Beiträge von Tiberia Livia

    Livia verbucht sein Ausweichen als eine Zusage und gönnt sich ein leichtes triumphierendes Lächeln. Um es jedoch halbwegs zu verbergen, trinkt auch sie noch einen Schluck aus ihrem Becher.


    "Sprachst du nicht kürzlich davon, dir einen Künstler und eine Bibliothek zu kaufen? Für die Bibliothek haben wir auf der Hochzeit vielleicht noch keine Verwendung, doch deinen Künstler könntest du zu diesem Anlass einmal vorführen."


    Sie lächelt leicht und hält nachdenklich inne.


    "Ich könnte mich um einen Vorleser kümmern. Außerdem sollten wir auf jeden Fall für eine musikalische Untermalung Sorge tragen. Sollte es vielleicht auch ein kleines Schauspiel geben?"

    Livias Blick fällt kurz auf einen soeben in den Tempel hineingehenden jungen Mann, welcher einen kleinen Korb mit Lorbeerzweigen trägt.


    "Zumindest ist dir wohl nicht zu verdenken, dass der Duft eines Rauchopfers mit ausgesuchten Kräutern dem der Nachbarschaft einer fullonica vorzuziehen ist."


    Sie sieht den Senator wieder aufmerksam an.


    "Das ist wohl wahr. Ein Opfer zur Besänftigung wird Iuppiter sicher nicht ablehnen. Und wenn du auch dann noch von Unsicherheit geplagt bist, könntest du dich ratsuchend an die Sibylle wenden."

    Der Ton, in dem ihr Verlobter mit ihr redet, gefällt Livia ganz und garnicht. Sie erwidert seinen finsteren Blick nicht weniger erbost. Auf seine Frage hin reckt sie ihr Kinn leicht in die Höhe und giftet mit gesenkter Stimme zurück.


    "Missverständlich? Missverständlich? Was war denn bitteschön an diesem Spruch missverständlich? Eindeutiger geht es kaum! Deinen Worten entnehme ich doch, dass auch du es genau wie ich verstanden hast. Oder weshalb versicherst du mir nun, dass die Entscheidung dazu beim Kaiser liegt? Hast du wirklich geglaubt, ich würde soetwas von dir verlangen? Pah! Im Gegenteil..."


    Sie sieht ihn herausfordernd an.


    "Aber, gut... Wenn du noch eine andere, bessere Interpretation hast, dann nur zu. Erzähle sie mir. Ich bin ganz Ohr."

    Zufrieden nimmt Livia die Anwesenheit beider Seiten zur Kenntnis.


    "Sehr gut. Dann werden wir nun beginnen."


    Sie wirft dem anderen Iudex einen kurzen Blick zu und wendet sich dann wieder an Matinius und Aurelius. Zu den Rechnungen, die sie am Vorabend noch hat durchgehen müssen, hat sie sich einige Notizen angefertigt, auf welche sie nun ab und an einen Blick wirft, um die genauen Zahlen nicht zu verwechseln.


    "Aus den Protokollen der ersten Anhörung gehen augenscheinlich unterschiedliche Berechnungen der Herstellung von Öllampen hervor. Ich werde die dort erzielten Ergebnisse noch einmal kurz zusammenfassen.


    Der Kläger legte eine Berechnung der Herstellungskosten dar, welche auf dem Anteil am Bruttogewinn der einzelnen Produktgruppen beruhte. Demzufolge wäre der Anteil der Herstellungskosten für Feinkeramik 57,97%, für Grobkeramik 34,78% und für Öllampen 7,25%. Pro Einheit ergaben sich daraus laut Rechnung des Klägers 0,67 Sesterzen Herstellungskosten für Öllampen, wodurch der Angebotspreis von 0,81 Sesterzen aus seiner Sicht legal sei.


    Der ehemalige Aedilis Curulis stellte dem eine Berücksichtigung der Kosten für die übrigen Produkte entgegen. Dadurch ergaben sich in seiner Fortführung der Rechnung des Klägers 6,27 Sesterzen Herstellungskosten für eine Einheit Feinkeramik und 3,41 Sesterzen für die Herstellung einer Einheit Grobkeramik. Letztere seien vom Kläger jedoch zu 2,83 Sesterzen angeboten worden, so dass die Rechnung aus Sicht des Aurelius fehlerhaft sei."


    Sie blickt beide Seiten nacheinander fragend an.


    "Ist dies so korrekt? Gibt es der Zusammenfassung der ersten Anhörung an dieser Stelle noch etwas wichtiges anzufügen?"

    Livia schmunzelt leicht.


