Beiträge von Decima Lucilla

    Irgendwie ist diese Casa viel zu groß. Lucilla ist auf der Suche nach Verus, und das schon seit einigen Minuten. Der letzte Hinweis auf ihn fand sich im Atrium, wo ihn ein Sklave stehen und dann nach oben gehen gesehen hat. Missmutig stapft Lucilla also die Treppen hinauf, nächstes mal schickt sie den Brief wieder mit dem Cursus Publicus, da wird er direkt in ihrem Officium abgeholt.


    Lucilla blickt in den Vorraum vor Livianus und Aemilias Cubiculi, doch da ist niemand. Gerade in dem Moment hört sie ein Klopfen von der anderen Seite. Und tatsächlich, dort steht Verus vor der Tür.


    "Verus! Hier steckst du. Den Göttern sei dank, dass ich dich in dieser Casa überhaupt noch gefunden habe. Wenn wir jemals jemanden verstecken müssen, dann ist er in dieser Casa sicher."

    [Blockierte Grafik: http://img362.imageshack.us/img362/2025/luciuspavarus5at.jpg] [URL]http://www.cheesebuerger.de/images/smilie/musik/e050.gif[/IMG] "Da-da-da-daaaaaaaaaaaaa... " Pavarus hält inne in der fünften Symphonie, welche ihm heute eingefallen ist. Welch eine Schande, bis wieder jemand auf so eine geniale Idee kommen würde, würden sicherlich Jahrhunderte vergehen. :D


    "....aaaah, ein Eilbrief. Zwanzig Sesterzen passend, perfekt. Ich danke dir, der Brief wird heute noch auf seine Reise gehen! Kann ich sonst noch etwas für dich tun?"

    Lucilla schüttelt traurig den Kopf und reicht den Brief an Martinus weiter. 'Die Schatten Roms' stellt nicht wirklich eine aussagekräftige Signatur dar. Der Brief ist leserlich, also muss ihn jemand geschrieben haben, der nicht nur Buchstaben abgemalt hat, und dass er ohne Fehler ist und ein paar Nebenstäze aufweist deutet vielleicht darauf hin, dass der Schreiber auch sonst geübt ist. Und doch, auf wieviele Tausende Menschen im Imperium trifft das schon zu.

    Lucilla blickt erschrocken von der Versandliste auf, welche sie gerade am Überarbeiten ist. Sie hat überhaupt niemand hereinkommen hören. Wahrscheinlich hat der Scriba wieder die Tür offen gelassen. Eines Tages würde das noch peinlich enden. ;)


    "Salve Adria! Eilbrief, Tarraco, Zwanzig Sesterzen, Wertkarte Schola, kein Problem, geht heute noch raus." kommt es wie ein Pfeil vom Bogen geschossen.

    "Was?" Lucillas Augen werden groß und sie nimmt den Brief und liest ihn schnell durch. Die Worte jagen ihr einen Schauer über den Rücken. "Aber so viel Geld... das ist doch..." 'unmöglich' will sie sagen, doch ein Blick auf Alessa lässt sie es nicht aussprechen. Stattdessen nimmt sie ihre Cousine kurzerhand in den Arm.


    "Oh, Alessa." Sie streicht ihr beruhigend über den Rücken. "Die Cohortes werden ihn sicher finden. Ganz bestimmt, du darfst die Hoffnung nicht aufgeben." Natürlich weiß Lucilla, dass die Chancen dafür sehr gering sind. Jemanden im Imperium zu verstecken ist so einfach, wie eine Nähnadel in einem Heuhaufen zu verbergen. Und solche Banden sind dazu schneller über die Grenzen des Reiches, als irgendwelche Wachposten schauen können.


    "Fährst du deshalb nach Hispania?"

    Die fröhliche Stimmung im Raum vergeht, als Alessa mit geröteten Augen in das Zimmer tritt. Ihre Stimme und ihr Wunsch nach Tarraco zu gehen, lassen darauf schließen, dass etwas nicht stimmt.


    Lucilla steht auf, tritt an ihre Cousine heran und legt ihre Hand auf Alessas Schulter.


    "Alessa, was ist denn los?"

    Lucilla zwinkert ihm grinsend zu. "Begehrt wie eh und jeh."


    Sie blickt zur Tür und dankt dem unbekannten Klopfer schon einmal dafür, dass sie um eine Antwort vorerst herumgekommen ist. Zwar ist sie sich sicher, dass Martinus auch später nocheinmal nachbohren würde, er will ja immer alles ganz genau wissen, doch ersteinmal ist kein Raum mehr für römischen Charme und römische Männer.

    Von der Casa Caecilia kommend eilt Lucilla direkt nach Hause. Noch immer ist sie wütend und aufgewühlt und nachdem sie sich ihres Mantels entledigt hat, kommt sie zielstrebig zum Haushaltar und kniet davor nieder.


    Nachdem sie etwas von dem bereitstehenden Weihrauch in die Opferschale gelegt hat und den aufsteigenden Rauch beobachtet, beruhigt sie sich allmählich.


