Beiträge von Decima Lucilla

    Eine Sklavin öffnet die Tür, bedenkt den Cursor mit einem tadelnden Blick und ruft dann weiter in den Raum hinein, dass ein Caecilius Metellus auf Lucilla im Tablinum wartet.
    "Caecilius wer?" dringt es undeutlich bis zur Tür. "Metellus? Kenne ich nicht. Was will er? Ach warte, ich bin eh gleich fertig. So lange wird es hoffentlich nicht dauern, dass ich zu spät zu komme."


    Ein paar Minuten später rauscht Lucilla durch die Tür, fasst nochmal kritisch prüfend an ihr wie üblich aufgetürmtes Haar und schlägt dann statt den direkten Weg zum vestibulum den Weg zum tablinum ein.

    Zitat

    Original von Medicus Germanicus Avarus
    Nicht das man mich vermissen würde, aber ich werde zwei Tage nicht da sein. 8)


    Dann verpasse ich ja eh nichts und kann mich getrost auch übers Wochenende abmelden.


    Für micht gehts nämlich auch da hin. :schwert:

    Mit einem merkwürdigen Blick mustert Lucilla ihren Bruder. Irgendwo auf seinem Weg muss er sie verloren haben, so wie er von der Hochzeit spricht. Ob gewollt oder ungewollt hatte der große Bruder Meridius für die kleine Lucilla einst die Vaterrolle übernommen, doch irgendwie scheint diese Zeit auf einmal unendlich weit weg. Vielleicht liegt es daran, dass er nicht ihren Ehemann bestimmt hat, vielleicht ist seine Abneigung gegen Avarus doch noch viel größer, als dass er für seine Schwester darüber hinwegsehen könnte, vielleicht sind sie beide einfach mittlerweile zu alt für soetwas. Doch trotz allem hatte Lucilla geglaubt und gehofft, dass er zumindest bei diesem großen Ereignis eine Rolle spielen würde. 'Immerhin', 'immer noch', 'Sollten eigentlich' ... als wäre das alles für ihn nur eine familiäre Verpflichtung und Last, als könnte es gar nicht schnell genug sehen, dass sie endlich aus dem Haus ist.


    Lucillas Überlegungen enden schließlich in einem perfekt falschen Lächeln. "Natürlich, ich schaffe das schon alles alleine. Du weißt doch, meine hispanische Energie ist unerschöpflich und vermutlich ist es eh besser, wenn ich das alleine mache. Stell dir nur vor, du wolltest eine blaue Dekoration, Mattaicus vielleicht eine grüne, Valeria eine rote und ich eine gelbe - das würde in einem Familienstreit enden, wie wir ihn schon lange nicht mehr hatten."


    Obwohl sie noch immer überzeugend lächelt, kann sich Lucilla noch genau an den letzten großen Streit erinnern. Er hatte - natürlich - mit ihren Hochzeitsplänen zu tun und die halbe Casa Decima in Tarraco befand sich damals in Aufruhr. Genau genommen kann sie sich in den letzten Jahren nur an Differenzen erinnern, die aus ihren Hochzeitsplänen erwachsen sind. Vielleicht ist es tatsächlich besser, wenn sie endlich das Haus verlässt.

    "Ansehensverlust für die Curia Iulia? Also bitte, das hätten sich die Herren Senatoren eben vorher überlegen müssen. Mir scheint sowieso, dass dort hauptsächlich nur noch heiße Luft produziert wird und davon haben wir in Rom im Sommer wirklich schon genug. Was ist denn los mit dem Senat, du sitzt doch auch drin? Gibt es nichts wichtiges mehr zu debattieren? Vielleicht ist es an der Zeit, nach der Republik endlich auch den Anschein der Republik zu verabschieden. Auf dieses unproduktive Geplauder könnte der Kaiser sicherlich bestens verzichten, immerhin hat er die fähigsten Männer eh in seinem Beraterstab." Sie lässt Avarus Worte kurz nachwirken und nickt dann. "Wenn ich Mattiacus davon überzeugen könnte, gegen dieses lächerliche Gesetz vorzugehen, dann hätte das Unterfangen vielleicht tatsächlich eine Chance. Ich werde mit ihm darüber sprechen."


    Auch die Worte über den Marmor lässt sie sich durch den Kopf gehen, ehe sie antwortet. "Wenn ich meinen günstigen Marmor nicht auf den Markt bringe, dann kaufen sie eben woanders. Aber ich habe eh überlegt, ob es nicht Zeit wäre, ein paar Anteile aus einem ägyptischen Steinbruch zu erwerben. Der Stein dort ist von noch viel besserer Qualität und in prächtigen Farben. Mit diesem zusätzlichen Geschäft könnte ich den italischen Teil ganz abstoßen. Allerdings hat das nur alles einen Zweck, wenn ich weiß, was mit diesem Gesetz passiert und ob ich überhaupt noch mit Marmor handeln kann wenn wir verheiratet sind."


    Sie kichert verhalten und errötet tatsächlich ein bisschen auf Avarus Kompliment. Natürlich muss er so etwas sagen als ihr Verlobter, aber Lucilla weiß, dass er es tatsächlich ernst meint und außerdem ist es immer schön, so etwas zu hören. Nicht nur, dass sie durch diese Hochzeit ein Stück weit aufsteigen würde, nicht nur, dass diese Hochzeit sie in der Gesellschaft voranbringt, nein, Lucilla würde tatsächlich auch nach der Hochzeit noch mit ihrer Wahl und ihrem alltäglichen Leben glücklich sein, da ist sie sich sicher. Und das ist etwas, was nicht viele ihrer Freundinnen behaupten können. Gut, Jocasta beispielsweise lebt nicht schlecht, ihr Ehemann ist ein netter Kerl, aber das wars auch schon. Und die arme Petronilla kann zwar jede Äußerung ihres Mannes im Senat lenken, aber zuhause verzweifelte sie regelmäßig an seiner Trägheit. Oder noch schlimmer, Livilla, die von ihrem Ehemann regelrecht zuhause eingesperrt wird und absolut nichts vom hohen Stand ihres Mannes hat.


    Lucilla lächelt glücklich und haucht einen verhaltenen Kuss zurück auf Avarus Wange. "In meiner Familie sind alle viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Aber ich werde das schon schaffen, das einzige, was mir wirklich Sorge macht ist die tunica recta. Vermutlich werde ich sie doch weben lassen. Ich habe schon vier Versionen entsorgt und ich glaube nicht, dass ich Aelias Geduld habe und über acht Versionen hinauskomme. Ehrlich, wenn mich etwas gleichzeitig zum Verzweifeln und zu rasender Wut bringt, dann ist das das Weben. Ich fürchte, in dieser Hinsicht werde ich niemals eine echte Römerin werden."


