Beiträge von Pentesilea

    Ich sah zu ihr auf und erhob mich langsam. Etwas schwindelig war mir und ich schwankte kurz, aber dann stand ich wieder normal.
    "Ich weiss ja sowieso nicht, wo sonst hin. Aber selbst wenn ich es wüsste, ich denke, es gibt da ein paar Menschen hier, die mir wohl mittlerweile zu viel bedeuten."
    Ich lächelte zaghaft, fast ein wenig ängstlich. Plötzlich, in dem Wissen Sklavin zu sein, war ich mir nicht sicher, ob ich so etwas überhaupt sagen durfte.

    "Ich habe Angst nicht mehr zurück zu finden und für immer verloren zu sein," gestand ich leise. "Was, wenn ich mich nicht mehr erinnere, nicht einmal mehr an den Namen, den man mir gab? Wer sagt, dass mein Name der ist, der mir von Geburtsrecht gehört? Was, wenn ich meine Familie nicht finde? Wenn es sie nicht einmal mehr gibt..."
    Ich sah traurig drein, doch nun hielt ich ihre Hand ebenso, wie sie meine und liess sie nicht mehr schlaff hängen.

    Ich schüttelte wieder den Kopf. "Wenn sie so lückenhaft und schmerzhaft sind wie diese, dann verzichte ich lieber darauf. Ich hab ja sogar plötzlich Angst wiede rzurück in das Haus da zu gehen, was mir in letzter Zeit zu einer Heimat wurde.
    Es tut mirleid, Helena, Du meinst es gut und es ist ungemein lieb von Dir, aber ich ... ich habe Angst."
    Von der damaligen Pentesilea war schon lange nicht mehr viel über, aber nun schien sie ganz weg und eine andere dafür da.

    Ich schüttelte nur den Kopf und schwieg. Lange, sehr lange. Dann schüttelte ich wieder den Kopf.
    "Wozu," kam es leise über meine Lippen, kaum zu hören und leicht zitternd. "ICh kann mich ja doch nicht erinnern."

    Ich musste lächeln, während die Augen dennoch sich weiter füllten.
    "Helena, es mag sein, dass Du nicht so bist und mich als Freundin siehst, aber vor dem Gesetz ändert es nichts und selbst wenn Du mich frei lässt... auch das wird nicht viel ändern."
    Ich atmete tief durch. "Ich muss das erst einmal verdauen. Bitte verzeih, wenn ich nicht anders reagieren kann, aber ich bin verwirrt und so viele Fragen... warum hast Du es mir nur nie eher erzählt? Ichbin die ganze Zeit im Glauben gewesen...."
    Ich sah sie an, aber immer noch nicht mit Vorwurf nur einem großen Fragezeichen. "Nein... ich weiss schon..."

    Ich sah sie an und eine weitere Träne ran, aber kein Vorwurf war in meinen Augen, nur Fragen und etwas Verwirrtheit. "Ich weiss es nicht, Helena, ich weiss es wirklich nicht. Ich weiss nur, dass plötzlich alles anders ist. Eben noch war ich jemand, der trotz allem über sich entscheiden kann und dann plötzlich bin ich nichts weiter als ein Gegenstand. Obwohl ich weiss, dass ich lebe, das ich ein Mensch bin."

    ICh nickte und hielt mir kurz den Kopf, der wieder zu hämmern begann. "Und wieso ruhig?"
    Ich war langsam viel zu verwirrt um noch wirklich klar zu denken. "Und wieso habe ich plötzlich bei dem Gedanken an Häuser ein beklemmendes Gefühl?" Murmelte ich, ohne zu merken, dass ich es aussprach.

    ICh hörte ihr zu und plötzlich begannen meine Hände zu zittern. In mir machte sich das irrationale Gefühl von Panik, von Platzangst breit und einen Moment sah ich beinahe panisch zum Haus, ehe ich mich zur Räson brachte, irgendwie.
    "Ich war bei Minervinas Geburt dabei?" Ich versuchte mich zu erinnern, aber nun bekam ich wirklich nur Kopfweh davon. "Ruhige Zeit.. ich hab mich abgefunden, wieder bei Euch zu sein?" Wieso bekam ich wieder diese Panikattacke in genau dem Moment?

    "Nabataei...." kam es beinahe tonlos über meine Lippen. "Nabataei..."
    Nun lief mir doch eine Träne über die Wange. "Bitte... wenn Du mir schon nicht von der Zeit davor erzählen kannst, erzähl mir von meiner Zeit bei Euch, bitte."

