Beiträge von Vibius Valerius Victor

    "Och, dat war so ne Geschichte mit der Vio... Sie war dat schärfste Mädel in ganz Malaca, Junge, Junge, ich sachs dir. Jeder wollt sie haben. Nuja, und ich hab sie bekommen, hrhr. Wir warn auf ner Koppel draußen bei den Pferden, ich war jung und dumm und hab nich lang rumgefackelt. Ne Weile später trug dat Abenteuer dann tatsächlich Früchte und in so nem Kaff wie Malaca kannste sowat nich groß anders regeln. Also kam ihr Vatter zu meim Vatter und noch bevor mans ihr angesehen hat warn wir verheiratet. Paar Monate später kam dann dat erste Balg und nich viel später... jo, dann war se schon wieder schwanger." Vics Tonfall ist extrem vorwurfsvoll. "Nachdem dat zweite dann da war, isses mir zu bunt geworden und ich bin zur Ala abgehaun. Kannste dir vorstellen, wie laut son kleiner Schreihals rumbrüllen kann? Sei froh, dass du dat mit dem Lati nich mitmachen musstest."


    Etwas wehmütig denkt er an die erste Zeit mit Violentilla zurück, damals, als sie noch beide jung und ohne Anhang gewesen waren.


    "Also ich hab die Amatia schon lang nich mehr gesehen. Der Hulc macht ja alles, er sorgt sogar für die Oppas. Aber dat is doch trotzdem kein Grund dafür, dass sie sich nich mehr blicken lässt." Er schaut Richtung des Anbaus. "Die Saeva wird in deinem Cubiculum abhängen. Macht ja sonst nich viel außer rumhängen..."

    Eigentlich will Vic noch etwas auf das Thema Politik entgegnen, doch die Frage nach seiner Familie lässt ihn das ganz vergessen. "Och ja, meiner Frau... nu, solang sie nicht hier ankommt, gehts ihr wohl noch ganz gut. Ab und zu kommt mal nen Brief an, aber viel steht meist nich drin." Er schaut nachdenklich in die Gegend. "Wahrscheinlich steht im nächsten drin, dass sie nu wieder mehr Kohle will, wenn sie erfährt, dass ich zum Septemvir berufen wurd. Ich weiß ja nich, wat die mit dem ganzen Geld macht, so viel gibts in Malaca überhaupt nich zum kaufen." Er trinkt einen Schluck Wein und grinst. "Nuja, die Kinder werden ihr schon die Haare vom Kopf fressen. Aber dat reicht schon, was ich ihr schicke. Es muss. Davon könnt ne ganze Großfamilie in Rom leben, also wird sie wohl noch damit auskommen. Aber wenn du deine Kohle loswerden willst, Junge, wir könnten uns ma wieder ne Ladung von dem besonderen Falerner leisten. Seit dem Bacchus-Fest sind die besten Vorräte aufgebraucht und man weiß schließlich nie, wann der Patron ma vorbei kommt, hrhr."


    Zu den Versäumnissen in Bezug auf die Götter hat Vic nur noch ein mattes Abwinken parat. "Dich wird der Zorn der Götter schon nich treffen, Junge. Es geht ja nich um den einzelnen, denn wo du dich umschaust, privat wird geopfert, gebetet und gemacht wie eh und jeh. Ne, es is der Staat der seine Pflicht versäumt und wenn der Zorn der Götter ausbricht, dann wird er alle treffen."


    Weil das viele Reden durstig macht ist der Becher schon wieder leer und Vic schenkt seinem Bruder und sich gleich nochmal nach. "Sachma, andres Thema... hast du eigentlich auch Dienst im Palast? Siehste die Amatia ab und zu? Dat Mädel hat sich schon lang nich mehr blicken lassen. Nuja, wegen der Sache mit ihrm Macker da, nich dass die da wat unüberlegtes macht."