    Soeben ist die LXXXI. Ausgabe der Acta Diurna erschienen. Wir wünschen unseren Lesern viel Freude und Information mit der neuen Ausgabe.


    Die Redaktion.


    Die Themen dieser Ausgabe:
    - Neuigkeiten aus Parthia
    - Nichts Neues aus dem Senat
    - Mordserie im Imperium Romanum
    - Kurzmeldungen aus Rom
    - Spiele in Germania
    - Neues aus der Polis Alexandria
    - uvm.


    Abstand gehen - Ruhe finden? Lucilla fragt sich wirklich, von was Iulia und ihr Bruder Abstand und Ruhe bräuchten. Seit Meridius zurück in Rom ist hat er kein Amt angenommen, eigentlich dachte sie, dass die beiden nach Rom zurückgekommen sind, um sich von den Aufgaben in Germania zu erholen.
    "Ihr reist jetzt ab? Vergisst du da nicht etwas? Weshalb wart ihr nicht den Sommer über auf dem Land wie so viele andere Senatoren auch?"


    Ob er alt wird? Lucilla mustert ihren Bruder genauer, ein paar Furchen mehr sind da schon. Erschreckend irgendwie, sie hat immer geglaubt, Meridius würde ewig ihr großer, draufgängerischer und immer frischer Bruder bleiben, nicht, dass auch er irgendwann alt werden würde. Bona Dea, er könnte schon bald Großvater werden.


    Sie zuckt mit den Schultern. "Nein, danke für das Angebot. Hättest du mich vor dem Sommer gefragt, wäre ich mitgekommen anstatt zu Großtante Drusilla aufs Land zu gehen. Ich kann mich kaum an einen Sommer erinnern, in dem ich nicht bei ihr war, da wäre etwas Abwechslung mal ganz nett gewesen." Natürlich gäbe es genügend andere Landvillen, um dort den Sommer zu verbringen, doch warum sollte sie alleine irgendwo in der Prärie sitzen, wenn bei ihrer Großtante immer etwas los war, selbst auf dem Land?
    "Aber ich habe Verpflichtungen hier in Rom. Die Sommerpause der Acta ist vorbei und jetzt, wo Aelia in Ägyptus ist, habe ich etwas mehr zu koordinieren, da kann ich nicht auch noch fort."


    Damit hat sich dann auch das Thema der Hochzeit erledigt, auf welches Lucilla noch zu sprechen kommen wollte. Dass Meridius und Iulia zumindest zur Feier kommen, davon geht sie aus. "Außerdem werde ich die Hochzeitsfeier vorbereiten müssen."

    Fröhlich schnappt Lucilla gleich das nächste Thema auf ohne auf die versteckten Komplimente einzugehen. "Oha, es gibt also tatsächlich dunkle Stellen in den Dialogen der Philosophen? Und ich dachte immer, ich wäre nur nicht helle genug, um sie zu verstehen. Aber die Aussicht darauf, dass diese trockenen Worte durch ein Lachen aufgelockert werden ist doch gar nicht mal so schlecht." Sie folgt Cottas Blick in den Becher und schaut in ihren eigenen, in dem sie nur noch den Boden sieht.


    Dann schaut sie auf ihren Sklaven angesprochen auf und sich um. "Ich weiß auch nicht wo er steckt." Es ist schwer in der Dunkelheit außerhalb der Feuer und Fackeln überhaupt etwas auszumachen. Eigentlich sollte Ambrosius auch innerhalb des Feuerscheins bleiben, immerhin weiß er wie gefährlich die Dunkelheit in Rom ist. "Ich mache mir ein bisschen Sorgen." gesteht sie ein. "Es ist sonst nicht seine Art so lange fort zu bleiben. Obwohl er durchaus viele Freiheiten genießt, aber er lässt mich sonst nicht alleine in der Gegend stehen." Sie zieht die Stirn in Falten. "Also nicht alleine, aber du weißt schon, was ich meine." Selbst ohne Cotta und seinen Sklaven wäre sie noch nicht alleine, es stehen immer noch ein paar ihrer Sklaven unbeteiligt hinter ihr herum. Aber das ist alles nicht das selbe wie mit Ambrosius. Sie schaut sich weiter um. Jocasta ist auch nicht mehr da wo sie noch zuletzt war, aber das besorgt Lucilla viel weniger. Sie kann auf sich selbst aufpassen, obwohl es Lucilla schon lieber wäre, wenn sie den Nachhauseweg gemeinsam antreten würden, denn dann wüsste sie immerhin, dass ihrer Freundin nichts passiert ist, was in Rom bei Nacht immerhin schnell geschehen kann.



    Sim-Off:

    Nachträglich den Namen editiert ... Herrje, Corvinus, Cotta ... da heißt aber auch ein Aurelier wie der andere :P ... tschuldigung :)

    Ein bisschen genervt schüttelt Lucilla den Kopf. Als würde sie befürchten, am Hungertuch zu nagen! Sie sollte wegen dieses Themas doch mit der Augusta reden, Männer können sie einfach nicht verstehen. Nur, und da liegt das Problem, die Augusta vermutlich auch nicht. "Es ist doch nicht so, dass ich Angst davor habe zu verhungern! Und auch nicht, dass Avarus mir nicht meinen Lebensstandard bieten könnte, du weißt ganz genau, dass er in unserer Klasse spielt. Aber du solltest mich gut genug kennen, um zu wissen, dass meine Ansprüche über die unserer Klasse hinaus ragen und dass ich ein bisschen kostenintensiver bin. Es mag sein, dass ich auf all das," sie streicht über ihre Kette und wedelt dann wieder mit dem bunten Schal herum, "verzichten könnte. Aber, ich will es nicht. Dir war es auch nie genug, wie unser Vater zu den Hilfstruppen zu gehen. Nein, du musstest Triumphator werden, und behaupte ja nicht, dass du nichts dafür kannst und dir das nicht gefällt. Mir ist es nicht genug, eine einfache Bürgerin mit einem Stall voller Kinder zu sein. Wie ihr alle habe ich hart dafür gearbeitet, da zu stehen wo ich heute bin. Ich habe mir weder mein Vermögen noch meinen Status erbettelt, erschlafen oder sonst wie schenken lassen. Und nun lässt man mir nicht einmal die Wahl, ob ich meinen Ordo behalten möchte oder nicht. Mit der Heirat bekomme ich den Stand meines Mannes aufgedrängt, verliere das Recht für mein eigenes Vermögen wie bisher zu sorgen, gleichzeitig verlangen die Gesetze, dass unsere Vermögen getrennt bleiben und er mir noch nicht einmal unbegrenzt Geschenke machen darf! Mal ganz davon abgesehen, dass egal wie sehr er mich liebt, irgendwo auch Avarus seine Grenzen haben wird, ab der er meine überflüssigen Ausgaben nicht mehr tragen werden will." Ganz davon abgesehen, dass Lucilla es noch nie mochte, sich diese Ausgaben von irgendwem bezahlen zu lassen. Gegen ein Geschenk ab und zu - oder auch mehrere - ist natürlich nichts einzuwenden, aber zu viele Geschenke machen nur abhängig.


