Beiträge von Marcus Decimus Mattiacus

    Ein Windhauch strich Mattiacus um die Nase, als er selbige einmal aus dem Wagen steckte. Er war nicht kalt, wie in Germania, sondern eher kühl und erfrischend. Es war doch ein wenig stickig im Inneren des Wagens.


    Bald würden sie da sein. Das Landhaus sah sehr idyllisch aus, geradezu ideal für die Erholung.


    "Ich glaube, die Entscheidung, hierher zu kommen war richtig. Magnus wird sich hier gut erholen können." sagte er zu Venusia. Er versuchte soviel Hoffnung wie möglich in seine Stimme zu legen, damit auch Venusia zuversichtliche war.

    Mattiacus kam auf das Angebot mit dem Wein zurück. "Gerne, ich nehme einen Schluck."


    Dann kam er wieder auf das Gespräch zurück.


    "Also... nach meiner Interpretation des betreffenden Wortlauts von § 112 I CodIur liegt eine Rechtsbeugung dann vor, wenn eine Entscheidung ergeht, die objektiv im Widerspruch zu Recht und Gesetz steht.
    Im Fall von Livianus kam es also darauf an, wie man § 2 der lex Germania Servitium auslegt. Nach meiner Auslegung von § 2 lag kein Verstoß vor. Ich habe das in der Verhandlung ungefähr so gesagt wenn ich mich richtig erinnere:


    Sim-Off:

    Hier schummele ich mal ein wenig und zitiere aus der Verhandlung. Mattiacus kann sich sehr gut erinnern ;)


    In meinen Augen umfasst die Norm des § 2 den Fall, dass ein Freigelassener nicht automatisch mit dem Akt der Freilassung ein römischer Bürger wird. Zur Zeit des Augustus war dies bekanntlich noch anders.


    Aber ich möchte hier keinen Vortrag zur rechtsgeschichtlichen Vergangenheit halten, daher zurück zu unserem Fall:
    Der ehemalige Sklave Marhabal wurde also per Testament freigelassen und daraufhin von Lucius Quintilius Valerian adoptiert. Und hier liegt der entscheidende Punkt. Die Adoption geschah zeitlich nach der Freilassung, und die Adoption ist gleichsam ein weiterer Umstand, der über den Fall des § 2 hinausgeht und daher nicht von ihm erfasst ist.
    Dieser Umstand der Adoption führt also dazu, dass § 2 überhaupt nicht mehr angewendet werden kann. Livianus hat also mit seiner Entscheidung überhaupt gar nicht gegen Recht und Gesetz verstoßen.
    Die Verleihung des Bürgerrechts nach der Adoption war sogar rechtmäßige und vom Gesetz gewollte Folge der Adoption, auf das der Adoptierte sogar ein Recht darauf hat."


    Mattiacus nahm einen Schluch Wein.


    "Mhm, sehr guter Tropfen.... aber nun weiter. Außerdem braucht man Vorsatz für den § 112 CodIur. Und den habe ich bei Livianus absolut nicht gesehen. Er wollte ganz sicher nicht das Imperium schaden, als er dem armen Marhabal das Bürgerrecht zusprach. Der Mann wollte unbedingt Römer werden und zur Armee. Also wenn das nicht für ihn spricht. Außerdem wollte Livianus einem alten Kameraden helfen, den letzten Wunsch zu erfüllen. Und letzte Wünsche sind bekanntlich heilig.


    Auch zum zweiten Fall finde ich haben die Richter das Gesetz falsch interpretiert. Sinn und Zweck des § 11 CodIur ist das Strafrecht vor befangenen Richtern zu schützen. Bei der Adoption handelt es sich aber um Zivilrecht. Livianus trotzdem deswegen zu verurteilen, weil er Serapio adoptiert hat, ist eine verbotene Analogie."


    Und noch einen Schluck.


    "Also um noch mal auf deine Frage zurückzukommen. Mit dem Gesetz ist es wie mit dem Wetter. Jeder kann daraus das Lesen, was er möchte. Das Urteil entspricht nicht meiner Interpretation des Gesetzes. Man kann es anders sehen, so wie die Richter es getan haben. Aber ob das auch zwingend ist, ist eine andere Frage."

    Mattiacus nahm die Tafeln entegegen und überflog diese. "Tss, tss Proculus...." ließ er von sich hören, als er zu der betreffenden Stelle kam. "Manchmal hat er ja schon ganz gute Ideen. Aber generell neige ich eher Sabinus zu." sagte Mattiacus.


