Ich runzelte die Stirn. Urgulania? Die hatte doch Varilia geheißen
Das wurde ja immer besser.
"Aha, noch eine Iunia, der du schöne Augen machst, ja? Eine genügt dir wohl nicht? Es ist ungeheuerlich, was ich mir hier alles bieten lassen muss! Ich kenne keine Iunia Urgulania, allerdings erinnere ich mich sehr gut an eine Iunia Varilia, von der du kaum die Augen abwenden konntest, mein Lieber, also lenk nun nicht ab!"
Beiträge von Germanica Aelia
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"Pfff.", schnaubte ich. Grummelig beendete ich die Massage und begab mich wieder auf die für Bittsteller angestammte Seite des Tisches. Was gingen mich denn Überfälle und Beamte an?
"Ich wette, wenn diese Iunia von den Ludi dich bitten würde, ihr ein Hippopotamus zu besorgen, du würdest die halbe Legion losschicken! Aber ich bin ja nur deine Frau, da lohnt die Mühe nicht, wie?" -
"Väter sind ja eh nur große Kinder.", gab ich weise von mir. Das ein oder andere hatte ich schließlich von meinen zahlreichen Großtanten (und den weniger zahlreichen Großmüttern) aufgeschnappt.
"Zeit für die Spiele!", jauchzte Spongia plötzlich und klatschte in die Hände.
Mir blieb in diesem Moment nicht viel mehr, als Venusia entschuldigend anzusehen. "War nicht meine Idee.", murmelte ich. Es folgte eine wortreiche Diskussion darüber, mit welchem der - zweifellos - spaßigen Gesellschaftsspiele denn nun begonnen werden sollte.
"Nicht meine Idee.", bekräftigte ich indes mit einem Nicken.
"Zuerst das Tastspiel.", beschloss schließlich Annalis. Da niemand innerhalb von 2 Sekunden widersprach, begann sie auch umgehend die Spielregeln zu erklären.
"Also Duccia, wir werden dir die Augen verbinden und nacheinander Gegenstände in die Hand geben. Alles, was du erkennst, darfst du behalten."
Sie war sichtlich begeistert. -
"Warum denn nicht?", brummte ich. "Was haben die denn derzeit so enorm wichtiges zu tun, dass sie keinen kleinen Ausflug in den Süden machen können?"
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"Dann kaufen wir eben neue.", war meine pragmatische Antwort. "Wir können ihm doch ein Gehege bauen, das frisst schon niemanden. Stell es dir doch vor, das wäre wunderbar. Was denkst du, wie beeindruckt Besucher sein würden."
Etwas kleinlaut folgte noch: "Außerdem habe ich Venusia versprochen, ihr eins zu zeigen."
Unermüdlich bearbeiteten meine Hände weiterhin Corvus' Schultern. -
Ich persönlich fand natürlich die Idee mit dem Reiterspielzeug hervorragend - und ärgerte mich, dass ich nicht selbst darauf gekommen war.
Jede der Frauen, die bereits mit dem Dank der stolzen Mutter beehrt worden war, widmete sich umgehend wieder einem der beiden Zwillinge.
In der Zwischenzeit kamen noch einige weitere Geschenke ans Tageslicht:
Zwei Wachstafeln, deren Rahmen aus eingefärbtem Kaninchenfell bestanden - vermutlich eher etwas für spätere Entwicklungsstadien. Eine kleine Puppe, gekleidet und geschminkt wie eine ägyptische Pharaonin, sowie - für den Jungen - ein ägyptischer Soldat und zahlreiche weitere nützliche und unnützliche Präsente.
Nach dem (gefühlten) 500. Geschenk beugte ich mich zu Venusia.
"Na, was denkst du? Kann mans brauchen?" -
Werbung vs. Realität
http://www.pundo3000.com/werbunggegenrealitaet3000.htm
Ich meine, nicht, dass man das nicht eh wüsste... aber es direkt nebeneinander zu sehen ist schon arg
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"Nein, kein Zebra. Ein Hippopotamus."
Angestrengt knetete ich weiter.
"Du weißt doch noch? Wir haben Avarus und Lucilla eins zur Vermählung geschenkt. Und ich finde, so ein Tier würde wunderbar in den Garten passen. Außerdem möchte Venusa unbedingt eins sehen. Ja?" -
"Du weißt ja, dass Venusia aus Germanien kommt, nicht wahr?"
*knetmassierdrück*
"Und ich habe ihr von den wundervollen Tieren erzählt die es hier gibt. Zebras und Giraffen und Hippopotamus...se?!"
Den Plural von Hippopotamus kannte ich nicht, als riet ich wild drauflos. Vielleicht gab es auch keinen Plural, so ein Vieh alleine war ja schon groß genug.
