Beiträge von Lucius Decimus Maximian

    "Also gut", dachte Maximian sich, als er nur von Valeria angeherrscht und hinterher totgeschwiegen wurde, "dann schweigen wir halt mal eine Runde!" Was sollte er auch tun, wenn jeder seiner Versuche erbärmlich im Sande verlief und selbst Nigidius mehr mit ihm kommunizierte, als seine eingeschnappte, stolze Cousine? Wahrscheinlich, plädierte er, würde er einfach nur abwarten müssen, ehe sie ihr Gehabe von allein albern und unangebracht fand und sich bei ihm dafür entschuldigte, dass sie ihn fast völlig zu Unrecht strafte.
    Mit säuerlicher Miene ritt er meist vor ihr des Weges, der ihn bald schon auf einen sandigen Weg führte, an dessen Ende Aurelius' Haus in Sicht kam. Da erst ließ er sich mal wieder neben Valeria fallen und sah sie mit genervtem Gesichtsausdruck an, ein vielsagendes Seufzen nicht verbergend, während er sich mit dem Unterarm auf den Sattelknauff stützte.
    "Wirst du mich jetzt etwa bis zu meinem Tode mit Schweigen strafen?"

    Genau das hätte nun ja nicht unbedingt passieren müssen.... Warum musste seine Mutter gerade jetzt ihr Cubiculum verlassen? JETZT, wo er hier war? Ertappt drehte er sich langsam und recht steif zu seiner Mutter herum, die ihn erwartungsvoll ansah. Er runzelte die Stirn und zog beide Mundwinkel zur Seite.... Nein, als Grinsen oder Lächeln konnte man das bei bestem Willen nicht deuten.
    "Mutter", sagte er nur und dann nichts weiter, sodass sich die Stille ziemlich ungangenehm anzufühlen begann, je länger sie sich dehnte. Aber, je mehr Zeit verging, und das war das Gute, konnte sich Maximians Gesicht wieder ordnen - und auch seine Gedanken. Schließlich räusperte er sich und sah seine Mutter ernst an. Was sollte es denn noch. Jetzt, wo sie beiden schon hier waren, konnte er auch das Gespräch, das sowieso kommen würde, mit ihr suchen.
    "Lass uns hinein gehen. Ich habe dir einiges zu erklären...."
    Geradezu bittend sah er nu drein, als er mit dem Kopf in ihr Cubiculum deutete.

    Zitat

    Original von Apollonius von Samothrake

    Sim-Off:

    Och...reicht wenn Du es wenig anschreibst, aber eine Iliasinterpretation ist nicht notwendig. Sonst sollten wir die Rollen tauschen -.^ :D Teil mir einfach mit, wie der Wissenstand von deinem Charakter auch wirklich ist :)


    Sim-Off:

    Naja, die Ilias muss ein gebildeter, junger Mann damals wohl zumindest durchgenommen haben. ^^ Hab mir jetzt allerdings doch nicht so viel Arbeit damit gemacht. :D


    Maximian sah den Lehrer zuerst stutzig an und ehe er mitbekam, dass er einfach so in Griechisch gefallen war, hatte der alte Mann schon die ersten beiden Sätze vollendet. Nur mühsam konnte der junge Decima sie rekonstruieren, nachdem er sehr genau hingehört hatte, was Apollonius noch wissen wollte. Und das war viel! Maximian stutzte immer noch nicht schlecht und machte sich jedoch gleich ans Antworten, nachdem er sich gesetzt hatte. Da fiel ihm ein, dass er Griechisch sprechen sollte. Auf Ideen kam der alte Mann... Aber gut, er hatte es ja schließlich gelernt - irgendwann einmal (es kam ihm plötzlich so ewig her vor). Zuerst stockend, aber zusehends sicherer sprach er also:


    "Homers Ilias erzählt von Priamos, dem König Troias, Agamemnon, den König Achaias und Achilleus, der mit seinem Zorn viele Aichaier in den Tode stürzt.
    Der zehn Jahre lang andauernde Krieg um Troia, zwischen den Menschen wie den Göttern, ist dabei Thema. Sie ist aufgeteilt in 24 Gesänge und wann sie entstanden ist... das ist mir entfallen. Hmmmmm, die Erzählung beginnt damit, dass der große Achill und der Heerführer Agamemnon sich vor den Toren Troias in einem Streit um Briseis, Achills Beute aus dem eroberten Lyrnessos und Lieblingssklavin, entzweien, nachdem Agamemnon wegen eines Orakels die aus Trioa entführte Chryseis zurückgeben musste. Hector, der Anführer der troianischen Streitmacht, nahm diese Gelegenheit wahr und setzten den Achaiern schwer zu, doch als Patroklos, Achilleus Freund, an seiner Statt, mit dessen Erlaubnis wohlgemerkt, in den Kampf zieht und durch Hector gefällt wird, entbrennt der Zorn des Achill. Er besteht darauf, einen Zweikampf mit Hector auszufechten und kann Patroklos' Tode rechen, denn Hector unterliegt ihm und wird an Achills Streitwagen durch die Hochebene geschleift. War Hector der Hoffnungsträger für Troia, so sollte damit der Untergang der Stadt beschlossen sein. Doch darüber berichtet die Ilias nicht. Lediglich, wie Achills Zorn sein Ende nimmt, als König Priamos ihn anfleht, den geschändeten Leichnam seines Thronerben Hector herauszugeben, wird abschließend berichtet."


    Der junge Mann verstummte. Die Inhaltsangabe konnte er wenigstens noch halbwegs, aber der Rest.... Mühsam grub er in seinem Gedächtnis, doch ihm kam nur eine einzige Stelle wieder in den Sinn, die er noch zitieren konnte. Hin und wieder musste er jedoch ein Wort auf Latein ersetzen, wenn es ihm im Griechischen nicht mehr geläufig war.


    "Ich fürchte, ich kann nicht mit vielen Zitaten dienen. Nur eine Stelle, im 22. Gesang ist mir in Erinnerung geblieben, weil es die spannendste und zugleich entscheidene Szene der ganzen Erzählung ist, weil mit ihr der Ausgang des Kampfes um Troia für die Menschen besiegelt ist und der Kampf zwischen den Göttern entschieden, denn Apollon, der Schutzgott der Troianer, verlässt Hector und Zeus erwägt dessen Tod.


    ~
    Also stürmete Hektor, das hauende Schwert in der Rechten.
    Gegen ihn drang der Peleid', und Wut erfüllte das Herz ihm
    Ungestüm: er streckte der Brust den gerundeten Schild vor,
    Schön und prangend an Kunst; und der Helm, viergipflig und strahlend,
    Nickt' auf dem Haupt; und die stattliche Mähn' aus gesponnenem Golde
    Flatterte, welche der Gott auf dem Kegel ihm häufig geordnet.
    Hell wie der Stern vorstrahlet in dämmernder Stunde des Melkens,
    Hesperos, der am schönsten erscheint vor den Sternen des Himmels:
    So von der Schärfe des Speers auch strahlet' es, welchen Achilleus
    Schwenkt' in der rechten Hand, wutvoll dem göttlichen Hektor,
    Spähend den schönen Leib, wo die Wund' am leichtesten hafte.
    Rings zwar sonst umhüllt' ihm den Leib die eherne Rüstung,
    Blank und schön, die er raubte, die Kraft des Patroklos ermordend;
    Nur wo das Schlüsselbein den Hals begrenzt und die Achsel,
    Schien die Kehl' ihm entblößt, die gefährlichste Stelle des Lebens:
    Dort mit dem Speer anstürmend durchstach ihn der edle Achilleus,
    Daß ihm hindurch aus dem zarten Genick die Spitze hervordrang.
    Doch nicht gänzlich den Schlund durchschnitt der eherne Speer ihm,
    Daß er noch zu reden vermocht' im Wechselgespräche;
    Und er entsank in den Staub; da rief frohlockend Achilleus:
    Hektor, du glaubtest gewiß, da Patrokleus' Wehr du geraubet,
    Sicher zu sein, und achtetest nicht des entfernten Achilleus.
    Törichter! Jenem entfernt war ein weit machtvollerer Rächer
    Bei den gebogenen Schiffen, ich selbst, zurück ihm geblieben,
    Der dir die Kniee gelöst! Dich zerren nun Hund' und Gevögel,
    Schmählich entstellt; ihn aber bestatten mit Ruhm die Achaier.
    ~
    "