    Sie seufzt nochmal theatralisch und schaut auf den Brief von Faustus. "Er schreibt, wie abenteuerlich die Seereise war und wie wunderschön das Land ist, dass sie bisher noch nicht viel marschiert sind und keinen Parther gesehen haben. Alles in allem liest es sich eher wie der Bericht eines reisefreudigen Abenteurers. Aber so fängt es ja immer an ..." Und hinterher, wenn der Schrecken anfängt, wenn die Toten überall herumliegen, der Gestank aus den offenen Wunden aus dem Feldlazerett jeden anderen Geruch verdrängt, wenn der Enthusiasmus verflogen ist, dann kommen gar keine Briefe mehr. Noch eine Weile später kommen dann Männer zurück, die nicht darüber reden, was sie getan und gesehen haben, die auf Paradezügen fröhlich jubilieren und sich hinterher den Kopf vollsaufen, um zu vergessen - vorausgesetzt sie kommen überhaupt zurück. Lucilla blickt auf und mustert Meridius nachdenklich. Alles in allem hat er seine ganzen Feldzüge wohl gut überstanden, aber sie weiß genau, dass in ihm drin nicht alles einfach so spurlos an ihm vorübergezogen ist, wie er gerne tut.


    Langsam dämmert ihr, was er zuletzt noch gesagt hat. Sie blickt ihn nun völlig entgeistert an. "Was? Abreisen? Wieso? Wer? Warum? Und wohin?" Noch eben mit dem Gedanken im Krieg befürchtet sie das Schlimmste. Zum Beispiel dass man Meridius nicht mit nach Parthien geschickt hat, weil vielleicht anderswo auch noch ein Krieg geführt werden muss. Hat sie nicht neulich erst darüber nachgedacht, dass die Germanen die Front im Osten für ihre eigenen Zwecke im Norden nutzen könnten?

    "Ich fürchte, da hast du Recht. Meine Sklavinnen taugen nicht zur Wirtschaftsverwaltung." Ihr nächster Kommentar kommt ziemlich schnippisch daher. "Ah, na wunderbar, als bekannte Frau wird man mitversorgt. Eine milde Gabe für die Dame Decima, pah! Ich habe mich nicht mehr von meinen Brüdern versorgen lassen, seit ich alt genug dafür war, und ich werde mich auch nicht als alte Vettel versorgen lassen. Darauf wirst du dich einstellen müssen, ich lege nichts und niemandem Rechenschaft ab, wofür ich mein Geld ausgebe, und der beste Weg dies zu tun ist es selbst zu erwirtschaften." Diese Einstellung kommt natürlich nicht von ungefähr, denn es gibt kaum eine gute Begründung dafür, warum sich eine junge Frau für hunderte Sesterzen einen goldenen Armreif kauft während die familiäre wirtschaftliche Lage gerade nicht zum besten steht, gerade wenn sie schon Schubladenweise Schmuck besitzt.


    Die Worte bezüglich der Provinz überzeugen Lucilla nicht ganz. "Außerhalb Italias? Na gut," stimmt sie schon milder zu. "Den Marmor aus Norditalia könnte ich schon verschmerzen. Den kauft eh fast keiner mehr seitdem ich den exklusiven Stein aus Africa im Programm habe. Ich hoffe, du behältst Recht, aber noch haben wir ja ein bisschen Zeit. Derzeit läuft dieses Gesetz eh nicht richtig an. Zumindest haben wir nicht sehr viele Edikte in der Acta zu publizieren." Was allerdings nicht unbedingt daran liegen muss, dass es keine Edikte gibt, sondern daran, dass die Aedile sich nicht darum kümmern, dass sie publiziert werden. In diesem Fall ist es Lucilla dann eh egal, denn es kann schließlich keiner erwarten, dass alle Bürger ständig die Aushänge im Auge behalten, notfalls kann man dagegen sicher klagen. Anwälte hat sie schließlich genügend in der Hinterhand.


    Sie schmiegt sich in die Umarmung ihres Verlobten und lächelt. "Oh, darf ich Forderungen stellen? Ich schätze, die werde ich eher an meine eigene Verwandtschaft stellen, der Hauptteil der Zeremonie findet schließlich in der Casa Decima statt. Dir traue ich schon zu, dass du den Rest hier ordentlich hinbekommst." Mit hintergründigem Lächeln lässt sie ihren Blick durch den Raum streifen.

    Als hätte er sie bei irgend etwas ertappt, schreckt Lucilla von dem Schriftstück hoch, lächelt aber dann breit, als sie Meridius erkennt. Gerade noch hat sie Faustus etwas zum Soldatenleben schreiben wollen und darüber nachgedacht, dass die Decima-Männer ein endloser Hades-Kreis sind. Ständig wollen die jungen Männer die alten Hasen beeindrucken und womit ginge das wohl besser, als der Legion beizutreten. Ein Triumphator in der Familie steckt die Erwartungen dann natürlich gleich nochmal so hoch, aber wo käme Rom denn hin, wenn ständig ein Decimus durch die Stadt marschieren würde?


    Die Absicht, ein beiläufiges Gespräch mit Lucilla anzufangen, kann natürlich nur schief gehen. Denn beiläufige Gespräche gibt es mit Lucilla als Gesprächspartner nicht. Ganz oder gar nicht, gerade beim Reden ist das ihre Devise und wenn sie erstmal dabei ist, dann hört sie so schnell auch nicht wieder auf. (:D)


