Beiträge von Rediviva Minervina

    Minervina verengte ihre Augen ein wenig, als sie Vitamalacus Worte hörte. Sie wollte nicht, dass sie informiert wurde. Sie wollte mitentscheiden. Immerhin war sie sui iuris, wenn dies auch einen traurigen Grund hatte. Und jetzt war für sie definitiv noch kein geeigneter Kandidat in sichtbare Nähe gerückt. Aber sie würde damit keinen erneuten Streit heraufbeschwören. Wenn Vitamalacus allerdings meinte, auf ihren unwilligen Gesichtsausdruck eingehen zu müssen, so würde er einen langen Redeschwall zu erdulden haben.


    "So. Dann hast du ja doppelte Arbeit zu verrichten." meinte sie, allerdings schon deutlich versöhnlicher als ihr Blick noch vor einigen Augenblicken. Man konnte ihre Stimme schon fast als 'heiter' bezeichnen - der Begriff würde nur knapp verfehlt werden. "Wer ist eigentlich das dort?" fragte sie mit einem Nicken in Richtung Taranis, der auf seinem Lager war. Sie mochte Katzen, weshalb ihre Frage auch keineswegs abwertend betont war. Sie wollte erst noch etwas Zeit verstreichen lassen, ehe sie ihn noch einmal auf die Regeln in diesem Hause ansprechen würde. Sie wollte noch einmal genauer gesagt bekommen haben, was sie durfte und was nicht, denn sie wollte niemandem mehr zur Last fallen, als es sein musste. Und vor Allem wollte sie Streit vermeiden. Kühle Umgangsformen gehörten für sie definitiv dazu

    Minervina hörte die sehr leisen Schritte auf sich zukommen, denn nun da es recht dunkel und auch still war, konnten sich ihre Ohren gut auf diese Feinheiten konzentrieren. Aus ihren dunkelbraunen, warm wirkenden Augen lächelte sie zu Albina auf, auch wenn ihr Lächeln ein wenig müde wirkte. "Nein, du störst überhaupt nicht. Magst du dich nicht zu mir setzen?" bot Minervina sogleich freundlich an. Dass sie hier eine Sklavin vor sich hatte, hielt sie für unwahrscheinlich, den von dem Pack hatte sie bislang schon fast jeden ausschimpfen können. Und als sie den Namen vernahm, musste sie über ihren Gedanken nicht mehr weiter nachdenken, sondern darüber, wo sie den Namen schon einmal hörte.


    "Ich bin Rediviva Minervina. Mein Name mag dich verwundern, aber ich bin die Tochter vom Senator Tiberius Maximus." stellte sie sich ebenfalls vor und betete insgeheim, dass sie die lange Geschichte nicht wiederholen musste. Die Einbüßung des Vaters Namen war schon schlimm genug. "Ich war bis vor kurzem eine lange Zeit in Achaia. Und seitdem war ich auch immer sehr viel unterwegs. Also ist es wohl nicht weiter verwunderlich, das Haus ist ja sehr groß." versuchte Minervina eine Erklärung dafür zu finden, dass sie sich bislang nicht sahen. 'Haus' war gut gesprochen. Aber es war ihr eher als normale Bezeichnung für 'Zuhause' über die Lippen geflossen.

    Recht verwundert nahm Minervina zur Kenntnis, dass Marcellus ihnen beiden eingoss. Es verunsicherte sie, denn sie wusste nicht zu deuten ob die Geste einfach nur höflich gemeint war, oder ob es ein versteckter Hinweis darauf war, dass sie sich schon bisher nicht genügend um die Gastfreundschaft gesorgt hatte. Vermutlich jedoch, würde er direkt sagen, was ihn dazu verleitete, wenn es eine negative Geste wäre. Also bedankte sie sich lächelnd und nahm den Becher letztlich entgegen. Wenngleich auch sein Trinkspruch fast das Lächeln von ihrem Gesicht bannte. "Ich will mal stark hoffen, dass es nicht so langweilig wird, wie es zu sein scheint." Auch seine Anspielung auf das Soldatennest verstand sie recht gut, aber sie äußerte sich nicht dazu. Das war ein Punkt, den sie nicht sehr begrüßte, aber Vitamalacus würde schon jeden wegscheuchen, der nicht willkommen war. Da vertraute sie ganz und gar auf seine Fertigkeiten. Nachdenklich nahm sie einen großzügigen Schluck Wein zu sich. Sie schmeckte sofort, dass es nicht der Falerner war, aber dem Soldaten würde es hoffentlich nicht auffallen. Mit der Sklavin würde sie noch ein ernsthaftes Wörtchen sprechen müssen.