    "Also alles im allem hätte ich das Gutachten genauso auch geschrieben. Es enthält unsere gesamte heutige Rechtslage. Was ich nur ergänzen würde, wäre die Tatsache, dass die Patria Potestas erst mit dem Tode des Gewaltinhabers endet. Oder natürlich nach einer emancipatio und bei Frauen mit der Manus-Ehe. Aber wie gesagt, ansonsten gut." sagte Mattiacus.


    Sim-Off:

    Es ist natürlich ganz schwer, die genaue Rechtslage um 100 zu rekonstruieren, da der Großteil des an uns überlieferten Rechts ca. 120 Jahre später galt. Daher ist es schwer zu sagen, ob dass, was in den Digesten gerade von Ulpian verfasst ist, auch so um 100 galt. Aber wenn der neue Pauly das so schreibt wirds schon stimmen. Ergänzend kannst du auch noch mal in den "Alten" schauen. Ansonsten vielleicht auch in den Kaser.

    Mattiacus erschien frisch rasiert im Tablinum. Man hatte ihm mitgeteilt, dass dort ein Gast auf ihn wartet. Diesen begrüßte er auch sogleich.


    "Salve mein lieber Durus. Wie geht es dir?"


    Mattiacus wies auf die Korbesesselgruppe in der Ecke des Tablinums. Dort hielt er sich gerne auf, wenn Gäste zu Besuch kamen.


    "Bitte, setz dich. Möchtest du etwas trinken?" fragte er.

    Mattiacus zog die Augenbraue des rechten Auges ein wenig hoch. Das machte er immer so, wenn er Zweifel hatte und ihm etwas komisch vorkam.


    "Also dass Vescularius im Nachhinein noch ein Gutachten anfertigen lässt, über ein Urteil, bei dem er indirekt gewonnen hat, wundert mich ein wenig." sagte Mattiacus.
    Dass du dabei in der Zwickmühle bist, verstehe ich gut. Aber ich glaube nicht, dass Livianus dir was über nimmt."


    Er schaute sich im Gastraum und sammelte seine Gedanken.


    "Tja, also.... meine Position zu dem Fall hat sich eigentlich wenig geändert. Ich war immer der Meinung, dass die Anklage wegen Amtsmissbrauch zu überzogen ist. Das ist wie mit einer Ballista auf Spatzen zu schießen. Und das sage ich nicht nur, weil Livianus mein Bruder ist. Das ist auch meine ÜBerzeugung als Magister Iuris. Denn mit diesem Urteil wurde ein Präzedenzfall geschaffen, dessen Wirkung gut nach hinten losgehen kann. Denn jeder Beamte muss jetzt genau aufpassen, was er tut und sagt. Er könnte sich ja des Amtsmissbrauchs schuldig machen. Das würde auf Dauer die Verwaltung lähmen.
    Dass dem armen Peregrinus das Bürgerrecht vom nachfolgenden Prätor entzogen wurde, ist Strafe genug. Damit ist der Schaden, falls man es überhaupt so nennen will, für das Imperium behoben. Alles wie vorher. Jetzt meinem Bruder daraus einen Strick zu drehen ist völlig abwegig. Hier sollte jemand bewusst verurteilt und beschädigt werden. Der ganze Prozess hatte einen politischen Beigeschmack, der mit Recht und Gesetz nichts zu tun hatte."


    Mattiacus ließ erstmal seine Worte setzen. Beim Reden wurde seine Kehle ganz trocken.


    "Was wollen wir eigentlich trinken?" fragte er fast beiläufig.

    Mattiacus nippte ebenfalls an seinem Wein.


    "Ich glaube, ich war auch bei dieser Hochzeit zugegen. Jetzt wo du es sagst, kann ich mich auch daran erinnern." Mattiacus war sich zwar nicht ganz sicher, aber es klingelte in seinem Hinterkopf, als Valerian die Beleidigung und die Hochzeit bemerkte.

    "Dann ist es entschieden. Subdolus, du solltest vielleicht den Princeps informieren, dass Magnus künftig in den Albaner Bergen ist. Ansonsten sollten wir dann nun alles für den Transport vorbereiten. Die Classis kann dabei unheimlich viel helfen. Und wir stehen jetzt schon in ihrer Schuld." sagte Mattiacus.

