Beiträge von Marcus Didianus Gabriel

    Gabriel wurde aus seinen Gedanken gerissen. Er hatte nicht einmal wirklich mitbekommen, dass sich der Hund Victor zu seinen Füssen gelegt hatte. Sofort sprang Gabriel auf.
    »Verzeiht. Zu Marius ...eh Marcus Didius Falco? Natürlich ... «


    Und dann wusste er nicht, was er machen sollte für einen Moment. War er eingedöst oder hing er seinen Gedanken nachlässig nach.
    Hatte Falco überhaut Zeit? Ach egal.


    »Bitte, folge mir ...eh ... wen darf ich melden und was ist dein Anliegen?« fragte er noch, während er den Gast, den er nicht weiter musterte, durchs Haus führte (hoffentlich nicht in die falsche Richtung) Zumindest war es in Richtung der Bibliothek, so er denn glaubte, kannte er sich doch noch nicht so gut aus hier.

    Hier im Vesibulium gab es schliesslich auch einen kleinen Platz, wo sich Gabriel sich niederlassen konnte und seiner Lieblingsbeschäftigung nachgehen konnte: Dem Nichtstun.
    Sobald jemand an die Tür klopfte, würde er sich auch erheben und den Gast hineinbitten, aber so war es ihm doch recht, einfach nur hier zu sitzen und mal gar nichts zu tun.


    Nun hatte er Zeit, die letzten Tage Revue passieren zu lassen und so blickte er versonnen gerade aus und versank in Gedanken.


    Ihm wurde langsam bewusst, dass es ihn tatsächlich hätte schlimmer treffen können, als in der Casa Didia zu landen nach seinem Verkauf durch den Sklavenhändler. Es war ein feines und sauberes Haus und sein Herr, Marcus Didius Falco, schien sehr passabel und human zu sein und an die Hochnäsigkeit einiger weiblichen Herrschaften hier im Haus, würde Gabriel sich auch noch gewöhnen und begann es mit Leichtigkeit hinzunehmen.
    Und so grinste er leicht versonnen vor sich hin, die Arme locker auf seinen Knien gelehnt, und den Kopf in einer Handfläche aufgestützt, betrachtete er in Gedanken versunken den Marmor Boden.

    Draussen vor der Tür des Tablinums


    Das Gespräch zwischen Falco und seiner Großnichte schien nun doch etwas länger zu dauern und einige Bedienstete, die den Flur entlang gingen, schielten Gabriel schon etwas misstrauisch an, als sie ihn da so rumsitzen saßen auf einer Bank vor dem Tablinum.
    Gabriel grinste sie zwar jedes Mal an, aber als er schliesslich angesprochen wurde, sagte er, dass er auf Falco warten würde. Doch schliesslich bat ihn ein Sklave, dass er doch so lange im Vestibulium verbringen könne, falls ein Gast zu Besuch kommen würde.
    Und so erhob er sich, während er leicht mit dem Kopf hin und her wibbte und die Augen leicht genervt verdrehte und maschierte schliesslich ins Vestibulium.

    Da die Großnichte von Falco vor ihm an der Tür war, blieb Gabriel natürlich draussen stehen und wartete. Aber dann dachte er, dass dieser Mensch, Falco, doch wirklich Glück hatte, so nette Verwandte zu haben, zumindest vom aussehen. Und Marcia schien ihm sogar recht freundlich und nicht ganz so arrogant wie Aelia.


    Also setzte er sich auf eine Bank, die in der Nähe stand und wartete geduldig. Lieber hier sitzen und nichts tun, als irgend etwas tun, was eh schief ging, wie etwa, den Brief an Victor zu übergeben. Nun musste Gabriel, als er sich diese Situatioin wieder vor Augen hielt, in sich hineinlachen.

    Gerade als Gabriel an der Tür zum Tablinum ankam, traf er auf die Dame, welche am Anfang, als er hier in die Casa Didia kam, neben Falco gestanden hatte und ebenfalls einige Worte an ihn gerichtet hatte.
    Gabriel neigte ebenfalls nun seinen Kopf zum Grusse und lächelte leicht.
    Und dann fiel ihm ein, dass er auch ihren Namen nolch nicht kannte und so sprach er sie kurz an.


    »Verzeih, würdest du mir sagen, wer du bist? Es leben hier so viele Herrschaften im Haus und sie wurden mir noch nicht alle vorgestellt.«
    Er blickte sie diesmal freundlich an, ohne ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen, obwohl ihm ihr reizendes Anlitz wieder einmal ins Auge fiel.

