Beiträge von Marcus Vinicius Hungaricus

    Der Legat nickte seinem nunmehrigen Ex-Tribunen zu. Gut, solltest du Papiere oder sonst etwas benötigen, steht es dir frei, es dir zu nehmen. Ahja, noch etwas... fiel ihm "wie zufällig" etwas ein. Selbstverständlich ist dir bewußt, daß die Basis des römischen Militärs die Disziplin ist. Du solltest keinen Augenblick zögern, dies deinen Männern klarzumachen. Er sah kurz zur Seite zum Optio, der brav still dastand. Und die richtigen Umgangsformen kommen einem Soldaten ebenso zur Zierde wie den Offizieren. Bei diesem Satz dachte er auch an die im Moment noch inhaftierten Soldaten mit ihrem Vorgesetzten, der sich im Büro des Legaten nicht wirklich geschickt benommen hatte.

    Noch einmal runzelte der Legat seine Stirn, aber er nahm die beiden Briefe an sich und las sie. Zuerst jenen von der kaiserlichen Kanzlei, in welchem stand, daß sein Tribun der Nachfolger von Terentius Cyprianus werden sollte.. Er kannte den Namen, denn der Terentier war mit einer Klientin oder genauer gesagt, mit einer Schwester von seinen Klienten verheiratet. Und er konnte sich noch genau erinnern, was diese Hochzeit im Vorfeld für Aufruhr unter den Brüdern der Valeria Amatia hervorgerufen hatte. Nur mühsam konnte er ein Seufzen unterdrücken. Dann las er den nächsten, lustigerweise war dies ein Brief vom besagten Terentier. Diesmal seufzte er tatsächlich, wenn auch leise.


    Na schön. befand er. Die Herrschaften sind aus der Haft zu entlassen, sie sollen schnellstens zu ihrer Einheit zurückkehren. Am besten begleitest du sie gleich in deinen neuen Aufgabenbereich, Tribun. Das wird dann wohl mein letzter Befehl an dich sein. Herzlichen Glückwunsch.

    Etwas irritiert blickte der Legat, der eigentlich die Ala inspizieren wollte und daher auf die Erläuterungen des Decurios wartete, den Optio der Deiotariana an. Ebenso irritiert sah der Legat dann auf seinen Tribun. Aha, offensichtlich waren sie schon miteinander bekannt. Im Augenwinkel bemerkte er dann die Vorsichtsmaßnahme seines Decurios, doch er winkte mit seiner Rechten ab. Hungi hatte nicht den Eindruck, daß der Optio solch große Schwierigkeiten machen und ihn, den Legaten, in Gefahr bringen wollte. Schon gut, schon gut. Mit diesen Worten deeskalierte er die Situation. Er soll sprechen. Also Optio, was hast du mir zu berichten, was keinen weiteren Aufschub duldet?

    Nach der Besprechung mit dem Praefectus war es nun an der Zeit, endlich das Lager zu inspizieren. Allzu lange würde es nicht dauern, denn der Tag war schon fortgeschritten, in weniger als zwei Stunden würde die Sonne untergehen, und er hatte einen knappen Zeitplan. Da der Noch-Praefectus der Ala vorgeschlagen hatte, daß der Decurio ihn führen sollte, rief der Legat diesen zu sich.


    Decurio Mero... Tja, er hatte Probleme, ausländische Namen zu behalten. Daher entschied er sich im zweiten Durchgang für Decurio. Ich bin gespannt auf deine Führung.

    Der Legat nickte langsam. Ihm kam die Sache mit der Abberufung reichlich iberisch vor. Na schön. Ich bleibe ohnehin nur mehr hier um das Lager zu inspizieren, da ich am Abend in Confluentes sein werde. Mein Tross wird morgen früh die Wiese verlassen. Der Gedanke, eine ganze Ala unter dem Commando eines Decurios zu stellen, gefällt mir nicht, aber Befehl ist wohl Befehl. Allerdings würde er einem Scriba einen Brief an die Kanzlei nach Rom schicken, wo er die Sinnhaftigkeit des Befehls anzweifelte. Wenn er es nicht vergaß.