    Als er dann wieder die Stimme erhob, erhob sie auch wieder ihr Gesicht um ihn anzusehen. Sie fand seine Frage etwas befremdlich, denn sie wurde dies noch nie gefragt. Bislang hatte sie den Gedanken an eine Heirat, welche die Zukunft natürlich auch mit sich brachte, immer gemieden. Und so antwortete sie auch ehrlich: "Nein, ich habe mir noch keine Pläne gemacht. Ich werde aber nicht in Mantua* bleiben wollen, glaube ich. Erst einmal werde ich mit meinem Onkel mitgehen, aber wohl nur zeitweilig. Rom ist doch etwas anderes. Immerhin wäre meine Tante auch noch hier. Ach, allein wär ich in Rom wohl niemals." meinte sie und schmunzelte. Eigentlich meinte sie nur die Villa, aber bezog man es auf ganz Rom musste schon viel passieren, bis sie hier allein wäre. Aber betrachtete man ihr Gesicht näher, sah man von dem Schmunzeln ab, wirkte es ein wenig verloren. Natürlich musste sie heiraten, aber irgendwie gefiel ihr der Gedanke auch nicht. Für sie hieß Heirat, dass man sich einem Manne unterwarf - und das würde sie auch tun. Sie würde versuchen, so fernab es auch von der Norm war, eine manus-Ehe zu vollziehen, denn sie hielt die Tradition für angebracht. Es war für sie selbstverständlich. Aber das hieße auch, seine Selbstständigkeit völlig aufzugeben.


    "Und du? Hast du schon weiter als bis du den Cohortes Urbanae gedacht?" fragte sie, um das Thema von sich wegzulenken, wie sie es wohl schon immer getan hatte. Allgemein sprach sie gern über sich, aber nicht dann, wenn es ihre Gefühlswelt streifte.


    Sim-Off:

    *= Mir unterlief vorhin ein Fehler. Ich meinte natürlich bislang nie Misenum, sondern immer Mantua, wenn ich Misenum nannte. Ich habs völlig miteinander vertauscht. Danke :)

    Zitat

    Original von Caius Volteius Gracchus
    Appius Redivivus Romanus ?(


    Werd ihn treten :) Hat momentan extrem RL-Stress, also sehr viel zu tun ^^ Wrd sich bald bessern, aber wenns dringend ist werd ich ihn aus seiner Lethargie reißen ^^

    Noch bevor sie ihm wiedersprechen konnte, schien er sich in seine Idee des Festes hineingesteigert zu haben. Sie musste leise lachen, als sie ihn berichtigte. "Nein, nein. Es geht nicht um ein Fest. Es ist so, dass mein Onkel nun endlich wieder bei der Legio Prima ist und wir ihn nach Misenum begleiten." erklärte sie knapp. Militärisch knapp. Was sie darüber dachte, ließ sie dabei aus, denn das interessierte ihren Gast wohl nur wenig. "Er hatte eine längere Auszeit, nachdem er Tribun war und den Cursus Honorum besuchte. Nun steigt er wieder als Tribunus Laticlavius ein." 'Wie Vater', ging es ihr dabei durch den Kopf. Nur dass Tiberius Maximus zwischenzeitlich nicht den ritterlichen Posten besetzt hatte, sondern nach dem Cursus Honorum direkt die rechte Hand des ehemaligen Legatus Legionis Decimus Meridius wurde.


    Sie näherten sich wieder der Sitzgruppe, wo bereits eine Karaffe Wein samt zwei Bechern stand. "Aber sollten wir einmal ein größeres Fest geben, werde ich dafür sorgen, dass auch du auf der Gästeliste stehst. Sofern es natürlich in Rom ist." fügte sie an, um seine Hoffnungen nicht völlig zu enttäuschen. Immerhin lud Vitamalacus sicher keine geringfügigen Leute zu solchen Festen ein.