    "Ich habe alles zerstört." seufzt sie leise und blickt zu den kleinen Figuren auf dem Altar. "Wie soll ich denn jemals seinen Blick vergessen? Wie soll ich Avarus anschauen und nicht dabei an Crassus denken? Wie soll ich einen Mann heiraten, dessentwegen ich einen anderen abgewiesen habe? Hat das irgendjemand mal bei diesem ganzen Plan bedacht? Oh, ihr Ahnen, wenn ihr unsere Geschicke auch nur ein wenig beeinflussen könnt, dann tut doch endlich etwas!"


    Sie legt noch etwas Weihrauch nach. "Warum musstet ihr auch alle so früh gehen. Warum bist du so weit fort, Mutter, jetzt, wo ich dich so dringend brauche?"


    Lucilla sackt zusammen und bleibt wie ein kleines Häufchen Elend vor dem Altar sitzen. Immer wieder versucht sie sich einzureden, dass sie mit Crassus nicht glücklich geworden wäre. Keine Gladiatorenspiele, ein leeres Bett am Abend, ein Feldherr, der jederzeit rufen und ein Mann, der jederzeit diesem Ruf folgen würde. Und am Ende sie selbst, alleingelassen wie ihre Mutter, vergehend vor Gram. Und doch überzeugt sie nichts davon.

    Das ist es also. Lucilla lässt die Schultern hängen und schließt die Augen. Sie atmet tief durch, doch nichts kann das Gefühl verdrängen, Crassus auf immer verloren zu haben. Sie weiß nicht, was sie erwartet hat, doch nicht, dass alles so abrupt enden würde. Die schönen Stunden, der Strand, die Taberna. Und nicht, dass er alles so einfach enden lassen würde. Sie ist sich nicht sicher, ob sie ihm dafür dankbar, oder ob sie eher auf ihn wütend sein sollte.


    Sie öffnet die Auge wieder und wie es ihrer Natur entspricht beschließt sie ersteinmal auf ihn wütend zu sein. Ebenso wie auf Avarus. Und überhaupt alle Männer dieser Welt.


    "Viel Spaß mit deinem Attentat..." murmelt sie verärgert vor sich hin und stellt den noch fast vollen Becher mit Mulsum auf dem Tisch ab. Dann steht sie auf und verlässt das Haus.


    Doch entgegen aller Vorsätze, das erdrückende Gefühl bleibt.

    Lucilla nimmt die Briefe in Empfang und besieht sich den Empfänger.


    "Nun, wir werden sehen, was wir tun können. Unsere Kollegen in Hispania sind normal auch recht gut über solche Dinge informiert. Wenn wir den Brief gar nicht zustellen können, dann kommt er wieder zurück. Aber extra zahlen musst du nicht, solange wir noch einen Namen und die Provinz haben gehört das erstmal zum Service. Und ein Quaestor sollte so schwer ja nicht zu finden sein."


    Sie schreibt einen kurzen Vermerk für die Tabellarii und legt ihn zu dem ersten Brief.


    "Zwei Eilbriefe macht dann vierzig Sesterzen insgesamt."


    Sim-Off:

    WiSim: Konto 1225, Cursus Publicus

    Lucilla seufzt und blickt auf. Wenn sie es ihm schon sagen muss, so will sie ihn wenigstens dabei ansehen. Doch sein Blick sorgt dafür, dass ihr schon jetzt aller Mut aus dem Leib weicht. Erinnerungen an den Tag am Meer streifen ihre Gedanken, doch sie schiebt sie eilig beiseite. Sie darf es nicht länger aufschieben, denn es wäre niemandem gegenüber fair.


    Ebenso leise wie er, antwortet sie. "Ich habe mich für Avarus entschieden."


    Nun ist es heraus. Eine Last sollte von ihren Schultern fallen. Doch Lucilla fühlt sich nur erdrückt, ihr Herz ist schwer und ihre Sinne sind betrübt.

    Lucilla nimmt Platz und ist froh, dass der Sklave noch etwas braucht. Als schließlich der Mulsum da ist, trinkt sie einen Schluck, um Zeit zu schinden. Einen Augenblick lang überlegt sie, ob sie nicht einfach sagen soll, dass sie genau deswegen gekommen ist. Um Mulsum in Crassus Anwesenheit zu trinken.


    "Nein, deswegen bin ich nicht gekommen."


    Es nützt nichts. Um den heißen Puls herumzureden bringt gar nichts, schon gar nicht Lucilla dem Aussprechen der Entscheidung näher. Sie seufzt und blickt in den Becher mit Flüssigkeit hinein.


    "Ich... ich habe eine Entscheidung getroffen. In Bezug auf dich... und mich... und Avarus."

    Lucilla lächelt. "Nichts zu Essen, danke."


    Auch wenn die Entscheidung, welche sie mit sich herumträgt, danach drängt herausgelassen zu werden, die Gebote der Höflichkeit gehen dem allen vor.
    "Aber etwas Mulsum, wenn du welchen da hast?"