    Victor kann sich ein breites Grinsen nicht verkneifen. Würde ihr Bruder nicht direkt nebendran stehen, würd er Helena anbieten, dass er sie selbst eine Runde mitnimmt. So aber wartet er ersteinmal darauf, was Constantius dem zu entgegnen hat und nachdem dieser nichts dagegen hat, nickt auch Victor. "Auch das sollte kein Problem sein." Mit Hermes könnte man sie auf keinen Fall fahren lassen, der Junge hätte seine Gedanken dann nicht mehr auf der Rennbahn. Aber für Dareios oder Diokles wäre es sicher mal eine kleine Abwechslung. Nicht, dass die beiden weniger weibliche Fans hätten, im Gegenteil. Doch aus dem Alter, wo sie sich in deren Huldigungen sonnen, sind sie schon eine Weile heraus.


    "So, nun müsst ihr mich aber entschuldigen. Ich muss den Aedil noch sprechen. Ihr habt ihn nicht zufällig gesehen?"

    Es sieht so aus, als hätte Durus da zwei Rennbegeisterte aufgegabelt, die bisher noch nichts von ihrem Glück wussten. "Prima, dann ist es also abgemacht. Was haltet ihr von morgen gegen Nachmittag? Dann sind die Pferde auch wieder im Stall, jetzt im Frühjahr sind sie den Beginn des Tages draußen vor der Stadt und grasen. Das Training auf der Bahn geht dann am Nachmittag los wenn die Sonne nicht mehr am Zentrum des Himmels steht."


    Vic schaut grinsend zu Constantius. "Wenn du möchtest, dann kann dich einer der Lenker auch mal ne Runde mitnehmen."

    Ein Bote des Cultus Deorum bringt einen Brief.



    Duumvir Marcus Aelius Callidus,
    Curia Miseni, Misenum



    Salve Duumvir,


    In der letzten Ausgabe der Acta Diurna war über die Aufstellung eines Weihesteins zu Ehren des Neptun und des Mercurius am Hafen von Misenum zu lesen. Ich möchte dich bitten, mir Informationen darüber zukommen zu lassen, welcher Sacerdos das Opfer leitete und welche Opfertiere Mercurius und Neptun dargebracht wurden.


    Mit verbindlichstem Dank,


    Vibius Valerius Victor
    http://www.imperiumromanum.net…sigs/cdcose-septemvir.png

    Früher oder später erwischt es jeden, sogar Victor: das Officium. Jahrelang hat er sich dagegen gewehrt, im Tempel des Mars Ultor ist er lieber in die Tempelküche gegangen, als sich ein Officum einzurichten, doch die Septemviri haben keine Küche.


    Mercurinus führt Victor bis zur Tür von Officium DCCCXV, kurz O-DCCCXV. Vic fragt sich, ob es tatsächlich so viele Officien hier gibt, doch die Zahl muss eine andere Bedeutung haben. Mercurinus verabschiedet sich mit einem "Viel Spaß!" und dazu einem breiten Grinsen und lässt Vic alleine vor der Tür stehen.


    "Na dann." Der frischgebackene Septemvir öffnet die Tür und in diesem Augenblick kommt ihm ein muffiger Geruch entgegen. Das ganze Zimmer sieht sauber, aber unberührt aus, so als wäre seit der Schaffung des Collegiums vor dreihundert Jahren hier noch keiner drin gewesen außer zum sauber machen. Victor lässt die Tür offen stehen und legt den Stapel Pergament auf dem Tisch ab. Er schaut sich die leeren Regale an, setzt sich dann hinter den Tisch und kratzt sich am Kopf. "So viel zu lesen..." Natürlich ist es nicht wirklich viel, denn so viel haben die Septemviri wirklich nicht getan in den letzten Monaten. Aber Schriften konnten Vic noch nie in ihren Bann ziehen, vor allem keine, in denen reihenweise Namen aufgelistet werden und die Themen der Besprechungen dann in zwei Sätzen abgehandelt werden.


