Beiträge von Decima Lucilla

    Zitat

    Original von Titus Aurelius Ursus


    Wo Lucilla so darüber nachdenkt, fällt ihr auf, dass sie all die Senatoren, die sie näher kennt, noch nie in betrunkenem Zustand erlebt hat. Ihren Bruder und ihren Cousin kann sie sich eh nicht betrunken vorstellen, dafür sind sie viel zu korrekt, Avarus hat diesen Zustand vor ihr vermutlich tunlichst bis nach der Hochzeit vermieden und Hungi ... gut, angetrunken vielleicht, aber vermutlich braucht es mehrere Wagenladungen Wein, bis er tatsächlich betrunken ist und dann würde Lucilla - vorausgesetzt sie trinkt mit - das schon nicht mehr merken, denn dann wäre sie selbst schon jenseits von Gut und Böse. Bei einem weiß sie allerdings genau, dass er großen Unsinn redet, wenn er betrunken ist, das ist der derzeitige Ehemann ihrer Großtante Drusilla. Aber der redet tatsächlich auch ohne den Zusatz von Wein eigentlich nur Unsinn.


    In Ursus Schatten folgt Lucilla diesem bis zum Weinstand. Immer hinter ihm her ist das einfacher als selbst durch die Menge zu schwimmen. Denn obwohl Lucilla nicht zögert, ihre Ellenbogen mit geballter Kraft einzusetzen, ist es doch alles einfacher, wenn man größer ist. Glaubt sie zumindest.


    Strahlend nimmt sie den Becher entgegen. "Gloria in altissimis Saturno et in terra pax hominibus bonae voluntatis!"* Sie stößt mit Ursus an und trinkt einen Schluck.
    "Du bist decemvir litibus iudicandis, nicht wahr? Hast du schon spannende Erbfälle bearbeiten müssen? Mit Familienstreits? Regelrechten Feindschaften vielleicht? Mord und Totschlag?" Immerhin kommt so etwas öfter in Rom vor, als man denken mag. Lucilla stellt es sich unheimlich spannend vor, als Magistrat zu arbeiten, auch wenn sie persönlich vielleicht eher Tresvir Capitalis sein wollte, weil das vermutlich noch viel spannender ist.


    Sim-Off:

    * Ruhm sei Saturnus in den Höhen und Friede auf Erden unter den Menschen, an denen er Wohlgefallen hat.

    Beim Reiten immer gequält - das ist die größte Untertreibung, die Lucilla in letzter Zeit gehört hat. Sie hat es gehasst. Und sie hasst es heute noch. Schlimmer noch, sie fürchtet es. Und Pferde zum darauf Reiten noch dazu. Schon allein, wenn sie nur oben auf sitzt, unendlich weit vom Boden entfernt, den wackeligen Leib unter ihrem Hintern und ein dürres Halteseil (was man eigentlich gar nicht zum Festhalten, sondern auch noch zum Lenken des Viechs nutzen soll) in den Händen, überkommt sie die nackte Panik. Und wenn sie nur daran denkt, dann wird ihr schon ganz schlecht. So wie jetzt, da sie ein bisschen blass um die Nase wird.

    "Wir können sie sicher zur Zucht verwenden." wirft sie ein, nur um irgendwas zu sagen. "Du weißt doch, Avarus hat auch ein Gestüt. Germanische Hengste und Hispanische Stuten, das passt doch prima." Natürlich hat Lucilla keine Ahnung, dass es tatsächlich Stuten sind, aber ihr Bild weist natürlich gewisse Parallelen auf.
    "Das gibt sicherlich eine perfekte Kombination, kleine, wilde, zähe Racker." So gesehen sollte Lucilla die Kinder vielleicht doch zur Verwandtschaft schicken, wenn sie alt genug sind.


    "Vielen Dank auf jeden Fall, auch in Medicus Namen. Er ist leider nicht da, ist irgendwo in der Stadt unterwegs. Du weißt ja, so ein Aedil hat allerhand zu tun."


