An den Caesar
GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANUS
Castra Legio XIV Flavia
Singidunum, Moesia Superior
Salve mein lieber Bruder!
Ich schreibe Dir aus einem staubigen, wenig einladenden Land. Wie Du sicherlich schon weißt, begleite ich den Imperator Caesar Augustus bei seinem Feldzug gegen die Parther. Wir haben Edessa erobert! Ein glücklicher Erfolg der uns mit Stolz erfüllen kann.
Aber noch so viel Land liegt vor uns.
Du kannst Dir bestimmt vorstellen, dass ich inmitten dieses Heeres nicht so recht passen will. Ich bin kein Soldat und war es nie, so ganz anders als Du. Aber ich bemühe mich und klage über keine Strapaze und keine Unanehmlichkeit, die ich auf dieser beschwerlichen Reise auf mich nehmen muss.
Doch, natürlich, für Dich wäre dieser Feldzug eine Freude, wo er mir Sorge und Pein bereitet. Ich wünschte Du wärst hier, an der Seite des Kaisers und würdest ihm gut raten.
Denn ich fürchte, seinen Beratern mangelt es an dem richtigen Einfluss. Sie meinen es bestimmt gut mit ihm und mit dem Imperium, aber sie raten ihm schlecht. Sie bestärken ihn in der Absicht, immer weiter in das Land des Gegenspielers vor zu rücken.
Wir haben ein stolzes Heer und im Norden kämpft ein zweites, aber wissen wir nicht alle, dass selbst mit dieser gewaltigen Anstrengung das riesige Partherreich nicht erobert werden kann? Wissen wir nicht alle, dass es irgendwann zu Verhandlungen mit Oroes, dem listenreichen König der Parther kommen muss?
Iulianus, nur Dir wage ich das so offen zu sagen, scheint dies vergessen zu haben. Ungestüm wie ein junger Alexander treibt er uns voran, ohne einen Gedanken an das Morgen zu verschwenden. Ich bin alt und zögerlich von Natur, dass weiß ich wohl. Aber ich fürchte, er könne in sein und in unser aller Verderben rennen. Er wäre nicht der erste römische Feldherr, dem diese verfluchte Gegend zum Verhängnis wird. Du musst wissen; wir lagern heute gar nicht weit entfernt von der Stadt Carrhae, einem Ort der Schande und der Trauer, wie Du sicherlich weißt.
Oh ich wünschte Du wärst jetzt hier und könntest dem Kaiser gut zureden. Aber zugleich bin ich froh, Dich fernab dieses Krieges in Sicherheit zu wissen. Weil ich Dich liebe, mein Bruder, und weil es an Dir wäre, Iulianus' Erbe fort zu führen, wenn das Schlimmste in diesem Feldzug eintritt, von dem niemand hofft das es je geschehen und worum jeder Mann die Götter anfleht, dass es niemals sein wird: Das nämlich der Kaiser verstirbt.
Dann wäre es an Dir, dass Imperium zu führen. Gut das Du nicht hier bist, und der gleichen Gefahr ausgesetzt bist wie er und wie wir alle.
Mögen die Götter Dich wohl behüten und mögen uns Mars und Fortuna im neuen Jahr zulächeln!
Dein Bruder Lucius Aelius Quarto
In der OSROENE - ANTE DIEM XI KAL DEC DCCCLVII A.U.C.
(21.11.2007/104 n.Chr.)