    Und ums kurz zu machen: Auch den anderen Aufgaben kam Maximian mit viel Mühe mehr oder weniger gerecht. ^^

    An diesem Morgen stand ein junger Mann direkt vor der Türe des Cubidulums seiner Mutter. Von Valeria wusste er, dass seine Mutter wusste, dass... nun, dass die beiden sich nicht voneinander ferngehalten hatten.
    Betreten guckend quetschte er seine Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger, während er weiterhin vor der Tür stand. Er fühlte sich zwiegespalten: Auf der einen Seite hatte sich sein schlechtes Gewissen der Familie gegenüber gemeldet, weshalb er gern selber mit seiner Mutter gesprochen hätte. Doch auf der anderen Seite fragte er sich seines so schön auf dem Hals sitzenden Kopfes wegen, ob er ihr überhaupt noch gegenübertreten durfte, jetzt, da sie es ohnehin schon wusste.
    Er seufzte tief und drehte sich von der Tür weg. Was würde es ändern? Im Grunde doch nur, dass sie ihren ganzen Unmut über ihn ausschütten könnte. Hinterher würde sich keiner besser fühlen, weder er noch sie.
    Und doch musste er mit ihr reden. Das wusste er, auch wenn er nicht wollte. Früher oder später würden sie sich eh irgendwo über den Weg laufen, da war es wesentlich passender, wenn sie in ihrem Cubiculum waren und nicht im Atrium oder Triclinium, wo jeder würde mithören können. Und außerdem war er ja gut vorbereitet. Ja.
    Motivation heuchelnd drehte er sich wieder herum, atmete tief ein und aus und schüttelte dabei die Schultern, als wolle er gleich einen Marathon laufen.
    "Du wirst jetzt anklopfen.", flüsterte er, dabei sich selber zunickend. "Und dann wirst du hineingehen. Es wird hart werden, aber du wirst durchhalten."
    Noch einmal schüttelte er sich, sah dann hochkonzentriert die Tür an, ein enormes Hindernis dieses mal, und hon langsam die Hand. Als sie auf rechter Höhe war, formte er sie zur Faust und mit den Lippen ein O und atmete dadurch kräftig aus, um anzuklopfen.
    Aber er tat es nicht! Bevor seine Knöchel das Holz berühren konnte, drehte der junge Mann bei und lehnte sich neben der Tür mit dem Rücken an die Wand.
    "Ich bin feige!", scholt er sich selbst. Er wurde nervös, wenn er daran dachte seiner Mama gegenüberzutreten, doch mit nicht mehr als einem Schild und einem Schwert in einen Krieg zu ziehen, fürchtete er gar nicht. Noch dazu war das hier nichts dagegen, wenn er erst Meridius gegenübertreten musste, weil er eh früher oder später davon erfahren würde, dass sein Sohn sich nicht an die Regeln gehalten hatte. Schon wieder nicht.


    Und er ahnte nicht, in was für Schwierigkeiten er bald schon stecken könnte, die ihn wirklich fürchten lassen sollten.

    "Das weiß ich nicht. Ich meine, ich habe kein sonderlich gutes Gespür dafür, ob jemand Temperatur hat oder nicht. Sie ist sehr blass, hat sich soeben übergeben und das obwohl sie nichts zu sich genommen hat, weil ihr der Appetit fehlt. Aber ja, sie liegt und ruht sich aus."
    Maximian nickte, als Gallus sich entschied, Apollonius besser suchen zu gehen.
    "Das wäre besser, ja. Der Wechsel der Jahreszeit bringt häufig die Krankheiten mit sich."

    Das hundertste Mal die Augen verdrehend, trieb auch Max seinen Gaul an. Er war auch nicht gerade schlecht überrascht, als Valeria nun doch den Weg weiter weg von Tarraco einschlug. Dabei hatte sie gerade noch gemault, dass sie nach Hause wollte...
    Das sollte nun noch irgendwer verstehen. Zum 101. Mal rollte er die Augen und schloss dann zu ihr auf, damit er schweigsam und ihr seltsame Blicke zuwerfend neben ihr herreiten konnte.

