An
Legatus Legionis
Quintus Tiberius Vitamalacus
Legio Prima Traiana Pia Fidelis
Parthia
Salve, Tiberius Vitamalacus!
Es ist lange her, dass wir miteinander von Angesicht zu Angesicht Worte wechselten, und länger noch scheint mir jener Tag in der Ferne zu liegen, an welchem Du einen verzweifelten Narren davon abgehalten hast, die größte Dummheit seines Lebens zu begehen. Doch lasse Dir zuerst von mir zu Deiner Erhebung in die Reihen der Legaten gratulieren, ich könnte mir kaum einen Mann denken, der es mehr verdient hätte. Auch wenn wir wenig von dem erfahren, was im fernen Osten vor sich geht, so kann ich mir doch vorstellen, dass Deine Tage voller Pflichten sind, und die Nächte kaum ausreichen mögen, um den Geist und Körper auf einen neuen Tag der Strapazen vorzubereiten, so mögen Dir diese Zeilen ein wenig der Erfrischung verschaffen, die man so nötig braucht, wenn einem die Sorge um viele bewegt.
Das Wissen um die Pflicht hat mich nun auch ereilt, konnte ich dies zwar als Priester des Mars oft genug kosten, ist es doch kaum mit einem wirklichen Amt zu vergleichen, in welches einen der Wille der Senatoren Roms erhob. Du wirst es sicher gehört haben, dass mir der Kaiser die Ehre erwies, mich in den ordo senatorius zu erheben, was mir die Kandidatur zum Vigintivirat ermöglichte, und erfreulicherweise schienen die patres conscripti geneigt, dem Wunsch des Kaisers nachzueifern und wählten mich mit großer Mehrheit in das Amt, das ich mir gewünscht hatte - nun verbringe ich meine Tage per pedes[/I als [I]tresvir capitalis, und glaube, dass ich bald ebenso viele stadien gelaufen bin wie es Deine Legionäre auf dem Marsch in das Gebiet der Parther haben ableisten müssen, allein ich bin auf Rom beschränkt. Bisher sind die aufsehenerregenden Kriminalfälle leider ausgeblieben, so beschäftige ich mich mit den alltäglichen Sorgen der Bürger und empfinde dieses Amt letztendlich fast wie das eines Priesters, wenngleich die Opferpraxis fehlt - oftmals genügt es den Menschen auf der Straße, überhaupt jemanden zu haben, der ihren Sorgen Beachtung schenkt, sie gieren nicht nach einer direkten Lösung, vielmehr nach der Aufmerksamkeit eines vermeintlich wichtigen Mannes.
Dennoch empfinde ich meine Arbeit als durchaus erfüllend und zufriedenstellend, sie offenbart Einblicke in das tägliche Leben unseres Volkes, die mir sonst wohl kaum gegeben gewesen wären, als Priester verlässt man den Tempel selten genug. Ich werde im Anschluss meiner Zeit als Vigintivir den Kaiser um ein Militärtribunat bitten, die erforderliche Prüfung der academia militaris habe ich bereits abgelegt, und hoffe, Du kannst mir einen guten Rat erteilen, wie ich mich ansonsten auf diese Zeit angemessen vorbereiten kann, um nicht als unwissender Neuling allzu peinliche Fehler zu begehen. Letztendlich fehlt mir die Ausbildung eines Soldaten, auch wenn ich mich glücklich schätzen kann, meinen Körper bei Kräften gehalten zu haben, ist dies wohl kaum mit dem Können und der Kraft eines Mannes vergleichbar, der täglich Waffen und Gepäck zu schleppen hat. Wie hast Du Dich seinerzeit auf Dein erstes Militärtribunat vorbereitet? Ich muss gestehen, ich weiss wenig mehr als die Literaten bieten, und es wäre mir unangenehm, als unbeleckter Neuling dem üblichen Vorurteil zu entsprechen, das bei patrizischen Tribunen sehr oft gebraucht wird.
Ansonsten geht in Rom im Grunde alles seinen gewohnten Gang - Du wirst sicherlich vernommen haben, dass sich ein Octavier auf den Stufen des Senats das Leben nahm, als er bei den Wahlen versagt hatte, seitdem scheinen mir die Götter Rom zu zürnen, doch sicher ist dies noch nicht, muss ob dessen doch ein Sühneopfer des Senats abgewartet werden. Mit Freuden indes habe ich vernommen, dass wir in Zukunft wohl familiäre Bande miteinander knüpfen werden - Dein Mündel Tiberia Albina und mein Verwandter Flavius Furianus im Stand der Verlobung zu sehen war eine überraschende, aber sicher nicht unangenehme Entwicklung. Sollte Dein Mündel irgendwelcher Dinge bedürfen, zögere nicht, sie mir zu nennen, denn mein Verwandter ist ob seines Amtes wieder gen Hispania gereist und wird sich wenig nur um seine Braut kümmern können, die Pflicht nimmt für ihn einen hohen Stellenwert ein. Es wäre mir jedenfalls ein Vergnügen, jenen Dienst zu erwiedern, den Du mir erwiesen hast, ohne mich zu kennen, und für den es kaum einen Gegenwert wird jemals geben können.
Ich schließe mit der Hoffnung, dass Dich diese Zeilen bei guter Gesundheit und nach einem siegreichen Kampf erreichen,
Flavius Aquilius