Beiträge von Decima Lucilla

    Zitat

    Original von Decima Seiana
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    „Würdest du das spontan übernehmen?“


    Zufrieden lächelt Lucilla auf Seianas Sprachlosigkeit hin und um so mehr freut sie sich, dass ihre Nichte sich wirklich freut.
    "Pronuba? Hach, das wäre mir natürlich eine Ehre!" Eigentlich wäre es eher eine Beleidigung, wenn Seiana sie nicht bitten würde, aber natürlich hat Lucilla es auch nicht erwarten dürfen. "Allerdings gehören auch einige Vorbereitungen dazu, ich gehe davon aus, das wurde auch alles erledigt?" Eigentlich ist es keine Frage, aber sicher ist sicher.


    "Die Casa ist ja auch wirklich ganz entzückend geschmückt! Hast du das alles ausgewählt?" Sie senkt ihre Stimme etwas. "Nur dieses Bronze passt nicht wirklich. Als Metallfarbe für Inneneinrichtung ist diesen Herbst Silber ganz groß im Kommen, Bronze hat so einen Anflug von Altbacken, weißt du? Aber egal, meine Liebe, daran wird es nicht scheitern, das wichtigste ist doch, dass du perfekt bist!" Sie strahlt über das ganze Gesicht und blickt dann auch mal zu Cyprianus.


    "Und du bist also der Bräutigam." stellt sie fest und blickt einmal messend von Cyprianus Haaransatz über sein maskulines Gesicht, seinen unter der Toga zu erahnenden muskulösen Oberkörper, phantasiert sich die Strecke zwischen Bauchnabel und Knien überaus wohlgefällig, und schaut dann weiter bis zu den Stiefelspitzen. Mit einem zufriedenen Lächeln blickt sie wieder auf. Schon allein die Tatsache, dass er der PePe ist, umgibt Cyprianus mit einer mächtigen Aura, aber er schaut zudem auch noch wirklich gut aus, vor allem für sein Alter. Eine sehr gute Partie, das muss Lucilla zugeben. Wenn sie nicht selbst schon über das Alter für so etwas hinaus wäre, dann könnte sie fast ein bisschen neidisch werden. Und wenn Seiana nicht ihre Lieblingsnichte wäre, für die das Beste nur gut genug ist.
    "Sehr schön." kommentiert sie ihre Musterung, um sich dann Cyprianus vorzustellen, denn Lucilla hat noch nie darauf gewartet, bis irgendwer sie vorstellt. "Ich bin Decima Lucilla, Seianas Tante."
    Das stimmt natürlich nicht ganz, aber um die genaue Verwandtschaft zu beschreiben müsste sie anfangen, ihre bekannten Brüder und Cousins aufzuzählen (Meridius und Livianus), und darauf hat Lucilla keine Lust. Denn sie kommt sehr gut ohne diese Hinweise aus, ebenso wie ohne den Hinweis, wessen Ehefrau sie ist. Entweder man kennt sie, dann darf man sich zu den Einwohnern Roms zählen, die sich auskennen, oder man kennt sie eben nicht, dann gehört man sowieso zu den Langweilern.

    Es ist schon eine Tortur, so eine Reise von Hispania nach Rom. Mehr noch, eine echte Plackerei! Tagelang in diesem schaukelnden Reisewagen durch die öde Landschaft zu rattern. Früher fand Lucilla das aufregend. Heutzutage regt es sie nur noch auf. Zum Glück jedoch ist Lucilla schon seit einigen Tagen nur einen Katzensprung von Rom entfernt. Sie hatte sich auf dem kleinen (mickrig trifft es wohl eher) Landgut ihrer Freundin Peducaeana eingenistet, erholt und frisch gemacht. Von dort ist sie am Morgen auch aufgebrochen und mit einer Mietsänfte vom Stadtrand direkt zur Casa Decima. Natürlich hätte sie erst bei Medicus vorbei sehen können, aber sie geht sowieso davon aus, ihn hier zu treffen.


