Beiträge von Vibius Valerius Victor

    "Weiber." Vic trinkt seinen Wein leer. "Wahrscheinlich hatte se ihre Tage, als sie das mit der Heirat beschlossen hat. Mann, Mann, Mann, nix als Stress mit den Frauen."


    Er schaut Sev an. "Sie wird schon noch merken, wieviel gutaussehnde anständige Kerle es in Rom gibt. Sie wird sich ein bisserl umschaun, einen anlachen, der lacht zurück und schon hat sie den komischen Germanen vergessen. Vielleicht findet se sogar einen im Palast, der ihr gefällt, dann könnt sie da auch weiter arbeiten. Und wenn nich, dann reden wir mit dem Patron."


    Für Vic is das Thema damit erledigt. "Sach ma, kommt heut nich die neue Weinlieferung?"

    "Die Salier sind eine Sodalität, beziehungsweise eigentlich sogar zwei. Es gibt die Sodales Palatini, welche dem Mars Gradivus dienen und die Sodales Collini, welche dem Quirinus dienen. Ihre Kriegstänze begleiten die Feste des Agonium im Martius, der Quinquatrus und des Armilustrium, wo sie auf einer festgelegten Route durch Rom ziehen. Als Ritual sind diese Tänze deshalb anzusehen, weil sie fester Bestandteil dieser Feste sind und ihr genauer Ablauf festgeschrieben ist.


    Dem Neptun werden seine Opfergaben hauptsächlich in Flüsse oder ins Meer direkt übergeben. Womit wir wieder bei deiner nächsten Aufgabe sind. Informiere dich, wie so ein Opfer für Neptun ablaufen kann. Wenn du es herausgefunden hast, dann melde dich bei der Sacerdos Veneris Didia Fausta."

    Vic lacht. "Nein, das ist nicht schlimm. Alle Götter brauchen ihre Sacerdotes. Aber dass du im Cultus des Mars ausgebildet werden musst, das ist schlimm. Neptun wird zu den unterirdischen Göttern gezählt, Mars gagegen zu den überirdischen. Aber da wir sowieso keine Wahl haben werden wir einfach das Beste draus machen."


    Er denkt kurz über die Frage des Discipulus nach. "Bei der Opfergabe musst du etwas differenzieren.


    Zunächst einmal, wie du sicher weißt beruht unser Glaubensverständnis darauf, dass die Götter eng mit dem Wohl des Imperiums verbunden sind. Sowohl der Staat, als auch jeder einzelne hat dafür zu sorgen, dass das Gleichgewicht zwischen den Gaben eingehalten wird. Das zugrundeliegende Prinzip heißt do ut des, ich gebe, damit du gibst. Die Götter geben dir ihr Wohlwollen, wenn du ihnen etwas gibst. Es ist wie ein Austausch von Geschenken unter Freunden. Und genau so, wie du von einem Freund, bei dem du weißt, dass er nicht viel hat, einem kleinen Geschenk dennoch große Bedeutung zumessen wirst, hängt es auch bei den Göttern nicht davon ab, wie teuer dein Opfer ist, sondern davon, in welchem Bezug du selbst dazu stehst.


    Welchen Anteil die Götter bekommen, das hat ebenfalls mit diesem Verhältnis zu tun. Bei einem Mahl zu Ehren der Götter wird ihnen ein Becher Wein und ein Anteil am Essen gegeben, so, als würden sie mit dir am Tisch sitzen. Übergibst du ihnen Gaben am Hausaltar oder auch im Tempel, so gehen diese vollständig in den Besitz der Götter über. Du selbst erhältst davon nichts zurück, auch wenn andere, zuhause deine Sklaven oder im Tempel die Tempelbediensteten, den essbaren Anteil 'vernichten' werden. Andere Gaben, wie beispielsweise Statuen, werden nach der Konsekration vergraben oder eingeschmolzen.


