Beiträge von Narrator Aegypti

    Der Archiprytane, die Hände hoch erhoben, wartete bis das Geplärre und Gezeter auf den Sitzreihen endlich aufhörte. Jetzt war seine große Stunde. Theatralisch erhob er seine Stimme:


    "Das Volk der Alexandriner hat sich hier und heute im Theatrum eingefunden, um frei geboren und unter freien Himmel aus freien Stücken seine Geschicke selbst und unabhängig zu bestimmen! Mit dem Segen der Götter und Kraft meines Amtes erkläre ich die heutige Ekklesia für eröffnet!"


    Er legt eine kurze Pause ein, um den Spruch auf die Bürger wirken zu lassen. Dann schreitet er mit dem Text fort, nun weniger pathetisch und ernsthafter.


    "Polites, Freut euch! Denn in seiner unendlichen Güte hat uns unser Basileus, der göttliche Iulianos einen neuen Eparchen gesandt! Lasst uns also nach alter Sitte Dekios Germanikos Korvos in unseren Reihen begrüßen! Kyrie Iulianos! Kyrie Roma!"


    Der Archiprytane senkt die Arme und wünscht sich ein Gläschen Wasser. Außerdem fragt er sich, wie oft er diesen Schwulst noch widerholen muss. Im Theaterrund dagegen hebt wieder ein Geschrei an, diesmal ein Geschrei des Jubels.

    Und genauso schnell wie alle auf die Knie sanken, als der Eparch die Straße betrat, standen alle wieder, nachdem eben jener seine Ansprache beendet hatte. Ein Geschrei und Getöse setzte an, welches das vorhergehende um Weiten übertraf. Kyrie Iulianos!Kyrie Roma! skandierte es aus aller Munde, vom Himmel regnete es Blumen in allen Formen und Farben und die Leute wedelten mit Palmzweigen, ein im Osten des Reiches typischer Brauch für den Empfang eines Gottes.


    Die Begrüßungsrede war ein voller Erfolg! Man konnte es zwar nicht erkennen, vor allem nicht, wenn man der römische Statthalter in Alexandria war, denn alles richtete sich nach Protokoll und nach außen hin hätten die Alexandrinier zu solch einer Zeremonie niemals gezeigt was sie wirklich dachten, aber wer sich unter der Menge der Bürger befand, konnte es ganz klar erkennen: Hie und da lästerten zwar einige der wie immer spottlustigen Alexandriner über die Rede, bei der sie Inhaltsleere oder den mangelnden religiösen Bezug anzumerken hatten, einige sprachen aber auch von einem erbaulichen Meisterstück und eine alte Witwe hatte Tränen in den Augen, so sehr gefiel ihr der strahlende Jüngling mit der festen Sprache.


    Nur ein paar Römer unter der Prozession hatten so ihre Schwierigkeiten, da sie nicht genau wussten, wie sich verhalten sollten. Sollten sie ebenfalls niederknien und dem Präfekten als Gott huldigen oder geziemte sich das nicht für römische Bürger? Eines der üblichen Probleme interkultureller Kommunikation.* Aber Alles in Allem hatte der Präfekt seine Feuertaufe bestanden.


    ____________
    *THX @ Medeia, dass sie mich auf die sicher anwesenden Rhomäer aufmerksam gemacht hat ;)

    Die Amtsträger marschierten natürlich ebenso feierlich und voller Würde in das Theater ein, wie es der Praefectus tat. Ihr Erscheinen hatte den Charakter einer religiösen Zeremonie (und in der Tat war es das eigentlich auch) und sie setzten sich auf ihre Stühle mitten auf der Theaterbühne, die nur ihnen vorbehalten waren.


    Als der Präfekt eintrat, verbeugten sich die Prytanen ehrfürchtig um den Mann zu grüßen und der Rest des Theaters tat es ihnen gleich. Der Eponminatograph freute sich sichtlich darüber, dass der Praefectus anscheinend über gute Berater verfügte und seinen Platz an der Ehrentribühne annahm. Er hatte schon den ein oder anderen Präfekten miterlebt, der sich bei seinem ersten Besuch den faux pas erlaubte, sich zu den Prytanen zu setzen, wo er diskret darauf hingewiesen wurde, dass das nicht sein Platz sei. Denn die Alexandriner mochten es nicht besonders, wenn jemand ihre Sitten und Bräuche verletzte, ein denkbar schlechter Einstieg für einen Prafekten. Aber heute schien alles glatt zu laufen.


    Der Archiprytane stand auf und hob beide Hände in die Höhe um die versammelten Bürger zur Ruhe zu weisen und die Ekklesia zu eröffnen...

    Kaum öffnen sich die Tore der Basileia, erklingt ein atemberaubendes Getose und Gejohle. Jubelschreie aus myriaden von Kehlen ertönen: Kyrie, Kyrie!, alle möglichen Götter werden angerufen und Statthalter und Kaiser in den höchsten Tönen gelobt. Das ganze Schauspiel wird in einem Blumenmeer gebadet, aus der Zuschauermenge, von den Dächern, aus Körben und Füllhörnern regnen Blüten und Blütenblätter und bedecken die Rüstungen der Soldaten. Bauchige Rauchbecken schwängern die Luft mit Düften von Weihrauch und allerlei Gewürzen. Man sieht sofort: Die Alexandriner lassen sich nicht lumpen, ihren Präfekten angemessen zu empfangen.


