Beiträge von Decima Lucilla

    Ein ehrliches Lächeln stiehlt sich auf Lucillas Gesicht, als Livianus ihr seine Worte ins Ohr flüstert und ein wenig Erleichterung kommt in ihr auf. "Danke." sagt sie leise und tritt dann wieder zurück. "Ich werde den Cursus Publicus bemühen, ich sitze ja an der Quelle."


    Sie schaut Livianus nach, als er das Atrium verlässt und dreht sich dann wieder zu ihrem Bruder hin. Unsicher schaut sie ihn an. Schon jedes mal hat sie ihn dafür verflucht, wenn er wieder zur Legion aufbricht, doch jedes mal wieder hat sie ihn doch schwesterlich verabschiedet, wenn es soweit war. Und nun steht sie da, und weiß nicht, was sie tun soll. Sie denkt an das Gespräch mit Avarus beim Frühstück und hofft, dass es noch irgendeine Lösung für alles geben würde. Die kommenden Tage würden sehr lang und einsam werden.

    Lucillas erste Reaktion ist ein entsetzter Blick. Doch wie schon zuvor hat Avarus Recht, es nützt nichts nun alles aus den Fugen geraten zu lassen, auch wenn es dafür schon zu spät scheint. Und eine Woche ist nicht die Ewigkeit. "Du hast Recht." Da es nicht klingen soll, als wüsste Lucilla keine anderen Worte mehr, fügt sie noch hinzu. "Die Reise können wir danach noch planen. Und alles weiter auch."


    'Alles weitere.' hallt es in Lucillas Sinnen nach. Wieder liegt die Zukunft in vollkommener Dunkelheit. Die Parzen scheinen ihren Spaß daran zu haben, Lucillas Pläne wieder und wieder umzuknüpfen.


    Sie schenkt sich etwas von dem Honigwein aus und trinkt einen Schluck.

    Lucilla tritt auf Livianus zu und umarmt ihn. Sie schaut zu ihm auf und versucht ein Lächeln zustande zu bringen. "Wenn du Magnus siehst, dann richte ihm Grüße aus, ja?"


    Obwohl es in den Stadteinheiten Roms nicht weniger gefährlich als bei den Legionen ist, weiß Lucilla ganz genau, dass sie sich nun noch um einen Verwandten mehr sorgen wird.

    Lucilla nickt langsam und nimmt das Brot in ihre Hände. Unschlüssig dreht sie es hin und her, kann sich jedoch nicht dazu durchringen, etwas zu essen. Sie zupft ein Stück davon ab, knetet es zwischen ihren Fingern nur um am Ende wieder alles zusammen auf den Teller zu legen.


    Sie schaut auf und Avarus an. So kann es wirklich nicht enden. Nichts wünscht sie sich sehnlicher, als am morgen zu erwachen und mit ihm gemeinsam zu Frühstücken. Doch nicht auf diese Art und Weise. "Du hast Recht." Sie seufzt.

    "Ich wohne hier."


    Lucilla wendet sich ihrem Cousin zu "Pass gut auf dich auf, Livianus." Sie versucht, seinen Blick abzuschätzen. Sie weiß nicht, wieviel und was Meridius ihm bereits erzählt hat und wie seine Meinung ist.


    Dann blickt sie kurz zu ihrem Bruder um schließlich den Blick wieder auf den Boden zu wenden. "Und du auch."

    Wie ein Einbrecher schleicht Lucilla durch die Casa Decima. In der Eile hatte sie am Vorabend ihre Dokumente für die Acta Diurna vergessen und ist vor der Arbeit nocheinmal vorbeigekommen, um sie aus ihrem Cubiculum zu holen. Die Sklavin, welche die Tür geöffnet hat, hat sie direkt angewiesen, den Mund zu halten.


    Doch in Gedanken ganz woanders achtet sie nich darauf, ob jemand im Atrium ist und steht auf einmal vor Livianus und Meridius, die reisefertig auf wen auch immer warten. Doch sicher nicht auf sie.


