Wieder ist es Livia, die sich an den Volkstribun wendet.
"Dass meinem Sinn nur eine Aufhebung des Gesetzes entspräche, habe ich bereits geäußert. Dass eine solche Aufhebung derzeit nicht vom Senat erwirkt werden kann, erläuterten meine Mitsenatoren. Dass ich mich nun aus diesen Gründen jedoch für die Kontrolle und Überwachung eines in meinen Augen unhaltbaren Gesetzes bemühen würde, ist eine gänzlich realitätsferne Annahme. Ein Gesetz, welches in solchem Maße meinen tiefsten Überzeugungen widerspricht, kann und werde ich in keinster Weise unterstützen.
Einer deiner Vorgänger war es, Tribunus Plebis, welcher uns dieses Malheur bescherte. So mag es auch getrost einem seiner Nachfolger im Amte zur Aufgabe werden, diesen Fehler wieder aus der Welt zu schaffen. Wer soll es sonst tun? Der Senat wird nicht nur aufgrund der Tatsache, dass es ein zufällig vom Volk beschlossenes Gesetz ist, jeden einzelnen Paragraphen weiter pflegen und schützen, wie widersinnig und falsch er auch sein mag. Aus diesem Grund ist die Lex Octavia Solidaritatis Patriciarum von uns auf gar keinen Fall zu fördern, indem wir sie durchsetzen und kontrollieren. Jede Bemühung in diese Richtung ist ein weiterer Schritt, ein Decretum Imperialis auf schändliche Art und Weise systematisch zu hintergehen.
Du weißt um diesen Sachverhalt, wie du gerade eben selbst zugegeben hast. Trotzdem setzt du dich dafür ein, dass dieses vom Gesetz angestrebte Treiben nicht unterbunden, sondern gefördert wird? Du klammerst dich bedingungslos an die Paragraphen deines Amtsvorgängers und wagst es nicht einmal, sie kritisch zu hinterfragen und daraus die Konsequenzen zu ziehen? Wir sind keine Sklaven unserer Gesetze, Volkstribun. Wir sind ihre Schöpfer. Falls wir in unserer Schöpfung einen grundlegenden Fehler entdecken, so ist es an uns diesen zu bereinigen. Wer einen Fehler nicht korrigiert, obwohl dies in seiner Macht steht, der begeht ihn ein zweites Mal."
Sie hält kurz inne.
"In meiner Macht steht es dieses Mal nicht, Tribunus Plebis. Du hingegen bist sehr wohl in der Lage, den erkannten Fehler zu korrigieren."