    Als der Eparch selbst aus dem Tor heraus tritt, verstummt die Menge plötzlich wie auf Kommando. Wie eine Welle breitet sich ehrfürchtiges Schweigen aus, von vorne, wo die Leute den Präfekten als erstes sahen, immer weiter bis hin zur Agora. Und mit der Welle der Verstummung bewegt sich eine andere Welle durch die Zuschauer: Alle knien sich auf einmal nieder.


    Nach einer kleinen Pause treten ein paar Priester in Prozessionsgewand vor und stimmen einen Hymnos auf Kaiser Iulian an, der sogleich aus tausenden von Mündern erklingt:


    "Heil dir gesalbter Sohn des Serapis,
    Geliebter der großen Göttin,
    Dionysos auf Erden,
    Der du die Meere und Länder bezwingst,
    Der du dem Menschen Recht und Gesetz bist,
    Der du die Witwen und Weisen schützt
    Und die Armen und Trostlosen nicht alleine lässt,
    Heil dir, wandelnder Gott auf Erden,
    Gestirn das den Tag erhellt,
    Iulianos,
    Erhabener,
    Basileus,
    Autokrator,
    Sebastos,
    Kaisar,
    Göttlicher Wohltäter,
    Herr über die drei Erdteile,
    Heil dir, Herr der Elemente,
    Wir grüßen dich!"


    Nachdem die Priester ihren Gesang beendet haben, ist es wieder still. Alles kniet weiter und wartet auf die Antwort des Eparchen.

    Fröhlich, teils schon sehr erbittert und manche voll der Inbrunst über die kommenden Tagespunkte wurde in dem großen Theater bereits diskutiert. Währenddessen füllten sich das Theater weiter. Ein besonders eitler Gecke betrat das Theater im Gefolge von zahlreichen Sklaven, die wie Liktoren ähnlich ihm den Weg bereiteten. Der dicke Mann mit einer hohen, schwarzen Perücke und ägyptischer Schminke, dazu einem leuchtend rot und goldenem Gewand fühlte sich scheinbar als einer der wichtigsten Männer des Tages. Als oberster Priester der synnaoi theoi hatte er heute die Aufgabe dem Stellvertreter des Kaisers, den Praefectus Aegypti, in der Ekklesia und dem politischen Leben willkommen zu heißen. Genau genommen eigentlich nur mit einem symbolischen Akt, der Rest würde wie immer von den Amtsträgern voll führt werden. Doch für diesen kleinen symbolischen Akt hatte sich der Priester zünftig in Schale geworfen mit einem intensiv duftendem Moschusgeruch eingehüllt und watschelte nun blasiert durch die Menschenmenge.


    Auf der Ehrentribüne wurden noch die letzten Maßnahmen ergriffen. Zahlreiche Sklaven eilten hin und her und rückten noch mal die Überdachung zurecht, die den Praefectus vor der heißen Sonne schützen sollte. Manch einer der alexandrinischen Bürger starrten nicht angetan von all dem Pomp nach oben, widmeten sich dann jedoch wieder dem aktuellen Tagesgeschehen und den zahlreichen eifrig geführten Diskussionen.


    Noch ein weiterer eitler Pfau betrat das Theater. Ein schlaksiger, junger Mann, groß gewachsen und mit zahlreichen Kringellöckchen. Ebenfalls ein Abkomme der einflussreichen Krateidenfamilie, wenn auch ein junger Spross und noch unerfahren auf dem Parkett der Politik. (Namentlich auch als Kalikleas bekannt.) Doch eingebildet, als ob er schon alle Ämter durchlaufen und die Welt gesehen hätte, wandte er seine lange Nase mal nach rechts, dann nach links und ging, gefolgt von seiner Anhängerschar, zu der rechten Seite des Theaters, wo er sich nieder setzte.


    Aufmerksame Beobachter sahen überall die jetzigen Amtsträger, auch der Gymasiarchos war zu erspähen. Somit würde es sicherlich nicht mehr allzu lang dauern, bis die Ekkklesia offiziell eröffnet wurde. Schließlich war nur bis Sonnenuntergang Zeit alle Punkte zu klären und Wahlen zu vollführen. Doch scheinbar wurde noch auf eine Person gewartet...

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    ~~Milon~~


    Grimmig und immer noch rot wie eine Tomate* starrte Tychios von dem Epheben Akhom zu den nun endlich getrennten beiden Epheben, die einige Schrammen und Blut im Gesicht trugen und dann zu dem Ausbilder Milon. Dieser sah kalt zu dem Gelehrten zurück. „So? Aneinander geraten bei einer Übung. Ja, sind wir hier denn unter Kindern? Pah, also wirklich. Und was ist mit Dir, Milon? Siehst Du es etwa nicht mehr als Deine Pflicht an, die Epheben zu überwachen? Ist Dir das Faulenzen wichtiger als Deiner Arbeit nachzugehen? Das ist wirklich unerhört, unerhört.“ Tychios spuckte in seinem Ereifern einigen Speichel von sich. Der jüngere Gelehrte trat hinzu und fuhr sich bedächtig an seinen schwarz gelockten Bart. „Werter Tychios, so schlimm ist das nun auch wieder nicht...“, wollte er vermittelnd eingreifen. Doch Tychios schüttelte heftig den Kopf. „Oh nein, der Gymnasiarchos wird davon erfahren. Deine Tage, Milon, sind an dem Gymnasion gezählt. Taugenichtse können wir hier nicht gebrauchen. Ich hatte Dich schon einmal gewarnt.“ Strafend ging der Blick des Gelehrten über die Epheboi. „Und ihr! Nehmt euch zusammen, schließlich seid ihr die Zukunft Alexandrias....oh wie mir jetzt schon graut. Es geht alles den Bach hinab.“ Bei den letzten Worten wandte sich Tychios ab und verließ Kopf schüttelnd auf der anderen Seite den Platz.


