Beiträge von Liu Wong

    Ich lächelte.


    "Nein, das ist nicht die Ausrüstung eines Oberst. Es ist einiges passiert, nachdem ihr uns verlassen hattet. Ein Jahr nachdem ihr weg wart, wurde ich zum General befördert. Und mein Cousin, Hauptmann Liu Sheng, wurde gleichzeitig Oberst. Man hat mir einen Abschnitt der Großen Mauer anvertraut und Sheng bekam eine Division, mit der er in Tibet für Ruhe sorgen sollte. Nach zwei Jahren hatte er quasi ohne Verluste den Gegner zur Kapitulation gedrängt. Keiner weiß, wie er das geschafft hat. Er wurde dann auch zum General befördert. Ehrlich gesagt, er war schon immer ein exzellenter Stratege. Inzwischen ist er übrigens Kaiser."

    Ich schaute mir das Zimmer kurz an und wendete mich lächelnd an Maximus.


    "Es wäre nicht nötig gewesen, mich gleich im besten Zimmer des Hauses unterzubringen. Das ist ja wirklich beeindruckend. Danke."


    Danach brachten wir noch mein Gepäck herein. Ich packte meine Generalsrüstung aus.


    "Kann ich die irgendwo abstellen, wo sie nicht den Boden verkratzt?"

    "Das ist eine lange Geschichte. Bei Gelegenheit werde ich sie erzählen. Ich bin kein Soldat mehr, sondern ein Fürst. Ich wollte das Himmlische Reich für eine Weile verlassen, aus persönlichen Gründen. Deshalb fragte ich den Kaiser, ob er mir die Reise gestatten würde. Er sagte zu, aber dafür gab er mir die Aufgabe, mehr über das große Reich im Westen, das Imperium Romanum, in erfahrung zu bringen. Und nun bin ich hier. Es besteht also kein Grund mehr, mich mit 'Oberst' anzusprechen."

    Ich verbeugte mich auch, dann lächelte ich.


    "Wie könnte ich den Mann vergessen, der meinem Cousin das Leben gerettet hat? Ihr erinnert Euch noch an meinen jüngeren Cousin Sheng? Er war damals Hauptmann und strategischer Berater des Generals Wu. Außerdem wart Ihr mein Schüler, und ein guter Meister vergisst seine Schüler nie."

    Ich ging ein wenig durch den Stadtpark, um mir einen schönen Platz zum meditieren zu suchen, als ich ein Gesicht sah, das mir bekannt vorkam. Ich stand etwas abseits und grübelte nach, woher ich diesen Mann kannte...

    "Wenn du sie findest, richte ihr bitte aus, dass ich zurückkehren und ihre Ausbildung beenden werde, sobald der Aufstand vorbei ist. Und wenn ich noch einen Rat geben darf. Verlasst die Stadt, wenn es droht, ungemütlich zu werden. Ich würde mich freuen, wenn wir uns in ein paar Monaten wiedersehen würden. Und nimm bitte das Geschenk an, das ich dir hier lasse."


    Danach ging ich zu meinen Pferden, verstaute mein Gepäck und ließ eine seidene Stola bei einem Sklaven zurück, mit dem Hinweis, dass sie für Adria Vinicia sei. Anschließend ritt ich los, raus aus Rom.

    "Ja. Diese Stadt ist, wenn du mich fragst, genauso schlecht zu verteidigen wie dieses Haus. Ich werde in eine andere Provinz reisen. Wenn ich hier bleibe, würde ich versuchen, euch zu verteidigen. Wenn ich das tue, werde ich wahrscheinlich sterben. Und wenn das geschieht, wird es mein Cousin dem Imperium Romanum nie verzeihen. Ich will nicht dafür verantwortlich sein, dass es diplomatische Beziehungen zwischen unseren Reichen nie geben wird."

    "Wir sind umgeben von Gassen, die mit nur wenigen Menschen abgeriegelt werden können. Damit gibt es keine Fluchtwege. Intern ist es zu weitläufig, um mit einer Hand voll Menschen viele aufzuhalten. Die Einrichtung ist leicht brennbar, die Wasserversorgung kann unterbrochen werden, wenn die Straße aufgerissen wird. Es ist unmöglich, vom Dach aus Angreifer zu bekämpfen... Ich denke, mit nur etwa 30 Leuten kann man dieses Haus einnehmen." legte ich in kühler und nüchterner Art meine strategische Einschätzung dar.

    Zu Preziosa sagte ich "Es ist nie verkehrt, aktiv Verantwortung für sein Land zu übernehmen. Politik kann also nicht so verkehrt sein."


    Dann wendete ich mich wieder an Adria. "Ich schätze, bis ich ausgebildet bin, wird der Aufstand längst zu Ende sein. Und in einer Einheit werde ich Preziosa nicht weiter unterrichten können. Außerdem trage ich als Meister Verantwortung für meine Schüler, bis sie genug gelernt haben. Und ich will nicht schon wieder schuldig sein, jemanden nicht schützen zu können. Ich habe schon einen Bürgerkrieg miterlebt, ich will diesmal nicht hilflos sein."

    "Der Aufstand macht mir Sorgen. Ich kenne mich hier nicht aus, aber gibt es nicht etwas, was ich tun kann, um zu helfen? Bei der Verteidigung?"


    Ich hielt die Möglichkeit, diese Stadt zu verteidigen, für katastrophal. Hoffentlich merkte man mir das ausmaß meiner Besorgnis nicht an.

    Nachdem ich die Nacht damit verbracht hatte, mir Rom anzusehen, vor allem im Hinblick auf eine mögliche Verteidigung, kam ich zurück zur Casa Sedulus. Immerhin waren meine beiden Pferde und mein Gepäck noch hier. Und meine Waffen. Nachdem ich herein gelassen wurde, ging ich ins Atrium und setzte mich auf den Boden, um zu meditieren. Einen Sklaven hatte ich zuvor darum gebeten, Germanica Preziosa von meiner Ankunft zu unterrichten.