"Bestimmt werden wir sie pünktlich zu den Vestalia wieder zu Gesicht bekommen."
Liva lächelt zuversichtlich. Als Helena auf die Frauenproblematik zu sprechen kommt, wird ihr Gesichtsausdruck wieder ernst und sie nickt. Nur allzu gut kann sie sich an die unschönen Szenen auf der Rostra und auch den kürzlichen Besuch des Aureliers erinnern. Doch dieses wenn auch wenig erfreuliche Thema lenkt sie endlich ein wenig von ihrer unglücklichen Ehe ab. Nachdenklich streift Livia eine Falte ihrer Palla glatt, bevor sie den Blick wieder zu Helena hebt und ihr antwortet.
"Leider begegnet mir diese Diskussion nur allzu oft. Es ist kaum mehr möglich auch nur einen Schritt auf die Rostra zu tun, ohne in solch eine Grundsatzdiskussion hineingezogen zu werden. Zum aktuellen Zeitpunkt würde ich keiner Frau empfehlen können, sich diesem Ärger auszusetzen. So gesehen ist es sehr betrüblich, dass viele Chancen auf eine wirklich konstruktive Diskussion schon von vornherein so leichtsinnig vergeben werden. Einen einzigen Schritt zur Besserung dieser Vorgehensweise konnte ich vor kurzen beim amtierenden Quaestor Principis entdecken. Er besuchte meinen Gemahl und mich in unserer Casa und führte dort ein längeres Gespräch mit Hungaricus. Noch unter den Eindrücken von ihm und seiner Tochter auf der Rostra stehend schwieg ich und hielt mich zurück. Die Argumente wurden auch von seiner Seite aus erstaunlich ruhig und sachlich vorgebracht. Doch darauf, dass er sich auch nach meiner Meinung erkundigen würde, konnte ich lange warten. Nicht, dass ich groß damit gerechnet hätte..."
Sie schmunzelt leicht, da sie sich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass die Anhänger dieser Bewegung zwar überaus engagiert sind, aber teilweise den Bezug zur Realität ein wenig verloren haben.
"Er scheint jedenfalls mit dem Kaiser darüber sprechen zu wollen. Wir werden sehen, was sich aus alldem ergibt. In einer Hinsicht kann ich dich jedoch zumindest teilweise beruhigen. Ganz und gar wollen sie uns noch nicht aus den Ämtern drängen. Es geht ihnen vorerst lediglich darum, den Senat in Zukunft für die Aufnahme weiterer weiblicher Senatoren zu schließen. Betätigst du dich in einem Amt?"
Interessiert mustert Livia ihr Gegenüber. Deren gepflegtes Äußeres und die hochwertige Kleidung ließen darauf schließen, dass sie zumindest aus Notwendigkeit nicht zum Geldverdienen gezwungen war.
"Nun, wie auch immer die amtierenden Aedile ihre Schwerpunkte setzen werden, komme ich um den Besuch der Spiele wohl kaum herum. Als Person im öffentlichen Leben ist mah wohl mehr oder weniger dazu verpflichtet, sich bei solchen Gelegenheiten sehen zu lassen. Ich bin daher nur allzu froh um die privilegierten Plätze, welche wir als Senatoren einnehmen können. Das Gedränge der Masse wäre mir doch ziemlich unangenehm."