    Eiskalt richtete Milon seine Augen zuerst auf die beiden Streithähne, dann auch auf Akhom. An Alexandros und Antipatros gewandt, meinte er schließlich (und das mit einer sehr leisen, rauhen Stimme, aber sehr durchdringend dabei). „Ihr scheint zu viel Energie zu haben. Dem kann ich abhelfen. Lauft, und zwar immer die Runde, bis ich sage, dass ihr aufhören sollt.“ Milon sah zu den anderen Epheben, von denen manche hämische, andere wiederum betretene Gesichtsausdrücke offenbarten. „Und ihr macht weiter!“ Milon trat zu Demetrios und deutete ihm, sich einem anderen Trainingspartner zu suchen, dann stellte er sich vor Akhom. „Und so einen fixen und rede-freudigen Epheben sollte ich doch persönlich unter meine Fittiche nehmen.“ Milon klatschte in die Hand, damit das Training weiter ging. Im gleichen Moment schnellte Milon vor und versuchte Akhom zu packen, um diesen unter den Achseln zu um greifen und gen Boden zu bringen.






    *wenn jemand diese Frucht schon gekannt in Alexandria in jenem Jahrhundert hätte

    Die Sonne strahlte schon am Morgen heiß und erbarmungslos auf die Stadt hernieder. Doch gleichwohl die Bewohner von Alexandria noch ganz im Taumel der Begrüßungsfeierlichkeiten des Praefectus und die Leute von all den Ereignissen und Feiern aufgekratzt waren, so bahnte sich ein weiteres großes Ereignis an.


    „Bürger Alexandrias, heute ist die Ekklesia. Alle, die als Polites Alexandrinos gelten, sind aufgerufen an den Geschicken und dem öffentlichen Leben der Stadt teil zu haben. Kommt herbei, kommt zahlreich. Die Ekklesia findet im Theater statt.“


    Über all in der Stadt marschierte ein Keryx, ein Herold entlang, und rief die Bürger der Stadt dazu auf sich im Theater zu versammeln. Sein Heroldstab pochte dabei laut auf dem steinigen Untergrund. Und schon seit Tagen war die Ekklesia das wichtigste Gesprächsthema, nach der Ankunft des Praefectus in Alexandria. Die Menschen strömten schon am frühen Morgen in Richtung des Theaters, um diesem Spektakel und wichtigem Ereignis des Jahres beizuwohnen. Vor dem Theater standen einige Männer des noch amtierenden Strategos und begutachteten die heran nahenden Menschen mit Argusaugen. Einer der Männer, ein grobschlächtiger Kerl, packte einen Mann an der Schulter. „Moment! Keine Metöken...bist Du auch ein Polites...? Hah, hab ich mir doch gedacht.“ Mit einem Schlag auf den Rücken wurde der Mann fort getrieben, der sich in die Ekklesia einschleichen wollte, obwohl er doch kein Bürger der Stadt war und die Ephebia nicht abgeschlossen hatte.


    Um das Theater waren schon früh am Morgen zahlreiche Buden aufgebaut worden. Fliegende Händler drängten sich durch die Menschenmasse. Ein kleiner Jahrmarkt schien sich hier zu entwickeln. Kissen wurden verkauft, getrocknete Datteln und süßlicher, ägyptischer Dattelwein. An andere Stelle machten sich die Zauberer und Wahrsagerinnen bereit, um den Bürgern noch schnell einen Ratschlag oder einen Wahltipp mit auf den Weg zu geben. Oder um ihre Zaubermittel oder Amulette noch an den Mann zu bringen. Zahlreiche Katzen streunerten zu den Füßen der Menschen. Einige römische Soldaten marschierten vor das Theater, misstrauisch beobachtetet von so manch einem der Hellenen. Arme griechische Alexandriner, Polites in reichen Gewändern und mit zahlreichen Sklaven oder so manch ein Eingebürgerter betrat das Theater, um an der Volksversammlung teilzunehmen.


    So auch Kallinos und Lydos. Beides Männer aus dem Randgebiet des Brucheion. Zügig hatten sie sich noch einige Datteln und etwas Dattelwein gekauft, Lydos noch eine alte ägyptische Hexe um Rat gefragt ehe beide in das Theater traten und sich nach ihrem Demagogen umsahen. Ohne Zaudern setzten sie sich in den Wahlblock, dem sie angehörten. „Sind viele Leute zur Wahl aufgestellt?“, fragte Lydos und kaute dabei einige Datteln. „Hm...keine Ahnung, Skopas wird schon wissen, für wen wir stimmen sollen. Aber ich hab gehört, es sind ein paar neue Gesichter dabei.“, erwiderte Kallinos. Lydos hob die Augenbrauen. „Ach, tatsächlich?“ Kallinos nickte bekräftigend. „Jawohl, die wollen den Krateiden an den Sack gehen.“ Lydos lachte lauf auf. „Na, mal sehen, nicht solange wir hier abstimmen können.“ Beide kicherten vergnügt. „Meinst Du, die bringen das noch mal wegen der neuen Weinsteuer...“, fragte Lydos dann. Kallinos zuckte mit der Schulter. „Nicht, wenn sie nicht noch mal so eine Schlägerei haben wollen...“ Beide sahen auf als Skopas an sie heran trat und einige freundliche Worte mit ihnen wechselte.


    Und das Theater füllte sich weiter...

