"Helena?" Besorgt sah ich sie an und meine Hand fuhr leicht an ihren Hals um zu fühlen, ob das Leben dort noch pulsierte. Als ich es spürte, atmete ich hörbar erleichtert auf. "Was ist mit Dir? Ist Dir schlecht? Hast Du Schmerzen?" Irgendwie spürte ich, dass sie unglücklich war. "ISt es wegen mir? Oder bedrückt Dich etwas anderes?" fügte ich sanft an.
Beiträge von Pentesilea
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Ich versuchte mich zu erinnern. "Der Anfang aller Dinge ist zugleich das Ende und ein Neubeginn," sagte ich verwirrt. Das war mir tatsächlich kurz durch den Kopf gegangen, aber ich konnte nicht sagen, wieso und was es bedeuten sollte. "Ich hab ein Kamel gesehen und diese Stimme gehört, die das sagte. Aber ich weiss es nicht einzuordnen. Und ich könnte nicht mal mit Gewissheit sagen, dass es ein Kamel war, aber gleichzeitig eben doch."
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Etwa zwnzig Minuten später kam ich leise in das Zimmer zurück und kniete mich mit einem dampfenden Becher neben ihr Bett. Sanft berührte ich ihre Schulter. Ein paar Minuten im Garten hatten mir sehr gut getan und ich hatte auf dem Weg dorthin die Köchin gebeten das im Becher zuzubereiten.
"Trink das, Helena," sagte ich sanft. "Es wird Dir helfen." -
"Schon gut," sagte ich leise. "ICh sollte Dich besser alleine lassen."
Ich wandte mich zum Gehen, denn das alles war auch mir für den Moment zu viel udn ich merkte einmal mehr, dass ich mich in diesen Räumen nicht wohl fühlte, das Gefühl bekam eingesperrt zu sein. ICh hatte es in letzter Zeit wieder öfter verspürt und wollte schnell raus, um wieder Atmen zu können. Ausserdem brauchte Helena wohl Ruhe. -
"Was bedeutet Anpassung? In welche Richtung?" Ich würde dafür nichts verraten, was mir, auch wenn ich es nicht erklären konnte, was es war, wichtig war. "Naja, ich kenne nichts anderes als das Jetzt. ICh weiss nicht, ob es besser oder schlechter wäre."
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"Als Sklavin bin ich..." nein, ich konnte es nicht sagen und schwieg besser. "ICh weiss es nicht. Ich habe mir noch nie Gedanken über sowas gemacht."
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"Und Du willst wirklich nicht, dass ich das Haus verlasse wegen dieser Sache? Ich meine, Du bist Pontifex und ich in den Augen der Römer doch noch bald schlimmer als diese Komischen da, wie nannten sie sich gleich? Christen, ja."
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"Ist das ein Befehl?" fragte ich sicherheitshalber nach, denn mir war nicht ganz wohl bei der ganzen Angelegenheit.
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"Ich habe Deine Götter nicht mißachtet oder verraten."
Ich betrachtete sie und sagte leise: "Ich werde, ehe ich gehe, der Köchin sagen, dass sie Dir einen Kräutersud bringen soll, gegen die Übelkeit und die anderen Nachwirkungen." -
Ich sah sie ernst an, konnte aber nicht verhehlen, dass mir ihre Worte nicht halfen, sondern irgendwie alles schlimmer machten. Ich verstand sie zwar, aber dennoch war es mir nicht möglich ihr zuzustimmen. Aber wie sollte ich ihr das alles erklären, wenn ich selber da meine Schwierigkeiten mit dem Verstehen hatte? "Helena, ich glaube, aber ich glaube an meine Götter, an das, was sie in mir bewirken, wenn ich an sie denke. Ich kann sie nicht mit Namen benennen, aber ich weiss, dass sie da sind. Ich weiss, dass dort eine große Naturgöttin ist, eine Mater Terra, wie ihr vielleicht sagen würdet und ich weiss, dass sie meine Göttin ist. Ich weiss nicht mehr ihren Namen oder den all der anderen Götter, aber ich weiss, dass sie doch so viel anders sind als Eure. Ich kann es nicht erklären, es ist einfach in mir drin, verstehst Du?
Ich achte Deine Götter, soweit es mir denn möglich ist, aber ich weiss auch, dass mein Volk der Meinung ist, dass es nur die unseren gibt. Ich kann es nicht erklären, es tut mir leid. Es ist einfach als Wissen da drin." Ich deutete auf mein Herz und meinen Kopf. "Ohne es näher benennen zu können. Aber ich höre manchmal im Traum, wie eine Frau mir Geschichten erzählt über unsere Götter. Ich kann sie nur nicht festhalten und nicht einmal sagen, ob diese Frau meine Mutter oder irgendwer anders ist." Nun rannen mir doch wieder die Tränen die Wange hinunter, obwohl ich es nicht wollte.
"Aber ich weiss auch, dass Du dies alles nicht dulden kannst und deshalb verlangen wirst, dass ich gehe," fügte ich leise hintenan, bemüht wenigstens etwas Fassung zu wahren.