    "Salve." Verunsichert blickt sie von einem zum anderen, wagt jedoch nicht, einen von beiden länger als einige Sekunden anzusehen. Sie überlegt, ob sie sich für ihre Anwesenheit rechtfertigen müsste, doch immerhin ist dies auch ihr Zuhause. "Ihr reist schon ab?"

    Lucilla schleicht sich regelrecht in den Oecus und nimmt mit hängenden Schultern Platz. "Guten Morgen." Sie blickt über den Tisch und fühlt sich schon mit der Entscheidung über essen oder nicht-essen überfordert. Schließlich greift sie zu einem Stück Brot und plaziert es auf ihrem Teller.


    "Ich habe schlecht geschlafen." Es hat eh keinen Sinn, dies leugnen zu wollen. "Und ich weiß nicht, ob ich das aushalte, Medicus." Sie blickt auf das Stück Brot, welches einsam auf dem Teller vor ihr liegt. "Das hat nichts mit dir zu tun. Ich liebe dich, das weißt du. Aber, ich komme mir vor, als hätte ich meine ganze Familie verraten. Das ist nicht wahr, aber... es ändert nichts an dem Gefühl."

    Lucilla erwacht spät am Morgen und der erste Blick in den neuen Tag bringt alle Erinnerung an den vergangenen mit sich. Lange war sie am vorigen Abend wach gelegen, hatte sich wieder und wieder in dem fremden Bett herumgewälzt und sich schließlich in den Schlaf geweint.


    Sie reibt sich die längst getrockneten Tränen von der Wange und zieht die Decke noch etwas höher. Eine fremde Decke, in einem fremden Bett in einem fremden Haus. Regelrecht geflüchtet ist sie aus der Casa Decima, geflohen vor ihrem Bruder, der sie manchmal noch immer wie ein kleines Kind behandelt. Und doch ist er ihr Bruder. Erneut kommen ihr die Tränen und sie blickt durch einen verwaschenen Schleier fragend nach oben. Stumm schickt sie die Frage an die Götter, warum sie nicht einen Mann und einer Bruder haben kann? "Ist dies wirklich zu viel verlangt?" Kraftlos lässt sie ihren Kopf zurück auf das Kissen sinken und bleibt eine Weile liegen, zahllose Fragen im Kopf und keinerlei Antworten in Sicht.


    Etwas später quält sich Lucilla langsam aus dem Bett, streift eine einfache Tunika über, wäscht sich in der bereitgestellten Waschschüssel und steckt ihre Haare locker zusammen. Sie hat wenig Hunger, doch irgendwann müsste sie das Zimmer verlasen...

    "Sfz."


    Lucilla wartet, bis auch Ambrosius aus dem Zimmer ist und schließt nach einem letzten Blick hinein die Tür. Wie der Consul so bepackt neben Ambrosius vor ihr läuft treibt ihr ein leichtes Lächeln aufs Gesicht. Einen leichten Korb in der Hand geht sie aus der Casa hinaus...

    Zitat

    Original von Medicus Germanicus Avarus
    Er massiert ihre Schulter und spricht mit persönlichen Worten.


    "Du weichst vor einem Tyrannen zurück und begibst dich in eine sichere Behausung, wenn er Rom verlassen hat , wird dir diese Casa wieder offen stehen, da bin ich mir sicher. Es ist nicht seine, schon das bezeugt eigentlich seinen Charakter und seine Herrschsucht.


    Ich habe dich gern bei mir und du wirst das größte Gästezmmer bekommen in der Casa Germanica bekommen. Trotzdem ist das hier deine Heimat, noch... aber ich respektiere das, er tut es nicht."