    "Ah, Meridius, ja, schau nur, ich habe einen Brief von Faustus bekommen. Und er hat mir einen Schal geschickt. Ist der nicht wunderschön?" Sie hebt das bunte, wirklich sehr bunte, um nicht zu sagen zu bunte, Stück Stoff in die Höhe und wedelt begeistert damit herum. Für Lucilla ist es natürlich absolut nicht zu bunt, denn wahrscheinlich gibt es so bunt gar nicht, dass es für Lucilla zu bunt wäre. "Was meinst du nur, wie mich die Damen darum beneiden werden. Der neueste Schrei wird das, das garantiere ich dir. Spätestens im Winter wird sich halb Rom die Finger nach diesen Stoffen lecken. Ich sage dir, wenn eine Frau in Rom noch einen Betrieb unterhalten dürfte, dann würde ich anfangen mit Stoffen aus Parthia zu handeln. Lange wird es ja nicht mehr dauern, bis das Land eine römische Provinz ist und Faustus könnte mir sicher schon in der ein oder anderen Handelsniederlassung einen Fuß in die Tür setzen." Sie seufzt theatralisch. "Aber eine Frau in Rom, die sich nicht mit einem Niemand abgeben will darf ja noch nicht einmal ihren Marmor anbieten! Was sagst du eigentlich dazu? Hast du auch für dieses verquerte Gesetz abgestimmt? Sind das vielleicht Alternativen, vor die man da gestellt wird? Entweder ich werde eine alte, jungfräuliche Vettel, deren ganzer Spaß im Stein liegt, oder ich werde eine angesehene Ehefrau, deren Spaß im ehelichen Schattendasein versinkt!"
    Wie üblich tritt Lucilla damit natürlich voll ins Fettnäpfchen hinein, immerhin steht Meridius auf der anderen Seite genau so einer Ehe. Wobei ihr tatsächlich schleierhaft ist, mit was sich Severa die Zeit vertreibt, denn bei den schicken Soirees der Damen aus dem Ordo Equester und Ordo Senatorius hat sie sie noch nie gesehen.


    Mit der gleichen Geschwindigkeit, mit der Lucilla auf den Mercatus nach einem erfolgreichen Kauf den Schuhstand und die (gefühlte) Notwendigkeit eines neuen Paars Schuhe hinter sich lässt und zielstrebig ohne Umwege weiter zu den Schmuckständen eilt, wechselt sie das Gesprächsthema und kommt wieder auf ihren Neffen zurück. "Wusstest du eigentlich, dass Faustus zur Legion gegangen ist? Und Livianus wusste nicht einmal davon! Das ist wirklich mal wieder typisch Decima, und wer darf sich am Ende wieder Sorgen machen? Ich bin nur froh, dass sie dich wenigstens zuhause gelassen haben. Nein, wirklich, ich würde liebend gerne darauf verzichten, die Mode des Winters zu bestimmen, wenn sie dafür alle zuhause wären." Wer Lucilla kennt, der weiß, wie schwer ihr so etwas fällt. Etwas wehmütig schaut sie auf die bunt schillernden Farben des Schals von Faustus. Wenn es Livianus und ihm nur gut geht. "Zumindest haben sie noch keine Parther gesehen. Naja, wer weiß, so ein Brief braucht ja auch seine Zeit bis er hier ist. Es kann genauso gut sein, dass..." Sie bricht ab und blickt zu Boden. Ihre Stimme ist kaum noch ein Nuscheln und der Ärger darin kann nur schwer die Sorge überdecken. "Ich hasse das ... und es wird mit keinem Krieg besser."

    Freudestrahlend lässt sich Lucilla mit dem Brief ihres Neffen auf einer Liege im Peristyl unter einem kleinen, lauschigen Kirschbaum in einem großen Tontopf nieder. Als erstes nimmt sie den bunten Schal und lässt ihn durch ihre Finger gleiten. Ein feiner Stoff ist das, sicherlich hat sich Faustus dafür in Schulden gestürzt. Diese herrlichen, prächtigen Farben! Eigentlich ja viel zu grell für Rom, aber in Anbetracht des anbrechenden tristen Herbstes würde Lucilla die Mode in Rom einfach völlig auf den Kopf stellen. Und dann im Winter würde jede Frau in Rom, die etwas auf sich hält, händeringend auf den Mercatus nach diesen leuchtenden Farben suchen. Ein selbstzufriedenes, fast ein bisschen hinterhältiges Lächeln rutscht auf Lucillas Gesicht - das wäre eine Freude.


    Doch vor dem Winter kommt der Herbst und vor dem Herbst kommt der Brief, den Lucilla nun anfängt zu lesen. "Liebe Tante Lucilla - herrje, das hört sich ja an, als wäre ich schon jenseits von Gut und Böse. Zum Glück bin ich nicht seine Großtante, das wäre ja was ... Pah, kein Haar krümmen, das wirst du mal sehen!" Mit einem unterdrückten Lächeln liest Lucilla weiter und freut sich über die Versicherung, dass es Faustus gut geht. Dann aber zieht sie die Augenbrauen zusammen. "A jeh, als wüsste nicht jeder Mensch, welcher Feldherr da in den Krieg zieht. Es ist doch unglaublich, für wie beschränkt unsere Generäle den Feind immer halten."


    Trotzdem ist es in jedem Krieg das gleiche. Lucilla kennt es zur genüge, sie hat schon mehr geschwärzte Briefe aus irgendwelchen Kriegen bekommen als sie zählen kann, da immer irgendwer von den Decima im Krieg steckt. Sie würde Faustus schreiben müssen, dass es keinen Sinn hat, Namen zu nennen. Aber auch das würde seinen Enthusiasmus kaum trüben, denn dass er ganz freudig all dem entgegen geht, das liest man aus seinem Brief heraus. Ein typischer Decima eben, immer gut gelaunt und durch nichts unterzukriegen. Tatsächlich ist Lucilla sehr stolz auf ihn, wie auf jeden ihrer Soldaten, obwohl sie das natürlich niemals offen zugeben würde.


    Dass der zuständige Postleser die Ortsangabe zwischen Euphrat und Tigris nicht gelöscht hat, kommt Lucilla etwas merkwürdig vor. Auf der Landkarte sieht das Gebiet gar nicht so groß aus, als dass man das vernachlässigen könnte. Oder ist die Legio I vielleicht gar nicht zwischen Euphrat und Tigris, Faustus hat sich nur geirrt und das ganze ist zur Verwirrung des Feindes im Brief geblieben? Oder ist es übersehen worden? Herrje, wie soll man denn da einen verlässlichen Artikel für die Acta Diurna draus machen?


    Bei der Erwähnung der Seereise muss Lucilla lächeln. Obwohl viele Leute immer an Übelkeit und Brechreiz denken, wenn sie ans Meer denken, hat Lucilla noch keinen Decima erlebt, dem die See nicht gefallen hätte. Wahrscheinlich waren ihre Vorfahren in Tarraco Fischer, bevor sie angefangen haben Pferde zu züchten. Lucilla ist das Meer zwar nicht mehr ganz so geheuer, aber das hat nichts mit dem Meer zu tun, sondern mit einem gewissen unverschämten Piraten und seinem dämlichen Fluch. Das Krähennest jagt ihr daher eher einen Schauer über den Rücken und für einen Moment glaubt sie ein leises Flüstern zu vernehmen. 'Du bist der Fluch, Lucilla!' Sie schaut auf, doch es ist nur der laue Sommerwind, der durch die Blätter des Kirschbaumes streicht.