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    ~~Milon~~


    Schon während die ersten Aufeinander gingen, trat ein älterer Mann an Milons Seite. „Milon, ich habe mit Aleuxos gesprochen. Er ist einverstanden wegen dem Geld. Hast Du einen Moment?“ Milon sah zu den jungen Epheben, die sich gerade auf einander stürzten und befand, dass sie auch alleine trainieren konnten. So wandte er ihnen gleich darauf den Rücken zu und trat hinter einige Säulen, um mit dem anderen Griechen schnell noch eine (für Milon) wichtige Angelegenheit zu besprechen. So entging Milon der Angriff des jungen Epheben Alexandros (mehr wohl sein Sträuben der Übung gegenüber) und auch die beginnende Keilerei nicht. Erst als das Anfeuern bis zu den Säulen drang, hob Milon, der interessiert eine tönerne Scheibe musterte, die ihm der Grieche gereicht hatte, den Kopf und spähte zwischen den Säulen hervor.


    Doch das Johlen dröhnte nicht zu bis zu dem Athleten, sondern auch zu zwei Gelehrten, die gerade das Gymnasion beide im Chiton gewandet den Übungsplatz des Gymnasions betraten. Der Jüngere der beiden Männer hob seine buschigen schwarzen Augenbrauen, während der Zweitere, der deutlich um zwei Dekaden älter war und auch mehr als 40 Pfund mehr als der Erste wog, verblüfft den Mund aufsperrte. „Das...das ist doch...unerhört!“ Sofort marschierte der Mann auf die Gruppe von Männern und seine Stimme kletterte eine Oktave höher. „AUSEINANDER! SOFORT!“, schrie er gellend. Milon hatte sich gerade aus den Schatten der Säulen gelöst und trat schnell zu den jungen Männern, um sich durch die Schaulustigen zu den Prügelnden durch zu drängen. Milon packte einen der beiden jungen Männer, um die Beiden zu trennen. Ruckartig riss er ihn zurück und wich gerade noch einem Faustschlag aus, der wohl dessem Kontrahenten (Alexandros oder Antipatros, Milon wußte es nicht so genau) gegolten hatte.


    Entgeistert und mit aufsteigender Zornesröte im Gesicht, die seltsame weiße Pusteln auf seinem Antlitz offenbarten, starrte der griechische Gelehrte auf die jungen Männer. „Was hat das zu bedeuten? Sind das etwa die neuen Epheboi? Oh, wenn das der Gymnasiarchos erfährt, wenn das der Gymnasiarchos erfährt...“ Milon starrte grimmig auf die Epheboi und dann zu dem Griechen. „Nur jugendlicher Übermut, werter Tychios...?“ Unwirsch wischte Tychios diesen Einwand zur Seite. Er sah sich suchend um und deutete auf Akhom. „Du! Sprich, was hat sich hier zugetragen?“




    SimOff:
    Tschuldige, was letzte Zeit etwas verhindert. Ansonsten, super. Find das sehr gut :)

    Mittlerweile graute der Morgen und die schläfrige Nachtwache am Tor staunte nicht schlecht über das, was sie da sah: Beide Seiten der Wege vom Tor weg waren überfüllt von Griechen in Festtagskleidung. Ein riesiges Menschenheer! Zuerst dachte die Wache an einen Aufstand aber Aufstände hatten selten diesen geordneten Charakter. Außerdem waren sie in der Regel deutlich lauter! und bewegter. Nein, das ganze machte eher den Eindruck als würden sie alle auf Jemand warten.


    In der Mitte des Weges stand ganz offensichtlich ein Empfangskomittee: Die Archonten und Prytanen standen, flankiert von den Epheben, die große Schilder mit den Abbildungen verschiedener Gottheiten trugen, in Festagskleidung, geschminkt, bekranzt und mit den für die Prytanen charakteristischen Purpurschuhen vor dem Tor. Die Prytanen, an erster Stelle hatten allesamt einen zufriedenen Gesichtsausdruck.


    Ein paar Reihen weiter hinten rechts hielt ein Blumenmädchen die Spannung nicht mehr aus und warf schon mal eine Handvoll Blüten auf die Straße. Irgendwo anders schrie ein Baby.


    Jetzt fehlte nur noch der Präfekt...


    Sim-Off:

    Ab jetzt kann und sollte jeder hier mitspielen. ;) Die Epheben sollten bitte bedenken, dass sie mit den Prytanen in der Mitte der Prozession mitgehen. Viel Spaß. :)

    Von nun an herrschte in der Stadt hektisches Treiben: Herolde liefen laut brüllend durch jede Straße und hämmerten an jede Tür, so dass man meinen konnte, der Krieg sei ausgebrochen (was, ehrlich gesagt, ja zusätzlich stimmte, aber das ist eine ganz andere Geschichte). Bürger aller Coleur wachten auf und machten sich daran, ihre Pflicht zu erfüllen. Man warf sich in Festtagskluft, schmückte und bemalte die Häuser (die Phatrien spielten einmal wieder ihr beliebtes "wer hat den Schönsten Häuserblock"), die Straßen wurden von jeglichen Dreck gereinigt und das Pflaster mit den Duft von Rosen, Jasmin und allen möglichen Gewürzen gesprenkelt um den üblichen Gestank zu vertreiben. Die Tore der Tempel wurden weit geöffnet, so dass die Götterbilder auch einmal frische Luft bekamen und dem kommenden Spektakel zusehen konnten. Entlang den Häuserfassaden und über die Boulevards wurden bunte Girlanden aus allerlei Pflanzenwerk gespannt, die Springbrunnen wurden aufgedreht und jemand kratzte noch einen Klecks Taubendreck von einer Inschrift. Jede Statue in der Stadt, die nicht niet- und nagelfest war, wurde an den Weg gestellt und die Händler beeilten sich, ihre Geschäfte zu öffnen, damit die hungrigen Festteilnehmer mit der Verpflegung nicht allzu lange warten mussten.