    Lucillas Blick fällt auf die Wachstafel, voll mit Berechnungen zu Getreide, Eiern und Hühnern. "Hast du schon etwas von Severa gehört? Geht es ihr gut? Wie lange dauert es noch?" Ein Schelm, wer Böses dabei denkt - Lucillas Gedanken gehen natürlich nicht von Hühnern zu Severa, sondern von Landgut zu Landgut zu Severa ...

    Für einen Moment glimmt ein kleiner Funke Neid in Lucillas Augenwinkeln auf. Zwar hat sie keine Ahnung, wo Ursus eingeladen ist, aber es ist sicher eine schicke Gesellschaft. Wahrscheinlich eine dieser Feiern, zu denen nur noble Patrizier geladen sind. Ihre Sklaven haben sie außer Haus zum Saturnalienfeiern geschickt und dann lassen sie es tagelang so richtig krachen. Lucilla hat von solchen Gesellschaften natürlich schon gehört, doch leider wird man als Nicht-Patrizier nicht so leicht eingeladen. Großtante Drusilla hat das einmal in ihrem Leben geschafft, doch leider erzählt sie nichts davon, denn wer dort war, der ist natürlich zu Schweigen verpflichtet. Auf jeden Fall könnte sich Lucilla bei Ursus schon vorstellen, dass er bei so einer Feier die Saturnalienfreude heraus lässt.


    "Aber natürlich leiste ich dir Gesellschaft, denn ohne Gesellschaft sind die Saturnalia doch langweilig." Sie stellt sich auf die Zehenspitzen und versucht über den Platz zu spähen, allerdings vergeblich, denn sie bleibt schon nach wenigen pedes Luftlinie mit ihrem Blick an Köpfen und Schultern hängen. Gerade bei solchen Großveranstaltungen ist ihre Größe - oder besser ihre nicht vorhandene Größe - doch irgendwie hinderlich.
    "Kannst du sehen, wo die öffentlichen Ausschänke sind? Nicht die bei der Brotausgabe, da ist sicher der halbe Hades unterwegs. Aber meist stellen sie doch noch welche auf einer anderen Seite auf. Vor der Basilica Iulia stehen keine, da bin ich her gekommen. Aber vielleicht vor der Basilica Aemilia oder der Curia Iulia?"
    Augenblicklich fängt sie an zu Kichern und beugt sich nochmal verschwörerisch zu Ursus. "Vor der Curia Iulia würde passen, nicht wahr? Den Stand könnten sie gleich für die Senatoren stehen lassen, denn manchmal ist zweifelhaft, ob sie in angetrunkenem Zustand mehr Unsinn reden könnten als nüchtern."
    Auf einmal schaut sie doch ein bisschen besorgt. Natürlich sind Saturnalia, aber trotzdem ist Ursus ein Magistrat. Ihre nächsten Worte klingen ein bisschen herausfordernd. "Heute darf ich das sagen, du weißt schon, nur Ursus und Lucilla. Nächste Woche werde ich all meine Worte abstreiten."

    Ein Sklave huscht heran und bringt für Meridius einen Becher in den er aus der auf dem Tisch stehenden Kanne sehr stark verdünntem Wein einschenkt. Eigentlich ist es eher mit Weintropfen angereichertes Wasser, ganz nach Lucillas Geschmack. Zumindest bei der Bewirtung sind die Sklaven schon mal ganz gut gezogen. Trotzdem müsste Lucilla unbedingt demnächst über die Sklavenmärkte ziehen, ein paar Stellen scheinen im Haushalt unterbesetzt. Kein Wunder, Avarus lebte je fast noch alleine in der großen Casa und genügsam ist er obendrein. Aber damit ist nun Schluss. Lucilla braucht fähiges Personal um sich. Vielleicht sollte sie Funisulana mitnehmen, die hat einfach ein Händchen für Neuerwerbungen.