    Gabriel trat hinter Aelia ebenfalls ins Haus.


    »Wenn du noch etwas brauchst, ich stehe gerne zu DIensten,« sagte Gabriel noch und deutete eine leichte Verbeugung mit dem Kopf an, ohne dabei jedoch auf ein kleines schelmisches Grinsen zu verzichten.
    Und dann begab er sich ins Tablinum, um Falco von dem kurzen, aber heftigen Besuch bei Victor zu erzählen.


    Weiter im Tablinum

    »Ah ja,« murmelte Gabriel nur. Er dachte noch viel darüber nach, bis er schliesslich zu dem Entschluss kam, dass es nicht viel Sinn machte. Und der geborende Rebell war er dann auch nicht, denn das ward ihm inzwischen zu anstrengend. Also sagte er auch nichts mehr und ahnte, was er in ihren Augen nur war.
    Und so beachtete er sie auch nicht weiter, denn sie hatte es nicht verdient. Warum auch.

    Gabriel musste nun grinsen. So waren sie, die sogenannten Herrschaften.
    Nein, ihn hatte nur zu interessieren, was SIE interessierte, so dachte er.
    »Möchtest du, dass es mich interessiert?« fragte er wiederum gerade heraus. Und dann setzte er hinzu: »Ich meine, wirklich? Oder bin ich wie eine Statur, die man voll reden kann, weil sie ja nichts sagt?«

    Gabriel war kurz davor, auszurasten. Doch er blieb ruhig. Er wusste ja, welche Stellung er hatte. Also blieb er ruhig und begann seine Rolle zu spielen, so, wie es anscheinend alle wollten.
    Und doch konnte er das gerade heute nicht wirklich durchhalten, da er es einfach nicht gewohnt war.
    Aber da er an sich ein ruhiger Mensch war, versuchte er es diesmal nicht lächerlich oder provokant, sondern ruhig, denn im Gegensatz zu anderen, versuchte er sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen und sie schien Kummer zu haben. Auch wenn er wusste, dass sie ihm nicht das Herz ausschütten würde, so wollte er zumindest ihr das Gefühl geben, dass er sie versthehen wollte, wenn sie es denn überhaupt in Erwägung zog. Und so fragte er diesmal in sehr ruhigem Ton:
    »Willst du denn überhaupt, dass ich dich verstehe? Und wenn ich mal ehrlich sein darf, woher willst du denn wissen, ob ich dir kein Wort glaube?«
    Er machte eine kurze Pause und bereute schon wieder, was er sagte, es hatte doch wahrscheinlich eh keinen Sinn und doch setzte er sehr ruhig und ernst fot:
    »Ich gebe zu, ich weiss ja kaum, worum es geht. Wie soll ich dich da verstehen, oder die Sache?«
    Und dann sah er sie sehr ernsthaft an, ohne Belustigung in seinen Augen.

    »Nein, natürlich,« erwiderte Gabriel höflich. Er wollte nichts anderes sagen. Aber er wusste auch nicht, warum sie ihm das sagte und ob sie seine Meinung überhaupt interessierte, also antwortete er so, wie er glaubte, dass man es von ihm erwartete. Und doch sah er sie nun etwas genauer an und versuchte ihre Gedanken zu lesen oder zumindest zu versuchen, in ihrer Mimik zu lesen.
    Warum wusste er auch nicht. Vielleicht um alle hier besser einzuschätzen.

    Nun, als Aelia ihn so ansah, sah auch er sie an. Er hatte sich den ganzen Weg gedanken gemacht und war fast an dieser Art von Menschen verzweifelt. Er hatte sich auf seine Art bemüht, den Brief mit Entschlossenheit zu übergeben, aber nicht einmal das hatte etwas genützt. Stattdessen hatte Aelia ihm die Bürde abgenommen. Er war zwar irgendwie auch froh darüber, aber es zerrte doch langsam an seiner Ehre und vor allem an seinem Menschsein.
    Er merkte immer mehr, was er nur war: Ein Sklave und er hasste es und wusste nicht wirklich damit umzugehen.
    Aber den Weg über hatte er geschwiegen.
    Als ihn Aelia ihn nun aber so ansah, brachte er trotzdem kein Lächeln über die Lippen.
    Er guckte sie nur fragend an und machte sich auf irgendwas bereit, und sei es nur ein DOnnerwetter.