    Nachdem er fast die Hälfte der Pergamente gelesen hat, legt Vic eine Pause ein und widmet sich angenehmeren Dingen. Er zieht unter dem Stapel, der noch zu lesen ist, eine Acta Diurna hervor und gönnt sich die neuesten Nachrichten aus dem Imperium. Die Religio ist in dieser Ausgabe recht gut vertreten. Der Artikel über die Ludi Florales führt lediglich dazu, dass sich Vics Augenbraue hebt und er den Kopf schüttelt. Sein eigenes Interview liest sich ziemlich merkwürdig, aber es war ihm auch schon ziemlich merkwürdig vorgekommen, die Fragen des Reporters zu beantworten. Sorge dagegen bereitet ihm der Artikel über die Vestalinnen, dieser Sache müsste dringend nachgegangen werden, denn die Vestalia sind auch nicht mehr weit und dann muss der Tempel geöffnet werden. Victor zieht sich eine Wachstafel heran und setzt das auf die Liste der Dinge, die getan werden müssen. Über die übrigen, recht informativen Artikel übersieht er fast den Bericht über die Aufstellung eines Weihesteins in Misenum. Er will schon zum nächsten Beitrag weitergehen, als ihm etwas auffällt. Ungläubig liest er den Satz nochmals, doch es ändert sich nichts daran. Er zieht die Augenbrauen hoch und setzt dies als weiteren Punkt auf die Liste.


    Noch bevor er sich wieder den Aufzeichnungen der Septemviri widmet, schreibt er einen Brief nach Misenum.

    Victor nickt und gönnt sich keinerlei Regung. Er ist froh, die Halle wieder verlassen zu dürfen, denn sich hier den Hintern absitzen, müdes Gelaber in die stickige Luft abzulassen und dem Gequake der Septemviri zu lauschen, dafür ist er wirklich nicht geboren. Es betrübt ihn, wie wenig Respekt er diesen Männern entgegenbringen kann, sollten sie doch eigentlich ein Vorbild nicht nur für ihn, sondern ganz Rom sein. Doch sie haben zu lange geschwiegen, haben zu lange geschlafen und tatenlos zugesehen, wie ihr Collegium in Starre verharrt und immer tiefer in die Bedeutungslosigkeit abrutscht.


    "Das weiß ich. Valete, Collegae."


    Er dreht sich um und verlässt die große Halle. Vor der Tür bleibt er stehen und atmet tief durch. In seinem Kopf formen sich bereits Aufgaben über Aufgaben, doch das erste, was er am nächsten Tag tun wird, ist die Aufzeichnungen des Collegiums der letzten Monate zu studieren, auch wenn es ihm schwerfallen würde. Den heutigen Tag jedoch wird er abschließen, wie er ihn begonnen hat, als Sacerdos Martialis, und er wird seine Pflicht im Tempel des Mars Ultor erfüllen.

    Victor ist sich ziemlich sicher, dass die beiden Iulier zum Factiohaus finden würden. Helenas Begeisterung liegt förmlich in der Luft und Vic schätzt, dass ihr Bruder ihr keinen Wunsch abschlagen kann. Falls er es versuchen würde, dann hätte sie wahrscheinlich ihre Mittel, genau so, wie Amatia auch immer einen Weg findet Sev und Vic weich zu machen. Schwestern haben soetwas einfach von Natur aus und dabei macht es noch nichtmal einen Unterschied, ob es eine leibliche Schwester ist, oder nicht.


    Auf Durus Frage hin hebt Vic die Schultern. "Ich habe keine Ahnung. Die Spiele der Aedilen stehen ja noch an, doch da Purgitius Macer nun bereits Wagenrennen ausgerichtet hat, schätze ich mal, wird er für seine großen Spiel keine mehr einplanen. Viellleicht der Flavier, falls er eigene Spiele macht. Ansonsten denke ich mal werden die nächsten Rennen im Zug der Ludi Apollinares im Iulius stattfinden."