    Man entschied sich für die Aufstellung der Prozession für den Argeus-Boulevard hin zum Alexanderplatz, von wo aus der Weg über den Meson Pedion weiter ging hin zur Agora, wo die Prytanen den Präfekten empfangen würden und große Reden geschwungen werden konnten.

    Normalerweise war es um diese Uhrzeit still und dunkel im Tychaion. Nur das Prasseln des Ewigen Feuers der Polis erhellte den runden Saal hinter den geschlossenen Toren des Tempels. Will man den Stadtlegenden der Alexandriner Glauben schenken, war dies die Zeit, in der die Stadtgötter nachts ungestört ihr eigenes Konzil abhielten. An diesem Abend kamen die Götter aber nicht weit: Das Knacken des Schlüssels im Schloss schreckte sie aus ihren Ratsgesprächen und so machten sie sich daran, zu den Nischen ihrer Schreine zurück zu kehren und wieder einmal für einen Tag lang so zu tun, als seien sie nur einfache Statuen für die Heiligtümer. Schenkt man den Ammenmärchen der Alexandriner hingegen keinen Glauben, so hat sich nichts im Saal verändert, außer dass er sich langsam mit verschlafenen Prytanen in Nachtkleidung füllt.


    Denn natürlich blieb die Ankunft der "Alexander" nicht unbemerkt: Die Hafenwächter und Lotsen, waren naturgemäß die ersten, die mitbekamen, dass das Schiff sich den heimatlichen Gefilden näherte. Da diese Berufsgruppe den eindeutigen Befehl erhalten hatte, nach eben genau jenem Schiff Ausschau zu halten, ging diese Entdeckung auch nicht so einfach unter. Im Gegenteil: Es dauerte nicht lange, da waren alle, die sich von den Geschäften des Tages ausruhten, wieder hellwach und auf den Beinen. Die Prytanen wurden unsanft aus ihren Betten gerissen und eilten zum Prytaneion. Der Praefectus war angekommen und zum Zeichen der Treue der Polis zu ihrem Basileus musste schnellstmöglich alles organisiert werden. Wichtige Vorarbeit wurde zwar bereits geleistet, die Götterbilder waren politert und Bereit für den Transport aus den Tempeln, die Blumenkränze und -Körbe lagerten in den Speichern, die Epheben hatten ihre Schuhe geputzt und man wusste genau welcher Bürger bei der Zeremonie wo stehen würde. Sogar den Juden und Ägyptern räumte man bei dieser Gelegenheit das Recht ein, dem Empfang beizuwohnen - in der zweiten und dritten Reihe natürlich. Die Planung bis dahin war recht einfach, denn genau genommen sah jeder Empfang eines jeden Praefectus seit der Zeit des göttlichen Augustus genau gleich aus.


    Nur eine Kleinigkeit fehlte noch und ohne diese würde alles ins Wasser fallen: Man musste den ganzen Aufwand noch bezahlen. Denn die Händler und Künstler der Stadt, obwohl sie natürlich glühende Patrioten waren, brauchten auch was zu essen. Und ohne diese Leute würde sich der Empfang als ein wahres Trauerspiel gestalten. Und das konnte keiner zulassen, der der Meinung war, Alexandria sei die schönste und bedeutendste Stadt des Reiches. Man braucht nicht extra zu erwähnen, dass jeder der Prytanen so dachte. Aber Vaterlandsliebe und Gelbeutel lassen sich eben nicht immer miteinander vereinbaren.
    Der Betelnusskauende Verwalter der Stadtkasse ging seufzend die Listen durch und merkte hie und da an, dass noch so einiges fehlte, während die alten Herren versuchten, sich vor allzu hohen Zahlungen zu drücken und sich gegenseitig die Hauptlast zuschieben wollten.


    Das heftige Gezeter und Debattieren hatte auch den netten Nebeneffekt, dass die verschlafene Runde langsam aufwachte. Man einigte sich auf dem Kompromiss, städtische Schuldscheine auszufülllen, die dann die nächste Generation von Prytanen beziehungsweise, wenn alles gut läuft, der Praefectus selbst, bezahlen durfte. Ansonsten ruhte man sich auf seinen Lorbeeren aus, beglückwünschte sich gegenseitig und ging wieder nach Hause...


    Ach so: Und natürlich wurden Herolde ausgesandt, die ordentlich Radau machen sollten, damit in der Früh alles auf den Beinen sein sollte...

    Natürlich war die "Alexandria" nicht das einzige Schiff, dass um diese Zeit die Gewässer vor der ägyptischen Küste nahe Alexandria befuhr. Auch einige Fischerboote dümpelten in den sanften Wogen. In diesen kleinen Nusschalen gingen die Bewohner der Küste ihrer alltäglichen Arbeit nach und so erregte das plötzliche Auftauchen der Trireme unter ihnen natürlich sofort Aufmerksamkeit.


    "He, was ist das da hinten denn für ein Schiff?"
    "Keine Ahnung. Wahrscheinlich ein Handelsschiff..."
    "Handelsschiff? Worauf warten wir dann noch?"