    Maximian nickte.
    "Gut. Also für den Fall, dass er dir über den Weg läuft, sag ihm bitte, dass Valeria ihn in ihrem Cubiculum erwartet. Bitte ihn, kurz nach ihr zu sehen. Es geht ihr nicht sonderlich gut. Und falls er doch schon gegangen ist, dann geh und hol ihn. Mir ist nicht wohl bei dem Gedanken, dass sie ein Fieber haben könnte und unversorgt bleibt."
    Er war ganz der sorgenvolle Cousin und wartete mit fragendem Blick Gallus' Reaktion ab.

    Man hätte Gallus glatt für eine Hexe halten können, gäbe es soetwas zu dieser Zeit schon und wäre Gallus eine Gallia, weil er immerzu mit einem Besen in den Händen hielt, wenn er ihn aufsuchte.


    Maximian nickte dem Sklaven zu.
    "Weißt du, ob Apollonius noch in der Casa ist?"

    Maximian wollte also seinen Lehrer ausfindig machen. Das hatte er noch nie außerhalb der Unterrichtszeiten getan. Er nahm stark an, dass er nicht mehr Haus war. Er stemmte die Hände in die Seiten und schniefte einmal vernehmlich, während er sich ratlos umsah. Wo suchen?
    Ah, er hatte eine Idee!


    "Gallus?!"

    Maximian nickte. Genau das dachte er ja und er freute sich, dass auch Valeria daran dachte. Allerdings... wenn er daran dachte, dass sie daran dachte, immer daran denken zu müssen sich abzulenken, dann wäre es vielleicht nicht richtig zu denken, dass Valeria immer Ablenkund finden würde, wenn sie immer daran dachte.
    Wegen seiner eigenen Gedanken runzelte Maximian promt die Stirn. Jetzt hatte er sich selbst verwirrt. Und irgendwo war der Wurm drin... dachte er. Genug gedacht! Er schüttelte den Kopf und reagierte schließlich doch noch auf Valeria.
    "Das wird es. Warte hier."
    Er wollte sich schon umdrehen, um das Cubiculum zu verlassen, als er Valerias Anstalten bemerkte, sich aufzurichten. Ihre Haltung sprach Bände. Und ihre Worte hatten etwas.... Ja, er musste sich eingestehen, dass er mal wieder vergessen hatte, dass Valeria für die Familie nur seine Cousine war. Er räusperte und nickte abermals, während er zu ihr ging, um ihr zu helfen.
    "Du hast Recht. Wenn ich dich nicht hätte, wüsste gewiss die ganze Familie schon von uns", scherzte er und sah Valeria vielsagend und schmunzelnd an, ehe er ihr ein Küsschen auf die Wange schmatzte. Sie stand ja nun und er kontrollierte, ob das funktionierte. Es schien.
    Also öffnete er die Tür für sie und sah sie auffordernd an.
    "Ich schicke meinen Lehrer in dein Cubiculum. Warte dort auf ihn."
    Damit lächelte er ihr nommal zu und verschwand.

    Zumindest war Valeria nun anscheinend nicht mehr so untröstlich. Das beruhigte Maximian schon. Der Abschied würde so oder so noch schwer genug für sie werden...
    "Tu das. Ich werde auch zu den Göttern beten, damit sie für dein Wohl sorgen", sagte er.
    Erneut überraschte Valeria ihn, als sie ihm eröffnete, dass sie Curator an der Schola hier geworden war. Seine Augen erhellten sich ein ganzes Stückchen. Wenn das keine guten Neugkeiten waren! Ihre neu gewonnen Aufgaben würden sie ablenken. Jetzt und später auch.
    "Das ist toll! Ich freue mich für dich."
    Maximian wäre nicht er gewesen, wenn er nicht zumindest einmal während einer Unterhaltung schelmisch grinsen würde. Also tat er es.
    "Aber wehe, es kommen mir klagen, dass du zu nachgiebig mit den Schülern umgehst."
    Natürlich spielte er darauf an, dass sie ihm so häufig nachgab. Er zwinkerte und fuhr seinerseits durch Valerias Haar, als sie ihn schon wieder lächelnd, zwar schwach, aber immerhin lächelnd, darum bat, Apollonius herzubringen.
    "Für dich tu ich alles", sagte Maximian, sodass es halb wahr und halb scherzhaft klang. Sie wusste, wie er es meinte. Mit einem letzten Kuss wollte er sich schon auf den Weg machen.