    Diese Gedanken schweifen aber nur nebenher durch Lucillas Geist. Sie lehnt sich zurück und schaut ihren Bruder zweifelnd an.
    "Gerade in der Gegend? Meridius, bitte, so weit ist es nun auch nicht. Du bist in Rom quasi immer in der Gegend, ganz besonders, wenn du zuhause bist."
    Natürlich weiß Lucilla ganz genau, weshalb er hier ist. Meridius ist und bleibt ihr großer Bruder und sein Beschützerinstinkt war schon immer sehr ausgeprägt. Vermutlich hat er auf dem Weg bis ins Peristyl schon die halbe Casa kritisch darauf beäugt, ob Lucilla es auch wirklich gut hier hat.
    "Es geht mir sehr gut. Medicus ist ein guter Ehemann, ich verhungere nicht und es fehlt auch sonst an nichts." Ihr Tonfall wird ein wenig weicher. "Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen. Wahrscheinlich bin ich überhaupt die Letzte, um die du dir Sorgen zu machen brauchst."


    Sie schiebt ihm die Schale mit Obst näher, die auf dem Tisch steht, nachdem sie sich selbst eine Traube daraus genommen hat.
    "Und euch? Wie geht es euch? Ihr kommt doch zurecht so ganz ohne Frau im Haus, die für alles sorgt?" Wahrscheinlich feiern sie Tag und Nacht Saturnalien, aber Lucillas Decima-Bemutterungsinstinkt ist doch zu ausgeprägt, um nicht zu fragen.


    "Was meinst du mit vier Stuten aus Tarraco?" fragt sie dann, als der Sinn seiner Worte ihr langsam aufgeht. "Du hast doch nicht etwa ...?"

    Lucilla schüttelt vorwurfsvoll den Kopf. "Mah, geh bitte, du bist dir wohl deiner eigenen Macht nicht bewusst? Ein Wort vom großen Senator Hungaricus und der halbe Senat springt vom Tarpeischen Felsen." Sie wiegt den Kopf hin und her. "Na gut, so schlimm vielleicht nicht, aber annähernd." Unterbewusst greift sich Lucilla auch eine Dattel und lässt ihr das gleiche Schicksal angedeihen wie Hungi. Ein bisschen viel Wein hat sie wohl doch schon getrunken und etwas feste Nahrung ist sicher nicht verkehrt.
    "Denk doch mal nach, eine Frau unter deinem Patronat, was kann der schon noch passieren?" Gut, da wüsste sie so einiges, aber das würde erstens ja eh unter positive Nebenwirkungen fallen, zweitens würde es keiner wissen und drittens ... na welche Frau würde sich da schon beschweren?


    "Außerdem brauche ich ein Gegengewicht zu Avarus, wie schon gesagt, um meine Unabhängigkeit zu bewahren. Meridius und Livianus kommen nicht in Frage, ich werde nicht zu meiner Familie zurück kriechen, wenn es nötig sein sollte. Ich bin schließlich eine Decima!" Ihr Name klingt durch die Luft, als würde er schon alles sagen. Und das tut er ja auch - stolz bis zur Dickköpfigkeit. "Zurück ins gemachte Nest zu kriechen wäre nur ein Zeichen von Schwäche. Natürlich würde niemand das so sagen, aber ich kann mir schon vorstellen, wie selbstgefällig sich die Tür zur Casa Decima öffnen würde. Nein, wenn ich mich in ein gemachtes Nest setze, dann in eines, für das ich selbst meine Gegenleistung erbracht habe - durch ein Klientelverhältnis." Ganz zu schweigen davon, dass sie auf Meridius und Livianus eh auch so immer zählen könnte, diesen Einfluss braucht sie sich nicht extra zu sichern.


    Den letzten Grund, den tatsächlich ausschlaggebenden für Hungi, verschweigt Lucilla. Für Hungi würde sie die Frauen Roms ausspionieren, Gerüchte und Neuigkeiten verbreiten, die sie hören sollten, ihnen Entscheidungen einflüstern, die durch ihre Münder in die Ohren ihrer Männer weiter ziehen würden - doch Hungi selbst wäre der Schlüssel zu allem. Sie würde tagtäglich in seinem Haus ein- und ausgehen können, und allein dafür, dass sie ihn täglich sehen könnte, würden die Frauen Roms ihr neiderfüllt überall hin folgen. Livia hat anscheinend kein Interesse an der ihr zur Verfügung stehenden Macht, oder aber patrizische Frauen sind doch einfach zu naiv, um diese Macht zu erkennen, doch Lucilla würde sie ganz genau zu nutzen wissen.