    Bei den großen, den blutigen Opfern ist es so, dass die lebenswichtigen Anteile des Opfertieres, die vitalia den Göttern übergeben werden. Das sind die Leber, die Galle, die Lunge, das Bauchfell, das Herz. Der Rest des Fleisches wird entweder anschließend beim Opfermahl verzehrt, dem Tempel gespendet, welcher das Opfer ausführt, oder aber an die Bedürftigen verteilt."

    Vic hat die ganze Zeit schweigend zugehört. Beim Bruder vom Patron hat er natürlich nichts zu meckern, da weiß er, dass der Junge in Ordnung ist. So wartet er, bis die übrigen ihre Fragen losgeworden sind, auf die der Lucianus natürlich souverän antwortet, und tut dann seine Zustimmung kund.


    "Meinst Stimme hast du, Vinicius! Ich bin mir sicher, dass du das Volk bestens vertreten wirst!" :app:

    Nach der Bacchus-Feier ist es um den Becherbestand der Casa Valeria schlecht bestellt. Der Gaius mit der komischen Kapuze hat ständig Becher fallen lassen und der kichernde Gaius fand das dann so lustig, dass er noch nen paar extra aufm Boden zerscheppert hat, nach dem Motto 'Der Bacchus brauch ja auch nen Becher!'


    Deswegen ist der Vic nun auf der Suche nach einem Tonwarenhändler, wos billige Becher für das nächste Gelage gibt. Er läuft an einem Haus vorbei und sieht sich auf einmal großen roten Lettern gegenüber:


    Si vis panem, delige Macer.
    (Willst Du Brot, wähle Macer.)


    "Wat? Wat soll ich denn mit Brot! Becher brauch ich, Junge! Wenn de nen Tonwarenmacher aufmachen würdst, würd ich dich glatt wählen!" Er geht weiter und sucht nach einem passenden Geschäft. Der Sev hatte ihm ja erzählt, dass es hier irgendwo an der Ecke einen geben müsste, doch außer ner Garküche, nem Tuchhändler und nem Metzger gibts hier nichts.

    "Ave, Pontifex Maximus." Victor verbeugt sich. Nachdem er wieder gerade steht, kommt er direkt auf den Punkt.


    "Ich bin wegen der Quinquatrus Maiores hier, Pontifex, und möchte dir vom dortigen Geschehen berichten. Am vierzehnten Tag vor den Kalenden des Aprilis bin auch ich wie viele Römer in den Tempel der Minerva um dem großen Opfer beizuwohnen. An den Opfergaben war nichts auszusetzen, doch der Ablauf der Zeremonie selbst erschien mir zweifelhaft. Eine Popa fungierte allein als Opferleiterin. Sie führte die symbolische Entkleidung der Kuh durch, nachdem der Victimarius die Sehnen an den Hinterläufen schon durchgehauen hatte. Im Anschluss hat sie die Eingeweide begutachtet und die litatio verkündet.
    Erst war ich mir nicht einmal darüber bewusst, dass es nicht die Flaminca Minervae war, welche das Opfer zelebrierte. Später entdeckte ich sie dann am Rand des Geschehens. Sie verschwand jedoch recht schnell nach dem Opfer, so dass ich sie selbst nicht dazu befragen konnte. Ich gehe jedoch davon aus dass sie mit dem Geschehen einverstanden war, da sie weder einschritt noch sonstige Maßnahmen ergriff."

    "Kulturen entwickeln sich aber doch. Lässt du keine Entwicklung zu, dann hast du Stillstand. Ist es das, was du willst? Du sagst, es war eine gute Zeit, als die Frauen noch wussten, wo sie hingehören, als wir Männer allein das Sagen hatten. Genauso könntest du sagen, dass es eine gute Zeit war, als Plebeijer noch wussten, wo sie hingehören, als die Patrizier das Sagen hatten. Wäre das nicht ebenfalls konservativ in deinem Sinn? War es denn nicht gut für den Fortbestand des römischen Reiches, dass Plebeijer in die Ämter drangen und sie übernommen haben? Oder willst du behaupten, dass auch diese Entwicklung schlecht war? Und wenn nicht, woran machst du dann fest, welche Entwicklung nun gut ist und welche nicht?