    Je mehr sie darüber reden, desto besser wird das Gespräch. In dem schönen Kopf seines Gegenübers scheint ein scharfer Verstand zu stecken. "Ganz genau, die Kombination von alldem ist der entscheidende Faktor. Neben der Ungewissheit, welche Gespanne bei der Konkurrenz antreten kommt natürlich auch die Ungewissheit, wie die Bahn beschaffen sein wird. Wenn wir zum Beispiel ein Team nach Germania schicken, dann ist das recht problematisch, weil wir nicht wissen, wie groß der Circus sein wird, wie der Bodenauflag aussieht und so weiter. Aber selbst wenn wir es wissen, heißt das nicht unbedingt, dass wir uns darauf einstellen können. Die römischen Gespanne haben in Tylus immer enorme Probleme mit der Bodenhaftung, genauso wie die tylusische ihre Probleme in Rom haben. Der nächste Punkt ist die Taktik. Unsere Spitzenfahrer sind natürlich Einzelkämpfer, aber unser Nachwuchs ist noch aufs Team ausgelegt. So wie der Hermes eben, er hängt sich zwischen seinen Teamkollegen und die Konkurrenz und verschafft ihm so einen freien Rücken. Da ist es schon klar, dass er allein auf der Bahn nicht ganz so gut abschneidet."


    Eigentlich hält Victor nicht viel von Frauen in der Factio. Wahrscheinlich kommt es daher, dass er seine nur ungern in einer Factio und an der Rennbahn in seiner Nähe wissen würde. Aber hier vor ihm tut sich ein Potential auf, dass er alle Bedenken über Bord werfen muss. "Wenn ihr Interesse habt, dann kommt doch einfach mal bei der Veneta vorbei. Wir sind immer auf der Suche nach Mitgliedern, die sich aktiv an der Factio beteiligen. Natürlich können wir der Öffentlichkeit nicht unsere ganzen technischen Rafinessen zeigen, aber ein Rundgang wäre schon drin. Unser Factiohaus steht direkt am Circus Maximus, in Richtung des Forum Boarium." Ohne seinen Stolz zu verbergen fügt er hinzu: "Wir trainiern natürlich auch im Circus Maximus."

    "Oh, es kommt nicht nur auf die Fahrer an." fängt Vic gleich voll in seinem Element an. Dass sich eine Frau dafür interessiert, worauf es beim Wagenrennen ankommt, das kommt ihm nur selten unter. "Natürlich gibt es da unterschiedliche Meinungen, ich selbst gehöre zu den Leuten, für die der Wagen und die Pferde den entscheidenden Vorteil geben. Natürlich, ohne einen guten auriga nützt auch die beste Ausrüstung nichts, aber mit einem optimalen Wagen und einem perfekt abgestimmten Gespann kann man so manche Erfahrung wett machen. Bei den Pferden kommt es darauf an, die optimale Mischung zu finden, wobei man ein besonders gutes und starkes Leittier an der Außenseite braucht. Du musst ja beachten, dass das äußere Pferd in den Kurven immer mehr zu laufen hat, als das Innere, von Innen nach Außen müssen die Pferde je ungefähr einen Schritt schneller werden. Die Pferde so zu trainieren, dass die Innenpferde nicht bremsen, das ist schon eine Kunst für sich." Er holt kurz Luft, lässt aber niemandem eine Chance, etwas zu sagen, sondern fährt direkt mit den Wägen fort. "Bei den Wägen selbst gibt es auch enorme Unterschiede. Es gibt sehr leichte, die haben natürlich den Vorteil, dass die Pferde wenig Arbeit haben, dafür der Lenker um so mehr, denn er muss die richtige Technik finden, damit die Räder am Boden bleiben. Dem entgegenwirken kann man natürlich mit einem breiten, schweren Wagen, doch dafür braucht man stärkere Pferde und außerdem liegt so ein Wagen nicht gut in der Kurve. Dazwischen gibt es natürlich alle möglichen Zwischenstufen, meist muss man sich danach richten, was der auriga für einen Wagen beherrschen kann. Wichtig ist zusätzlich auch die Technik der Radaufhängung und der Deichsel."


