Beiträge von Rediviva Minervina

    Minervina sah kurz zu ihm auf, doch sicher war sie sich nicht, ob ausgerechnet er sie im Notfall schützen konnte. Na ihre beiden Beine würden es schon meistern. Sie setzte ein tapferes Lächeln auf, nahm eine aufrechte Haltung an und bog um die nächste Ecke. Was sie da sah ließ ihr Herz für ein paar Sekunden stillstehen. An der Wand lehnte eine Frau, wenige Schritte weiter lag jemand auf dem Boden - war er tot? Direkt vor der Frau stand ein recht gut gekleideter Mann, um ihn herum sammelten sich weniger vornehm aussehende Leute. "Ha..." kam es überrascht aus ihrem Mund. Sie hoffte inständig, dass sie es nicht hörten, aber es echote leise durch den Gang "Haaa... Haa... [SIZE=7]Ha..[/SIZE]" Und sie sah, wie die Köpfe der Männer herumschnellten. Automatisch verstärkte sie den Griff um Marcus' Hand und wusste, warum sie hier nicht hereingehen wollte. Sie war wie erstarrt und wollte fragend zu ihrem Freund aufblicken, was ihr allerdings angesichts der misslichen Lage nicht glückte. "Was..." hauchte sie fragend und sehr leise, wusste nicht ob sie die Frage ihm, den Männern oder sich selbst stellte.

    Minervina war nicht wohl dabei, hier entlang zu gehen. Am Ende geschah etwas, hier kümmerte es gewiss niemanden. Sie tastete mit ihrer Hand wieder nach seiner, das war sicherer. Ihr liefen kurze, eisig kalte Schauer über den Rücken und hieran konnte auch sein Beisein nichts ändern. Die Stimmen die sie vorhin geglaubt hatte zu hören, wurden lauter und kamen näher. Sie drehte sich kurz wieder um und erkannte weit fort die heller Straße. Am liebsten würde sie wieder umkehren, denn mit jedem weiteren Schritt versiegte ihr Mut. "Hörst du das?" fragte sie mit einem leisen Flüstern. Der Streit, aus welchem sie nur noch leises Wimmern und böses Zischen vernehmen konnte, erweckte Angst und Neugierde in ihr.

    Alles fühlte sich so dumpf an. Ihr Vater sollte tot sein. Sie zweifelte nicht an Helena's Worten, dafür schwang zuviel Schmerz in ihnen mit. Aber sie wollte es auch andererseits nicht glauben. Sie hatten doch fast keine Zeit miteinander verbracht. So blieben ihr nur die spärlichen Erinnerungen, welche sie durch viel Fantasie und Mutter's Geschichten ergänzen musste. Sie entzog sich sacht aus der Umarmung und sah zu Helena auf. Jedoch fiel es ihr schwer Worte zu finden. "Bitte, ich musss.. etwas allein sein."

    Sie hob die Braue ganz nach Manie ihrer Mutter an und musterte Marcus. Sie flüsterte so leise es nur ging: "Ja, das ist der von eben gerade und dem möchte ich jetzt nicht unbedingt begegnen. Ich würde sagen wir nehmen die andere Richtung?" Damit deutete sie die dunkle Gasse entlang. Es waren hohe Häuser und nach unten drang nur noch spärliches Licht. Es behagte ihr nicht, sodass sie schnell anfügte: "Oder wir warten bis er fort ist." Doch langsam beruhigte sie sich wieder, da die größte Gefahr anscheinend gebannt war. Das glaubte sie zumindest. Der leise schelmische Hauch auf ihren Lippen findet langsam seinen Weg wieder zurück. "Was meinst du?"

    Sie hatte den Blick rasch wieder abgewandt, als sie aus der anderen Richtung ein Geräusch hörte. Sie stieß sich von der Wand ab. Es klang als würde dort heftig gestritten aber was genau da vorging, konnte sie nicht heraushören. Sie wollte noch einen weiteren Schritt in besagte Richtung tun, als sie hinter sich die Antwort hörte, die beinahe Ewigkeiten gedauert hatte. Sie wandte sich rasch zu ihm um und spürte die Erleichterung. "Oh ihr Götter!" brachte sie hervor und merkte, wie seltsam ihr plötzlicher Ausbruch wirken musste. Doch die Frage stellen, warum es so war, brauchte sie sich nicht: Sie hatte Angst gehabt. Sie winkte ihn heftig zu sich herüber und wollte gerade etwas rufen. Doch was sie sah, ließ sie verstummen und sie legte rasch den Finger auf die Lippen - auf der Straße woher sie gekommen waren, sah sie ihr Opfer von vor wenigen Augenblicken. Sie machte eine heftige Handbewegung, dass er leise sein sollte und wedelte wie wild mit den Armen, wonach sie sich an die Wand drückte. Oh, wenn das ihre Mutter wüsste.. Ihr Herz pochte wie verrückt. Als sie es wagte den Kopf vorzuneigen, sah sie den Mann direkt am Eingang der Straße in ein Gespräch verwickelt. "Marcus.." flüsterte sie leis, damit er zu ihr käme, deutete aber in die Richtung, welcher er den Rücken zugewandt hatte. Dort kämen sie nicht 'raus.