    Sofort holten die Fischer in den verschiedenen Booten ihre Netze ein und per kleinen Spiegeln, Glasscherben und Metallgegenstände wurden Signale von Boot zu Boot gesetzt. Wie fast alle Küstenbewohner des Mare Internum, vor allem an den großen Handelsrouten, hatten sich auch die ägyptischen Fische das Entern und Ausrauben vorbeifahrender Handelsschiffe zum lukrativen Nebenerwerb gemacht. Sicher, ein nicht ganz ungefährliches Gewerbe, aber auf jeden Fall gewinnversprechender als immer nur die elendige Fischerei...


    Schon näherten sich die ersten Boote der Trireme. Der in den meisten Gegenden übliche Piratentrick, die Schiffe durch falsche Lichtsignale zum Kentern zu bringen, funktionierte in dieser Gegend wegen der Dominanz des Leuchtturms nicht. Deshalb hatten sich die Fischer darauf spezialisiert, den Schiffen den Weg abzuschneiden und sie auf eines der hier häufig vorkommenen Riffe auflaufen zu lassen.


    "Beim Osiris..."
    "Was denn?"
    "Aktion abbrechen! Sofort!"
    "Jetzt langts aber, was soll das denn werden -"
    "Schau halt hin, du Idiot! Weißt du, was für ein Schiff das ist?"
    "Oh... AKTION ABBRECHEN! SOFORT!"


    Ein paar Lichtzeichen wurden zwischen den Booten abgefeuert und so schnell sie gekommen waren, verschwanden die Schiffe auch wieder. Aber sie kehrten nicht zu ihren Fischgründen zurück, sondern machten sich unverzüglich auf dem Weg zu ihren Dörfern an der Küste. Jeder wollte die frohe Botschaft zuerst an Land bringen:


    Der neue Praefectus Aegypti war angekommen!


    Sim-Off:

    Willkommen in Ägypten, Praefectus :)

    Alexandrinischer Kalender


    Der Alexandrinische Kalender basiert auf dem altägiptischen Kalendersystem, das von Augustus durch die Einführung eines Schalttages mit dem julianischen Kalender synchronisiert wurde. Ein Kalendermonat besteht aus 30 Tagen, die in jeweils 3 Dekaden zu 10 Tagen aufgeteilt sind. Am Ende des Jahres werden die 5 Epagomenen gefeiert die jeweils einer Gottheit gewidmet sind, in Schaltjahren 6. Der Alexandrinische Kalender ist das gültige Kalendersystem für die ganze Provinz.
    Die Feiertage speisen sich aus 3 Quellen: Ägyptische Feiertage, Griechische Feiertage und spezifisch alexandrinische Feiertage. Während die ägyptischen und alexandrinischen Feiertage sich nach dem Sonnenjahr richten, richten sich die griechischen nach Mondmonaten, weswegen die Bestimmung der griechischen Feiertage sich oft etwas schwieriger gestaltet.
    Insgesamt sind mehr als die Hälfte der Tage im Jahr Feiertage.


    Für die Einhaltung des Ablaufes des Kalenderjahres ist der Eponminatographos zuständig!


    Achet/Kore (Juni - Oktober)


    Peret/Demeter (Oktober - Januar)


    Schemut/Persephone (Februar - Mai)


    Epagomenen
    1. Tag: Fest des Osiris (27. Mai)
    2. Tag: Fest des Horus (28. Mai)
    3. Tag: Fest des Seth (29. Mai)
    4. Tag: Fest der Isis (30. Mai)
    5. Tag: Fest der Nephtys (31. Mai)
    [6. Tag: Schalttag; Alle 4 Jahre]


    (wird noch erweitert)

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    ~~Milon~~


    Milon trat an den Rand des Stadion und wartete bis auch der Letzte einen Trainingspartner gefunden hatte. Wie immer lief das nicht von alleine statt, blieben doch immer bei einer solchen Wahl einige Einzelne oder gar einer zurück, die keinen Partner gefunden hatten. Erst als all das geklärt war hob Milon, der seine Arme vor seiner nackten Brust verschränkt hielt, wieder seine Stimme zum Sprechen an. „Im Grunde genommen ist jeder Handgriff, jede Stellung gut genug, um einen Gegner zu Fall zu bringen und den Sieg über ihn zu erringen. Doch wie ich schon Anfangs erläutert habe, legen wir Hellen viel Wert auf Ehre und Rechtschaffenheit, so insbesondere im Ringen.“ Milon marschierte auf und ab und betrachtete die jungen Epheben. „Kein Schlagen und kein Beißen.“ Neben der Reihe von Ephebos blieb Milon abermals stehen.


    „Es gibt verschiedene Griffe wie das Umgreifen eines Oberschenkels. Zieht ihr diesen hoch, dann kann der Gegner den Stand verlieren und ihr könnt ihn mit Schwung auf den Boden werfen. Zudem könnt ihr den Leib eures Gegners umfassen und ihn so auch zu Fall bringen. Oder ihr tretet ihm mit der Ferse ins Knie, umschlingt seinen Hals und drosselt ihn, schlagt mit der Stirn nach der Seinigen oder drückt seine Finger zusammen. Bis auf die ersten beiden Methoden wollen wir heute davon jedoch nichts üben, sind doch die Letzten mehr etwas für die Fortgeschrittenen unter euch. Doch wir fangen an mit dem Umgreifen des Oberschenkels oder des Leibes. Die Reihe zu meiner Seite beginnt mit dem Angriff.“ Milon deutete mit seinem Kinn auf die Reihe vor sich, in der auch Akhom stand. „Die andere Seite versucht sich diesen Angriffs zu erwehren.“ Dann trat der Lehrer an die Seite und klatschte kräftig in die Hände als Zeichen, dass die jungen Epheben beginnen konnten.