"Es tut mir leid! Aber es ist, wie es ist. Ich werde am besten gleich packen gehen...." wobei, ich hatte nichts, was ich packen konnte. Das was ich besaß, hatte mir Helena geschenkt und ich würde es hier lassen. -
"Nun," etwas mulmig war mir schon zumute, um nicht zu sagen, ich stand kurz vor einer Panik, aber es musste gesagt werden. "ICh weiss, dass ich Dich mit meinem Verhalten brüskiert habe. Ich kam, um Dir eine Freude zu machen und trat voll ins Fettnäpfchen und hab damit Dich in einer unangenehme Situation gebracht. Das ist unentschuldbar und ich will mich dafür auch gar nicht entschuldigen, denn es ist, wie es ist, ich kann an die römischen Götter nicht glauben. Ich weiss, dass es nicht meine sind und auch wenn ich meine nicht kenne, kann ich doch nicht einfach an andere Götter glauben und somit die meinen verraten.
Da es aber nun einmal geschehen ist und dies eine Sache ist, die so nicht geht, wollte ich Dir mitteilen, so Du es wünschst, dass ich dieses Haus verlassen werde und Dich nicht weiterer Probleme dieser Art aussetzen werde."
Jetzt war es raus und ich musste mich zusammenreissen um nicht wieder Tränen zu vergiessen oder zu zittern. -
"Ach so, seit ein paar Stunden. Ich denke mal drei."
Ich atmetet einmal tief durch und sagte dann:
"Helena, ich muss mit Dir reden, wegen letzter Nacht!" -
"Ist was schon lange her?" fragte ich leicht irritiert und wusste nicht so ganz, was sie meinte. Langsam und vorsichtig trat ich näher. Auch ich sah übernächtigt aus, aber ich hatte mich zumindest noch gereinigt und etwas anderes angezogen, nachdem ich vom Strand zurück gekehrt war und beschlossen hatte, dass ich mit Helena reden musste.
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Ich betrat das Zimmer und sah auf Helena. "Verzeih, ich störe. Dann komme ich später wieder." Und wieder einmal ins Fettnäpfchen getreten. Prima Pentesilea, dachte ich bei mir. Aber na gut, viel schlimmer als das, was noch gesagt werden musste, konnte es nicht kommen.
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Ich klopfte vorsichtig an die Tür von Helenas Zimmer, denn es war klar, das etwas aus der Welt geschafft werden musste.
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Ich lächelte entschuldigend und tat, wie geheissen. Ich setzte mich so bequem wie möglich, was ich schon immer im Schneidersitz am angenehmsten empfand. Auch jetzt wieder spürte ich, dass das wirklich schon immer so gewesen war und musste noch einmal kurz traurig lächeln. Dann schloss ich die Augen und bemühte mich mich nur auf das Rauschen des Meeres zu konzentrieren. Das Wasser rollte sanft den Strand hinaus und kehrte wieder in seine Gefilde zurück. Es leckte förmlich den Sand ab und hinterließ eine feuchte Spur. Es wirkte, bis zu einem gewissen Grad, denn ich entspannte mich tatsächlich nach einer ganzen Weile etwas, aber nicht nur das, ich kippte langsam zur Seite, dem Fremden entgegen, weil ich einschlief, bis ich ihn sachte mit meiner Schulter berührte. Mit einem Ruck schoß ich halb hoch. "Es... es tut mir leid," murmelte ich verlegen und rieb mir die Augen. "Das war wohl nicht ganz das, was Du meintest, nehme ich an."
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"Zu einem Teil. Aber wie geht es, dass man nur nebenbei über etwas nachdenkt und sich nicht darauf konzentriert. Wenn es nur das ist, worüber man nachdenkt, dann konzentriert man sich doch automatisch, weil letztlich alles um diesen Gedanken rotieren wird." Ein wenig verwirrten mich seine Ausführungen.
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Ich starrte lange auf das Merr hinaus und schwieg, dachte nach und wusste nicht so recht, was ich von dem Fremden und all dem halten sollte. Dann wandte ich mich ihm zu. "Erklär mir, wie meditieren geht."
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"Zu mir selber finden heisst meine Vergangenheit zu finden?" Ich sah ihn hoffnungsvoll und ängstlich an. Denn so sehr ich es mir wünschte, so sehr hatte ich Angst davor. Die Andeutungen, die Helena gemacht hatte, waren ausreichend um mir ein ungefähres Bild zu machen. Und was ich bis jetzt von anderen Sklaven mitbekommen hatten, war nicht unbedingt aufbauend.
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Ich sah traurig zu den Fischen und versuchte ihm mein Gesicht nicht zu zeigen, aber ich konnte die Trauer nicht ganz aus meiner Stimme merzen.
"Ich wünschte, ich könnte mich wenigstens an ein wenig erinnern, aber alles was vorher ist, ist weg. Ich habe einen erstaunlichen Mann letztens am Strand getroffen und er meinte, es sei nicht wichtig, was man einst war, sondern was man jetzt ist. Aber kann man sich selber im Jetzt sein, wenn man nicht weiss, was man einst war?" Ich sah ihn offen an und meine Augen waren dunkel vor Trauer und tief.