    Er lachte - und erlöst, doch unsicher lachte sie wieder mit. Wenn er lachte, bestand sicher keine größere Gefahr. Doch irgendwie klang ihr eigenes Lachen unwahrscheinlich hohl. "Ja..." murmelte sie und machte den Fehler sich nervös umzusehen. Als sie den sich nähernden Mann erblickte schaltete sich ihr Verstand ab und machte Platz für den Instinkt. Sie begann zu laufen. Se dachte gar nicht daran, dass sie sich möglicherweise gerade dadurch interessant machte und Blicke auf sich zog. Mutter durfte auf keinen Fall davon erfahren - sie hätte ohnehin nicht raus gedurft. Sie steuerte auf eine nicht allzu bevölkerte Straße zu und bog von hier aus in eine weitere Seitengasse, wo sie sich schwer atmend an die Wand lehnte. Sie hatte nicht zurückgeblickt und sah nun etwas ängstlich zur Ecke hin, ob Marcus ihr denn folgen konnte... "Marcus?" flüsterte sie leise und hörte ihre Stimme wiederhallen.

    Neugierig blieb die gehorsame Schülerin dort, wo er sie zurückgelassen hatte und beobachtete jede seiner Bewegungen ins Genauste. Er schlenderte an diesem Stand vorbei. Sie kannte den Händler flüchtig, hier hatte sie sich irgendwann mal was gek... Sie riss die Augen auf als sie ihn stehlen sah und legte den Kopf schief... Und sie brach in lautes Lachen aus, als sie sah was er mit den Trauben machte. Eigentlich sollte sie schockiert sein und ihn davon abhalten, aber.. Nein, der verwirrte Anblick des getroffenen Bürgers war einfach zu herrlich. Ihr helles Lachen klang hell über den Platz und sie wandte den Blick ab, damit niemand sah, worüber sie lachte. Sie musste heftig um ihre Beherrschung kämpfen und konnte irgendwann wieder einigermaßen normal atmen. Sie schlängelte sich möglichst unauffällig zu ihm durch und grinste ihm kopfschüttelnd entgegen. "Das... war doch noch gar nichts!" Sie tastete mit ihrer Hand hinter dem Rücken herum, wo waren lagen. Da ertastete sie etwas weiches. Sie wollte Marcus in Nichts nachstehen und schon gar nicht das brave Mädchen in der Toga praetexta sein, die sie für gewöhnlich trug. Sie schlängelte die Hand vor sich und erblickte eine wundervolle gereifte Aprikose in ihrer Hand. Sie kniff die Augen zusammen und ging sie Bürger durch, die herumgeisterten. Sacht ging sie ein paar Schritte von dem Stand weg um nicht allzusehr aufzufallen und um ein Opfer zu finden, da holte sie aus. Doch der Mann war zu schnell und so erwischte es den dahinterlaufenden mitten auf der Schulter wo die Aprikose sicherlich ein wenig ihrer Flüssigkeit preis gab. Dass der Mann aus der Nobilitas stammte war nur unschwer zu erkennen und sie wandte den Blick nervös zu Marcus - sie war eben doch kein allzu wildes Mädchen.

    Sie blickte starr auf die Wand gegenüber. Mit etwas Ähnlichem hatte sie gerechnet, aber doch nicht dass ihr Papa… Er konnte kaum tot sein. Nein, nicht ihr Vater. Er hatte schon so schlimme Situationen gemeistert, nie und nimmer war er… Es war völlig ausgeschlossen. Ihr Papa würde sie niemals allein zurück, er hatte ihr doch versprochen wieder zurückzukommen und ihr was Hübsches mitzubringen.

    Nun da sie sich Tarraco genähert hatten, wurden ihre Schritte zögerlich bis sie schließlich ganz verstummten. Dann sah sie zu Marcus auf und erwiderte kurze Zeit seinen Blick. "Dann los!" Dann grinste sie und steuerte auf das Ziel hinter den Toren zu - welches das war, war ihr auch noch nicht so ganz bewusst. Die Stadtwache sagte kein Wort, wenn sie auch etwas verdutzt ungleiche Paar waren, bedachte man doch, dass die kleine die Tochter des Pontifex war.


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    Sie lachte und knuffte ihn in die Seite. "Na wenn du das so gerne machst dann wiederhole ich das mit großen Freuden, sollte ich dich noch einmal beim Schlafen erwischen!" Sie wandte den Kopf rauschenden Haares von ihm ab und blickte mit zusammengekniffenen Augen in Richtung Sonne. Ein frohes Lächeln lag auf ihren Lippen, ehe sie wieder zu ihm blickte. "Hast du vielleicht das Bedürfnis nach neuem Schabernack?" fragte sie mit einem abenteuerlustigen Blitzen in den Augen.