    "Frische Luft, hier in Rom? Ich staune, dass du sie noch zu finden vermagst."


    Auf seine weiteren Worte hin schwindet ihr Lächeln ein wenig.


    "Ist es denn so schlimm, wie du es schilderst? Vielleicht solltest du den Göttern ein Sühneopfer darbringen."

    Hiermit wird die Hauptverhandlung in der Sache
    "Quintus Matinius Cicero vs. Lucius Aurelius Commodus"
    eröffnet.


    Das verhandelnde Iudicium Minor besteht aus:
    Iudex Prior Tiberia Livia
    Iudex Gaius Octavius Victor


    IUD MIN I/DCCCLVI


    Die Verhandlung wird in der Gerichtshalle der Basilica Ulpia verhandelt und dies öffentlich.
    Die Zuständigkeit des Iudicium Minor ergibt sich aus dem Einspruch gemäß Lex Mercati § 7 (4).


    Quintus Matinius Cicero ficht folgendes Edict an, welches am ANTE DIEM XV KAL APR DCCCLVI A.U.C. (18.3.2006/103 n.Chr.) vom damaligen Aediles Curulis Lucius Aurelius Commodus verhängt wurde.

    SANCTIO


    Gegen Quintus Matinius Cicero wird nach §4 Absatz 3 und §7 Lex Mercati eine Geldstrafe in Höhe von 11378.57 verhängt. Das Angebot von Öllampen zum Preis von 0.81 Sesterzen pro Einheit liegt deutlich unter den Herstellungskosten und verstößt gegen geltendes Gesetz. Der Anbieter hat die Angebote umgehend zu entfernen. Einsprüche gegen administrative Handlungen des Aedils werden an das Gericht verwiesen.


    Lucius Aurelius Commdus, Aediles Curules

    Verwunderung ist in Livias Miene zu sehen und sie wirft einen kurzen erstaunten Blick in den Tempel hinein.


    "Tatsächlich? Auf den Gedanken wäre ich nicht gekommen. Zum Nachdenken ziehe ich mich meist mit einer beliebigen Schriftrolle in mein Cubiculum zurück. Zwar lese ich dann nicht wirklich und starre viel mehr durch das Papyrus hindurch, doch aus irgend welchen Gründen gelingt es mir so äußerst gut, meine Gedanken zu sammeln."


    Im Hintergrund haben die Sklaven und der Sacerdos mittlerweile die Vorbereitungen abgeschlossen und warten geduldig, bis die Senatoren ihr Gespräch beendet haben. Livia lässt sich davon auch nicht beirren.


    "Gibt es denn viel, was ein solches Nachdenken erfordert?"

    Überrascht lächelt Livia dem Senator zu und begrüßt ihn höflich.


    "Salve, Senator. Ich danke dir für deine guten Wünsche. Ja, das Voropfer habe ich schon hinter mir. Es bleibt zu hoffen, dass der Göttervater auch das Hauptopfer annehmen wird."


    Ihr Blick fällt kurz auf den noch ahnungslos wartenden weißen Ochsen. Dann sieht sie ihr Gegenüber wieder freundlich an.


    "Doch was führt dich hierher aufs Kapitol? Ein ganz alltägliches kleines Opfer?"

    Nach dem ganzen Trubel um den Wahlkampf, ihren Sieg und die Vereidigung, begibt Livia sich endlich in einer ruhigeren Minute zum Tempel des Iuppiter, um dem Göttervater für ihre Wahl zu danken. Ihre Liktoren umgeben sie und auch ein paar Sklaven folgen der Patrizierin. Diese tragen die Opfergaben, unter welchen sich ein großer Korb mit Kassia und Lorbeer, eine Amphore feinsten Falerners und ein frischer Opferkuchen befinden. Einer der Sklaven führt außerdem einen jungen weißen Ochsen an einer Leine mit sich.


    Während zwei Liktoren voraneilen und sich auf die Suche nach einem Iuppiter-Priester machen, wartet Livia geduldig auf dem Tempel-Vorplatz. Die Sklaven beginnen bereits alles für das Dankesopfer vorzubereiten. Nach kurzer Zeit ist ein netter, junger Sacerdos gefunden, welcher mit einem freundlichen Lächeln auf die Praetrix zutritt. Die mitgebrachten Opfergaben hat er mit einem Blick erfasst. Allein die Tatsache der bereits vorbereitenden Sklaven scheint ihm einen Hauch von Sorge zu bereiten.