    Hoffentlich war das nun nicht zu viel auf einmal. "Die Fahrer machen dann noch den letzten Schliff aus. Und unterscheiden tut man sie an ihrer Farbe, oder an ihrem Fahrstil, das kommt ganz drauf an, wie gut man sich auskennt, hrhr."


    Vic grinst breit. " Wenn euch diese Rennen gefallen haben, dann solltet ihr euch die nächsten großen Rennen auf keinen Fall entgehen lassen. Es gibt nichts vergleichbares zu einem Finalrennen, bei welchem die Besten der Besten gegeneinander antreten, wenn die Wägen aus den Startboxen schießen und Staub bis zur Ehrentribüne heraufwirbelt!" Seine Augen beginnen förmlich vor Begeisterung zu leuchten. "Die wirklich erfahrenen aurigae kämpfen mit allen Mitteln, dagegen war das heute harmlos. Da werden die Peitschen nicht nur zu den Pferden geschwungen, sondern mit besonderer Vorliebe zum gegnerischen Gespann um den Konkurrenten aus der Ruhe zu bringen. Die spannenden Momente, wenn sich so zwei Wägen an den Rädern verkeilen, ein Wagen nur noch auf einem Rad fährt oder ein Gespann die Kurve so knapp nimmt, dass es fast auf die Außenwand auffährt, diese Augenblicke sind unvergleichlich! "


    Er schaut grinsend zu Durus und dann zu Constantius. "Und die Siegesfeiern hinterher sind natürlich auch nicht zu verachten."

    "Der Name entscheidet selten über den Sieg." Vic zwinkert der jungen Frau zu und überlegt das Gespräch auf technische Rafinessen an den Quadrigae zu lenken, doch die wenigsten Frauen verstehen davon etwas und sind meist nur gelangweilt, also lässt er es sein.


    "Aber Tiberius hat schon recht, mit etwas Training wird er bald zu den Siegern der Veneta gehören. Wenn er nur nicht immer so undiszipliniert wäre, aber das treiben wir ihm schon noch aus. Momentan ist er sowieso eher ein Teamfahrer und darin, andere aurigae von seinen Kollegen fernzuhalten, darin ist er wirklich gut." Er mustert die beiden Iulier, stellt jeodch keine Ähnlichkeit mit Imperiosus fest, der nun auch gar kein Iulier mehr ist, sondern ein Claudier und deswegen mittlerweile Iulianus heißt. "Interessiert ihr euch für Wagenrennen? Gehört ihr einer Factio an?"

    Am Morgen noch war Victor als Sacerdos Martialis in den Mars Ultor Tempel gekommen, hat dem Opfer beigewohnt und als Sacerdos das Gebet für die Spiele verlesen. Und nun kehrt er als Septemvir zurück, nicht unbedingt nur glücklich über diesen Umstand. Der Tempel ragt gewaltig vor ihm auf, vom Gibel schauen Mars, Venus, Roma, Fortuna, Romulus, Capitol und Tiber auf ihn herab und trotz seiner Berufung in das Collegium kommt sich Victor dagegen unendlich klein vor. Dazu kommt die Enttäuschung über die Entscheidung des Kaisers und die Wut darüber, dass die Septemviri wie Götzen in ihrem Collegium sitzen, keinen Finger rühren und sich vorkommen, als wären sie um Längen besser, als der Rest der Welt. Die Niederlage von Hermes beim Rennen ist dagegen schon fast vergessen.