    "Sag soetwas nicht. Er ist doch... er ist doch mein Bruder." Sie blickt traurig zu Boden und denkt daran, wie es früher war. Doch früher ist längst vorbei und sie kennt ihren Bruder nicht mehr. Gerade er sollte doch verstehen, was es heißt zu Lieben. Doch anderen, als sich selbst scheint er dies nicht zuzugestehen. "Und er wird immer mein Bruder bleiben, auch, wenn ich nicht mehr seine Schwester sein werde." Sie unterdrückt ihre Tränen und presst die Lippen zusammen.


    Als Abrosius signalisiert, dass er fertig ist, nickt sie. "Gehen wir."

    Auf dem Weg in ihr Cubiculum war auf einmal Ambrosius aufgetaucht. Lucilla hat ihn mit knappen Worten angewiesen, ihr beim Packen zu helfen und der Sklave ist sofort losgestürmt.


    Während Ambrosius halb im Schrank verschwindet und alle möglichen Kleidungsstücke in einen Reisesack packt, steht Lucilla unschlüssig neben Avarus in ihrem Cubiculum.


    "Ich fasse es nicht." Sie schüttelt den Kopf und geht zu ihrer Schmuckschatulle. Ein paar Kleinigkeiten sind hastig in einem Korb verstaut. "Was tue ich nur?" Sie schaut Avarus verzweifelt an. Es gibt überhaupt keinen Grund, aus der Casa Decima auszuziehen, der Casa, die Onkel Mercator gekauft hatte. Und doch sieht sie keine andere Möglichkeit mehr. Sie hofft nur, dass ihr ihre Schwestern, ihre Cousins und Cousinen verzeihen können.


    "Ich denke, ich habe soweit alles."

    Lucilla senkt ihren Blick, sie ist sich nicht sicher, was ihr Schritt bedeuten würde, doch sie ist sich sicher, dass ihre Mutter ihr geraten hätte, ihrem Herzen zu folgen.


    Gerade, als sie mit Avarus zu ihrem eigenen Cubiculum gehen will, tönt ihr Name aus Meridius Cubiculum. Eine Träne rinnt ihrem Auge hinab über die Wange. "Die Götter mögen mir verzeihen." Sie schmiegt sich an Avarus und geht mit ihm weg.

    "Er ist nicht als Consul hier. Als Consul hat er es nicht nötig, hierher zu kommen." Lucillas Worte klingen ruhig, obwohl sie es lange nicht ist. "Er ist als mein Verlobter hier. Er ist hier, weil ich ihn mit hierhergebracht habe. Er ist wegen mir hier, weil ich es nicht mehr aushalte. Ich bitte dich, mit ihm zu reden. Damit ich nicht zwischen euch hänge. Aber um mich geht es dir nicht, auch wenn du immer so tust als ob. Was ich fühle, oder ob ich leide, das ist dir vollkommen egal."


    Sie schüttelt traurig den Kopf. An einem Abend wird ihr gesamten Leben zerbrochen, sie sammelt es mühsam wieder zusammen und ihn interessiert es nicht einmal. "Du willst nicht mit ihm reden. Gut. Dann wage es jedoch nie wieder mir gegenüber zu behaupten, er hätte es nicht versucht."


    Sie dreht sich um, schaut nochmals über die Schulter. "Deine Suchaktionen kanns du dir auch sparen, ich bin in der Casa Germanica."


    Sie verlässt den Raum und schließt die Tür. Davor blickt sie Avarus traurig an. "Es hat keinen Sinn. Ich werde Ambrosius Bescheid geben, er soll ein paar Sachen einpacken und uns dann zur Casa Germanica folgen."

    Lucilla tritt weiter in den Raum, nimmt jedoch nicht Platz. "Er wollte mit dir reden. Statt dessen hat er mit mir gesprochen." Es kostet Lucilla alle Überwindung, ihren Blick nicht zu senken, sondern ihren Bruder unverwandt anzusehen. "Ich liebe ihn, Meridius. Eure Zwistigkeiten werden daran nichts ändern. Und was er mir sagt klingt nicht weniger wahr, als deine Worte."