"Vielleicht... könnten deine Leute... nochmal... eines... besorgen?" -
"Als ob Corvus so viel besser wäre.", grinste ich.
"Ich hätte da noch ein anderes Anliegen."
Das netteste meiner Lächeln strahlte ihn an, während ich den Schreibtisch umrundete, mich hinter meinen Gatten stellte und begann, seine Schultern zu massieren.
"Ist auch nicht viel." -
"Muss er sein.", erwiderte ich. Wenngleich mich diese Zwillingsgeburt an meinen eigenen - mittlerweile verstorbenen - Zwilling Aemilia erinnerte. Ein Seufzen entfuhr mir, jedoch fing ich mich umgehend wieder und winkte ab.
"Ach, es ist doch beileibe nichts ungewöhnliches, dass Kinder nach ihrem Geburtsort benannt werden. Nur weil dieser griechische Kriegsmensch, den sie hier anbeten wie einen Gott, genauso hieß..."
Natürlich dachte ich an Alexander den Großen, Cleopatra und Marcus Antonius kamen mir überhaupt nicht in den Sinn. -
Das Ablenkungsmanöver funktionierte - zum Teil. Denn die Hälfte der Damen verdrehte nun den Hals, um neugierig die fremde Frau aus dem fernen Germanien zu beobachten. Keine Frage, später würde sie mit Fragen gelöchert werden. Ich wusste es, mir erging es bei meiner Ankunft damals nicht besser
"Mach sie doch auf.", schlug ich grinsend vor, selbst recht gespannt, was für Geschenke mitgebracht worden waren. -
Mein Gesichtsausdruck ließ sich am ehesten mit 'beleidigt' beschreiben.
"Was soll das heißen? Wusstest du das nicht? Ich habe doch jemanden zu dir geschickt."
Wenn ich nur noch gewusst hätte, wer das war... elendes Sklavenpack, sollte man alle auspeitschen. Wie die Sache nun stand, musste ich ja nun alles erzählen. Herrje.
"Aaaaaalso", begann ich gewohnt ausschweifend, "Heute Nacht hat mich irgendeine Sklavin geweckt und berichtet, dass die Wehen eingesetzt haben... bis heute Nachmittag hat es dann aber gedauert, bis das erste Kind geboren war. Furchtbar, nicht? Sie muss schreckliche Schmerzen gehabt haben."
Allein wenn ich daran dachte stellten sich mir die Nackenhaare auf.
"Und dann kamen sie - erst ein Mädchen, dann ein Junge."
Ich war sichtlich stolz. Als hätte ich auch nur irgendeinen Beitrag dazu geleistet. Nunja, ich war vor der Tür auf- und ab gegangen.
"Allen geht es gut, soweit ich weiß. Aber Alexander oder so haben sie leider keins der Kinder genannt." -
Da ich die Kinder schon ausreichend bestaunt hatte, hielt ich mich hier zurück und beobachtete fasziniert, wie aus einer Gruppe Frauen eine Meute wilder Tiere werden konnte. War ja wie beim Ausverkauf auf den Märkten in Rom.
Die Frage nach den Geschenken musste ich jedoch zunächst mit einem ratlosen Blick beantworten. Herrje, das war die erste Feier dieser Art, die ich gab, woher sollte ich das denn wissen?
"Ich würde sagen, das machst du, wie es dir besser gefällt." -
"Hach, wie putzig."
"Nein, schau nur, dieses Stupsnäschen."
"Und die kleinen Fingerchen."
"Und die Blauen Augen!"
"Ganz die Mama!"
So und so ähnlich hagelte es nun zahlreiche Kommentare der Frauen, die zum Teil selbst bereits Mütter waren, herab. Angesichts der Tatsache, dass man mich zu umringen begann - natürlich wegen des Kindes auf meinem Arm und nicht wegen mir selbst - gab ich das Mädchen wieder der Sklavin zurück und trat zu Venusia.
"Weißt du, ich dachte mir, so als ganz frische Mutter, die noch nie Kinder hatte, weiß man ja noch nicht so wirklich, was so kleine Kinder alles brauchen... und da kam mir diese Idee."
Ich deutete auf einen nahen Tisch, auf welchem sich bereits allerlei Geschenke stapelten.
"Sollte wohl für den Anfang erstmal genügen.", meinte ich breit grinsend. -
"Duhuuu?"
Die Arme hinterm Rücken verschränkt, als wäre ich noch ein kleines Mädchen, das seinen Vater um ein paar Süßigkeiten anbettelt, kam ich mit glänzenden Augen näher.