    "Außerdem weiß ich, dass ich auf dich zählen kann. Seit dieser Nacht in Rom ..." Sie lässt den Satz unvollendet. Damals hatte sie geglaubt, Rom zu kennen, doch Hungi hatte ihr ein ganz neues Rom gezeigt. :]

    Obwohl es in Rom bitterkalt ist, ist davon im Peristyl der Casa Germanica wenig zu spüren. In mehreren großen Metallschalen brennen kleine Feuer und erwärmen die Luft um die kleine Klinengruppe, die unter dem Dach in einem der Seitengänge des Peristyls aufgestellt worden ist. Obwohl Lucilla längst zur oberen Schicht der Damenwelt Roms gehört, ist sie tief in ihrem Herzen doch immer zu sehr Landei und hält es nicht allzu lange eingesperrt in einem Officium aus, selbst zum Arbeiten nicht. Mindestens müssen die Sonnenstrahlen durch das compluvium im Atrium auf sie herab fallen, aber noch angenehmer ist es ihr, ihre Arbeit ins Peristyl zu verlagern. Da sie sich schon immer vor der Weberei und Stickerei gedrückt hat, bleibt eh nur die Verwaltung ihrer Güter und Betriebe übrig, denn alle andere Arbeit einer Dame von Welt - Einkaufen, Thermenbesuche, Abendgesellschaften, etc. - führen sie eh außer Haus.


    Eine Decke liegt um Lucillas Füße und sie kaut nachdenklich auf dem Ende des Griffels herum, mit dem sie sich ab und zu ein paar Zahlen auf eine Wachstafel notiert.
    "So ein Mist," murmelt sie leise, als ein Sklave herantritt.
    "Dein Bruder, Herrin, der Senator Decimus."
    Lucilla schaut auf. "Decimus?" Immerhin heißen alle ihre Brüder Decimus, ebenso ihre Cousins, Onkels und Neffen, da müsste sie dem Haushalt wohl noch etwas Präzision einbläuen. Allerdings hat Lucilla nicht mehr allzuviele Brüder, in Rom genau genommen nur noch einen, der dazu noch Senator ist. "Meridius? Er soll hereinkommen!"
    "Er ist schon hier, Herrin."
    Das würde sie den Sklaven auch noch einbläuen müssen. Woher will dieser Wicht denn wissen, ob sie gerade jetzt ihren Bruder sehen will? Gut, bei ihrem Bruder mag das noch angehen, aber wahrscheinlich hätte er jeden anderen ebenso eingelassen.


    Lucilla wendet ihren Kopf und da steht er tatsächlich - Meridius. Sie lächelt und überlegt schon, ihm entgegen zu eilen, aber da sie keine Schuhe an hat und der Steinboden doch ein bisschen kalt ist, lässt sie das.
    "Meridius, wie schön dich zu sehen. Setzt dich doch. Was führt dich hierher, ich hoffe, es ist nichts passiert?"
    Zu vieles ist im Ungewissen, als dass nicht ständig irgendetwas passieren könnte. Livianus und Serapio im Krieg, Maior und Maximian noch immer irgendwo in der Weltgeschichte unterwegs, Severa schwanger auf dem Land ...

    Lucilla übergeht Ursus versteckte Schmeicheleien über ihre Arbeit bei der Zeitung und lacht nun laut und gar nicht mehr verlegen. "Oh, Corvinus wird schon in die Aufgabe hineinwachsen. Als Vigintivir hat er sich so schlecht ja nicht angestellt, auch wenn er mir persönlich ein bisschen zerstreut vorgekommen ist. Aber die richtige Planung ist alles, das ist auch bei der Acta Diurna nicht anders."