    Sie schaut Meridius traurig an. "Es tut weh zu erkennen, dass es nicht mehr wie früher ist, Bruder. Nie hätte ich an der Wahrheit deiner Worte gezweifelt. Doch Zeiten ändern sich. Du hast dich verändert. Früher hättest du mich niemals eine Lupa genannt. Und ich hätte getan, was du für richtig hälst, denn ich wollte immer nur, dass du stolz auf deine kleine Schwester bist. Aber auch ich habe mich verändert. Ich kann nicht für immer nur deine kleine Schwester sein."


    Sie macht eine kurze Pause. Vielleicht wäre es doch von Vorteil gewesen sich zu setzen, denn ihre Knie werden immer weicher. Doch sie fährt mit fester Stimme fort. "Er ist hier, er wartet vor der Tür. Er möchte mit dir sprechen. Bitte, rede mit ihm. Ich halte es nicht für eine gute Idee, doch ich weiß auch keinen besseren Weg. Ich weiß nichteinmal mehr, was ich selbst tun soll. Ich hänge zwischen euch. Zwischen dir und ihm. Zwischen der halben Familie und ihm. Du... ihr, ihr braucht ihn nicht zu mögen und ihr braucht es nicht gutzuheißen. Wenn ihr nicht..." sie stockt und es kostet sie einiges an Überwindung, den Satz zuende zu sprechen. "... wenn ihr nicht zu meiner Hochzeit kommen wollt, dann respektiere ich das. Aber... aber wenn du vorhast, mich aus der Familie zu verstoßen, nur weil... weil ich ihn liebe dann... dann..." sie senkt ihren Blick und schluckt schwer. "... dann tu das."

    Lucilla öffnet die Tür und tritt ein. Sie lässt die Tür ein Stück weit offen und blickt zu ihrem Bruder. Sie atmet tief durch und merkt, dass sie leicht zittert.


    "Avarus hatte eine Nachricht für dich hinterlassen an der Eingangstür, ich habe sie abgenommen und bin stattdessen gegangen." Sie spricht nicht weiter.

    Gefolgt von Avarus erreicht Lucilla den kleinen Raum vor den Cubiculi. Sie schluckt, vergewissert sich noch einmal davon, dass Avarus auch da ist, hebt ihre Hand, lässt sie sinken, hebt sie dann erneut und klopft an.


    "Meridius? Bist du da?"

    "Ich weiß nicht." Das ganze nimmt Ausmaße an, wie sie bei einer Kaiseraudienz nicht schlimmer sein könnten. "Lass uns abwarten, wer die Tür öffnet. Wenn es Ambrosius ist, dann kannst du bedenkenlos drinnen warten. Bei den anderen bin ich mir nicht sicher, ich möchte ungern, dass du schon vom Ianitor erschlagen wirst." Sie versucht ein Grinsen zustande zu bekommen, doch es will ihr nicht recht gelingen.


    Gemeinsam gehen sie die letzen Meter bis zur Casa.

    Keine Casa könnte Lucilla in diesem Moment fremder sein, als die ihrer Familie. Kein Mensch könnte weiter entfernt sein, als derjenige, zu dem sie auf dem Weg sind, als ihr Bruder Meridius. Noch vor wenigen Stunden hat sie den Zorn in seinen Augen sehen können als er über Avarus gesprochen hat. Und nun steht sie mit Avarus vor der Tür und bringt die Beute zum Löwen.


    Sie dreht sich noch einemal zu Avarus um, der ein Stück hinter ihr steht. Nah genug, um sich sicher zu sein, dass er noch da ist, doch nicht direkt mit ihr an der Tür. Sie lächelt verzweifelt und dreht sich dann zur Tür. Angst steigt in ihr auf, Angst davor, wie ihr Bruder reagieren würde, denn sie kennt das hispanische Temperament der Decima nur zu gut.


    Zaghaft klopft Lucilla an die Tür.