    Lucilla schüttelt den Kopf um ihre Gedanken zu klären und kommt sich ziemlich albern vor. Das Kapitel Quintus Tullius hat sie abgeschlossen. Nachdem sie den nächsten Absatz gelesen hat, überlegt sie, wer der Centurio sein könnte, von dem Faustus erzählt, der sie kennt, dessen Name aber wie die übrigen geschwärzt ist. Eigentlich kennt Lucilla gar nicht so viele Soldaten, vor allem nicht aus der Legio I. Aber nachdem sie auf der Hochzeit von Medeia und Plautius gewesen ist, ist sie sich da nicht mehr so sicher. Vielleicht ist es sogar Matinius Plautius? Nein, das geht ja gar nicht, als Centurio darf man nicht heiraten, der war irgend etwas anderes. Da würde sie nochmal genauer nachfragen müssen, irgendwie würde Faustus schon den Namen hinschreiben können, und wenn er ein Buchstabenrätsel daraus machen müsste.


    Faustus Reisebericht löst direkt Fernweh in Lucilla aus. Farben, Düfte, Leben - ja, das kann sie sehr gut nachvollziehen, dass ihm das gefällt. Am liebsten würde sie sofort ihre Reisekiste packen und nach Parthia aufbrechen. Vor allem nachdem er auch noch so von den Märkten schwärmt, das muss ja das reinste Paradies sein. Schon allein deswegen, weil sich die Parther vor der römischen Streitmacht verstecken. Ein feiges Pack ist das wohl!


    Mit dem Hintergedanken, Faustus nicht nur die letzte und die nächste Ausgabe der Acta Diurna mit einzupacken, sondern auch noch ein paar besondere Grüße aus der Heimat, nimmt Lucilla ein Stück Papyrus und fängt an, eine Antwort zu schreiben.

    Ein paar Schritte lang denkt Lucilla über Corvinus Worte nach. Im Grund hat er wohl recht, die aufregendsten Artikel in der Acta Diurna, die, die tagelang im Gespräch sind, das sind schon meist die mit den negativen Schlagzeilen. Wen interessiert in Rom schon, wie toll die Curia in Mogontiacum arbeitet und wen sie zum neuen Vorsitzenden gewählt hat? Wenn aber in Hispania der Proconsul schläft während in Corduba räuberische Banden unterwegs sind, dann kann man sich da stundenlang drüber aufregen und die Gesamtsituation für untragbar befinden, als wäre das Geschehen vor der eigenen Haustür. "Besser ist das wohl tatsächlich nicht allzu oft namentlich in der Acta Diurna erwähnt zu werden. Außer natürlich man ist der Kaiser. Den ... ähm ... können wir nur in positiver Weise erwähnen, ihm gehört die Acta Diurna schließlich." Etwas zu spät wird Lucilla das ganze Ausmaß ihrer Worte klar. "Ähm ... also, und er ist natürlich der Imperator Caesar Augustus und eh über alle Zweifel erhaben und wir haben natürlich überhaupt nie und in keinster Weise Anlass irgend etwas anderes über ihn zu berichten als ähm ... Gutes und Positives und ähm ... Schönes. Ja, so ist das." Schon wieder steigt eine sanfte Röte in Lucillas Gesicht. Irgendwann wird sie sich bei diesem Thema noch um Kopf und Kragen reden, und zwar nicht nur sprichwörtlich. Dabei ist sie so kaisertreu wie man nur sein kann, aber seit der Audienz mit Aemilia bringt sie der Gedanke an den Imperator immer völlig aus der Fassung. Sie denkt an ein paar Seitenhiebe in Artikeln über Spiele und Feiertagsopfer, in denen die Autoren auf hintergründige Art und Weise das Fernbleiben des Imperators kritisiert hatten und zwar so hintergründig, dass es bei einer Anklage nicht zu beweisen wäre, dass aber eigentlich eh jeder genau weiß, worum es geht. Lucilla hatte Blut und Wasser geschwitzt als sie diese Artikel freigegeben hatte, aber zum Glück ist nichts passiert. Manchmal hat sie eh das Gefühl, der Kaiser liest die Acta Diurna sowieso nicht. Und warum sollte er auch, alles, was darin steht, wissen die Prätorianer schon Tage vorher.


    "Mantua," schnappt sie das nächste Thema auf und umschifft das traurige Thema Krieg direkt mal mit der Verwandschaft - für irgendetwas ist sie ab und zu eben doch gut. "Eine sehr schöne Stadt. Ich war auch mal da, einmal auf dem Weg nach Germania um bei meinem Cousin vorbei zu sehen und dann noch einmal wegen einer Hochzeit. Decimus Livianus ist mein Cousin, das stimmt schon. Mit Kommandeuren kann ich zur Genüge dienen. Bevor du fragst, Decimus Magnus, der ehemalige Praefectus der Ala II ist ebenfalls ein Cousin von mir, wenn du in Germania warst, hast du ihn sicher auch kennen gelernt, seine Frau, Duccia Venusia, ist die Comes von Germania Superior. Der Triumphator ..." und Stier von Tarraco "... Decimus Meridius ist mein Bruder, wie Decimus Lucidus auch, allerdings ist der nur adoptiert und ich kenne ihn kaum." Lucidus ist Lucilla eh suspekt, denn wie ein Mensch so lange freiwillig im unzivilisierten Ausland bleiben kann, kann sie einfach nicht verstehen. "Wenn du dann noch meinen Cousin Decimus Mattiacus, den Advocatus Imperialis drauflegst, dann hast du alle wichtigen Decima beisammen und weist, in was für einem Netz ich mitten drin stecke. Aber keine Sorge, aus dem Alter, in dem sie mir einen Sklaven nachgeschickt und mich am Abend zur Rede gestellt haben, mit welchem Mann ich mich warum unterhalten habe, bin ich heraus." Sie lacht fröhlich, obwohl das damals ganz und gar nicht lustig war.