    Sie war froh, dass er auf sie reagierte. Hätte er es nicht getan, wäre sie ohne jeden Rat gewesen, was sie als nächstes tun sollte. Schließlich war er Soldat und ihr noch immer nicht annähernd bekannt. Sie wusste kein bisschen, wie sie ihn einzuschätzen hatte. Mal kam er ihr sehr nah vor, freundlich und vertrauenswürdig. Im nächsten Moment schien er sehr düsteren Gedanken nachzuhängen und irgendwie aggressiv. Er konnte entweder das eine, oder das andere sein. Aber ob sie ein Messer zwischen den Rippen bekommen würde, hätte sie erst rausgefunden, wenn es schon zu spät war. "Da bin ich ja erleichtert." meinte sie und dies sogar ehrlich. Sie wusste nicht, ob sie seinen Worten trauen konnte, denn so einfach gestrickt wie ihr Sklave Belenor damals wirkte er nicht, aber wiederum war er auch nicht so beängstigend wie Titus. Na, aber immerhin konnte sie Titus einschätzen.


    "Da wirst du Recht haben. Ich weiß aber nicht recht, ob ich zu der Masse zählen werde. Ich schätze ich werde genug mit meinen Vorbereitungen zu tun haben, die ich zu treffen habe und wohl nicht viel Zeit finden." erklärte sie und trat neben ihn. Aus den Augenwinkeln musterte sie ihn kurz. Ganz geheuer war es ihr ja nicht, mit einem nahezu unbekannten Mann dieser Statur irgendwo versteckt hinter Pflanzen im Garten zu stehen, das auch noch allein. Aber es war ihr Angebot gewesen. Sie seufzte leicht. "Wollen wir zurück gehen? Ich denke die Sklavin mit dem Wein wird uns schon suchen."

    Überrascht blieb sie vor der Bank stehen, wo sie Marcellus vorhin noch zurückgelassen hatte. Sie sah sich kurz um, doch auch in der näheren Umgebung konnte sie ihn nicht ausmachen. Sollte er etwa ihr Vertrauen ausgenutzt haben und sich nun in der Villa umsehen? Vitamalacus würde nicht viel davon halten... Mit gerunzelter Stirn ging sie ein paar Schritte, immer weiter nach ihm Ausschau zu halten. Dass ein Miles der Urbanae sich im Haus fremder Leute breit machte, konnte und wollte sie nicht annehmen. Sicher vertrat er sich nur ein wenig die Beine, weil die Zeit im Valetudinarium ihn begonnen hatte zu lähmen. Wahrscheinlich hatten sie ihn nur ungern gehen gelassen und er hatte diesen Umstand als willkommene Abwechslung betrachtet


    Sie sah ihn, als sie an der weiteren Weggabelung ankam, am Ende des Wegs zur Rechten Seite stehen. Er schien sehr gedankenversunken zu sein und sie wusste nicht recht, ob sie ihn überhaupt stören sollte. Vor Allem hatte sie ohnehin ein wenig Respekt vor ihm und eine Annäherung aus dem Rücken war wohl nicht sehr intelligent, betrachtete man seine bisherigen Erlebnisse. Aber was blieb ihr anderes übrig? Durch Sand lief sie mit ihrer teuren Tunika garantiert nicht! Wenn er sich nicht beherrschen konnte, wenn er bei anderen Leuten war,... Nein, er konnte es sicher. Also ging sie mit langsamen Schritten auf ihn zu, versuchte sich aber möglichst am Wegesrand zu halten, damit er sie zumindest aus den Augenwinkeln sehen konnte und sie ihn nicht aus heiterem Himmel überraschte. "Helvetius?"

    Sie ließ auf seine Entschuldigung hin nur ein leichtes, bestätigendes Murmeln hören. Seine Worte waren ohnehin nur rein rhetorisch gemeint, denn niemand würde sich wegen einer solchen Kleinigkeit entschuldigen. Ein Soldat schon gar nicht. Aber ihr Vater, der hatte so etwas gewiss ehrlich gemeint. Gedankenverloren blickte se auf den Boden und bekam von seinen Worten nicht einmal richtig etwas mit, bis das Stichwort >Gast< mit >Erfrischung< kombiniert, genannt wurde. Sie sah auf und man sah ihr an, dass sie unangenehm berührt war. Er hätte sich ja wenigstens etwas weniger direkt ausdrücken können. "Verzeih, doch, natürlich."