    "Da war ich wohl nciht sehr glücklich drüber," murmelte ich leicht bitter. Warum erinnerte ich mich nur an nichts? Es schien, trotz der Lücken alles klar gewesen zu sein bis vor wenigen Minuten. Ich war Helenas Dienerin und Freundin, eine Art Amme für die Kinder, ihr Kindermädchen und nun, nun war ich nur noch die Sklavin.
    Meine Augen schimmerten leicht, aber ich liess keine Tränen zu. Hatte ich in all der Zeit, an die ich mich erinnern konnte nicht.
    "Erzähl mir alles, bitte..."

    Meine Hände waren eiskalt udn ich immer noch sehr bleich. "Aggressiv... warum?"
    Ich konnte mich nicht erinnern und konnt emich auch nicht als solche vorstellen. Heute war ich meist schweigsam, ruhig, mit den Kindern meist beschäftigt. Manchmal vielelicht ungeduldig, aber sonst eben eher still.

    "Bewahren?" fragte ich verständnislos. Irgendwie hatte ich das Gefühl, das meine Kopfschmerzen plötzlich wieder da waren, die ich schon so lange nicht mehr hatte. "Und... wieso konnte man mit mir kaum sprechen?"

    Ich wurde bleich. ICh war eine Sklavin? War ich es nur gewesen oder war ich es noch? Warum hatte sie es nicht eher gesagt? Warum hatte sie es mir bis hierhin verschwiegen und mich glauben machen, ich sei nur eine Dienerin?
    Leise fragte ich:
    "Bin ich es immer noch?"

    Auch ich musste kurz lächeln. "Naja, Du müsstest Dich nur mehr mit ihnen auseinandersetzen."
    Dann begann sie zu erzählen und ich sah sie gespannt an, etwas nervös auch, weil ich nun mehr über mich erfahren sollte.
    "Wie kam ich zu Euch? Hat er mich angestellt? Habe ich vorher schon woanders gearbeitet? Auch bei Patrizier?"

    Ich lächelte und legte meine Hand auf jene, die über die Narben strich. "Ich entsinne mich. Es ist alles ein wenig verwiirt und dunkel, aber ja, ich weiss noch, wie ich Dir über den Weg lief und Dich nicht erkannte und nicht wusste, wo ich war und wer. Du sagtest mir, dass Du mich hattest suchen lassen, glaube ich.
    Und das nächste, woran ich mich entsinne ist eine fürchterliche Übelkeit und schwankender Boden. Ich glaube, für Schiffe bin ich nicht geschaffen, oder? War ich es früher auch nicht?"

    Ich zuckte mir den Schultern. "An gar nichts mehr. Ich weiss ja nicht einmal, ob ich wirklich Pentesilea heisse. Ich meine, keine Angst, ich vertraue Dir da, aber ich kann mich halt nicht entsinnen...
    Das erste und immer noch einzige, was ich weiss, ist wie ich wach wurde in einem dunklen, stinkenden Raum, mit irren Kopfschmerzen und mich von den Fesseln befreite."
    Gedankenverloren fuhr ich mit den Finger über meine Handgelenke, wo immer noch die Narben zu sehen waren von der Aktion.

    Ich dachte eine Weile nach. Wollte ich es hören? Vielleicht. Aber war nicht die Unwissenheit auch ein Segen? Andererseits, diese Ungewissheit war manchmal schon schlimm.
    "Ja, ja ich denke schon. Ich würde gerne mehr wissen, mehr über meine Vergangenheit und über mich. Auch über Dich und Minervina und all das..."
    ICh machte eine ausladende Bewegung.

    "Ich weiss es nicht. Wenn ich draussen bin, sei es hier oder im Park oder am Strand, dann habe ich das Gefühl, dass ich Sand unter den Füßen habe und zwischen den Händen. Nicht diesen Sand hier, von Tarraco, anderen... heisseren, aber ich weiss nicht was für einen."
    Ich zuckte leicht mit den Schultern.
    "Naja, ich weiss ha eigentlich fast nichts, mh?"

    Ich schreckte kurz hoch. "Bitte? Oh, hallo Helena, nein, ich schlafe nicht. Ich war nur woanders.
    Wie fühlst Du Dich?"
    Sie sah besser aus in letzter Zeit.