    Sie mustert Crassus noch immer lächelnd und ihr Herz schlägt so laut, dass sie glaubt, sogar er muss es noch hören können.

    Lucilla folgt dem Ianitor bis ins Atrium und schaut sich neugierig um. Seltsamerweise ist sie noch nie in dieser Casa gewesen. Es wäre sicher nicht schlecht, hier zu leben.

    Es wäre auch zu schön gewesen...


    "Salve!" lächelt Lucilla und blickt den Ianitor an. Nach einigen Augenblicken fällt ihr ein, dass sie wohl noch etwas sagen sollte.


    "Ich, ähm, möchte zu Cra... ähm... Caecilius Crassus. Ist er zuhause?"

    In einen warmen Mantel gehüllt eilt Lucilla durch die Straßen Roms. Es ist bereits Nachmittag und die Kälte des Winters zerrt an ihrem Gesicht. Das würde wieder Schelte von Ambrosius geben, doch momentan gibt es Wichtigeres.


    Zögernd klopft Lucilla an die Tür.


    *Klopf klopf*


    Vielleicht ist ja keiner da.

    Wenig später kann sich Lucilla noch immer nicht aufraffen, ihr Zimmer zu verlassen. Wie auch, sie hat noch immer keine Entscheidung getroffen. Vor ihr liegt eine Wachstafel, aufgeteilt in zwei Bereiche, beschrieben mit zwei Strichlisten. Daneben liegt eine alte Silbermünze, welche ihr einst ihr Bruder von einer Reise nach Germanien mitgebracht hatte. Es erschien Lucilla als gute Idee, die Entscheidung in die Hand der Parzen zu legen. Eine Seite der Münze für Crassus, die andere für Avarus. Doch natürlich konnte Lucilla nach dem ersten Wurf die zufällige Entscheidung nicht einfach hinnehmen, das Ergebnis müsste doch eindeutiger sein. Doch je öfter sie die Münze geworfen hatte, desto ausgeglichener wurden die beiden Felder. Und nun sitzt sie vor der Wachstafel und zählt die genau gleiche Anzahl an Strichen.


    Ein langes Seufzen folgt. Es müsste doch irgendein Punkt zu finden sein, an dem die Entscheidung fest gemacht werden kann. Lucilla steht auf und geht auf und ab. In Gedanken geht sie einen Tag durch, wie sie ihn tagtäglich durchlebt und versucht sich vorzustellen, wie Crassus, wie Avarus dort hineinpassen würden.


    Und auf einmal wird es ihr klar. All die Zeit hat sie es schon vor ihren Augen, all die Zeit war es verborge in ihren Gedanken. Sie lässt sich schwer auf ihr Bett fallen, ein kalter Schauer durchfährt ihren Körper. Der Gedanke daran, ihn zurückzuweisen bricht ihr das Herz. Doch je eher sie es tun würde, desto weniger schmerzhaft würde es sein. Vielleicht. Nein, wahrscheinlich nicht. Doch tun müsste sie es trotzdem.

    Eine letzte Spange hält eine widerspenstige Strähne hinter Lucillas Ohr, dann lehnt sich Lucilla zurück und betrachtet sich selbst. Sie ist keinen Schritt weiter mit ihrer Entscheidung. Aus dem kleinen Schmuckkästchen holt sie die Kette hervor, die Avarus ihr geschenkt hat. Lächelnd hält sie sie an ihren Hals, legt sie dann um und berührt den Stein, als ihr Blick auf das Kästchen fällt. Sie holt die Schmuckstücke hervor und legt sie auf den Tisch. Ganz unten, am Boden des Kästchens liegt ein altes, vergilbtes, mehrmals gebrochenes und wieder geflicktes Papyrus. Mit leuchtenden Augen nimmt Lucilla es heraus und entfaltet es sorgfältig. Die unbeholfen gekritzelten Zeichen und die sehr kindliche Grammatik locken ein Schmunzeln auf ihre Lippen. Sie kann sich noch gut daran erinnern, wie stolz sie ihrer Mutter diese Liste präsentiert und wie ihre Schwester Tertia schon damals über sie gelacht hatte.


    Ganz oben, durch einen feinen Trennstrich, der fast schon verblasst ist, abgehoben, steht der Titel des Kaisers. Leise lachend schüttelt Lucilla den Kopf. Auch wenn es der Traum vieler kleiner Mädchen ist, Kaiserin zu sein würde heute nicht mehr auf ihrer Wunschliste stehen. Amüsiert überfliegt sie den Rest der Liste und faltet das Papyrus sorgsam wieder zusammen. Nachdem es wieder in dem Schmuckkästchen verschwunden ist, legt sie die Schmuckstücke darauf und ein getrocknetes Rosenblatt zuoberst. Dann schließt sie das Kästchen, die Vorstellungen und Träume eines Kindes bringen sie nicht weiter.