"Du hast es schon gehört, nicht? Venusia hat Zwillinge bekommen. Und ICH hatte einen von den beiden als Allererste auf dem Arm!"
Dass ich mich dabei mehr als ungeschickt angestellt hatte, verschwieg ich mal besser.
"Magnus ist nämlich irgendwann einfach weggegangen. Bei den Göttern, ich weiß wirklich nicht, wie man so etwas tun kann. Ohne jeden Grund... so etwas würdest du nicht tun, oder?"
Auch hier verschwieg ich das ein oder andere Detail. Meine Schimpftiraden beispielsweise
"Ja... also, deshalb brauchen sie jetzt natürlich mehr Gästezimmer. Wir haben ja genug Platz, nicht? Ich hab ihnen gesagt, wir könnten 3 mehr problemlos entbehren?!" -
Ich selbst bekam zunächst gar nicht mit, dass Venusia schon eingetrudelt war. Erst als ich auf einmal wieder jenes zappelnde Wesen in Armen hielt, wandte ich mich zu ihr.
"Venusia! Ach, verd... wir wollten doch... hmpf."
Die geplante Aktion, gemeinsam 'Überraschung' zu rufen, fiel damit nun flach. Seufz.
"Wir... also... "
"ÜBERRASCHUNG!", riefen die anwesenden Damen dennoch, als sei nicht ohnehin offensichtlich, was hier los sei. Alle unfähig.
Natürlich nicht halb so unfähig wie ich, jenes Kind einigermaßen angemessen festzuhalten. Andauernd fummelte die Sklavin an mir, bzw. dem Säugling herum, rückte meine Hand mal hierhin, mal dorthin. Was man sich nicht alles gefallen musste heutzutage.
"Ja... danke. Also, wir haben uns gedacht, angesichts deiner Zwillingsgeburt, wollen wir ein bisschen feiern. Sozusagen eine Geburtstagsfeier... im wahrsten Sinne des Wortes."
Fröhlich strahlte ich sie an, beifallheischend ob jener genialen Idee.
"Wir haben auch Geschenke mitgebracht!", posaunte Quadrata, eine Frau mit wirklich passendem Namen, heraus und wedelte aufgeregt mit einem in Tuch eingeschlagenen Etwas. Warum hatte ich die ganze Bagage nur eingeladen? -
Es war der Abend, der auf die Geburt von Venusias Zwillingen folgte, als ich einmal wieder meinen Weg zu Corvus' Tablinum fand. Schließlich musste man ihm ja aus erster Hand berichten, was sich zugetragen hatte. Abgesehen davon hatte ich noch eine Bitte an ihn.
So klopfte ich, wartete nicht lange und streckte meinen Kopf durch die Tür.
"Schaaahaaatz? Hast du kurz Zeit?"
'Kurz' war bei mir ein sehr dehnbarer Begriff, wie mein Gemahl mittlerweile sicher wusste. -
Es hatte Tage der Planung bedurft, bis endlich alles soweit vorbereitet war, wie ich mir das vorgestellte hatte. Eine ganz besondere Feier sollte dies heute werden, eine Feier, die - so war ich mir sicher - es im ganzen Imperium so noch nicht gegeben hatte. Eine Babyparty.
Sogar noch jetzt wuselte der ein oder andere Sklave herum, rückte eine Blumengirlande zurecht oder stellte ein Tablett mit Erfrischungen ab. Die wilde Meute konnte also eintreffen.
Erwartungsfroh stand ich mitten im Raum und besah mir alles, als ich jedoch auch schon helle Stimmen von der Porta kommen hörte.
"Decula, Lactucina, Albucilla, Tympana, Annalis, Spongia, Quadrata, Hygina, Propinqua, Philippa (und eine ganze Anzahl weiterer Namen, deren Aufzählung hier nicht von weiterer Bedeutung ist), wie schön, dass ihr hier seid.", begrüßte ich die eintrudelnden Damen der Gesellschaft. Es waren einige lokale Größen darunter und natürlich auch die unvermeidlichen Beamtengattinnen. Und jede hatte ein Geschenk dabei.
Es fehlten nur noch die Ehrengäste - die frischgebackene Mama samt ihrer Zwillinge. -
Ich versuchte, den aufkommenden Husten, welcher durch den umherwirbelnden Sand verursacht wurde, zu unterdrücken - was das Ganze natürlich nur noch schlimmer machte. Mit Tränen in den Augen sah ich keuchend zu Corvus, dem jedoch endlich die Fragen ausgegangen zu sein schienen.
Mit dieser Erkenntnis sah ich wieder zur Bühne, wo gerade der Chor seine Stimme(n) erhoben hatte.