    Sie verzieht nachdenklich die Miene und nickt dann bestätigend. "Du hast Recht, sich an alles zu erinnern ist vielleicht doch noch schlimmer." Ein hintergründiges Grinsen schleicht sich auf ihr Gesicht. "Aber bei mir brauchst du kein Maß zu halten. Weil heute Saturnalia sind, verspreche ich dir, dass ich dir bei unserer nächsten Begegnung keine Peinlichkeit vorenthalten werde, die du dir in meiner Anwesenheit heute möglicherweise leisten wirst."


    Sie kichert noch in sich hinein, als irgendwo in einer anderen Ecke des Platzes der Saturnalienfürst ausgerufen wird und das offizielle Fest beginnt. "Wie sieht es aus, bleibst du noch auf einen Wein in der Stadt oder gehörst du zu denen, die direkt nach dem Opfer ins traute Heim zurück laufen, um dort die Sa... ähm ... " Ein bisschen Röte steigt in Lucillas Wangen auf. "... die Saturnalienfreude heraus zu lassen?"

    Mehr noch, als nur Feste zu feiern, liebt es Lucilla während dieser Feste nützliche Zufallsbekanntschaften zu machen. Magistrate, Senatoren und Patrizier stehen dabei ganz weit oben im Kurs. Aurelius Ursus mag zwar noch auf der untersten Stufe des Cursus Honorum stehen, aber als Aurelier würde er sicher nicht im politischen Fußvolk untergehen.


    Schon wieder muss Lucilla verlegen lächeln. "Die Decima Lucilla von der Acta zählt allerdings nicht mehr, denn ich habe diese Aufgabe abgegeben. Hat der Senat nicht deinen Verwandten Aurelius Corvinus zum neuen Auctor bestimmt?" Ganz nebenbei würde Lucilla so vielleicht herausfinden, wie genau Corvinus mit Ursus verwandt ist. Dass sie es irgendwie sind, da ist sie sich recht sicher, irgendwas hatte sie in dieser Richtung mal aufgeschnappt.


    "Die Hauptsache ist, du weißt am nächsten Morgen noch, was du am Abend vorher alles getan hast. Die Saturnalien rechtfertigen zwar beinahe jedes Benehmen, aber irgendwie ist es doch peinlich, wenn einen die Leute anschauen, sich das Grinsen kaum noch verkneifen können und du hast keine Ahnung, ob du eher mitgrinsen oder besser vor Scham im Boden versinken sollst. Und das allerschlimmste überhaupt ist, wenn du gar nichts getan hast, das aber trotzdem nicht mehr weißt, und deine Brüder sich den ganzen nächsten Tag über dich lustig machen und du deswegen doch wieder im Boden versinkst. Und dabei haben sie dich selbst abgefüllt." Sie verdreht die Augen kurz zum Himmel. "Das ist mir zum Glück nur einmal im Leben passiert."


    Neugierig schaut sie Ursus an. Scham kennt Lucilla nur in Ausnahmesituationen (zum Beispiel, wenn sie nicht mehr genau weiß, was sie am Abend vorher getan hat), und Scheu vor patrizischen Magistraten hat sie schon lange nicht, Saturnalien hin oder her, denn dazu ist sie viel zu neugierig wie es bei Patriziers zu Hause so zugeht. Das Ein- und Ausgehen im kaiserlichen Palast und in alten, traditionellen patrizischen Haushalten sind noch ihre letzten Hürden auf dem Weg zu einer wahrhaftigen (und wichtigen) Römerin. "Hast du auch solche Brüder? Oder gehörst du zu den Brüdern, die ihre Schwestern an den Saturnalien abfüllen?"

    "Vielen Dank!" Strahlend nimmt Lucilla den halben Keks entgegen und hält Ursus die andere Hälfte ihres eigenen hin. "Allerdings nur, wenn du dafür die Hälfte von meinem isst."