    Als Valerie ihn endlich wieder ansah, kam es ihm vor, als würde eine kleine Ewigkeit verstreichen. So wie sie mit den Augen über sein Gesicht fuhr, versuchte er darin zu lesen. Doch auch bei der Nähe schien das schwer. Er sah nur Traurigkeit, Liebe und Angst - nichts jedoch von dem, was Valeria gerade dachte, wenn sie ihn so ansah. Dann jedoch brach sie förmlich auf und ließ ihm Einblick in ihre Gedanken. Schweigend wartete er jedes ihrer Worte ab, denn er wollte mit einer Unterbrechung nicht bezwecken, dass sie sich wieder verschloss und von ihm abwandte.
    Nachdem sie geendet hatte, legte er seine Stirn wieder an ihre. Ihre Finger fuhren durch sein dichtes, kurzes Haar, während er noch ein wenig Ruhe walten ließ. Dann seufzte er leise und setzte sich wieder auf, Valerias Hände in seine nehmend.
    "Ich weiß es noch nicht. Vielleicht schon in zwei Wochen oder erst in vier. Und weißt du was? Wenn ich dort bin, werde ich die Briefe schreiben. Du wirst wissen, wie es mir geht und dass ich jeden einzelnen Tag in Gedanken bei dir bin. Ganz davon abgesehen habe ich so früh ganz sicher noch nicht vor nicht mehr zurück zu kommen."
    Seine Lippen waren ganz leicht gekräuselt, ein Lächeln angedeutet. Seine Daumen strichen über Valerias Handrücken und ihre Finger. Dann beugte er sich zu ihr, doch ehe er sie küsste, sagte er noch:
    "Es wird mir nichts geschehen, denn ich werde immer aufmerksam sein, weil ich dich liebe und dich wiedersehen möchte."

    Ohne, dass Valeria etwas sagte, kullerten die Tränen erneut über ihre Wangen, um in ihrem Haar zu versickern. Er verfolgte jede einzelne und hoffte, dass bald keine mehr fließen würden, doch es wurde dem hingegen noch schlimmer. Er hatte nie so viel Traurigkeit in zwei Augen gesehen, dachte Maximian und kam nicht umhin ein arg beklemmendes Gefühl in der Brust zu verspüren. Sollte es ihn zerreißen oder ihn retten, als Valeria die Augen schloss und den Kopf wegdrehte - er fühlte sich furchtbar und atmete zugleich auf, indem er kurz die Augen schloss.
    Was zerrüttete sie nur so? Man hätte annehmen können, dass sie ihn bereits gefallen wähnte, obwohl er noch nicht einmal losgezogen war. Es war zum Mäuse melken.
    Er seufzte leise und langgezogen, ehe seine Lippen die ihm zugewandte tränennasse Wange mit kleinen Küsschen benetzten. Er schmeckte das Salz auf seiner Zunge, atmete Valerias so guttuenden Duft ein, doch all das wurde von dieser tiefen Niedergeschlagenheit, die schwer im Raum hing, erstickt und geschluckt.
    Ganz nah verweilte er bei ihr, damit zumindest die Zuneigung nicht aufgesogen wurde und Valeria sich einsam fühlen musste. Maximian wusste, dass sie das bereits jetzt schon war, doch noch war er da. Wähnrend seine Wimpern wohl immer wieder über ihre Wange strichen, wenn er blinzelte, überlegte er, was er sagen könnte, damit nicht alles nur noch schlimmer wurde. Aber ihm fiel nichts weiter ein, als:
    "Valeria, Liebste... Ich bitte dich, mach es dir doch nicht so schwer."
    Geflüsterte Worte, eine wahre, der Verzweiflung nahe Bitte und ein mitklingender, unmissverständlich feststehener Entschluss.

