Duccia Venusia,
Casa Decima Mercator,
Rom,
Italia
Meine liebe Venusia,
mit Entschuldigungen zu Antwortzeiten sollten wir nicht erst anfangen, denn sonst komme ich aus den Entschuldigungen nicht mehr heraus. Natürlich könnten wir die langen Wartezeiten auf den Cursus Publicus schieben wie jeder gute Römer, aber ich weiß ja genau, dass es so nicht ist. Uns darüber zu beklagen, dass wir nie Zeit finden, das ist wohl auch überflüssig. Na gut, zumindest in meiner Lage. Wenn du wieder in Rom bist, dann könnte es durchaus sein. Bei mir ist es meist doch mehr die Trägheit, die hier im Süden Galliens fast schon eine Tugend ist, zumindest aber eine kultivierte Lebenseinstellung. Vielleicht sollte ich mir doch mal so einen Schreibsklaven anschaffen, dem ich dann faul in der Sonne liegend nur noch meine Gedanken diktieren muss. Aber irgendwie scheint mir das doch zu dekadent. So römisch werde ich wohl nie sein.
Es freut mich aber sehr, dass du bei den Decima so involviert bist. Wir sind schon eine sehr einnehmende Familie, das muss ich zugeben. Ich hoffe, dass es dir dadurch zumindest etwas leichter fällt Kontakte zu knüpfen. Diese Schwierigkeiten hat wohl jede Frau, die nicht in Rom geboren und aufgewachsen ist. Aber ich habe die Erfahrung gemacht, dass ein Name da schon weiterhilft, und ich hoffe doch sehr, dass der Name Decimus noch immer ein paar Türen öffnet.
Bei Faustus ist wohl Hopfen und Malz verloren (wie man hier in Gallia so schön sagt. Das hat irgendwas mit der Herstellung von Cervisia zu tun, frag mich aber nicht, was). Zumindest was den Einfluss seiner Tanten angeht. Mir wollte er doch tatsächlich weismachen, dass er mit Frauen nichts anfangen kann und deswegen niemals heiraten wird! Er hat sogar eine Liebelei mit einem Senator vorgeschoben, um es glaubhafter zu machen! Kannst du dir das vorstellen!? Ich sage dir, die Jugend von heute kommt auf Ideen. Mein Bruder hätte mich nach Hibernia oder noch weiter weg verbannt, wenn ich mit so einem Unsinn angekommen wäre. Gut, ich habe mir auch nichts sagen lassen, aber immerhin bestand meine persönliche Auswahl zwischen einem Senator und einem Militär-Präfekten! Auf jeden Fall will er wohl diese Celeste heiraten und verheimlicht das, weil er sich tatsächlich Sorgen um ihren Stand macht. Ich denke, wir sollten das nicht so eng sehen. Mein Großvater wurde noch als Peregrinus geboren, und wenn ich mich recht erinnere, ist das in deiner Familie auch noch nicht so lange her. Wir sollten eben schauen, dass diese Celeste das Bürgerrecht verliehen bekommt, bevor die beiden heiraten. So schwer wird das schon nicht sein. Ich habe leider überhaupt keine Beziehungen nach Ägypten, aber zur Not muss sie eben nach Germania reisen und ein bisschen in der Verwaltung arbeiten, damit Hungaricus das übernehmen kann. Immerhin scheint sie nicht auf den Kopf gefallen zu sein. Natürlich wäre es mir auch lieber, wenn Faustus eine Frau aus einem ordentlichen römischen Haus heiraten würde, aber gegen den Sturkopf eines Decimus ist es wirklich schwer anzukommen.
Hier aus Gallia gibt es wundervolle Neuigkeiten. Nachdem Avarus auf seiner Reise nach Germania in Narbo vorbeigekommen ist, hat er mich nicht nur ein paar Tage zur glücklichen Ehefrau gemacht, sondern auch dafür gesorgt, dass ich bald wieder eine glückliche Mutter werde. Ach, Venusia, ich hoffe so sehr, dass es ein Mädchen wird!
Trotzdem lasse ich mich natürlich nicht vom Stadbummel abhalten und da habe ich neulich auf dem Markt einen ganz hippen Stoff entdeckt. Das ist die neue Mode aus Lutetia und ich sage dir, das wird der Renner für den Herbst in Rom. Ich habe mir schon ein Kleid schneidern lassen (ein wunderbarer Begleiteffekt der Schwangerschaft, man braucht ständig neue Kleider!) und dieser Stoff trägt sich wirklich wie ein Traum auf der Haut! Deswegen habe ich es mir nicht nehmen lassen, dir einen Ballen mitzuschicken. Ich hoffe sehr, dass er dir gefällt. Bei deiner Figur reicht es vielleicht sogar noch für ein Kleid für Sevilla.
Grüße mir meine Lieben recht herzlich und drücke Sevilla und Secundus einen dicken Schmatzer von ihrer Tante auf die Backen!
Liebe Grüße,
Lucilla