    "Salve, Senatorin."
    "Salve, Sacerdos. Ich komme, um dem Göttervater ein Dankopfer für meinen Wahlsieg darzubringen. Ist es möglich, dass du mir dabei zur Seite stehst?"
    "Selbstverständlich, Praetrix. Möchtest du die Voropfer persönlich im Tempel darbringen? In dem Fall werde ich mich schon einmal um die Vorbereitung des Hauptopfers kümmern."
    "Danke. Ja, so werden wir es machen."


    Sie nickt ihm noch einmal aufmunternd zu und begibt sich dann von den Tragesklaven begleitet in den Tempel hinein. Andächtig verneigt sich Livia vor dem Kultbild des Gottes und beginnt eine Art innere Zwiesprache aufzubauen. Auf einen kleinen Wink hin reichen die Sklaven ihr eine Gabe nach der anderen. Wie es sich gehört, bedeckt Livia ihr Haupt und bringt zuerst das Rauchopfer aus Kassia und Lorbeer dar. Anschließend spricht sie ihr Dankesgebet.


    "Oh, großer Iuppiter, Vater der Götter. Ich danke dir für die erfolgreiche Wahl. Schenke mir die nötige Kraft und Weisheit, um mein Amt zum Wohle des Volkes und des Reichs auszuführen."


    Dann bringt sie auch den Wein und den Kuchen dar, wonach sie noch einmal in stiller Zwiesprache mit dem Gott versinkt. Livia beendet das Voropfer mit der obligatorischen Rechtswendung und begibt sich anschließend, ruhig und in sich gekehrt, von ihren Sklaven begleitet auf den Tempelvorplatz. Hier sind die Vorbereitungen des blutigen Opfers nicht abgeschlossen, so dass sie einen Augenblick warten muss und ihren Blick währenddessen über den Platz vor dem Tempel schweifen lässt.

    Nachdenklich lauscht Livia seinen Worten und versucht sich das Leben in dieser so fremd erscheinenden Provinz vorzustellen.


    "Das klingt alles so ungeordnet. Ist ein angenehmes Leben überhaupt ohne ein gewisses Maß an Organisation und Regeln überhaupt möglich? Sie können ihre Straßen doch nicht einfach anlegen, wo und wie immer es ihnen gerade beliebt. Ergeben sich daraus nicht lauter kaum nutzbare Flächen, gefährliche Kurven und überlastete Kreuzungen in den Städten? Das muss furchtbar unübersichtlich sein..."


    Vor ihrem inneren Auge zeichnet sich ein undurchschaubares Gewirr von Wegen und Straßen ab.


    "Meiner Treu. Aggressive Stämme, so nah an unseren Städten? Passieren gar viele kleine Überfälle, von denen man hier kaum erfährt? Ich hoffe, dass unsere Legionäre die Situation im Griff haben..."


    Sie schaut Macer fragend von der Seite an. Auf seinen Vorschlag zur Studienreise muss sie angesichts der zuvor angesprochenen Punkte unweigerlich schmunzeln.


    "So lange ich noch damit rechnen muss, dass eine wilde Horde ungewaschener Barbaren mich unterwegs unangenehm belästigt, lehne ich dieses Angebot dankend ab. Unter diesen Bedingungen ziehe ich die Studien von zugehörigen Schriftrollen eindeutig vor."


    Livia schaut wieder neugierig in die Arena, wo die Gladiatoren bereits Aufstellung bezogen haben. Jeden Augenblick müsste das beeindruckende Spektakel beginnen und den Anfang möchte sie nicht verpassen.

    "Ich danke dir."


    Erleitert atmet Livia auf, dass dieses erste kleine Problem zumindest schon gelöst zu sein scheint. Sie wirft einen kurzen Blick auf die ersten Zeilen des Protokolls und entdeckt nur unzählige Worter und allerlei Zahlen. Einen Seufzer kann sie sich jedoch verkneifen und leicht fällt es ihr, das Dokument wieder zusammenzurollen und dessen Studium auf den späteren Abend und den nächsten frühen Morgen zu verschieben.


    "Wenn es sonst nichts weiter anzumerken gibt, dann möchte ich dich auch nicht länger aufhalten. Mir steht noch ein arbeitsreicher Tag bevor und du möchtest sicher die ersten Stunden deiner Freizeit genießen."

    Erfreut bedankt sich Livia für die Glückwünsche. Seinen Ausführungen hört sie aufmerksam zu, nimmt das Dokument entgegen und nickt schließlich nachdenklich.


    "Oh, das ist in der Tat recht kurzfristig."


    Ihr Blick fällt sorgenvoll auf die umfangreich wirkende Schriftrolle des Protokolls, doch sie lächelt tapfer.


