"Dann werde ich wohl weiter leiden müssen. Denn nicht selten kommen plötzlich Bilder in mir auf und wenn ich versuche sie zu halten oder zu verstehen, verliere ich sie sofort wieder. Ich kann nicht einfach abhaken, was einst vielleicht war. ICh habe nicht darum gefragt zu vergessen. Es wurde in mich eingeprügelt. In dem Moment, wo man mich niederschlug und irgendwo gefesselt zurückliess, habe ich vergessen und ich habe nicht darum gebeten."
Wieder lief eine Träne über meine Wange, aber diesmal liess ich sie ungeachtet rollen.
"Ich möchte so vieles verstehen. Warum zum Beispiel habe ich seit einiger Zeit wieder Angst mich in geschlossenen Räumen aufzuhalten? Und warum weiss ich, dass es schon einmal so war? Warum kann ich nicht einfach ich sein und leben.
Alles ging gut, ich liess mich nicht so sehr von den Gedanken und Erinnerungen, die plötzlich auftauchten beeinflussen, bis zu dem Tag, an dem mir Helena sagte, dass ich eigentlich ihre Sklavin sei und nicht die Freundin und das Kindermädchen, für das ich mich, seit meiner Rückkehr hielt. Bis zu dem Tag, wo sie mir die Freiheit gab und mich mit meinem Wissen einsperrte. Ich mache ihr keinen Vorwurf, aber ich komme damit einfach nicht mehr klar. Ich merke es immer mehr. Erst heute Abend, als dieses Fest war und..."
Nein, ich wollte nicht wieder daran denken. Es tat einfach weh.
Beiträge von Pentesilea
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"Wenn dem so ist, dann ist hier nicht meine Heimat. Ich habe hier Freunde und Menschen, die mir etwas bedeuten, aber ich fühle mich hier fremd. Heute Abend einmal mehr. Kann man sich selbst sein, wenn man sich immer wieder fragt, wer man ist, wer man war, woher man kommt? Wenn man nichts über sich mehr weiss? Alles Erinnerungen wie ausgelöscht sind?"
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"Sie ist meine Heimat," sagte ich mit einem sehnsüchtigen Lächeln. "Und irgendwie fehltsie mir. Ich kannte nichts anderes, bis ich Sklavin wurde."
Erschrocken hielt ich inne und dachte noch einmal nach. Hatte ich das wirklich gerade gesagt? Erinnerte ich mich? Ja, aber nur ganz sachte am Rande. Ich wusste, dass die Worte stimmten, aber ich konnte es nicht weiter einordnen.
"Wenn ich nur wüsste, woher genau ich stamme." -
Ich sah sie erstaunt an. "Du bist erstaunlich wiese für Dein Alter. Und nein, das ist lieb von Dir, aber Du wirst mir wohl nicht helfen können. Also möchte ich Dich nicht unnötig belasten." nun war mein Lächeln, wenn auch leicht traurig, so doch ehrlich."
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"Ja, Carpe Diem," erwiederte ich nachdenklich. Aber nicht zu wissen wer man war, da fehlte manchmal einfach der Schwung um Carpe Diem zu durchleben, aber das sagte ich nicht, stattdessen lächelte ich. "Das stimmt! Und man weiss irgendwie, dass man einen gewissen Einfluß auf sie hat. Das ist einerseits ein gutes Gefühl, andererseits eine immense Verantwortung. Macht man etwas falsch, dann kann das prägend für den Rest des Lebens sein."
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Ich betrachtete sie und verlagerte den Kleinen in meinem Arm, der mittlerweile an meinem Daumen nuckelte statt an seinem. "Ich kann nachvollziehen, wie Du Dich fühlen musst. Ich kenne es, wie es ist, wenn man sich nicht mehr erinnern kann. Es ist schlimm, wenn man aber unbedingt möchte und dann feststellen muss, dass es nicht geht."
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Ich schaute kurz erstaunt und lächelte dann. "Sicher. Hier sagen alle Du. Und ja, zumindest der, den man mir gab. Ich weiss nicht, ob es mein Geburtsname ist. ICh heisse Pentesilea. Verzeih, ich war unhöflich mich nicht vorzustellen. Wüste, ja, das würde viel erklären. Ich fühle mich mit Sand verbunden, doch ist es etwas anderes diesen Sand hier zu spüren. Er ist feuchter, nicht so heiss und fein irgendwie. Ich meine immer, das Gefühl haben zu müssen tagsüber kaum darauf laufen zu können und des Nachts die Kühle zu geniessen."
Alles was er mir erzählte kam mir so fremd vor und doch, irgendwo tief in mir, hier und da auch vertraut. -
"Ich," wie anfangen? "Nun, ich weiss nicht mehr, wer ich bin, das nur zur Erklärung. Die ganze Geschichte wäre vielleicht zu lange. Jedenfalls fehlen mir Erinnerungen, auch und vor Allem daran, woher ich stamme. Ich weiss von..." ich hielt einen Moment inne und überlegte, wie ich Helena betiteln sollte: meine ehemalige Herrin? Eine Freundin? Ich entschied mich für Letzteres: "Von einer guten Freundin, dass ich wohl noch aus einem östlicherem Gebiet als Syria stamme und ich selbst habe, seit einer Weile, immer wieder das Wort Nabataei im Kopf, doch weiss ich, dass ich von noch weiter östlich stamme, oder südlich davon, ich kann es nicht genau sagen. Nun, ich kenne niemanden, der mir etwas darüber erzählen könnte und, naja," fügte ich verlegen und leise an. "Ich kann nicht lesen um es mir selber zu erschliessen."