    Minervina stand rasch auf. Hier im Garten trieben sich keine Sklaven herum, die man kurz anschreien konnte. Aber genau deshalb hatte sie ja auch den Garten gewählt. Natürlich könnte sie jetzt auch selbst in die Küche gehen und eine Karaffe mit Wein füllen und diese bringen, aber wie sähe das denn vor einem Gast aus? Nein, hier verrichteten noch immer Sklaven jedwede Arbeit. Leider muste sie kurz nach einer Sklavin suchen, doch als sie diese gefunden hatte, erhielt diese sofort eine Weisung. Die junge Herrin indes machte sich wieder auf den Weg ins Atrium. Sie wusste allerdings nicht so recht, was sie mit dem Mann anfangen sollte, der ihr diesen Höflichkeitsbesuch abstattete. Irgendwie mangelte es ein wenig an Gesprächsthemen. Kurz bevor sie sich der Sitzgruppe näherte, blieb sie stehen, um kurz ihre Gedanken zu sammeln.

    "Diente. Seine Karriere wurde im Kampf gegen die Germanen beendet, gegen welche er die Legio IX Hispania als Tribunus Laticlavius führte." fasste sie kurz zusammen. Sie hatte ihn so selten gesehen, aber in ihr herrschte mittlerweile ihr eigenes Bild von ihm. Sie hatte genug gehört, um sich dieses bilden zu können. Vielleicht war das Bild zu gut, aber eines Toten würdig, der für Rom starb. Und zu gut für Jemanden, der sich für jemanden wie ihre Mutter entschied. Na, jeder machte Fehler und ohne diesen Fehler säße sie wohl kaum jetzt hier. Mit einem Lächeln versuchte sie ihre Trauer zu überspielen, die sie bei diesen Gedanken immer übermannte.


    "Wie sagtest du gleich? Das Leben geht weiter." Dennoch wandte sie ihr Gesicht ab. Sie fürchtete schon, dass ihr Feuchtigkeit in die Augen steigen könnte und Schwächen durfte sie, schon gar nicht vor Fremden, zeigen. Also tat sie so, als würde sie sich ein wenig den Garten besehen. "Es wird auch schon wieder wärmer. Wobei ich den Sommer auf Roms Straßen nicht sehr angenehm finde. Die Kleidung klebt dann immer so an einem." versuchte sie sich in etwas heitereren Worten, was ihr, wie sie fand, auch recht gut gelang, solang man ihr Gesicht nicht dazu sah.

    Schweigend nickte sie, als er die Wahrheit über Rom erzählte. Rom war wirklich voller Gegensätzlichkeiten und vereinte viele Widersprüche. Und doch mochte sie es sehr gern. In Rom drohte ihr keine Gefahr, solange sie von ihrer Leibwache begleitet wurde - oder von wem anders. Tarraco war da schon anders. Dort drohte ihr der Verfall durch eine faule, plebejische Familie mit einer Mutter, die nichts von Stärke, Aufrichtigkeit und Ehre hielt. Sonst hätte sie sich nicht sobald mit dem Tod von Maximus abgefunden und sich gleich darauf mit ihrem Adoptivbruder im Bett gelümmelt. Sie merkte gar nicht, dass sie angeekelt die Nase rümpfte. Am Liebsten wäre es hier, wenn sie ihre Mutter nur noch als irgendeine Bekannte sehen könnte, aber dafür war sie zu lange mit ihr in einem Haus gewesen. Vitamalacus hatte sich in der kurzen Zeit mehr gekümmert, als ihre Mutter. Auch Claudia hatte deutlich mehr Fürsorge gezeigt.


    Sie sah vom Boden allerdings wieder auf, als er ihre Frage beantwortete. Ein leichtes Lächeln zog sich wieder auf ihr Gesicht, was noch eben sorgenvoll in der Vergangenheit blickte. "Ich weiß mich nicht zur Politik zu äußern. Als Frau habe ich recht wenig damit zu tun. Aber mein Vater ward wohl auch gewählt, weil er für Rom kämpfte und sich nicht um Hals und Kragen redete." vertraute sie ihm mit leiser Stimme an. Nun gab auch sie ein wenig von sich preis. Ihr Vater war neben Marcus wohl der einzige, größere Schwachpunkt den sie aufzuweisen hatte. Aber sie hatte ohnehin eine sehr dicke Schale und ließ sich nicht leicht überreden oder verletzen. Sie wandte ihren Blick wieder gen Boden. Sie würde alles dafür geben, wenn sie Tiberius Maximus nur noche ein einziges Mal sehen könnte. Nur ein Mal.