    Der leicht genervte Tonfall im Bezug auf den Cursus Publicus entgeht Lucilla nicht. "Ach herrje, ja, das Problem mit den Wertkarten kenne ich. Weiß du, egal welch großes Weltreich unser Imperium ist und wieviele Feinde wir auch besiegen, über die Bürokratie werden wir nie siegen können. Natürlich braucht es ein bisschen Verwaltung, aber man kann sie auch zum Selbstzweck erheben. Wir Hispanier sind darin übrigens Meister, wer einmal in den Officien der tarraconiensischen Regionalverwaltung gearbeitet hat, der weiß, was Papyrusberge sind. Wenn du also glaubst, in Mantua nicht genügend über Verwaltungsstrukturen gelernt zu haben, dann kann ich dir Tarraco nur empfehlen. Aber weißt du was, wegen der Cursus Publicus-Sache werde ich mit meinem Verlobten sprechen. Um eine aurelische Familienwertkarte geht es da, ja? Ich werde das schon regeln, und wenn die Sesterzen einzeln transferiert werden müssen. Manchmal braucht es einfach nur einen kurzen Schrieb vom Legatus Augusti und schon geht auch in den Provinzofficien alles." Sie lächelt Corvinus aufmunternd zu.


    Die Hausnummer 573 schieb sich neben den beiden vorbei, ein beiges Haus, das verzweifelt versucht die blaue Farbe um die Fenster- und Türrahmen zum Verweilen zu bewegen. Ein Geschäft ist keines darin, nur ein schmaler Durchgang führt in den hellen Innenhof, aus dem lautes Kinderlachen dringt. Lucilla überlegt, was sie Corvinus sagen soll, wo ihr Weg sie hin führt. Eigentlich führt er wohl nach Hause, aber genau genommen führt er sicherlich noch über das ein oder andere Geschäft. Zielstrebigkeit gehört nicht unbedingt zu Lucillas Stärken, weder in Bezug auf ihren Hochzeitstermin noch in Bezug auf den Nachhauseweg, der an so vielen verführerischen Geschäften vorbei führt. Sie entschließt sich, einfach gar nichts dazu zu sagen, ab und zu braucht sie einfach ein Geheimnis für sich. 8)


    "Wenn du einen Artikel schreiben möchtest, dann kannst du ihn auch anonym im Domus der Acta Diurna abgeben lassen. Wir publizieren allerdings nicht alles, gerade anonyme Artikel müssen sehr wertfrei sein. Wenn auch nur ein Verdacht besteht, dass da eine Verleumdung drin sein könnte, kommt er nicht rein." Sie grinst. "Außer natürlich, die Verleumdung gefällt mir, denn ich muss schließlich letztenendes meinen Kopf dafür hinhalten, wenn es zur Anklage kommt. Und das muss sich dann schon lohnen. Ansonsten kannst du einen Artikel unter deinem Namen auch jedem unserer Redakteure geben."

    Lucilla lacht fröhlich auf. "Oh ja, wenn ich etwas kann, dann ist das ohne Unterlass zu reden. Aber ich fürchte für die Rostra reicht es trotzdem nicht, es gab schon Männer, die haben nur einen einzigen Satz gesagt und damit das ganze Volk beeinflusst. Obwohl mir jetzt gerade keiner speziell einfällt." Wieder grinst sie hintergründig. "Noch habe ich keinen Mann, dem ich bei seinen Senatsreden helfen kann. Ich glaube auch nicht, dass mein Verlobter später darauf zurückgreifen wird. Sich um Kopf und Kragen reden, das schafft es schon ganz alleine." Grinsend nippt sie nochmal an dem Wein. Etwas verschwörerisch beugt sie sich dann nach vorne. "Aber ich muss es nocheinmal wiederholen, mir bleibt ja auch noch die Acta Diurna."


    Dann kichert sie wieder. "Oh weh, ich hoffe Ihr Aurelia zeichnet nicht alle eure gehaltvollen Gespräche für die Nachwelt auf. 'Dialog zwischen Aurelius Cotta und Decima Lucilla' - die armen Leser, die sich das zu Gemüte führen müssen!" Die Vorstellung ist zu belustigend als dass Lucilla erstmal aus dem Lachen herauskommt. Ihr helles Lachen klingt über den Platz und ein paar umstehende Menschen schauen sich schon nach Cotta und Lucilla um. Da die Zahl der Betrunkenen jedoch immer weiter zunimmt, sind sie nicht lange von Interesse.


    Lucilla fächert sich mit der Hand etwas Luft zu und atmet tief durch. "Entschuldige, aber diese Vorstellung ist wirklich zu köstlich. Ich glaube, die Schüler der Nachwelt würden daran nicht weniger verzweifeln als an den Dialogen der alten Philosophen. Nein, wenn du deine Dialog publizieren willst, dann warte bitte auf einem anderen Gesprächspartner. Obwohl, manche Politiker sind auch nicht besser." Nochmals folgt ein Kichern.


    "Ich glaube, wir sollten so langsam das Thema wechseln. Es ist einfach schon zu spät für Politik, Rhetorik, oder sonstige tief gehenden Gespräche." Sie hält den Becher in die Höhe. " Und der Wein ist wohl auch nicht ganz unschuldig. Gut, dass ich die Auctrix bin, sonst würde in der nächsten Acta Diurna etwas über die Zügellosigkeit der Decima stehen." Dieser Gedanke treibt er erneut ein hintergründiges Lächeln ins Gesicht.

    "Überhaupt macht dieses Gesetz doch nur für Patrizier Sinn. Die horten ihre tausende von Sesterzen, und da ist es klar, dass sie gerade bei Betrieben die viel Eigenkapital erfordern Vorteile hätten. Wenn ich ein steuerfreies Polster im Rücken hätte dann könnte ich auch vielmehr investieren. So ist jede Investition doch ein Risiko. Dieses Gesetz macht nur dann Sinn, wenn auch die Senatoren von ihren Steuern befreit werden." Lucilla schaut Avarus mit großen Augen an. "Wäre das nicht ein Ansatzpunkt?" Schon im nächsten Moment schüttelte den Kopf. "Ach nein, dafür kann man als Senator viel zu viel verdienen. Am Ende ist es ein frauenfeindliches Gesetz! Jawohl, entweder wir verdienen unser eigenes Geld oder wir heiraten ein Senator. Beides zusammen ist uns nicht vergönnt. Vielleicht sollte ich mich an die Augusta wenden." Oder doch noch eine alte, unverheiratete Vettel werden? Nur wegen des Marmors?


    Sei stumpt ihren Verlobten in die Seite. "Ich will doch auch gar nicht, dass du schnell stirbst. Aber ich muss auch an meine Zukunft denken." Großtante Drusilla hat es vorgemacht, wie es geht. Und Lucilla will im Alter nicht weniger als ihrer Tante. Da ist es besser, man denkt zu früh nach, als zu spät.


    "Ich brauche einen Klienten. Das ist es einfach. Einer, der offiziell meine Betriebe verwaltet und die Gewinne einfährt. Im Prinzip genügt sogar nur der Name. Nur woher nehmen, wenn nicht stehlen. Vielleicht ein Freigelassener?"