    Seine Finger wechselten sich mit ihren ab. Er war, als wollte sie ihn einfach festhalten. Sei es mit einer Umarmung oder an den Händen - sie wollte ihm keine Chance lassen zu gehen. Maximian nahm sich vor, dass er eine Weile lang bei ihr bleiben würde, wenn sie das wollte, bis sie sich ein wenig beruhigt hatte. Wieder hob er seine und mit ihr ihre Hand, um auf ihren Handrücken einen Kuss zu platzieren. Merkte sie denn nicht, dass er sie auf Händen trug? Dass er nur noch Augen für sie hatte?
    Auf ihre Frage dann konnte er nicht antworten. Er konnte es nicht, weil er wusste, dass nichts richtig sein würde, weil er ihr all das schon mehrmals erklärt hatte und weil es ihr doch nur wieder wehtun würde. Er seufzte leise und beugte sich zu ihr, damit seine Lippen ihre Stirn erreichen konnten. Danach entfernte er sich nicht weit, sondern stützte sich mit dem Elllenbogen neben Valerias Oberarm ab und fuhr ihr mit der freien Hand durch die langen, goldblonden Haare, während sich auf seinem Lippen ein kaum erkennbares Schmunzeln formte.
    "Weil ich schon als kleiner Junge immer ein Holzschwert in den Händen hielt, um damit die Mädchen vor den Barbarenhorden zu schützen. Weil du in den kommenden Jahren sicher hier sein sollst."
    Er hmpfte ganz leise und ließ das Schmunzeln wieder verschwinden, während sein Daumen über ihre Schläfe strich.

    Eine ganze Weilie lang sagte sie nichts. Er sah nur die Tränen kullern, wenn er kurz die Augen öffnete. Was hätte Maximian gegeben, um zu erfahren, was in ihrem Kopf vor sich ging. Vielleicht hätte er ihr dann das sagen können, was sie hören wollte.
    Obwohl er das wusste. Sie wollte, dass er blieb. Sie hatte Angst, dass er nicht zurückkehren würde oder erst in vielen Jahren. Aber so würde es nicht kommen, dem war er sich sicher. Er hatte es ihr schon so häufig versprochen, doch ihre Angst schien immer zu bleiben. Die Angst, allein dazustehen.
    Das wiederum konnte Maximiam nur zu gut verstehen. Sie hatte keinen mehr. Alle, die sie kannte, kannte sie erst seit einigen Monaten. Nicht länger. Sie waren förmlich fremd. Sie hatte vieles durchmachen müssen. Der kürzliche Tod ihrer Mutter mochte zusätzlich eine Ursache für ihr Leid sein.
    Seit ein paar Tagen ging es ihr schon schlecht? Maximian wunderte sich, dass er das nicht früher mitbekommen hatte. Er drückte ihr noch ein Küsschen auf den Hals, ehe er den Kopf ein wenig hob.
    "Ich werde Gallus fragen. Du wirst dich hinlegen und liegen bleiben, bis er oder ich einen Medicus ausgegraben haben", ordnete er einfach an und würde auch keine Widerrede dulden.
    Dann drehte sie sich herum und schmiegte sich an ihn. Seine Arme hielten sie fest an ihn gedrückt, seine Hand hielt ihren Kopf, der sich an ihn lehnte. Er wusste, dass sie weinte. Es tat ihm in der Seele weh. Das alles tat ihm weh, dabei wusste er ja nicht einmal, was mit seiner Valeria geschehen war, dass sie neuerdings so verzweifelt, spontan und reizbar wurde. Er schob es auf ein Fieber und drückte ihr nur erneut seine Lippen auf den Kopf.


    Eine ganze Weile lang standen sie so da. Dann hatte Maximian seine Valeria einfach auf den Arm genommen und sie auf seinem Lager abgelegt. Seine Decke lag quer durch das Zimmer gerollt. Er nahm sie und deckte Valeria damit zu, ehe er sich zu ihr setzte und ihr die Tränen von den Wangen strich.
    "Geht es wieder?"