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    ~~Milon~~


    Bedächtig stand Milon und wartete auf den Angriff des jungen Epheben. Ruhig lag der Blick des Sportlers und Ausbilders auf Akhom, sah ihm dabei in die Augen und registrierte trotzdem jede kleine Bewegung, die der Körper seines Gegenüber machte. Und es war als ob Milon schon wusste, bevor Akhom es tat, was dieser vor hatte. Milon wich der Bewegung des jungen Mannes aus, packte ihn gleichzeitig unter den Achseln und beförderte ihn mit einer schnellen, fließenden Bewegung und zu Hilfenahme seines Beines auf den sandigen Boden. Milon drückte ihn herunter, sah aber völlig unbeteiligt auf Akhom herab und ließ ihn dann wieder los. Geschmeidig erhob sich der Mann, der doch schon das beste Alter eines Ringes überschritten hatte und nun seine Lebensweisheit, mehr seine Erfahrung in den olympischen Disziplinen den Männern weiter gab.


    Einige Sandkörner fielen von seinem Knie herunter und er reichte Akhom die Hand, um ihm beim Aufstehen zu helfen. „Beobachtet euren Gegner gut. Denn an seiner Haltung, seinem Blick mit den Augen könnt ihr schon vieles voraus ahnen. So manch ein unerfahrener Gegner sucht sich mit den Augen die Stelle, die er angreifen will am Körper seines Gegners. So seid ihr gewappnet, ehe er sich überhaupt bewegt hat. Seht eurem Gegner immer in die Augen, denn so vermögt ihr ihn zu täuschen und eure Absichten zu verbergen und gleichzeitig kann es euch möglich sein, die seinigen zu erraten.“


    Milon verstummte einen Augenblick und entsann sich an seine Ausbildung, die doch schon viele Jahrzehnte her war. Er war mit der Zeit zu einem erfolgreichen Ringer aufgestiegen, hatte jedoch nie den Erfolg seines Konkurrenten Amasis. „ Ihr stellt euch gleich jeweils zu zweit auf. Wir fangen dann mit den Grundgriffen an- Angriff und Verteidigung. Doch zuerst möchte ich, dass ihr alle einige Runden lauft und euch dehnt. Denn erst ein geschmeidiger Körper ist ein leistungsfähiger. Ich habe schon oft gesehen, wie sich ein Mann schwer verletzt hat, weil er seinen Körper vor den Kampf vernachlässigt hat.“ Milon deutete auf das Stadion und fing selber an, die Runden zu drehen. Da er jeden Tag hier war, vermochten ihn die wenigen Runden nicht aus der Puste zu bringen. Doch er lief so lange, bis auch der letzte Ephebe schwer atmete.


    Hört, Alexandriner!


    Im Namen des alexandrinischen Volkes folgender Beschluss: Alle Bürger der Stadt Alexandria sind aufgerufen sich am ID IUL DCCCLVII A.U.C. (15.7.2007/104 n.Chr.) im Theatron zur



    EKKLESIA


    zu versammeln um nach alter hellenischer Sitte und Brauch in Autarkie, Autonomie und Demokratie über die Geschicke ihrer Polis zu entscheiden!

    Tagesordnung:

      [*]Ehrung des neuen und des alten Eparchen der Rhomäer[*]Wahl der Prytanen und Archonten[*]Anträge der Bürger


    Das Prytaneion.

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    ~~Milon~~


    Der Sportler und Ausbilder Milon sah zu Akhom und hob seinen rechten Mundwinkel. „So, hast Du? Na, dann komm mal in die Mitte.“ Milon deutete auf den Platz vor sich. „Und ihr...“ Er sah zu dem Rest der Gruppe. „Tretet auch näher, damit ihr auch genau zuschauen könnt.“ Milon bückte sich und griff in den Sand, zerrieb die Körner zwischen seinen beiden Handflächen. „Der Ringkampf, Pale genannt, gehört mit zu den fünf Disziplinen der olympischen Spiele.“


    Milon richtete sich wieder auf und sah zu der Gruppe von jungen Männern. „Gewandheit und Schnelligkeit vermag Kraft und Größe durchaus auszugleichen. Doch das werdet ihr noch in den nächsten Wochen erfahren. Doch zuerst: Kratzen, Beißen, Spucken, unfaire Tricks, das Treten zwischen die Beine und in die Augen stechen ist verboten.“ Einen Epheben, der das letzte einmal gewagt hatte, den hatte Milon vor einigen Monaten windelweich geprügelt und eigenhändig aus dem Gymnasion geworfen. Aber Milon war auch berüchtigt für seine jähzornigen Ausbrüche, wenn ein Gegner unfair kämpfte.


    „Ansonsten gibt es zwei Varianten. Die Eine des Ringen, die nur den oberen Teil des Körpers als Angriffsfläche nutzt und dann die Zweite, die den ganzen Körper einsetzt. Wir werden mit der Letzteren anfangen.“ Milon deutete Akhom noch näher zu kommen und suchte mit seinen Füßen einen festen Stand im Sand, rechtes Bein etwas nach hinten, Linkes vorne. „Dann greif mich an, Ephebos!“ Zwei junge Männer flüsterten leise mit einander. Brocken wie: 20 Drachmen auf den Olympiaten! oder Ich wette doch nicht auf den! drangen bis zur Mitte. Milon sah mit finsterem Blick zu den beiden jungen Männern, die hastig verstummten.