    Lucilla lächelt freudig und geniert sich keinesfalls, weiter in irgendwelche Kerben zu schlagen. Sie hat noch selten ein Blatt vor den Mund genommen, peinlich ist ihr schon gar nichts und nur wenig bringt sie aus der Fassung - dazu gehören beispielsweise Audienzen vor dem Imperator Caesar Augustus. Alles andere nimmt sie in ihrer fröhlichen, offenen Art entgegen und wundert sich jedes mal, wenn andere Menschen das nicht alles so offen, sondern verbohrt und ernst sehen. Zum Glück gehört Aurelius Cotta nicht zu diesen Menschen.


    "Es war schon besser, dass du in Athen warst. Das Fass auf dem Forum Romanum ist nämlich schon belegt und so hättest du am Ende unter dem freien Himmel nächtigen müssen. Außerdem bringt der Wohnsitz auf dem Forum auch keine Weisheit. Aber du hättest natürlich die beste Sicht auf so manche Peinlichkeit, natürlich nicht nur der aurelischen Familie." Wieder wird ihr Lächeln hintergründig. "Es gibt wohl kaum eine wichtige Familie in Rom, die noch nie den Spott nach einer Rostra-Rede abbekommen hat. Aber was wäre Rom ohne seine Rednerbühne? Es ist schade, dass sie in der letzten Zeit nur noch so selten genutzt wird und wenn dann nur für irgendwelche langweiligen Aufrufe. Momentan ist es wohl die Abwesenheit des Imperators, der die Politik ein bisschen hemmt." Was eigentlich merkwürdig ist, da man davon ausgehen könnte, dass die Senatoren nun viel einfacher Entscheidungen am Kaiser vorbei treffen können.


    Gespielt bedauernd schaut sie ihn an. "Auf meinen Anblick auf der Rostra wirst du allerdings verzichten müssen. So groß könnte mein Ehrgeiz nicht sein, dass ich mir das antun würde." Sie grinst. "Aber neben der Rostra wirst du mich vielleicht sehen wenn ich das öffentliche Wort für die imperiale Öffentlichkeit einfange. Denn ganz recht, was einmal öffentlich gesagt wurde, das kann man nie wieder zurück nehmen." Lucilla selbst weiß das sehr gut aus Avarus Erfahrung. "Und wenn wir es erst publiziert haben, dann weiß es das gesamte Imperium."


    Auf seine etwas spöttische Art wird Lucilla nur weiter selbst angestachelt. "So, so, es gibt also noch weitere interessante Männer im Hause Aurelia mit denen ein Gespräch lohnt? Herrje, ein paar Wochen auf dem Land und schon geht das römische Leben völlig an mir vorbei. Sind es weitere Anwärter für die Politik?"

    Lucilla schüttelt energisch den Kopf. "Nein, nicht nur die Anteile an den Marmörbrüchen, es wird auch die Schmiede in Tarraco betreffen. Also meine Haupteinnahmequellen. Die Hühner, das ist ja nur ein besserer Zeitvertreib. Erst nehmen sie uns die Möglichkeit in der Öffentlichkeit ein Amt anzunehmen und dann nehmen sie uns auch noch unsere Betriebe! Gleichzeitig sind Ehegattenschenkungen nicht erlaubt. Als Senator mag man das ja noch ausgleichen können, aber welche Möglichkeiten bleiben denn da einer Frau? Völlige Abhängigkeit, das ist es doch! Und jeden Morgen zwanzig Eier zum Frühstück, weil das noch das einzige ist, was Frau sich leisten kann. Hmpf."


    Sie überlegt ein paar Augenblicke. "Vielleicht könnte ich mit Meridius sprechen. Er war schon immer für die Unabhängigkeit der Decima-Damen. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, ob ich allein für ihn Antrieb genug sein könnte. Er verteilt seine Betriebe einfach an seine Klienten. Vielleicht sollte ich mir ein paar Klienten kaufen. Ach, wenn Ambrosius für soetwas geeignet wäre, aber Steine und Werkzeug sind viel zu hart für seine zarte Seele." Sie zieht tief die Luft ein und seufzt.


    Auf einmal schaut sie Avarus erschrocken an. "Was passiert eigentlich, wenn du irgendwann einmal sterben wirst? Dann würde ich ja direkt in den völligen Ruin abstürzen. Verliere ich dann meinen Ordo und könnte wieder Betriebe aufbauen? Hach, ist das alles so kompliziert."

    Zitat

    Original von Appius Aurelius Cotta


    Obwohl Cotta auf Lucilla zugekommen ist und das Gespräch eröffnet hat, scheint er ihr doch einer von der eher verklemmteren Patriziersorte zu sein. So ein typischer Patrizier eben, der mitten in die Patrizier-Schublade hineinpasst (:D). Tatsächlich kennt Lucilla natürlich die Namen vieler Patrizier, aber so ganz privat kennt sie kaum einen. Auch mit Livia und Epicharis hat sie vorwiegend nur über die Acta Diurna zu tun und wenn sie daran denkt, wie lange Livia gebraucht hatte, um mit ihr warm zu werden ... Kein Wunder, dass so ein Patrizierleben nicht nur langweilig, sondern vielleicht auch ein bisschen einsam ist, vor allem für die Frauen, die sich nicht in irgendwelche Ämter flüchten können.


    Trotzdem wird ihr Tonfall etwas provozierend. "So, die Aurelier umgeben sich also neuerdings gerne mit gebildeten Frauen. Das ist ja doch etwas neues, wo sie sie doch früher lieber weggesperrt haben." Sie erinnert sich noch gut an die Streitereien auf der Rostra. Erst wetterten die aurelischen Frauen offen gegen Frauen in der Politik, dann wurden sie selbst eilig weggepackt, da plötzlich alle Welt anfing gegen alle Frauen in der Öffentlichkeit zu wettern. In der letzten Zeit freilich ist es ruhig geworden, sowohl um Frauen in der Politik als auch sonst wo. Vermutlich hat einfach keine Frau noch Lust auf den offenen Konflikt, wo es doch eh viel einfacher ist, aus dem Hintergrund die Fäden zu ziehen ganz ohne dass das Imperium auf sie aufmerksam wird. Nicht umsonst überwiegt der Frauenanteil in der Acta Diurna.


    Lucilla lächelt schelmisch. "Entschuldige, aber das konnte ich mir jetzt nicht verkneifen. Obwohl du und sicher auch dein Vetter wahrscheinlich völlig unschuldig daran seid. Die Aurelier von damals haben sich ja alle schon zurück gezogen. Lustig eigentlich, da wollten sie die Frauen aus der Politik drängen, weil ihnen die Konkurrenz zu groß war und sie Angst hatten, gegen eine Frau zu verlieren, und am Ende haben sie es auch ohne die weibliche Konkurrenz nicht in die Politik geschafft."