    Blinzelnd sah er Valeria nach, wie sie zu seiner Waschschüssel sprang und sich darein übergab. Mit Daumen und Zeigefinger fuhr er sich derweil über die Augen und als Valeria sich zu ihm umsah und beteuerte, dass nichts war, ließ er die Hand fallen.
    "Ja, such einen Medicus auf. Geht das..."
    Er machte eine flapsige Geste zu der Schüssel hin.
    "Seit wann geht das so? Hast du heute schon etwas gegessen? Hast du Temperatur?"
    Die Sorgen standen ihm jedenfalls auf die Stirn geschrieben. Vielleicht hatte sie ja ein Fieber, aber dann gehörte sie besser ins Bett.
    "Der Medicus der Familie? Frag mich nicht. Bis auf dem Besuch damals beim Legionsarzt wurde ich bislang verschont. Frag am besten Gallus. Er ist schon lange in den Diensten der Familie und wird das wissen."
    Er hatte ruhig gesprochen und hatte schließlich einen Schritt auf Valeria zugetan. Er hatte nichts geahnt, aber der Ausbruch ließ ihn dort stehen bleiben, wo er war. Sie schrie ihn geradezu an und irgendwie... irgendwie schien das heute einfach nicht ihr Tag zu sein. Dann wandte sie ihm auch schon den Rücken zu, sodass Maximian seinen Blick völlig verdattert auf ihr Haar gerichtet hielt.
    Mit einem leisen Seufzen, nachdem sie ihn um Verzeihung gebeten hatte, trat er von hinten an sie heran. Er legte seine Arme um sie und drückte sie an sich, während er sein Gesicht in ihrem Haar vergrub, mit der Nasenspitze und den Lippen nach ihrem Hals suchend.
    "Du wirst nicht allein sein", sagte er nur und schloss die Augen, während er ihr so nahe war.

    Maximian wusste, dass dieses Thema seiner Liebsten schwer auf dem Herzen lag. Sie wollte nicht allein zurückbleiben. So wie keine der Frauen es wollte. Und das aus einem verständlichen Grund, der aber für ihn wie für Hunderte von Soldaten nicht triftig war.
    Also nahm er sie einfach in den Arm, legte seinen Kopf an ihren und drückte sie schützend an sich. Es tat ihm leid, dass es sie so sehr mitnahm. Er fuhr ihr mit der Hand übers Haar. Er wusste ganz genau, dass er nicht antworten musste. Er hatte ihr schon so häufig geantwortet, dass er gehen musste. Dass er gehen WOLLTE.
    Gerade hatte er seine Lippen auf ihren Schopf gedrückt, da schreckte die junge Frau hoch. Sie war bleich, wenn er sie genau ansah. Und sie hielt sich den Bauch. Noch dazu sah sie sich hektisch um. Maximian stand schnell auf und trat alarmiert und sorgenvoll neben sie. Bei ihr ging er in die Hocke.
    "Was ist? Ist alles in Ordnung mit dir?"

    Sie hatte da wohl etwas vergessen. Ein kleines Schmunzeln erschien auf seinem Gesicht, während er den Kopf schüttelte und Valeria dann einen Kuss gab.
    "Nein, so habe ich das doch nicht gemeint. Ich liebe dich."
    Er gab ihr noch einen Kuss und strich ihr das Haar hinters Ohr.
    "Hast du etwa vergessen, dass ich der Legio beitreten werde? Vielleicht noch vier Wochen oder fünf, dann werde ich vielleicht auch nach Germania gehen müssen. Dann hast du alle Zeit der Welt. Du kannst in Rom studieren, du kannst derweil im Cultus Deorum aufsteigen."
    Er schmunzelte noch einmal, doch dann fielen seine Augen und seine Mundwinkel. Valeria hatte es der Pontifex versprochen. Er schluckte und nickte schließlich.
    "Dann musst du gehen."
    "Auch wenn das bedeuten kann, dass wir uns erst in Monaten oder Jahren wiedersehen", beendete er den Satz für sich. Vielleicht dachte Valeria ja nicht so weit. Dann würde ihr erst einmal einiges erspart bleiben.