    Es hört sich fast so an, als hättest du Angst vor der Stärke der Frauen. Du sagst, sie verbauen konservativen Männern ihre politische Karriere. Doch ich frage dich ob wir Männer die dermaßen schwach sind als dass sie sich von Frauen etwas verbauen lassen, ob wir diese Männer in Rom wirklich brauchen? Vielleicht sollten sie sich dann tatsächlich lieber irgendwo zur Ruhe setzen und das Feld den Stärkeren überlassen, seien dies Männer oder meinetwegen auch Frauen."

    Nachdem Vic sogar eine persönliche Einladung bekommen hat, lässt er sichs nicht nehmen, am Festtag der Venus zu deren Tempel zu kommen. Dagegen, dass sich die Verbundenheit des Mars mit der Venus auch in deren Priesterschaften zeigt, ist schließlich nichts einzuwenden. 8)


    Der Hauptgrund ist natürlich, dass man Feste feiern muss, wie sie fallen. Und die Tänzerinnen sind allesamt nicht zu verachten.

    Aufmerksam beobachtet Vic den nächsten Kandidaten, der auf die Rostra tritt und hört sich die kurze Rede an. Seine Augenbraue hebt sich nach oben.


    "Moment mal, soll das heißen, entweder wir wählen dich, oder du verlässt Rom? Das hört sich an wie eine Drohung! Also wenn das alles ist, damit haste meine Stimme schon mal nicht."


    Da sind Vic die falschen Wahlversprechen ja noch lieber. Dass schonmal einer so dreist war, den Wählern zu drohen, daran kann er sich nicht erinnern.

    Es dauert nicht lang und Vic tritt in den Raum. "Salve Imperiosus. Setz dich."


    Vic setzt sich ebenfalls an den Tisch und schaut den Discipulus ernst an. "Du hast mir gar nicht erzählt, dass du in den Cultus des Neptun eingetreten bist. Das macht die Ausbildung auf der einen Seite schwieriger. Neptun ist ein Unterweltgott und außer als Neptunus Equester wird er nichtmal in Tempel verehrt. Aber irgendwie werden wir das schon hinbekommen. Auf der anderen Seite hast du dich nämlich direkt für eine Aufgabe qualifiziert. Vielleicht hast du in den letzten Ausgaben der Acta Diurna schon mal was von der Reise zur Venus-Insel Cyprus gelesen? Die Sacerdos Veneris Didia Fausta ist an mich herangetreten, weil sie davon gehört hat, dass wir hier einen Discipulus Neptuni haben. Sie plant vor Antritt der Reise ein großes Opfer für Neptun. Deine nächste Aufgabe wird es daher sein, dich über Opfer speziell für Neptun zu informieren."


    Vic legt eine kurze Pause ein und fährt dann fort. "Aber kommen wir erstmal zu der Religions-Fibel. Hast du was entdeckt, was dir nicht klar ist, irgendwelche Fragen dazu?"

    Vic hebt eine Augenbraue. "Die ganze Zeit redest du nur von Visionen. Versteh mich nicht falsch, Visionen sind ja nichts Schlechtes. Sie können einen voran bringen, sie bringen Impulse für Neuerungen. Aber schau dich um." Er weist über das Forum um sich herum.
    "Glaubst du, dies alles hätte nur aus Visionen erschaffen werden können? Nach einer Vision kommt immer die Realisierung und es scheint mir nicht so, als wärst du dir dessen bewusst. Du hast eine Vision von großen Spielen. Die hatten schon andere vor dir und haben es nicht geschafft, sie umzusetzen. Du hast eine Vision von einem sicheren Rom. Auch diese hatten andere vor dir und trotzdem geht kein Bürger der bei Sinnen ist nachts allein auf die Straße. Und warum nicht? Weil Visionen oft als Träumereien enden. Weil ihnen der Realismus fehlt zu sehen, was gebraucht wird und wo man angreifen muss. An Visionen scheint es dir nicht zu mangeln, aber für mich hört es sich nicht so an, als hättest du dir schon über die Umsetzung Gedanken gemacht. Und sag nicht, das kannst du erst nach der Wahl machen. Ich bin es Leid Männer zu wählen die große Töne von sich geben und erst nach der Wahl merken, dass sie nicht halten können, was sie versprechen. Und ich bin sicher, ich bin nicht der einzige."