    "Ach so, bona Saturnalia natürlich auch dir." Sie lächelt ein bisschen verlegen. "Über das viele Grüße vergisst man irgendwann das Grüßen. Zumindest mir geht es immer so, peinlicherweise sogar meistens schon im Verlauf des ersten Feiertages. Aber es ist ja auch immer so viel los, ich weiß schon meist am Abend nicht mehr, wen ich mittag schon beim Opfer getroffen habe." Was natürlich absolut nichts mit dem Weinkonsum nach dem Opfer zu tun hat.


    "Ich bin Decima Lucilla. Aber heute natürlich nur Lucilla." Sie lächelt verschmitzt. "Aurelius Ursus? Der Aurelius Ursus, Magistrat des Cursus Honorum?" Sie beugt sich verschwörerisch zu ihm. "Also außerhalb der Feiertage, meine ich. Heute natürlich nur Ursus, nicht wahr?"
    Ob er wohl mit Corvinus verwandt und entsprechend auch so ... patrizisch verplant... ist?

    Zitat

    Original von Maximus Decimus Meridius


    Der Ianitor öffnet wie zu erwarten und erkennt sogleich den Senator. Denn obwohl dieser noch nicht im Inneren der Casa gewesen ist, hat er ihn doch beim Brautzug gesehen.


    "Salve, Senator." grüßt er darum einigermaßen freundlich und überlässt es dem Handlanger des Gastes, dessen Begehr zu nennen.

    Lucilla hat kaum ihr dreimaliges "Io Saturnalia!" beendet, als schon die Kekse kommen. Geschwind huscht ihr Blick über die Schale mit Keksen, doch keiner von denen, die oben in der Schale liegen, lässt von sich erahnen, dass die Münze drin stecken würde. Das ist sehr erfreulich, denn Lucilla ist nicht bestrebt, Saturnalienkönig zu werden. Denn dann kommt man den ganzen Tag nicht mehr vom Forum runter und muss einen Becher Wein nach dem anderen schlucken. Da feiert sie lieber überall in der Stadt, immerhin weiß sie ungefähr, wo die besten Feiern steigen.


    Lucilla greift sich also einen ganz unverdächtig aussehenden Keks und bricht ihn in der Mitte auseinander. Bis auf den knusprigen Teig ist er leer.
    "Puh, ich bin es schonmal nicht." grinst Lucilla zu dem neben ihr stehenden Aurelius Ursus und schaut neugierig auf seinen Keks, während ihr eigener schon zur Hälfte in ihrem Mund verschwindet. Sie will zwar nicht Saturnalienkönig werden, aber es reizt sie schon immer, einmal den Saturnalienkönig zu entdecken und lauthals auf ihn aufmerksam zu machen.

    "Ich bin ganz sicher, dass alles mit rechten Dingen zugeht." verteidigt Lucilla ihren Lieblingscousin und greift sofort nach den Trauben, die gerade aufgetischt werden. Avarus hat wohl vor, ihr noch so ein paar Botschaften zu überbringen, denn Trauben sind noch immer die beste Nervennahrung.


    "Ja, bunte Farben, farblose Farben, was man so braucht, um damit Malerfarben anzumischen. Was weiß ich, ich habe doch keine Ahnung von so etwas. Ich habe nur Reste übernommen, ich weiß noch nicht einmal, ob man diese Pulverchen endlos aufbewahren kann, ohne, dass sie Schaden nehmen."

    "Ach, um eine Goldmine geht es?" fragt Lucilla, als hätte Avarus das doch nur sagen müssen und schon wäre alles klar. "Ich dachte, es geht um Eisen. Ja also dann ..." Sie zuckt mit den Schultern. "Weiß ich es auch nicht."


    "Herrrrrje! Herrrrje!" wirft der grüne Sittich in diesem Moment ein.
    Lucilla nimmt noch eine Rosine und wirft sie in den Käfig. Sofort hüpft der Vogel auf den Käfigboden.