    Schweigend lauschte sie seinen Worten. Es fiel ihr schwer, sich auf seine Worte zu konzentrieren, aber das war ein Fluch, der sie schon immer begleitet hatte. Ihre Gedanken drifteten immer sehr schnell in ihre eigene Vergangenheit ab und suchten nach etwas Vergleichbaren. Sofort huschten ihre Erinnerungen wieder zu den eigenen Erlebnissen mit der Kriminalität. Die beiden Toten würden vor ihrem geistigen Auge wohl immer weiterleben. Seitdem trug sie immer den Dolch bei sich, den ihr Onkel Callidus ihr damals schenkte. Allerdings so gut versteckt, dass niemand ihn sehen würde. Sie wickelte immer ein langes, dünnes Stück Stoff fest um ihren Oberschenkel und in dieses wickelte sie auch gleich die Klinge mit ein. Den Griff ließ sie stets frei. So würde niemand Waffenbesitz bei ihr vermuten und sie war doch überall geschützt, wo sie auch hinging. Nur heute trug sie ihn nicht, denn sie hatte nicht vor, das Haus zu verlassen.


    "Das Leben ist beinahe überall hart." meinte sie nachdenklich. "Und auch die Kälte der Menschen ist kaum durch die Natur zu übetreffen. Wobei ich sie mir auch mit der Zeit angeeignet habe. Anders kommt man kaum durchs Leben. Viele tanzen einem auf der Nase umher und am Schlimmsten tun es wohl die Sklaven, wenn man nicht aufpasst." fuhr sie fort und zuckte anschließend mit den Schultern. Hiernach folgte das allseits verlegene Lächeln, denn nun war sie auch mit ihren Worten und nicht nur mit den Gedanken abgeschweift. Um wieder einigermaßen zum Thema zurückzufinden, sagte sie: "Ich bin auch noch nicht lange in Rom. Ich lebte fast mein gesamtes Leben in Hispania und war auch ein Jahr in Achaia. In Rom komme ich auch auf vielleicht höchstens ein, zwei Jahre, wenn ich die gesamte Zeit zusammenrechne. Mir allerdings gefällt es hier."


    Dann schwieg sie kurz. Sie setzte sich leichtfüßig neben ihn und sah ihn aufrichtig an. Ihre folgenden Worte kamen ihr nur langsam über die Lippen, dabei auch sehr bedacht. "Du sagtest vorhin sehr leise, das Leben geht weiter. Darf ich... darf ich fragen woran du da gedacht hast? Ist dir noch etwas schlimmes wiederfahren, ich meine, werden deine Wunden nachträglich Schaden verursachen?" Ihre Stimme klang fast besorgt. Aber er hatte wirklich nicht sehr glücklich geklungen und da er auch auf seine Rache nicht weiter eingegangen war, kam dieser Verdacht in ihr auf. Sacht zog sie den Mantel noch etwas enger um die Schultern. Da diese bei ihr äußerst schmal waren, wirkte es fast, als würde sie noch mehrere Male hineinpassen. Aber er schenkte ihr Wärme.

    Ihr entging nicht, dass er noch immer ziemlich wortkarg war und in ihr meldete sich leises Unbehagen. Ihr war dieses Schweigen unangenehm. Es machte ihr nichts aus, wenn sie bei mehreren Personen nicht in ein Gespräch eingebunden wurde, aber hier hatte sie mehr oder weniger die Verantwortung für ihren Gast übernommen und sie schien ihn zu langweilen. "Ich glaube, für mich wäre die Wüste nichts. Sehenswert ist sie wohl, aber sobald ich mich nicht in Sicherheit weiß, wird mir mulmig. Und über Wüstenräuber habe ich schon einiges gehört." versuchte sie abermals, ein Gespräch zu entfachen. Mit ihrer Hand strich sie sich sacht das Haar aus dem Gesicht. Sie würde sich wieder erkälten. Auch wenn der Wind sehr schwach war, so zog er doch frisch durch ihre sehr dünne Tunika und durch ihr nasses Haar.