    Da er es nicht weit hat, schlendert auch Vic dieser Tage immer mal wieder am Forum vorbei um sich die Wahlreden anzuhören. Bei dem Flavier bleibt er sogar bis zum Schluss stehen, er erinnert sich noch, dass er ihn vor nicht allzu langer Zeit vor der Rostra getroffen hat.


    "Du preist dich ein Römer zu sein, Flavius Furianus, und dass dies bedeutet, ein Visionär zu sein und kein Realist. Doch worauf bauen die Römer ihre Träume, ihre Visionen, Flavius? Sind nicht längst Griechen Römer, sind nicht längst Hispanier, Gallier und sogar Germanen Römer? Welchen Grund gibst du uns einen Träumer zu wählen, der uns unseren Teil am Ganzen abspricht?


    Aber wenn die wahren Römer ausreichen sollten dich zu wählen, dann würde mich noch interessieren, wie du vorhast, die Sicherheit der Stadt zu erhöhen?"

    "Wat heißt hier Sorge, Mädel? Deine Entscheidung is deine Entscheidung und du hast sie getroffen. Da musste dir keine Vorwürfe machen, wir finden schon nen Mann für dich."


    Breit grinsend schaut Vic sie von seiner Kline aus an. "Wenn ich nich schon verheiratet wär..." Er zwinkert ihr zu, wird dann aber wieder ernst. "Du wirst nen Besseren finden, Tia, und wenn de willst, dann können wir ja nochma mit dem Patron reden. Der Lucianus is doch schwer in Ordnung. Und nu rauscht er auch noch durch den Cursus Honorum, wat besseres könnt dir doch nich passieren."

    Victor betritt hinter dem Scriba die Aula Regia und blickt sich beeindruckt um. Gegen diese Halle sind selbst die meisten Tempels Roms eher klein. Nachdem der Scriba wieder losgezogen ist, geht Vic langsam nach vorne und merkt, dass die Halle einem Tempel gar nicht so unähnlich ist. Je weiter man nach vorne geht, desto kleiner kommt man sich vor.

    Manchmal hat Vic das Gefühl, dass der Patrizier ihn nicht für ganz voll nimmt. Das könnte jedoch daher kommen, dass er manchmal nicht so ganz sicher ist, was Gracchus mit seinen Aussagen eigentlich aussagen will. Aber solange er seine Aufgaben erledigt, soll es Vic recht sein. Nachdem der Commentarius mit Arbeit versorgt ist, verlässt Vic den Tempel um selbst zur Regia zu gehen und zu sehen, wo all das Geld abgeblieben ist.

    Vic schaut den Magister Officiorum an, als hätte der gerade gesagt, dass es den Kaiser gar nicht gibt.
    "Ist das eine Fangfrage?" Doch es bestärkt Victor nur darin, dass sein Schritt unabdingbar ist. Wenn der Pontifex Maximus ähnlich reagieren würde, dann würd Vic nach Hause gehen, seinen Dienst im Cultus Deorum kündigen und die Götter Götter sein lassen.


    "Egal. Die Antwort lautet, ja."

    "Ich werd da sein." Wo sollte er auch sonst sein? "Vale, Senator." Vic schaut dem Senator kurz nach und wendet sich dann wieder dem Magister Officiorum zu. Er wundert sich etwas, wie der Mann noch immer so ruhig sein kann.