    "Vielleicht hat er es geerbt? Kannst du dich noch an diese Erbfälle erinnern, die aus irgendeinem Grund verschollen waren? Vor zwei oder drei Amtszeiten wurden sie dann alle auf einmal abgearbeitet, wir hatten damals die ganze Liste der Namen der Erben in der Acta Diurna veröffentlicht. Du brauchst nicht zufällig Farbpigmente? Ich habe noch ein kleines Lager voll von dieser Sache. Wahrscheinlich lösen sie sich irgendwann zu Staub auf, weil ich keine Ahnung habe, was ich damit machen soll. Man erbt das Zeug einfach und steht dann dumm da, weil man es nicht verkaufen darf. Wer weiß, was Onkel Mercator seinen Söhnen hinterlassen hat. Vielleicht auch Gold."

    Als echte ehemalige Landpomeranze und wieder tief in der Landwirtschaft verwurzelten Senatorengattin mit Hendlhof vor den Toren Roms hat Lucilla natürlich tatsächlich ein Interesse am Getreide. Denn ohne Getreide wird auch aus den Hühnern nicht mehr als Federn, Haut und Knochen. Deswegen lässt sie auch einen ganzen denarius ins Opferkästchen fallen und sagt brav ihr Sprüchlein auf.
    "Saturnus, bewahre das Korn für die Saat und mache es fruchtbar für die Ernte!"


    Während der Priester darauf wartet, dass die Kasse ordentlich klingelt, ist Zeit, ein paar Saturnalien-Grüße zu verteilen. Da Lucilla schon lange keine Landpomeranze mehr ist, kennt sie viele der Gestalten, die sich regelmäßig bei Opferungen zum sehen und gesehen werden einfinden. Purgitius Macer, langjähriger und guter Freund der Familie Decima, gehört dazu und erntet dafür ein extra fröhliches "Bona Saturnalia!" von Lucilla. Ein höfliches, aber weniger persönliches "Bona Saturnalia!" bekommt auch der Senator Tiberius Durus, bei dem Lucilla tatsächlich glaubt, dass er immer wegen der tiefen religiösen Überzeugung an Opfern teilnimmt, immerhin ist er Pontifex. Annaeus Florus, Klient ihres Bruder Meridius, wird ebenfalls mit einem "Bona Saturnalia!" gegrüßt, obwohl er gar nicht Saturnalienfreudig aussieht.


    Eine Menge feine Damen, die sich gegenseitig damit zu übertrumpfen versuchen, in ihrer einfachen Kleidung möglichst schlicht auszusehen, werden zu den Saturnalien-Grüßen auch gleich noch mit umarmt. Aber natürlich hat Lucilla nicht nur für die ihr bekannten Menschen einen Gruß auf den Lippen. Gerade bei den Saturnalia verteilt sie großzügig.

    Lucilla zieht schnell ihre Hand wieder zurück. So eine große Klappe kann wirklich gefährlich sein, auch wenn das dazugehörige weibliche Wesen ganz harmlos aussieht. Das kann sie sich gut vorstellen.
    "Kennst du einen Metzger?" fragt sie Avarus ratlos. "Wir können es doch nicht hier behalten. So ein großes Vieh frisst sicher ein Dutzend modii Gras am Tag! Woher sollen wir denn hier so viel Gras nehmen? Da ist ruckzuck der schöne Garten kahl!"


    Sie schaut wieder zu Lyros. "Oder was frisst es? Mag es vielleicht auch ... Eier?" In diesem Fall könnte Lucilla die gesamte Erwirtschaftung der Hendlhöfe zur Fütterung aufwenden. Jetzt nach der Hochzeit ist sie schließlich noch weniger auf den Gewinn angewiesen als vorher.

    Primus Decimus Magnus,
    Casa Decima Mogontiacum,
    Germania Superior, Provincia Germania



    Salve Magnus, mein Lieblingscousin!


    Wie geht es euch im rauen Germanien, dir und Venusia? Ich hoffe, ihr seid noch nicht eingeschneit und wenn doch, dass ihr immer genügend hispanischen Wein zuhause habt - du weißt ja, der wärmt nicht nur von Innen.