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Ich nickte nur und dachte mir, dass er es vielleicht nicht erkennen konnte, da es so zaghaft gewesen war. "Sicher, setz Dich ruhig. Das Reich Han?" Ich hatte einen Augenblick das Gefühl davon schon etwas gehört zu haben, aber der Moment verflog wieder. "Es muss weit im Osten liegen," meinte ich nachdenklich. "Kennst Du Dich dann auf den Wegen bis hierher aus? Und wenn ja, dürfte ich Dir eine Frage stellen?"
Ich erkannte plötzlich eine Chance etwas über mich, oder zumindest meine Herkunft herauszufinden, wenn ich mich schon nicht erinnern konnte, wer ich war. -
"Ich," kam es mit belegter Stimme über meien Lippen, ehe ich mich leicht räusperte und hinzufügte: "Ja, danke, es geht mir gut." Oh welch große Lüge. Aber ich musste einem Fremden nicht alles auf die Nase binden. "Sun Cheng? Der Name klingt fremd. Mehr nach Osten," meinte ich nachdenklich. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass diese Namensrichtung mir was sagte.
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Irgendwann erhob ich mich in eine sitzende Position und starrte auf das Wasser hinaus. Was sollte ich jetzt tun? Zurück gehen und tun, als wäre nichts gewesen? Hier bleiben? Fortgehen? Ich war mir einfach nicht mehr sicher. Leise seufzte ich und bemerkte nach einer Weile, das etwas anders war. Erneut aufsteigende Tränen eilig fortwischend starrte ich überrascht und erschrocken zu der Gestalt, die da plötzlich wie aus dem Nichts gekommen zu sein schien. Zumindest hatte ich sie bisher nicht bemerkt. Sie mich? Wahrscheinlich, oder eben doch nicht?
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"Ich denke, das ein oder andere, denn schliesslich erlebt man immer etwas, wenn man es oft auch nicht als spektakulär oder sich erinnern müssend ansieht. Aber wenn man einmal vergessen hat, wünscht man sich nichts sehnlicheres, als sich wieder zu erinnern."
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"Nein, das sowieso nicht," lächelte ich. "Ich wusste wohl einmal, das ich eine Sklavin war, aber das hatte ich bis zu dem Zeitpunkt vergessen, durch einen Unfall. Und alles, was in der Zeit davor geschah, habe ich nicht mehr in Erinnerung und alles danach, da war es mir eher, als sei ich eine Freundin, keine Sklavin."
ICh wollte ihn nicht zu sehr mit meiner Geschichte langweilen. -
"Ja," antwortete ich leicht nachdenklich. "Die Sklavin, die erst am Tage ihrer Freilassung erfahren hat, dass sie eine Sklavin ist."
Ich lächelte matt. "Eine komische GEschichte, nicht?" -
Ich lachte leise und sah ihn offen an. "Froh darüber? Obwohl Du mich wohl vermutlich kaum kennst? Dennoch danke ich Dir für Deine Worte."
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"Ich danke Dir, Proconsul," lächelte sie leicht. "Treibt es Dich oft hierher?" Ich schenkte mir Wasser ein und füllte einen kleinen Schluck Wein dazu, damit das Wasser etwas Geschmack bekam.
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Ich sah ihn erstaunt an und nickte freundlich. "Danke, aber ich vertrage leider, oder glücklicherweise, je nachdem, wie man es sieht, keinen Wein. Aber ich sehe, Du hast auch einen Krug Wasser stehen. Wenn Du gestattest?"
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"Nun, solange man an Land bleiben kann, ja. Aber wenn ich daran denke, dass ich auf diese wackeligen Boote steigen müsste," ich trat näher und lächelte. "Ich werde leider schnell seekrank."
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Ich weinte, bis keine Tränen mehr kamen und nur noch ein leises Schluchzen hin und wieder zu hören war. Es war kalt, aber ich bemerkte nichts davon, obwohl ich zitterte. Alles war voller Sand und ich lag, die Beine zum Körper gezogen, an dem Strand und lauschte irgendwann nur noch dem Rauschen des Meeres. Manchmal bebten meine Schultern noch leicht und ein Schluchzer verirrte sich über meine Lippen, aber ansonsten blieb ich ruhig liegen, traute mich nicht einmal zum Himmel zu sehen und zu schauen, ob ich vielleicht, durch die Wolken hindurch, doch einen Blick auf die Sterne erhaschen konnte.
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Lange war ich mehr herumgeirrt als zu wissen, was ich wollte, bis ich endlich zu dieser Bucht gelangte. Vor mir war das große Wasser, unter mir der Sand und die recht kühle Luft um mich herum. Der Himmel war bewölkt und es war stockduster. Ich liess mich in den Sand fallen und weinte. Es war VErzweiflung und Heimweh. Verzweiflung darüber mich immer noch nicht erinnern zu können, Heimweh nach etwas, was ich nicht kannte, weil ich mich nicht erinnerte und Verzweiflung auch, weil ich Helena so enttäuscht hatte. Irgendwie wollte sich mit einem Mal alles Luft machen und so weinte ich in den Sand hinein und verfluchte mich und meine Situation, meine Amnesie, alles. Ich hatte das Gefühl in ein tiefes Loch zu stürzen und sehnte mich plötzlich nach der Umarmung einer bestimmten Person, die ich für einen Moment bildlich vor mir sehen, aber nicht festhalten konnte. Aber ich wusste, sie war die, in meiner Vergangenheit, die immer alles hattegut sein lassen.