    Das reichte Gabriel entgültig und wenn er auch sonst ein fröhliher Geselle war, aber das ging entschieden zu weit.
    Er hatte den Auftrag von seinem Herrn Falco erhalten, den Brief abzugeben, auch wenn er diesen ungerne als seinen Herren betitelte, aber nun wurde ihm nicht einmal der Brief entgegengenommen und schien noch den Ärger abzubekommen, der eigentlich für andere bestimmt war.
    Nein, das reichte, und auch wenn Gabriel eigentlich ahnen musste, dass er sich damit Ärger einhandelte, er würde sich sowieso überall Ärger einhandeln, denn irgendwie schien es vollkommen egal, was er machte, alles schien falsch.


    Wenn er den Brief nicht abgeben würde, würde er vielleicht ebenso Ärger bekommen. Wo sollte das denn noch enden? Also entschloss er sich zum Handeln.
    Er machte einen Schritt auf den Herrn zu, blickte ihm kalt in die Augen und sagte, ziemlich warnend:
    »Erst sprecht ihr in einer Art und Weise mit dieser DAme, die eigentlich unter deiner Würde sein sollte und nun verweigerst du auch noch den Brief ihres Bruders???«
    Und dann drückte er dem Mann den Brief an die Brust und funkelte ihn weiterhin an. Sein Blick war eindeutig: Gabriel verlangte, dass er den Brief endlich annahm und der Mann gefälligst seine Selbstbeherrschung wiederfinden sollte.

    Gabriel sah dieser Szene inzwischen nur noch belustigt zu, da ihn das eigentlich eh alles nicht wirklich etwas anging. Er streckte noch einmal seinen Arm und den Brief Victor entgegen und egal, wer gerade etwas sagen wollte, so stiess er diesmal etwas heftiger hervor:
    »Dies ist ein Brief von Marcus Didius Falco, den willt du doch wohl nicht ignorieren?« Er funkelte den Mann nun an und fügte noch ein, wenn auch, leicht verächtliches »HERR!« dahinter.

    Gabriel trat hervor. Er machte weder eine Verbeugung noch die Andeutung eines Grusses. Wortlos überreichte er dem Mann den versiegtelten Brief.
    Aber in seinem Kopf gingen die Gedanken nur so umher. Worum ging es? Um eine Liebschaft? Verlobung?
    Gabriel dachte nur, dass er dies sehr interessant fand. Aber er hielt sich erst einmal weiter zurück, wenn es ihm auch fast sichtlich schwer fiel.

    Gabriel hielt den Mund, stattdessen sah er sich nur staundend um, auch wenn er es vermied, zu zeigen. Hier wurden also all die Kriminalfälle gelöst? Dies fragte er sich und war froh, in Rom deswegen noch nicht negativ aufgefallen zu sein.

    Gabriel dachte sich seinen Teil, aber der war nun geheim. Seine Mimik wurde ernster, denn er hatte keine Lust, sich weiter zu unterhalten.
    Wenn alle so in dem Haus werden würden, dann würde er bald abhauen. Er brauchte nicht erst noch die Erfahrung, ausgepeitscht zu werden, darauf konnte er hut verzichten. Aber er hasste es, so behandelt zu werden, auch wenn ihm klar war, was er in ihren AUgen war. Und so sagte er nur, und diesmal auch ziemlich arrogant:
    »Ich beabsichtige auch nicht, mich weiter mit dir zu unterhalten. Also schweigen wir doch lieber!«
    Und dann blickte er langsam ungeduldig zum Haus.

    Da sie nun nicht antwortette, war er etwas irritiert. Wollte oder konnte sie nichts sagen? War sie einfach nur genervt oder sprachlos.
    übertrieb er es? Woher sollte er es wissen? Er kannte diese Leute nicht und überhaupt wusste er wenig darüber, wie ein Sklave sich solchen Herrschaften gegenüber zu verhalten hatte.
    Und selbst wenn er es gewusst hatte, er hasste diese Spielchen von Überheblichkeit. Also konnte er nicht anders und ging das Risiko ein, auch wenn er provozierte:
    »Na? Auf einmal so still?« Er hatte den merkwürdigen Blick schon bemerkt. Und doch merkte er, dass er wohl über die Grenzen schlug. Und doch war es ihm egal. Er hatte eh nur sein Leben zu verlieren und er hasste diese Art der Leute; er war vielleicht nicht demütig, aber er war immer noch höflich, wenn auch etwas zu ehrlich und direkt.
    »Verzeih, wenn ich dich langweile. Aber ich bin ja auch nicht eingestellt, um dir die Zeit zu vertreibe.«
    Und dann lächelte er ihr einfach nur zu und richtete nun seinen Blick auf das Haus, so, als würde er nun auch genug von dieser Unterhaltung haben.