    Mit zusammengekniffenen Augen sah sie gen Himmel. Die Wolken dort waren nicht sehr dunkel, aber dass sie die wärmende Sonne bald durchließen, war wohl auch nicht anzunehmen. Fröstelnd legte sie ihre Arme vor den Bauch und rieb sich die Oberarme. Es war nicht so, dass sie ihm ihr stark ausgeprägtes Kältegefühl demonstrieren wollte, aber es war doch fast unangenehm kalt. Vielleicht sollte sie doch eine Stola holen - oder sie sich holen lassen. "Wìelange warst du denn in der... Einöde? Verzeih, wenn ich es so nenne, aber eine Artenvielfalt hat die Wüste wohl wirklich nicht zu bieten."

    Sie runzelte ein wenig die Stirn. Vermutlich machte er mit seinen Rachegelüsten auch nur Spaß, aber irgendwie glaubte sie, dass da noch mehr hinsteckte. Er wirkte einfach nicht wie die Art Mensch, die einfach nachgab und eine Sache auf sich beruhen ließ. Deshalb hatte er es vermutlich auch so eilig, wieder auf die Beine zu kommen. Na, ihr sollte es recht sein, wenn die Welt an Abschaum verlor. Sie würde sicherer leben, der Lebensstatus würde angehoben und er würde zu seinem Willen kommen. "Dann will ich mal hoffen, dass du deinen Rachegelüsten nachkommen kannst." erwiderte sie schmunzelnd. Hätte sie heute nicht allgemein recht gute Laune, hätte sie mit der anderen Extreme aufgewartet und ihn scharf zurechtgewiesen. Aber ihr ging es gut und so musste sie keine Laune an jemandem auslassen.


    "In Ordnung. Gehen wir in den Garten. Er ist sehr schön, wie ich finde. Er hat sowohl sehr grüne Nischen, als auch weite Flächen. Ich bin recht froh, dass wir auf dem Esquilin lieben. Rundherum haben wir viel Grün. Ich freue mich schon auf den Sommer, wenn noch die Farbvielfalt hinzukommt." erzählte sie, nachdem sie aufgestanden war und das Atrium durchschritt. Die Villa Tiberia nannte einen recht großen Garten ihr Eigen. Ihr Zimmer war zwar recht klein gehalten, aber da sie sich ohnehin recht selten dort aufhielt, nahm sie das Opfer gern in Kauf. Kaum dass sie einen Schritt nach draußen getan hatte, wurde ihr schlagartig ein wenig kühler. Ohne Stola war diese Tunika mit dieser Jahreszeit kombiniert fast noch zu kühl, aber es musste gehen. "Geh nur vor und such dir einen Ort, der dir eher behagt. Bist ja schließlich Gast." bot sie ihm lächelnd an.

    Mochte er sich bei seinen tiefergehenden Beobachten selbst ertappen, so tat sie es nicht. Sie hatte ihren Blick von ihm abgewandt und ließ ihn durch das Atrium schweifen. Aufmerksam lauschte sie seinen Worten. Er schien immer sehr sachlich zu sein und schien wenig von weiter führenden Gesprächen zu halten. Zumindest nicht mit Frauen oder Fremden, was auf sie nun in beiden Fällen zutraf. "Nun, ich denke da musst du durch. Wenn du dir schon ein Vergnügen daraus machst, auf Wegen zu liegen, musst du dich auch mit den Konsequenzen vertragen." gab sie lächelnd von sich und wandte ihren Blick wieder Helvetius Marcellus zu. Hoffentlich war er wenigstens in der Lage, ein wenig Spaß zu verstehen. Aber ihren Humor würde er sicherlich verstehen, denn schon sie war nicht besonders mit ihm erfüllt.


    "Möchtest du dich nicht setzen?" bot sie freundlich an. "Oder möchtest du lieber ein wenig in den Garten? Hier ist's ein wenig ungemütlich, finde ich." führte sie ihr Angebot ein wenig weiter aus. Sie fragte sich, in seinem Falle wohl zum ersten Mal, was für ein Mensch er wohl war. Nun da sie ihn doch ein zweites Mal sah, aren solche Überlegungen doch angebracht. Damals hatte sie ja nicht mit einem Wiedersehen gerechnet und es sich auch nicht unbedingt gewünscht. Aber jeder Mensch, war er auch noch so riechend und blutig, verdiente eine zweite Chance.

