Livia ist in Gedanken weit weg. Sie denkt über die Zukunft ihrer Ehe nach und kann nicht einen einzigen positiven Aspekt mehr daran entdecken. Unweigerlich drängt sich ihr die Überlegung auf, ob man nicht doch einen finalen Schlussstrich unter dieses unselige Unterfangen ziehen sollte. Auch ein Opfer und Gebet an Iuno kommt ihr in den Sinn, doch sie weiß mittlerweile nicht einmal mehr, ob sie diese Ehe überhaupt noch retten will. Sie fühlt sich in den letzten Tagen von einer großen Müdigkeit erfüllt. Livia blickt hinaus auf die Menschenmenge und die Stadt, sieht sie jedoch nicht. In diesem Moment wird sie sich vage einer Stimme direkt neben ihr bewusst und realisiert erst langsam, dass die gesprochenen Worte tatsächlich ihr gegolten haben. Dennoch fällt es der Patrizierin noch schwer, sich von ihren schwermütigen Gedanken loszureißen, und auch der Sinn des Gesprochenen tritt nur langsam in ihr Bewusstsein. Sie blinzelt kurz, setzt ein etwas halbherziges, freundliches Lächeln auf und wendet sich der Sprecherin zu. Deren Gesicht ist ihr nicht bekannt und sie vermutet eine einfache Frau aus dem Volk. Dennoch scheint ihre Kleidung von gewissem Wohlstand und auch gutem Geschmack zu zeugen.
"Salve. Ja, das Wetter ist wirklich wunderbar und der schöne Tag wie für einen Gott geschaffen. Es ist gut, dass die Menschen ihrem Gott noch so eifrig gedenken. Apollo scheint nichts von seiner großen Beliebtheit eingebüßt zu haben. Mir persönlich liegt er seit je her schon besonders am Herzen."
Natürlich ist Livia es gewohnt, zu jeder Zeit auf diese Weise ein einfaches Gespräch führen zu können. Allgemeine Konversation ist sowohl in der Politik, wie auch als Hausherrin ein wichtiges Werkzeug im Alltag. So kommen ihr auch nun diese Worte flüssig über die Lippen, trotz der nur so langsam weichenden geistigen Abwesenheit. Die weiche Palla streift sie sich vom Haupt und lässt sie auf ihren Schultern ruhen. Ein unbedecktes Haupt und ein durch eine Hochsteckfrisur freigelegter Nacken sind ihr schon immer angenehmer gewesen, da sie sich so freier und beweglicher fühlt. Den Schutz einer Kopfbedeckung sucht Livia eigentlich nur, wenn es sich entweder aus religiösen Gründen oder aufgrund von Kälte nicht vermeiden lässt.
"Es scheint allmählich Sommer zu werden."