    Doch Vic versucht seine schlechte Laune bei Seite zu schieben und sich am Fest des Mars zu freuen. Immerhin sind eine Menge Leute gekommen, um am Mahl zu Ehren des Mars teilzunehmen und wie überaltert und starr die Collegien auch alle sein mochten, die religiöse Moral der Menschen ist noch lange nicht so schlecht, wie manche es einem Glauben machen wollen.


    Da er am Morgen noch für den Ablauf zuständig war, sieht sich Victor auch jetzt noch in dieser Pflicht. Er geht an der Opferausgaben herum und schaut, dass alles planmäßig abläuft. Da entdeckt er Tiberius Durus in der Menge und geht auf ihn und seine Begleiter zu.


    "Salve, Tiberius Durus!" Auch den Begleitern von Durus nickt er zu. "Salvete." Und dann wieder zu Durus: "Habt ihr das Rennen gesehen? War ja leider kein so guter Tag für die Blauen, auch wenn sich Hermes gegen die erfahreneren Lenker recht gut geschlagen hat." Und schon schaut er wieder zu den Begleitern. "Ich bin Vibius Valerius Victor, Vicarius Principis der Veneta."

    Zitat

    Original von Aristos
    "Nein, Herrin, hier wird nun gegessen und getrunken, Musik gespielt und Gauklertruppen amüsieren die Massen. Es wird aber keine blutigen Spiele geben. Nicht hier in Mantua. Wünscht Ihr, das ich Euch den Weg weise?"


    Vic hört ganz in der Nähe einen augenscheinlichen Einwohner der Stadt über die Ludi sprechen. Allerdings kann er nicht ganz glauben, was er da hört. Essen, Trinken, Musik und Gauklertruppen sollen alles sein, was noch folgen würde? Und dafür ist er extra von Rom nach Mantua gereist? Frustriert wendet er sich dem Mädel neben sich zu. So nötig hat ers ja nun auch wieder nicht, dass er für ne Frau bis nach Norditalien reisen müste.


    "Stadt der Tradition," murmelt er grimmig vor sch hin. "Von wegen, sowat Untraditionelles hab ich ja noch nie erlebt. Mann, Mann, Mann, nich nur Rom geht den Tiber runter, nich nur Rom..." Er schaut die Lupa an. "Wat gibts hier für nen Fluß, den Mantua runtergeht? Ah so, du bist ja auch nich von hier. Nuja, lass uns ne ruhige Ecke suchen, damit sich dat hier rentiert, da muss ich mich ganz schön ranhalten..."

    "Die Sibylle?" Vic schaut den Patron skeptisch an. Von dieser Weissagerin hält er nicht besonders viel. Die sibyllinischen Bücher sind was anderes, doch in Rom laufen zu viele Scharlatane herum, als würden die Haruspices nicht schon reichen. "Hmm, mal schaun. Ich denk, ich bring lieber ein Opfer dar und erbitte die Zustimmung der Götter. Da weiß man was man hat."


    Er setzt sich auf der Kline auf. "Ich danke dir für deine Zeit, Patron. Wenn sich bei mir was ergibt, erfährst du natürlich als erster davon. Hast du noch einen Auftrag für mich?"

    "Och," Vic winkt ab. "Dat Gespräch mitm Patron war ganz gut. Erst hat er wohl geglaubt, ich wollt mich von den Göttern abwenden oder so wat, vor lauter Schreck isser sogar in seinen Dialekt gefallen. Junge, Junge, da haste aber Mühe, dat zu verstehen. Aber dann hat er gemeint, er unterstützt mich natürlich, wenn ich in die Politik will... nuja, bisschen mitgenommen sah er allgemein so aus. Ich glaub, dat junge Ding nimmt ihm ganz schön ran. Tut ihn wahrscheinlich die ganze Nacht wach halten, hrhr."


