen Beutel über meinen Rücken geworfen. Das für die Überfahrt nötige und abgezählte Geld befand sich gut verstaut an einem sicheren Ort, die Brise vom Meer her war frisch und salzig und der Tag versprach interessant zu werden. Schon lange war ich nicht mehr mit dem Schiff gefahren.


    "Wo ist jetzt der Pott?" fragte ich mich selbst und entdeckte ihn wenige Sekunden später. Zielstrebig ging ich auf diesen zu.

    Gallus war schonmal eingetroffe. Jetzt fehlte nur noch der neue Vilicus, ohne diesen konnten wir keinesfalls anfangen, schließlich betraf das Schreiben des Senators in gewisser Weise auch ihn. Wenn ich aus Tarraco abreiste, und Gallus eventuell mitkäme, würde es um den neuen Verwalter etwas einsamer werden.


    "Salve Gallus." sprach ich diesen an. "Es ist gut, dass Du gekommen bist. Ich habe ein Schreiben des Senators bekommen und er wünscht, dass wir nach Mogontiacum kommen. Anscheinend hat er Arbeit für uns. Nunja, zumindest für mich. Du kannst Dich anschließen, wenn Du möchtest, musst es aber nicht. Er stellt es Dir frei..."


    Ich erläuterte ihm schnell den Grund der Zusammenkunft und sah dann wieder zur Türe. So langsam wurde es Zeit ...

    Ich hatte früh am Morgen das Vestibulum schon erreicht und alle Vorbereitungen zur Abreise getroffen. Bis zum Hafen würde zu Fuß gehen, dort wartete das Schiff, welches nach Massilia fuhr. In Massilia würde ich dann mit einem Boot landeinwärts fahren und dann der Hauptstrasse nach Germanien folgen. Von Geneva bis Mogontiacum würde der Rest der Reise dann hoffentlich nicht mehr allzu anstrengend sein.

    Es war spät am Abend und ich hatte Drusus, den neuen Vilicus, sowie Gallus und die letzten drei Sklaven des Haushalts in das Tablinum bestellt um mit ihnen das weitere Vorgehen zu besprechen. Auf dem kleinen Tischchen stand ein Krug mit Landwein, einige kleinere Trinkgefäße und etwas leichtes zum Essen.


    Ich war der erste und ging nachdenklich auf und ab.
    In der Hand das Schreiben des Senators.

    Ich sah nach der Post und erkannte das Siegel des Senators sofort. Schnell öffnete ich das Schreiben und las die Zeilen. Er wollte, dass ich nach Mogontiacum reiste und Gallus - so er es wünschte - gleich mitnahm. Nach Mogontiacum? Germanien? Eine so weite Reise im frühen Herbst?


    Einen Moment dachte ich nach. Ich war schon lange nicht mehr aus Tarraco und der Region herausgekommen, und der Senator würde sicher Arbeit haben, sonst würde er um diese Reise nicht bitten.


    Folglich blieb mir im Grund auch keine andere Wahl.
    Es galt Gallus und diesen Drusus zu finden...

    "Wie Du meinst, es gehört in Zukunft zu Deinen Aufgaben. Nur vergiss nicht, dass manchmal ein Schiff voll Amphoren aus Ostia günstiger sein kann, als mehrere Wagenladungen aus dem Hinterland, die unregelmäßig geliefert werden und keine bessere Qualität haben. Doch Du wirst schon Deine Erfahrungen machen..."


    Ich sah ihn an und nickte ihm dann aufmunternd zu.
    Der Senator wird schon gewusst haben, warum er ihn einstellte.