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~~ Archon Deinias von Lindos ~~
Die Lippen von Deinias kräuselten sich amüsiert unter dem weißen, wallenden Bart. Der Gedanke der Ideenlehre hatte er noch vor wenigen Tagen mit Agelades, einem dürren und missmutigen Anhänger Platons heftig diskutiert. So sehr, dass Agelades sich am Liebsten auf ihn gestürzt hätte und nur die beruhigenden Worte seines jungen Schülers ihn davon abhielt mit seinem Becher Wein auf Deinias einzuschlagen. Vor wenigen Tagen hätte Deinias nicht darüber gelächelt, wäre selber noch voll des Zornes gewesen, aber nun fiel ihm wieder auf, wie stark doch die Theorie der Ideen in den Köpfen der Menschen haften blieb. Deinias hob die Hand und strich nachdenklich den Bart über seiner Oberlippe glatt, der sich gleich darauf wieder zu kräuseln begann.“Ein interessanter Punkt den Du aufgreifst. Würde ich diesen in den Zusammenhang der Staatskunst benutzen? Nun, unrecht will ich Dir nicht geben. So etwas gibt es in der Suche nach Weisheit bei weilen nicht. Die Erziehung und somit das Streben einen reifen und vernünftigen Erwachsenen zu formen, entspringt doch sehr der Idee des Guten. Und darauf baut mit Sicherheit auch das Verständnis der Staatskunst auf. Wer vermag die Idee des Guten zu ergründen? Nun, denkt darüber nach und antwortet mir gleich.“
Deinias dachte kurz in sich hinein und bedauerte es, wie so oft in seinem Leben, nicht die Gabe des Sokrates zu haben, die Menschen mit ihren eigenen Worten zu der Antwort der großen Fragen führen zu können. Zudem mochte Deinias durchaus, wenn er sprach und die jungen Schüler hörten ihm zu. Besonders, wenn sie auch noch wissbegierig waren. Das schmeichelte Deinias Eitelkeit und dieser war beileibe nicht frei von Schwächen und Makel, auch wenn er versuchte, das stets zu verheimlichen. „Wahr hast Du gesprochen als Du das Bild der Höhle anführtest, soll sie den der das Wissen erlangen möchte, von der Welt des Werdens zur Welt des Seins führen.“ Genau an jenem Punkt war vor wenigen Tagen der Becher von Agelades angeflogen als Deinias mit Skepsis über die Wertschätzung all dieser Worte gesprochen hatte. „Dennoch auf die Staatskunst bezogen spreche ich mehr den Unterschied zwischen den Philosophen und den einfachen Männern an, die mit ihren Händen die Arbeit verrichten. Und so hast Du Recht, mein junge Freund. Sagt Platon doch: Wenn nicht entweder die Philosophen Könige werden in den Städten, sage ich, oder die, die man heute Könige und Machthaber nennt, echte und gründliche Philosophen werden, und wenn dies nicht in eines zusammenfällt: die Macht in der Stadt und die Philosophie, und all die vielen Naturen, die heute ausschließlich nach dem einen oder dem anderen streben, gewaltsam ausgeschlossen zu werden, so wird es mit dem Elend kein Ende haben, nicht für die Städte und auch nicht, meine ich, für das menschliche Geschlecht.“
Abermals stahl sich ein dünnes Lächeln auf die Lippen von Deinias, der von einem der Männer zu den Anderen sah. „Aber sicherlich fragt ihr euch, warum erzählt der alte Mann überhaupt all das Zeug. Na, was meint ihr, warum?“