    Sie nippt wieder an ihrem Becher und lächelt dann offen. "Aber vielleicht ist genau das euer Vorteil, also deiner und der von Corvinus. Nachdem ihr euch schon mit intelligenten Frauen umgebt, habt ihr bestimmt auch eine große Karriere vor euch." Sie kichert wieder. "Entschuldige, ich kann es wirklich nicht lassen. Die damalige Diskussion war allerdings auch zu peinlich, wenn du mich fragst. Ich weiß von Livia, dass sie längst hätte aus dem Senat hinaus wollen, dass sie aber bis zuletzt vor ihrer Schwangerschaft geblieben ist, nur um diesen verbohrten, völlig unüberlegten Verfechtern der angeblichen Tradition keinen Sieg zu gönnen. Aber mal ganz im Ernst, wenn du für ein Amt kandidierst, dann schicke deinen Sklaven vorbei. Wenn wir einen Lebenslauf haben, dann brauchen wir nicht nach den dunklen Flecken in deinem Leben zu suchen. Du glaubst gar nicht, wie viele Senatoren bei den entsprechenden Kandidatensitzungen im Senat fehlen und sich hinterher über die Acta Diurna eine Meinung bilden, wem sie ihre Stimme geben. Unterschätze niemals die Macht der in Stein gehauenen Schrift." Der letzte Satz klingt ziemlich gut. Zumindest, wenn man so ein unausgewogenes Verhältnis von Wein zu Blut in den Adern hat wie Lucilla im Augenblick. Zum Glück wird das wieder vergehen, denn Lucilla denkt schon darüber nach, künftig jede Acta Diurna mit diesem Satz zu beginnen oder vielleicht zu beenden.

    Zitat

    Original von Appius Aurelius Cotta


    Lucillas Lächeln weitet sich noch ein bisschen mehr aus. "Aurelius Corvinus ist dein Vetter? Rom ist wirklich ein Dorf, ich habe ihn erst vor ein paar Tagen kennen gelernt. Er war in seiner Funktion als Vigintivir unterwegs. Naja, da bin ich mal gespannt, wann ich der ersten Aurelia vor die Füße laufe. Haben sie denn einen guten Geschmack? Muss ich auf den Mercatus aufpassen, dass sie mir nicht das Beste vor der Nase wegschnappen?"


    Dann nickt sie zustimmend. "Ja, Claudia Epicharis arbeitet als Lectrix der Acta. Eine sehr nette Person. Was nicht heißen soll, dass ich Patrizierinnen normal nicht als nett einstufe. Unsere frühere Auctrix Tiberia Livia ist zum Beispiel auch eine sehr nette Patrizierin. Aber dann hört es auch schon auf." Sie wird augenblicklich rot. "Also nicht mit der Nettigkeit, sondern mit meinem patrizischen Bekanntenkreis. Ähm ..." Wieder kichert sie verlegen. "Da siehst du auch gleich, wie weit es mit meiner Selbstbeherrschung ist." Suchend schaut sie sich nach Ambrosius um, der ihren Seidenfächer mit sich herumträgt, allerdings nirgendwo zu sehen ist. Dafür sieht Lucilla ein Stück weiter Jocasta mit Plaetorius Brocchus, einem gut betuchten Bankiers, und dessen Frau herumstehen herumstehen und sich wohl auch gut unterhalten. Aber auch dort ist Ambrosius nicht und Lucilla fängt an, sich ein bisschen Sorgen zu machen. Aber vorerst wendet sie sich wieder Cotta zu, der Sklave würde schon nicht verloren gehen.


    Die Worte über die Ehe machen Lucilla eh erstmal nachdenklich. Selbstbeherrschung in der Ehe, das kommt ihr schon recht merkwürdig vor. "Mhm, also ich weiß nicht, Respekt ist natürlich schon wichtig in einer Ehe, aber Selbstbeherrschung? Ich bin eher ein Mensch, der in allen Gefühlslagen heimisch ist, wie schon erwähnt, bei uns Hispaniern geht es schnell aufwärts mit den Gefühlen, aber auch ebenso schnell abwärts. Wenn andere Menschen glauben, in unserem Haus bricht gerade ein Familiendrama aus ist das für uns nur ein leppischer kleiner Streit, über den wir genauso schnell wieder hinweg sind, wie er entstanden ist. Und eine Ehe muss das genau so aushalten. Aber bei patrizischen Familien mag das anders sein." Sie lächelt wieder etwas verlegen. "Da ist das ja eh meist ein bisschen anders mit der Heirat, oder nicht? Du hättest durchaus schon verheiratet sein können, ich habe schon von Patriziern gehört, die mit kaum 12 Jahren verheiratet werden." Irgendwie ist die patrizische Welt doch eine ganz andere. Zumindest hat Lucilla diesen Eindruck, was daran liegen mag, dass sie noch nie viel Einblick in eine patrizische Familie hatte.


    Überhaupt scheint Cotta das Gesprächsthema ein bisschen unangenehm zu sein, darum schwenkt Lucilla einfach mal um. "Nachdem du schon weißt, dass ich die Auctrix der Acta Diurna bin, darf ich fragen, was du in Rom tust? Oder bist du nur wegen der Volcanalia hier?"

    Lucilla lächelt zufrieden. "Von mir aus können die Planungen beginnen. Großtante Drusilla hat momentan gar keine Zeit, sie will im Herbst nach Hispania reisen und ist selbst schon groß am Planen. Außerdem ist Großtante Drusilla eh die letzte, die uns im Weg stehen wird."


    Sie nippt an ihrem Honigwein. "Was mich aber viel nachdenklicher stimmt und mir viel mehr Sorgen bereitet, das sind meine Betriebe. Ich wüsste sie wirklich gerne in guten Händen, denn ich habe eine Menge Stammkundschaft, die auf mich zählt. Ich habe überlegt, ob ich sie einem meiner Neffen oder Nichten vermachen soll. Da bleiben sie in Decima-Hand. Valeria ist allerdings selbst eine echte Decima, genauso geschäftstüchtig wie ich und voll versorgt. Maximian ist ein Herumtreiber, da könnte ich nicht in Ruhe schlafen. Und Faustus ... herrje, wenn er nicht zur Legion wäre, könnte er schon Marmor-Transportwege planen, aber so ... ich weiß auch nicht." Sie schaut Avarus ernst an. "Ehrlich, Medicus, das bereitet mir mehr Sorgen als die Frage, was ich anziehen soll." Die sowieso völlig unnötig ist, da Lucilla wie alle Bräute des Imperium natürlich die tunica recta tragen wird.