Livias linke Augenbraue schiebt sich leicht nach oben.
"Tatsächlich? Bist du nicht auch ein Plebejer, einer vom Volk? Bist du nicht auch ein Mitglied der Volksversammlung? War es nicht die Volksversammlung, welche dieses Gesetz durchgesetzt hat? Oder bist du nun nicht mehr ein Teil deines Volkes, Volkstribun?"
Sie hält kurz inne und schafft es, sich wieder einigermaßen zu beruhigen.
"Gesetze fallen nicht vom Himmel. Sie werden erlassen. Doch nur weil ein Gesetz einmal erlassen wurde, bedeutet das noch lange nicht, dass sein Sinn und Inhalt auf alle Zeiten unfehlbar sei. Was wäre unser Staat, wenn wir unsere zahlreichen Paragraphen nicht ständig neu überprüfen, überdenken und auch ändern würden? Im Falle der Lex Octavia Solidaritatis Patriciarum wäre nach meiner Meinung ein Aufheben des ganzen Gesetzes die einzig richtige Entscheidung."
Livia schüttelt kurz den Kopf und lässt den Blick durch die Ränge der Senatoren gehen und wendet sich dann wieder an den Volkstribun.
"Eine Offenlegung kommt nicht in Frage. Legen die Plebejer offen, wie viele Steuern sie bezahlen? Sie würden sich mit Händen und Füßen wehren, dies zu tun. Aus gezahlten Steuern oder aber auch Spenden ließe sich allzu leicht errechnen, wie hoch das tatsächliche Vermögen der einzelnen wäre. Soll dies das Ziel sein? Doch auch das würde scheitern. Denn wer unter Plebejern und Patriziern gleichermaßen kennt es nicht, das gute alte Sparkonto, durch welches man sich so bequem den so unangenehmen pekuniären Pflichten entziehen kann? Besitzt du nicht auch eines, Tribunus Plebis? Wie viele Steuern zahlst du?"