    "Ich werde sehen, was sich machen lässt. Wie es aussieht, wird es heute noch ein langer Abend für mich. Mal sehen, ob sich so schnell noch ein geeigneter Iudex findet. Ich danke dir für deine Mühen. Falls notwendig werde ich gerne auf dein Angebot zurückkommen. Doch ich hoffe, dass ich mich hier schon bald einigermaßen zurechtfinden werde..."


    Sie hält kurz inne, als ihr plötzlich eine Idee kommt. Mit einem leicht verschmitzten Lächeln blickt Livia den ehemaligen Praetor an.


    "Wie ist es mit dir? Wäre es möglich, dass du mir bei diesem Prozess als Iudex zur Seite stehst? Da du mit diesem Sachverhalt bereits vertraut bist, erscheinst du mir geradezu optimal geeignet..."

    Nachdem man ihr von der tatsächlichen Anwesenheit des ehemaligen Praetors berichtet hat, lässt Livia sich von ihren Liktoren direkt an ihre neue Wirkungsstätte führen. Sie grüßt den Octavier mit einem freundlichen Lächeln.


    "Salve, Senator. Es ist mir eine Ehre deine Nachfolge antreten zu dürfen. Verzeih, dass ich dich schon jetzt hier aufsuche, doch mir liegt eine reibungslose Amtsübernahme sehr am Herzen. Gibt es noch offene, laufende Verfahren, auf die ich ein Auge haben sollte oder hast du noch weitere Hinweise für mich?"

    Livias vernichtender Blick fällt auf Hungaricus und sie fragt sich ob er nicht verstehen kann oder will.


    "Ich vergesse mich nicht. Das ist eine berechtigte Frage. Ich hoffe du weißt, dass ich das nicht zulassen werde."


    Mit noch immer zornig funkelnden Augen nimmt sie nun doch seinen Arm und lässt sich widerstrebend hinausbegleiten. Doch in dieser Angelegenheit ist für Livia noch längst nicht das letzte Wort gesprochen.

    In Begleitung ihrer Liktoren betritt die neue Praetrix Urbanae die Basilica Ulpia. An die stetige Begleitung durch die Männer mit den fasces hat sie sich noch nicht ganz gewöhnt, doch nach dem bisherigen Eindruck scheinen es pflichtbewusste und loyale Männer zu sein. Einer von ihnen eilt voraus, mit dem Auftrag den Aufenthaltsort des Amtsvorgängers ausfindig zu machen. Derweilen sieht Livia sich aufmerksam um und erinnert sich an ihren letzten Besuch im Gerichtsgebäude.

    Livia lächelt schelmisch.


    "Natürlich, aber das kaufen wir uns dann von deinem Geld." :]


    Sie nimmt ihren Becher und trinkt einen Schluck Wasser. Dann setzt sie ihn wieder ab und sieht Hungaricus noch immer ein wenig verschmitzt lächelnd an.


    "Ich schätze, damit wäre vorerst alles geklärt. Um die Landvilla werde ich mich allerdings erst bemühen, sobald der ganze Trubel sich gelegt hat, wenn dir das recht ist. Falls sich noch Unklarheiten ergeben, können wir uns bis zur Hochzeit auch über Boten noch einmal verständigen."


    Livia hält einen Moment inne und überlegt, bevor sie fortfährt.


    "Doch wie geht es dir sonst so? Ist alles in Ordnung? Kann ich dir darüber hinaus noch bei irgendetwas helfen?"


    Sie erinnert sich noch gut an ihr letztes Beisammensein, bei dem er noch in Trauer um seinen verstorbenen Bruder war.

    Mit Stolz spricht auch Livia den Schwur.


    "Ego, Tiberia Livia, hac re ipsa decus imperii romani
    me defensurum, et semper pro populo senatuque
    imperatoreque imperii romani acturum esse
    sollemniter iuro.


    Ego, Tiberia Livia, officio praetricis urbanae imperii romani accepto,
    deos deasque imperatoremque romae in omnibus meae vitae
    publicae temporibus me culturum, et virtutes romanas
    publica privataque vita me persecuturum esse iuro.


    Ego, Tiberia Livia, religioni romanae me fauturum et eam
    defensurum, et numquam contra eius statum publicum me
    acturum esse, ne quid detrimenti capiat iuro.


    Ego, Tiberia Livia, officiis muneris praetricis urbanae
    me quam optime functurum esse praeterea iuro.


    Meo civis imperii romani honore, coram deis deabusque
    populi romani, et voluntate favoreque eorum, ego
    munus praetricis urbanae una cum iuribus, privilegiis, muneribus
    et officiis comitantibus accipio."