    "Die beiden Häuser sind schon mehr als genug und geradezu ideal zur Erholung. Etwas neues zu mieten ist nicht nötig."


    Mattiacus überschlug im Kopf alle Möglichkeiten und kam dann zu einem Entschluss. "Ich glaube, dass Haus in den Albaner Bergen ist gut. Es ist auch nicht so weit weg von Rom und daher gut für die Familie erreichbar. Was meinst du, Venusia?"

    "Dann ist es wohl entschieden. Primus kommt mit auf's Land." sagte Mattiacus.
    Er dachte nach und im Kopf ging er mögliche Häuser und Villen durch.


    "Es dürfte nicht zu weit weg von hier sein. Der Transport darf nämlich nicht zu lange sein. Kennt ihr etwas in der Nähe." fragte er die beiden.

    Mattiacus hörte Subdolus aufmerksam zu und ab und an kam ein zustimmendes "Mhm" über seine Lippen.


    "Das ist wirklich ein außergewöhnlicher Fall und wäre es nicht mein Bruder, der hier liegt, würde mein wissenschaftliches Interesse keine Grenzen kennen. Das jemand ununterbrochen Schmerzen hat, ist mir noch nicht vorgekommen. Es könnte ein Geschwür im Bauch sein. Dann wären aber alle Ärzte des Orbis terrarum hilflos. Ein solches zu entfernen, ohne den Patienten in ernste Todesgefahr zu bringen ist unmöglich."


    Mittlerweile hatte der Tee eine schöne goldene Farbe angenommen. Er nahm einen Becher, der zufällig im Raum stand, und füllte ihn mit dem Tee. Danach führte er ihn vorsichtig an die Magnus' Lippen.


    "Das ist ein Tee aus Kräutern, die dir Linderung verschaffen. Aber vorsicht beim Trinken." sagte Mattiacus. Dann wartete er auf eine Reaktion seines Bruders.

    Zitat

    Original von Decima Seiana



    „Auch wenn die Situation für viele nicht einfach ist, und vieles nicht vorwärts zu gehen scheint. Man nehme nur den Skandal von Nemi – die pax deorum ist gestört worden, darin waren sich alle einig, bis hin zu dem Pöbel auf den Straßen. Aber noch hört man nichts von Konsequenzen, nichts davon, wie die Götter wieder besänftigt werden können.“



    "Das ist auch typisch für die Situation. Seitdem der Princeps sich nicht mehr sehen lässt, vernachlässigen einige Amtsleute ihre Pflichten und machen es sich schön gemütlich. So erscheint mir das jedenfalls. Denn eigentlich müssten ja jetzt die Priester hektisch hin- und herlaufen und sämtliche Hühner, Ziegen und Ochsen Roms zusammensuchen, um wieder pax deorum herzustellen. Aber bisher ist mir da nichts aufgefallen." sagte Mattiacus. "Noch jemand Wein?"

    Mattiacus sprach den Tribun an.


    "Es ist mir eine Freude. Ich bin nicht ganz so berühmt wie es scheint, aber ich versuche alles meinem Bruder zu helfen."


    Mit einem "Danke Venusia" nahm er das lauwarme Wasser ab. Sogleich begann er, in seiner Tasche herumzukramen. Hervor kam ein Beutel, der intensiv nach frischen Kräutern duftete, so Salbei, Minze, Fenchel, Oregano, Myrrhe und anderer Pflanzen, deren Namen noch nicht mal Mattiacus kannte. Diese Kräutermischung gab er in ein grobes Tuch und tauchte es in das Wasser. Schon beim ersten Kontakt färbte es sich goldbraun.


    "Das muss jetzt eine Weile ziehen, damit sich die Wirkung optimal entfaltet." Dann wandte er sich wieder Subdolus zu. "Ich glaube nicht so sehr, dass es an der Luft liegt. Im Gegenteil, die salzige Luft tut den meisten Menschen sogar gut."

    "Davon bin ich überzeugt. Für viele ist das Land einfach nur dunkel und gräßlich, ich finde es aber äußerst interessant." Mattiacus nippte kurz an seinem Wein. "Aber wenn ich einen guten Falerner wie diesen trinke, der von der Sonne Italiens verwöhnt wurde, dann weiß ich auch, wo ich eigentlich hingehöre." Bei diesem Satz musste Mattiacus sogar selber lächeln.