    Vics Gedanken schweifen zurück zu seiner eigenen Hochzeitsnacht und der Zeit danach und er ist froh, dass Hulc in dem Moment mit dem frischen Wein kommt und gleich einschenkt. Darauf braucht er erstmal nen großen Schluck. "Bis sie dann schwanger is, dann kannste alles vergessen. Dann lässt se sich umsorgen wie nen Kleinkind, kann dies nich mehr und dat nich mehr, ist so müde, hat Hunger, fühlt sich nich gut, fängt aus den unerfindlichsten Gründen an zu heulen, braucht ihre Ruhe, möchte geliebt und akzeptiert werden wie sie is, will dies und das und blablabla... Und ranlassen tun se einen dann erst recht nich mehr. Dat beste, was de dann machen kannst, is früh am Morgen ausm Haus zu gehen und abends so spät heim zu kommen, dat sie schon wieder im Bett liegt, hrhr."


    In Bezug auf die Spiele grinst Vic breit. "Da kannste drauf gehn, dass du demnächst nen Spitzenplatz bei den ludi abbekommst. Außer bei Wagenrennen, denn wo könnste besser stehen, als in der Südkurve? Ich bin ja mal echt gespannt wat das noch wird. In diesem Collegium hocken wirklich ausnahmslos alte Säcke. Dat is wie du sagst, haufen Kohle kassieren, aber nix tun. Und so siehts in allen Collegien aus. Wann haste schonmal zuletzt nen Pontifex oder Flamen gesehen? Wenn ich dem Flamen Martialis nich immer gesacht hätte, wann nen Feiertag ansteht, der hätt noch die Equirria verpennt! Und von wegen Pflichten, Junge, die Pflichten ham die alle aus ihrem Wortschatz gestrichen. Ich sach ja, da bei den Quinquatrus, also ich hab ja gedacht, ich werd nich mehr. Steht da vorm Tempel ne Popa und opfert die Quinquatrus-Kuh! Und halb Rom schaut zu!" Er schüttelt unverständig den Kopf. "Und dat fängt in der Ausbildung beim Cultus schon an. Wat man da alles hört, wie da geschlampt wird. Die Berichte häufen sich, dat überall nur noch Stiere geopfert werden, ganz egal, für welche Gottheit. Sowas muss doch irgendwoher kommen, dat kommt doch nich von ungefähr. Da fehlen jegliche Grundlagen, aber hauptsache, du kannst in 100 Worten wat zu Mercurius aufschreiben und nen Gebetstext in Hochlatein vorlesen... aber dein Lebtag haste nix zum Opferbankett oder der pax deorum gehört." Er grummelt vor sich hin. "Nuja, meine ersten Discipuli hattens sicher auch nich besser, ich hab ja auch nich viel mehr weitergeben können, als das, wat ich gelernt hab. Aber ich sach dir, das müsst alles viel straffer sein, und ich werd dafür sorgen, dass es das wird, hrhr."

    Vic schaut verwundert in den Weinbecher. Zugegeben, der beste Stoff ist es nicht, aber so schlimm wie Sev tut, ist es auch nicht. Man gewöhnt sich eben an alles.


    "Jo, die Ala, dat waren noch Zeiten, Junge! Auf die Ala!" Er hebt seinen Becher, prostet Sev zu und trinkt einen großen Schluck.


    "Dat hört sich ja wirklich langweilg an bei euch. Junge, Junge, Rom geht den Bach runter, dat sach ich doch schon die ganze Zeit. Weißte, im Cultus Deorum isses auch nich besser, da pennen auch nur noch alle rum und nix geht vorwärts." Er kratzt sich am Hinterkopf. "Eigentlich wollt ich aussteigen, also ausm Cultus Deorum. Ich war schon beim Patron deswegen, ich wollt versuchen auf der politischen Schiene wat zu bewegen." Nachdenklich lässt Victor seinen Becher in der Hand kreisen. "Aber der Kaiser hat mir nen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich war da neulich mal beim Pontifex Maximus, is schon ne Weile her, wegen der Quinquatrus. Da is einiges schief gelaufen, dat sach ich dir, und kein Schwein interessierts. Und wat glaubst du, wat jetzt passiert is? In Bezug auf dat Versäumnis überhaupt nix. Aber mich hamse zum Septemvir berufen! Mann, als wollt ich über die Schultern eines anderen nach oben! Dat is so ein Sumpf da, dat gibts überhaupt nich. Aber ich sachs dir, wenn die glauben, mich damit ruhig zu stellen, dat könnse knicken! Ich werd dat Collegium schon aufmischen, hrhr, und den restlichen Cultus gleich mit dazu."