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    ~~ Archon Deinias von Lindos ~~


    Aufmerksam sah der Archon zu den jungen Männern, die allesamt zwischen dem sechzehnten oder zwanzigsten Sommer standen. Mit einem milden Lächeln auf den Lippen, denn die Laune des Archon war heute ausnehmend gut und er weniger wirsch wie an manchen Tagen, sah er zu dem etwas dicklichen Ephebos. „Die Perfektion anzustreben ist ein lohnenswertes Ziel, aber sicherlich werden viele Männer, so wie ich auch, ihr ganzes Leben dafür benötigen, um dorthin zu gelangen oder es nur im Ansatz zu erreichen. Nein, Du musst dieses während der Ausbildung nicht schaffen. Dennoch erwarte ich, dass ihr euer Bestes gebt.“


    Die nächste Frage war nicht ganz unberechtigt, befand der Archon. Es war auch nicht das erste Mal, dass ihm diese gestellt wurde. Er neigte zustimmend den Kopf. „Da magst Du recht haben. Die römischen Legionen ziehen in den Krieg und die Römer sorgen für die Sicherheit in der Stadt. Dennoch, es ist und war Tradition, dass ein griechischer Mann, sein Heim und Herd, seine Stadt und Mitbürger verteidigen konnte. Dass er auf der Straße dafür sorgen konnte, dass kein Unrecht geschieht. Somit muss ein Grieche, ein Mann, der im Leben steht, dies weiterhin beherrschen und somit auch die alten Traditionen wahren, die oftmals ihren Sinn und ihre Begründungen haben. Selbst wenn so manch eine Tradition einem Mann auf den ersten Blick absurd erscheint. Wohl denn ist es gut von euch diese zu hinterfragen, denn wir sind keine dümmlichen Schafe, die sich in die Ketten von alten Vorstellungen übergeben.“


    Die Frage nach der Länge der Ausbildung war wohl die Einfachste des Tages. „Von einer Wahl zur Nächsten wird eure Ausbildung währen.“ Der Archon erhob sich langsam, sein Gewand fiel bauschig um seine Beine herum. „Milon!“ Ein Mann löste sich von einer Gruppe von Griechen und schritt auf die Epheben zu. Zum Gruße neigte Milon den Kopf. Milon hatte an den Schläfen silbergraue Haare, trug sie sonst kurz und war von trainierter Statur, trotz seiner womöglich schon über 40 Lenze. „Archon?“ Der Archon deutete mit einer Hand auf die Gruppe von Männern. „Das sind die neuen Epheboi. Unterweise sie für heute in die ersten Lektionen.“ Der Archon drehte sich zu den Schülern um. „Epheboi, das ist Milon. Er ist ein Kämpfer bei den olympischen Spielen gewesen und hat mehrfach dort gesiegt. Er wird euch im Ringen erst einmal unterrichten. Wir sehen uns dann morgen früh.“ Der Archon wandte sich um und schritt mit bloßen Füßen von dannen. Milon deutete den jungen Männern zu folgen und trat in die Mitte das Stadion. Weder Milde, noch Sanftmut zierten sein Gesicht, mehr ein ungnädiger Ausdruck. „So, ihr wollt also Ringen lernen? Hat das schon mal jemand von euch getan?“




    SimOff:
    Singular: Ephebos, Plural: Epheboi
    Aber es geht auch Ephebe (Sing.) oder Epheben (Plural)
    Geschichtlich geht eine Ausbildung eigentlich zwei Jahre, hier natürlich nicht. Somit voraussichtlich weniger als eine Amtsperiode.

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    ~~ Archon Deinias von Lindos ~~


    Zufrieden nickte der Archon. Sicherlich vermochten schon die alten Philosophen von Athen sich lange und breit über die Jugend aufzuregen, die nicht aufstand, wenn ein Älterer hinein trat. Die unverschämt waren und immer mehr verkamen, selbst Sokrates beklagte jenen Umstand. Und doch kam der Archon immer wieder zu der Überzeugung, die Welt war doch nicht dem Untergang geweiht, sondern es gab immer mal wieder einige junge Menschen, die ihn doch erfreuten mit ihrer Geistesgegenwart. Aber der Archon wusste auch, dass der erste Eindruck durchaus täuschen konnte. Doch würde er lange genug Zeit haben, die jungen Männer zu prüfen. „So ist es. Die nächsten Wochen und Monate eurer Ausbildung dienen dazu aus euch einen Mann zu formen, der die Klarheit und die Einsicht eines Philosophen hat, zudem den starken Körper eines Athleten. Denn ein kluger Geist verkümmert in einem verwahrlosten Körper, die Einheit von Körper, Säften und dem Verstand sollte immer in Harmonie stehen.“


    Abermals konnte der Archon ein dünnes Lächeln nicht unterdrücken, denn manches Mal kamen ihm seine Worte ein wenig übertrieben vor, wenn er an seine eigene, mangelnde sportliche Ertüchtigung dachte, die immer mehr gegen Null hin tendierte. Oftmals vergaß er jene Übungen und war von seinen geistigen Dingen viel zu vereinnahmt. „In der ersten Zeit werdet ihr im Ringen, im Kampf mit der Faust oder einer Kombination von Beidem, dem Pankration, geschult. Zudem erhaltet ihr Lektionen in den Künsten der Literatur, der Musik und all dem, was ihr als Bürger der Stadt wissen müsst. In der zweiten Phase eurer Ausbildung werdet ihr euch an den Waffen üben. Die Geschmeidigkeit des Körpers mischt sich mit der Erhabenheit des Geistes!“ Der Archon verstummte, sah die jungen Männer ernsthaft an und hob fragend seine buschigen, weißen Augenbrauen. „Habt ihr womöglich schon Fragen?“