    Als sie sein Gesicht sah, lächelten allerdings auch ihre Augen, nicht nur ihr Mund. Er sah schon viel besser aus, als an dem Tag wo sie sich das erste Mal gesehen hatten. Jeder Mensch sah besser aus, wenn er gesund war. Auch roch sie ihn heute nicht weit gegen den Wind. Seine gesamte Statur wirkte kräftiger, wohl weil er sich mittlerweile auch psychisch von dem Schlag erholt hatte. Am heutigen Tag wirkte er wirklich wie ein Vertreter der Cohortes Urbanae. Kurz entsann sie sich Iulius Constantius - ob die beiden sich wohl kannten? Sie hatte lange nichts mehr von dem Iulier gehört. "Zeit raubst du mir nicht. Sagen wir, du füllst meine Zeit aus, aber ich lebe mein Leben schließlich weiter, während wir reden." sprach sie beruhigend und setzte sich auf die Bank. Sittsam knickte sie ihre Beine ein wenig ein und stellte sie in eine schräge Lage.


    "Wie es scheint, geht's dir wieder viel besser. Sind deine Wunden wieder gut verheilt?" erkundigte sie sich endlich nach seinem Befinden. Sie hatte schon von Anfang an daran gedacht, doch es hatte einfach nicht gepasst, sofort danach zu fragen.

    Stesichoros hatte eine Kopfwäsche bekommen. Und das nicht zu knapp, aber sie hatte sich dennoch dazu bereit erklärt, den Besuch zu empfangen. Es wäre unhöflich einen Senatorensohn abzuweisen und Vitamalacus wäre sicher nicht damit einverstanden gewesen. Der Grund für ihre Unsicherheit, ob sie ihn überhaupt empfangen sollte, war recht einfach. Sie hatte sich gerade ihr Haar waschen lassen und noch war es längst nicht trocken, befand sich nur im mittleren Stadium dorthin. In einer weißen Tunika trat sie ins Atrium. Heute würde Marcellus sie recht normal gekleidet antreffen, denn sie trug nur zwei goldene Armreife, ansonsten keinen weiteren Schmuck als die teure Tunika, die am Ausschnitt mit filigranen Stickereien besetzt war.


    "Salve, Helvetius." klang ihre Stimme hinter ihm. Sie hatte sich recht leise angenähert und das nicht ohne Grund. Ein leichtes Lächeln lag ihr auf den Lippen, doch ihre Augen zeigten noch deutlich, wie unerwartet sie aus ihrer Ruhe gerissen wurde. Das dunkle Haar umrahmte ihr Gesicht in leichten Wellen, die auf Grund der Feuchte in ihnen zustande kamen. Solang ihre Haare nass waren, wiesen sie einige Locken auf. "Was führt Dich her?" fragte sie geschäftigt.

    Stesichoros
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    Stesichoros betrachtete Marcellus noch immer aus misstrauischen Augen. Er wusste, dass die Herrin zuhause war, aber sie war in der letzten Zeit so distanziert gewesen, dass er nicht glaubte, sie sei bereit, jemanden zu empfangen. Am Ende bekäme er wieder die Schuld. Kurz zog er seine Nase hoch, denn die Erkältung war noch immer nicht abgeklungen. 'Wie auch ohne Pause...'


    "Gut, hab dich ja schonmal gesehen. Aber ich kann nix versprechn."


    murmelte er schlurig und machte Platz, um Marcellus hereinzubitten. Anschließend schloss er die Tür wieder und schlurfte in Richtung Atrium.

    Stesichoros
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    Stesichoros wies mit seinem Arm auf eine Bank am Rande. Das Atrium war groß, aber für eine Villa dieser reichen und ehrwürdigen Familie genau angemessen.


    "Ich werde die Herrin herholen. Warte hier."


    wies er den Gast unfreundlich und knapp an, um anschließend in Richtung ihres Cubiculums zu verschwinden. Er würde den Gast garantiert nicht freundlich zur Türe weisen, wenn die Herrin ihm nun eine Kopfwäsche verpasste.

    Stesichoros
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    Zwar waren seine Gesichtszüge auch heute nicht heller als an anderen Tagen, doch der Gang des stets schlecht gelaunten Sklaven wirkte aufrechter. Er öffnete die Tür einen Spalt und betrachtete den Miles mit skeptischen Augen. Er entsann sich, dass er schon einmal mit der jungen Domina hier war, die immer in etwa die gleiche Laune hatte, wie er selbst.


    "Was wünscht du und wie heißt du." argwöhnte er.