    Minervina freute sich unbändig Pentesilea wiederzusehen. Jedwede Skepsis wich von ihr und sie erwiderte sie Umarmung ihrer Freundin und ihres Kindermädchens stürmisch. "Ja, Mutter und ich haben die Reise bestens überstanden!" berichtete sie erfreut und strahlte Pentesilea an. "Wie geht es dir?"

    Ein leichtes Stirnrunzeln zeigte sich mit aller Deutlichkeit in ihrem Gesicht, ehe sie lächelte. "Stimmt. Anscheinend machst du nichts anderes. Nein, im Ernst: Es gibt doch gewiss noch andere Sachen die du gern machst, oder?" Sie blickte fragend zu ihm auf. Und zugleich stellte sie sich selbst die Frage, was sie gerne tat - genau wusste sie es gar nicht zu sagen. Sie schritt gern draußen umher und hörte gern Geschichten, tollte mit anderen umher und drückte sich am liebsten vor dem Unterricht

    Sie ergriff fest entschlossen seine Hand und zerrte ihn förmlich hinter sich her. Sie konnte es gar nicht erwarten mit ihm durch Tarraco zu streifen. Er war bestimmt nicht so langweilig wie die ganzen anderen Erwachsenen. Und er hatte ja immerhin auch ein anderes Alter im Sinn als sie es tatsächlich ihr eigenes nannte. "Tarraco ist wunderschön! Nur leider ist nicht mehr sehr viel los. Mutter sagte allerdings, dass sich das gewiss bald ändern würde." erzählte sie vergnügt während sie in Richtung der Stadt schlenderte. "Was machst du denn gerne?"

    Sie lächelte und plumpste von ihm herunter als er sich daran machte aufzustehen und blieb kurz im Gras liegen. Sie sah zu dem aufgerichteten Marcus auf und grinste. "Ich weiß nicht! Entweder wir laufen noch ein wenig hier draußen herum oder ich kann dir auch Tarraco zeigen wenn du das lieber möchtest!" bot sie an und ruckte auch rasch in eine stehende Position auf.

    Minervina erstarrte. Es gab Nachricht von ihrem Vater? Doch nur mit der Naivität eines kleinen Kindes hätte sie damit gerechnet, dass es positive Neuigkeiten waren. Mit ihren zwölf Jahren allerdings wusste sie genau, dass es negative waren. "Was ist mit Vater? Mutter! Bitte sag es mir! Was ist mit ihm?" drängte sie ungeduldig.

    Minervina wurde zunehmend unruhiger. Noch mehr, als sie die Tränen ihrer Mutter auf ihrem Scheitel spürte. Es konnten nur Tränen sein, denn der Leib Helena's bebte. Minervina kniete auf das Bett und wandte sich ganz ihrer Mutter zu, um sie fest in den Arm zu nehmen. "Ich hab dich auch lieb, Mama." sagte sie in einem weit weniger distanzierten Tonfall als sonst und strich der Mutter sanft übers blonde Haar. Sie fand es nicht schlimm, dass sie als die Tochter den ruhigen Kopf bewahrte und ihre Mutter weinte. Mittlerweile war sie sich auch gar nicht mehr so sicher, ob sie die Wahrheit überhaupt hören wollte.

    Eine kalte Hand schien nach ihrem Herzen zu greifen und legte ein eisernes Schloss um dieses. Nie hatte sie ihre Mutter so gesehen. Sie hatte es immer gespürt, wenn sie trarugi war, doch lag das an ihrem Instinkt. Hier zeigte Helena, dass es ihr schlecht ging und das hatte sie ihr gegenüber sonst nie getan. "Mutter, niemals würde ich dich allein lassen." bestätigte sie mit leiser Stimme.

    Sie ließ ihren Kopf auf seiner Schulter liegen. Sie bekam kaum noch Luft und wurde immer ausgelassener. So mussten sich die Erwachsenen immer fühlen, wenn sie dem Wein fröhnten. Minervina verstand es nicht - warum denn dieses teure Getränk konsumieren, wenn auch einfach durch Missgeschicke Spaß haben konnte? Und in ihrer Heiterkeit drückte sie ihm einfach einen leichten Kuss auf die Wange und grinste ihn an: "Lass das nächste Mal los!"

    Sie ließ sich von ihrer Mutter in den Arm ziehen und lehnte ihren Kopf an deren Schulter an. Was war nur los? "Ja Mutter?" fragte sie nun also verunsichert und rieb kurz ihren Kopf an Helena's Schulter, um damit ihre Aufmerksamkeit zu zeigen. Der Blick allerdings war skeptisch auf den Boden gerichtet.