    Hier in Rom geht es allen Decima bestens. Zumindest soweit ich es weiß, wie du dir sicherlich denken kannst, wohne ich mittlerweile in der Casa Germanica. Die Hochzeit war sehr schön und endete natürlich auch erwartungsgemäß. Vielen Dank auch für euer Schreiben!
    Sicherlich habt ihr die Wahlen zum Cursus Honorum verfolgt und wisst auch über Avarus' Wahlsieg schon Bescheid. Als Ehefrau eines Aedils bleibt man von diesem ganzen Verwaltungskram natürlich nicht unberührt. Der Name Decimus steht bei der Überprüfung der Betriebe recht weit unten auf der Liste, doch du solltest vielleicht bald einen deiner Betriebe verkaufen.
    Weißt du schon, dass Severa ein Kind erwartet? Sie ist derzeit auf dem Land und Meridius sitzt auf glühenden Kohlen in Rom. Ich hoffe, es wird ein Mädchen, mit euch Decimus-Männern hat man ja doch nur seine Sorgen. Livianus und Serapio geht es laut Serapios letztem Brief in Parthia noch den Umständen entsprechend gut, allerdings habe ich schon seit einiger Zeit keine Nachricht mehr von ihnen erhalten. Selbst bei der Acta Diurna sind Informationen über den Verlauf des Feldzugs momentan knapp.


    Viele Grüße aus dem sonnigen Italia,
    dein Cousinchen Lucilla

    Zitat

    Original von Claudia Antonia


    Lucilla schaut ein bisschen genervt in die Arena. "Wenn überhaupt noch Gladiatoren kommen." Tierkämpfe sind nur solange gut, bis alle Leute sitzen. Aber es sitzen längst alle. Wenigstens kann man sich mit Claudia Antonia noch ganz gut unterhalten. Dass das Thema ihr ein bisschen unangenehm ist, bemerkt Lucilla natürlich überhaupt nicht. Im Gegenteil, sie hängt ganz fasziniert an Antonias Lippen.
    "Zeiteinteilung?" wiederholt sie und kann es kaum glauben, dass des Rätsels Lösung so einfach sein soll. "Ach, das ist ja wirklich geschickt." Da bleiben ihr glatt für ein paar Minuten die Worte weg wäherend sie über Zeiteinteilung nachdenkt. Aber wieso nicht, Patrizierinnen haben immerhin seit hunderten Jahre Zeit, sich mit dieser Situation zu arrangieren, wer, wenn nicht sie muss es also wissen.


    Gerade als Lucilla zustimmend nicken will, betreten endlich menschliche Gestalten die Arena. "Oh, schau nur, es geht endlich los!" Ein bisschen langsam und vorsichtig geht es los. "Oder nicht?" Lucilla holt aus ihren Vorräten zwei Nusstangen - geröstete Mandeln und Haselnüsse mit viel Honig aneinandergepresst - und reicht eine davon an Antonia weiter. "Wenns mal wieder länger dauert ..."

    Nach der Pleite mit dem missglückten Kochversuchen im letzten Jahr hat Lucilla beschlossen, ihren Sklaven an diesen Saturnalia ein paar Sesterzen in die Hand zu drücken und sie zum Feiern außer Haus zu schicken. Der Vorteil dabei ist, dass sie sich selbst ganz auf das Fest konzentrieren kann. Das Kochen hat ihr eh nicht gefallen und es wird schlimm genug sein, während der Feiertage für sich selbst zu sorgen.


    Da sie deswegen auch nichts vorbereiten muss, kann sie sich außerdem ganz und gar dem öffentlichen Fest hingeben. In ein kräftiges Orange-Rot mit gelber Palla gekleidet findet sie sich am Forum Romanum ein. Der Sacerdos begrüß gerade die Menge, die Saturnalienkekse sind also noch nicht verteilt. Zum Glück kann sich Lucilla auch alleine, ganz ohne Sklaven, mit ihrem hispanischen Durchsetzungsvermögen und ihren Ellenbogen einen Weg nach vorne bahnen. Gebannt lauscht sie der Ansprache.