Es würde ihn wahnsinnig machen, dessen war sich Victor sicher. Zu wissen, dass sie ihn begehrt, zu wissen, dass er sie ebenfalls begehrt, doch diesem Begehren nicht nachgeben zu können, das würde ihn um den Verstand bringen. Einige verführerische Sekunden denkt er daran, alles zu ignorieren, wie bei Ambrosiana, dem Begehren nachzugeben. Doch es wäre nicht wie bei Ambrosiana, denn es wäre nicht nach einer Nacht vorbei, sie würden nicht beide nach Hause in ihr Eheleben zurückkehren. Helena hat kein Eheleben, in das sie zurückkehren würde, ihr Begehren würde nicht enden und damit auch nicht das seine. Es muss eine andere Lösung geben, eine rationale Lösung. Er müsste sie davon abbringen, ihn zu begehren. "Es schmeichelt mir, dass du mich magst, Helena, doch uns verbindet nicht viel mehr, als die Fahrt auf einer Quadriga und unsere Factiozugehörigkeit." Er glaubt selbst nicht, was er sagt, doch vielleicht würde sie es tun. "Du kennst mich kaum, ebensowenig wie ich dich. Das, was du von mir kennst, das meiste davon ist nur gezwungen. Ich wurde als Peregrinus geboren und war es mein halbes Leben lang. Das Bürgerrecht habe ich mir bei der Ala erkämpft, damit es meine Kinder später mal einfacher haben. Dieses wunderbare Hochlatein, das ich den lieben langen Tag von mir gebe, hat mir meine Ausbilderin Tiberia Claudia, ihres Zeichens Flaminca Minervae, aufgezwungen. Es mag für den Dienst im Cultus Deorum eine Notwendigkeit sein, doch sobald ich durch die Tür der Casa Valeria gehe, stecke ich es mir dahin, wo die Sonne nie scheint. Ich hasse es, eine Toga zu tragen, und meine Abende verbringe ich am liebsten mit einer Lupa, viel Wein oder einer Räuchermischung, die es in sich hat. Das blaue Auge nach der Fahrt im Circus Maximus, das war kein Unfall, ich habe mich mit meinem Bruder geprügelt, und das ist nicht unbedingt eine Seltenheit. Ich bin wirklich kein Mann, der für eine Iulia gut wäre." Damit ist die Sache dann wohl erledigt. Victor überlegt noch, ein 'Du hast etwas besseres als mich verdient.' hinzuzufügen, aber es widerstrebt ihm, sich ganz so schlecht zu machen, denn eigentlich ist er voll und ganz von sich überzeugt. 
Er holt einmal tief Luft und fährt in perfektem Hochlatein fort. "Wenn du dich in Ostia wohl fühlst, dann solltest du deine Aufgabe dort nicht aufgeben. Vielleicht vergehen die Träume von selbst. Wenn nicht, nun, dann hat es wenig Zweck sich dagegen zu stellen. Allein bist du im Dienst der Götter nie, denn sie sind immer bei dir. Alleingelassen bist du höchstens im Cultus Deorum." Dieses Gefühl kennt Victor nur allzu gut. "Aber ich werde dafür sorgen, dass dir auch das nicht passiert, wenn du dich für diesen Weg entscheidest."