    In Ordnung. antwortete der Legat, dann wandte er sich an seinen Stabsoffizier. Tribun, sorge dafür, daß der Aufbau für die Nacht reibungslos vonstatten geht. Selbstverständlich ging er davon aus, daß alle wussten, was sie zu tun hatten, aber ein Aufpasser konnte nie schaden.

    Gut möglich. antwortete der Legat. Vermutlich hat mich dieser Brief nur noch nicht erreicht. Was er sich zwar irgendwie nicht vorstellen konnte, denn Mogontiacum und Confluentes waren nur ein paar Reitstunden voneinander entfernt. An sich hätte er den Brief ebenso früh bekommen sollen. Oder der Cursus Publicus war ein Saftladen. Oder seine Verwaltung. Aber wahrscheinlicher der Cursus Publicus. Irgendeinen Schuldigen musste es ja immer geben.


    Und welchem? erfragte der Legat den bezüglichen Decurio.

    Doch nichts Besonderes mit den Leichen? Warum dann hatte der Praefectus diesen Vorfall erwähnt? Hungi stutzte. In Rom starben ständig Menschen, manche hatten das Glück in ihren Betten friedlich zu entschlafen, andere nicht. Sicher war es immer wieder tragisch, wenn ein Bekannter, ein Freund und selbstverständlich ein Verwandter das Zeitliche segnete, aber ungewöhnlich war dies nicht. Und hier in der Grenzregion war das Leben auch nicht gerade friedlich. Manche germanische Stämme waren friedlich und trieben regen Handel mit dem Imperium, andere ... nicht. Und normale Kriminalität mit all ihren Auswüchsen war ohnehin üblich. Warum also hatte der Praefectus gerade diesen Überfall herausgestrichen?


    Trotz dieser Überlegungen strich der Legat das Angebot, den zuständigen Decurio holen zu lassen, mit seiner Hand weg. Nein. Wenn nichts dran ist, verschwende ich nur meine Zeit. Und ansonsten bekomme ich ohnehin einen Bericht.


    Kurz danach nahm er das Schreiben an sich und las es. Nein, davon habe ich noch nichts gehört. Gratulation. sagte er, dann überflog er noch einmal das Schreiben und gab es ihm danach zurück. Merkwürdig, daß der Nachfolger nicht beschrieben wird und daß du sofort nach Rom kommen sollst. bemerkte er mit etwas Erstaunen.

    Die Besprechung war aufschlußreich gewesen in mancher Beziehung. Die folgende Besprechung würde es wohl auch sein. So hoffte er zumindest, denn an diesem Tag wollte er keine Zeit verschwenden. Er lehnte das Angebot des Platznehmens ab, er wollte nicht sitzen. Gesessen hatte er heute schon lange genug.


    Er blickte sich im Raum um, als er dem Bericht des Praefecten zuhörte. Es gab also doch einen Vorfall. Er hatte es sich doch gedacht. Allerdings hatte er mehr erhofft.Zwei unbekannte Leichen und die Mörder vielleicht Germanen? Das ist alles? Der Ton in seiner Stimme klang ungläubig, jedoch nicht lange. Ich nehme nicht an, daß die Männer deswegen beunruhigt werden. Was hat es also mit den Leichen auf sich? Überall wurden Menschen überfallen und ermordet, das war nichts außergewöhnliches.

    Ruhig hörte sich der Legat die Ausführungen des Decurios an. Bei einer Ala waren die Sitten doch ein wenig anders, befand er. Vielleicht lag es an den Peregrini, die hier dienten. Mhm. waren seine ersten stimmlichen Reaktionen nachdem der Decurio geendet hatte. Frische Probati sollen gegen langdienende Equites bestehen? Ich hoffe, es wird kein Sieg verlangt. Mit seiner Rechten fuhr er sich über seinen Bart, als er seine Frage an den Praefectus der Ala stellte: Die praktische Prüfung mag gut und schön sein. Aber ist eine theoretische Prüfung tatsächlich notwendig? Ein jeder Soldat lernt die Grundlagen im Rahmen seiner Grundausbildung.