    Mit grimmiger Mine leert Vic den Becher und ruft laut nach Hulc, der kurz darauf auch erscheint.


    "Hol uns ne neue Amphore, Hulc, aber eine von den Guten." Der Sklave nickt und verschwindet Richtung Weinkeller.

    "Mann, Mann, Mann, nichmal in Ruhe auf die Latrine kann man, ohne dass einem sein Platz streitig gemacht wird!" Vic tritt um den Tisch rum und setzt sich auf eine andere Kline. In der Casa del Sev et Vic herrscht eine strenge Rangordnung im Rudel vor, und auch wenn alle anderen vor Vic kuschen und ihm Platz machen, Sev ist immernoch der Chef. Wenigstens hat er sich einen eigenen Becher genommen, so zieht Vic seinen zu sich rüber und schenkt ihn voll. Er schüttet einen Schluck auf den Boden und nimmt selbst einen tiefen Zug.


    Aus dieser neuen, ganz ungewohnten Position heraus fällt ihm ein kleines, dunkles, ovales Etwas auf dem Boden neben einem Tischbein auf. Er bückt sich und hebt die schwarze Bohne auf. "Hmm." Er schnippt die Bohne zu seinem Bruder rüber. "Da, is von den Lemuria übergeblieben. Die Geister warn wohl schon satt, hrhr."


    Vic lehnt sich zurück und trinkt noch einen Schluck. Sein Blick wandert hinüber zu dem kleinen Beistelltisch neben 'seiner' Kline, auf dem eine Rauchmischung bereit liegt. Dann jedoch zieht er eine Augenbraue hoch un schaut Sev kritisch an. "Wat machst du überhaupt hier? Hamse dich aus der Castra rausgeworfen?"

    Vic schaut sich suchend um. Nachdem das Opfer vorbei ist muss er nur noch herausfinden, wo nun die offiziellen Ludi stattfinden. Er hat immerhin ein ganzes Sacerdos-Gehalt aufgespart, um dieses bei der Tierhatz im Circus auf den Kopf zu hauen und die Theaterstücke, die bei den Ludi Florales zu sehen sind, sind die einzigen, die sogar ihn ins Amphitheater locken. Nachdem die Aurelier für die Spiele verantwortlich sind, gibts vielleicht auch noch mehr Attraktionen, immerhin haben die meisten Patrizier sowieso zuviel Geld und hauen es gern aus dem Fenster raus.


    Doch zuerst angelt sich Vic mal eins von den leichten Mädchen, es geht doch nichts über Gesellschaft. Leider ist die auch nicht aus Mantua, sondern extra aus Arminium angereist um heute hier ihr großes Geschäft zu machen, und hat demnach auch keine Ahnung, wo nun was stattfindet.

    "Natürlich." Wie kann der Patron nur daran zweifeln? "Man legt die Götter nicht einfach ab wie eine Tunika. Mein Streben wird immer den Göttern, allen voran dem Mars gelten, daran wird auch mein Ausscheiden aus dem Cultus Deorum nichts ändern. Der Cultus ist nur eine Institution, vom Staat geschaffen, um die Religion zu einer Staatsangelegenheit zu machen."


    Der Tempel des Mars Ultor würde ihm schon fehlen, aber es würde ihn ja auch niemand daran hindern, dort öfter mal vorbei zu schauen. "Ich danke dir für deine Unterstützung, Patron. Es wird dein Schaden nicht sein, das versichere ich dir."