    Hier, das ist im Zentrum des Zentrums, in der Casa Decima in Rom. Lange ist sie schon nicht mehr hier gewesen. Dem Ianitor drückt sie promt ein Küsschen auf die Wange. Er schaut aber auch zu verdutzt, als er erkennt, wer da vor der Türe steht. Dann eilt Lucilla auch schon an ihm vorbei in die vertraute Umgebung hinein. Sie trägt ein Kleid aus violettem Stoff, in den schimmernde Kupferfäden eingewebt sind. Bei jedem Schritt und jeder Bewegung hat es so den Anschein als ob sich die Farbe leicht ändert. Nach der letzten Schwangerschaft hat sie etwas angesetzt, aber als Matrona kann sie sich das leisten. Ihr dunkles Haar trägt Lucilla streng nach oben gesteckt von einem versilberten Reif gehalten, an ihren Ohren baumeln dazu passende Ohrringe und um den Hals trägt sie gleich zwei prächtige Ketten übereinander, so wie es zur Zeit in Lutetia Mode ist.


    "Huhu! Salvete alle zusammen!" rauscht sie fröhlich in das Atrium hinein. Allzu viele Gäste sind noch nicht anwesend, so dass der Überblick leicht fällt. "Was für ein wundervoller Tag! Wo ist meine süße Seiana?" Natürlich hat Lucilla sie längst erblickt und geht zielstrebig auf sie zu, um sie in Beschlag zu nehmen. Alle anderen Gäste können warten, es sei denn sie wären der Kaiser selbst. Und der ist noch nicht da.


    "Hach meine Liebe, was für eine Freude!" Den Brautschleier ignorierend drückt Lucilla ihrer Lieblingsnichte zwei Küsschen auf die Wange. "Ich habe mir gedacht, dieses Mal komme ich persönlich zu deiner Hochzeit, dann kann einfach nichts mehr schief gehen!"

    Irgendwie ist alles wie immer. Aber irgendwie ist auch nichts mehr so wie es einmal war. Die Welt ist die gleiche und doch eine andere. Lucilla ist noch sie selbst, aber doch eine andere. Sie sehnt sich nach Rom und ist gleichzeitig froh, nicht dort zu sein. Panta rhei, daran erinnert sich Lucilla, irgendwo hat sie das mal aufgeschnappt. Irgendwo in den elitären Kreisen Roms, in denen sie eine Zeit lang glaubte zu Hause zu sein. An den Namen des Philosophen erinnert sie sich nicht mehr. Denn tatsächlich war sie wohl niemals wirklich in diesen Kreisen zu hause. Irgendwie ist sie doch immer das Landei aus der Provinz geblieben. Aber auch für Landeier gilt der Grundsatz, dass man nicht zweimal in denselben Fluss steigen kann.


    Ihre Freundin Jocasta geht Lucilla langsam auf die Nerven. Narbo geht Lucilla auf die Nerven. Dieses kleine Provinznest, das sich für den Nabel der Welt hält solange Rom weit weg ist. Rom ist der Nabel der Welt, nur Rom. Aber vielleicht hängt das auch nur davon ab, wo man sich auf die Landkarte legt. Lucilla möchte sich auf Hispania legen. Ihr Nabel gehört nach Tarraco. Je länger Avarus wieder fort ist, desto mehr zieht es sie wieder in ihre Heimat. Lucillas Kindheit ist längst vorbei, aber Drusillas Kindheit steht bevor. Lucilla wünscht sich, dass ihre Tochter glücklich wird, dass sie genau so behütet aufwächst wie sie selbst. Livianus ist auch zurück in Tarraco. Er wird sicher einen guten Onkel abgeben. Vielleicht wird er für Drusilla eines Tages so etwas sein wie sein Vater Mercator es für Lucilla gewesen ist. Natürlich kein Vaterersatz, denn auch wenn Avarus weit weg ist, so wird er doch immer da sein. Aber ein Lieblingsonkel auf jeden Fall.


    Mit Sack und Pack steht Lucilla also vor der Casa Roscia, um sich von Jocasta zu verabschieden. Nicht für immer natürlich, aber vielleicht für eine längere Zeit. Sie sehnt sich nach der Ruhe Hispanias. Vielleicht ein letztes Mal. Vielleicht aber auch nicht, denn wer weiß schon, wann die Hummeln in ihrem Hintern sich wieder in die Lüfte heben? Eine Weile plaudern die beiden noch einmal über die gute, alte Zeit. Doch alte Zeit ist vergangen und kommt nicht wieder, daher umarmt Lucilla ihre Freundin ein letztes Mal und klettert rasch in den Reisewagen hinein. Schon als der Wagen Narbo verlässt hat Lucilla das Gefühl die hispanische Küste riechen zu können. Mit ihrer Tochter im Arm schläft sie bald darauf ein und träumt von ihrem geliebten Tarraco, das sie beide schon bald empfangen wird. Eigentlich alle drei, aber davon weiß Lucilla noch nichts.