Firmus Callidus denkt in Ruhe über das Gehörte nach und mustert alle Anwesenden. Dann lächelt er dezent und entspannt sich.
„Mein Name ist Firmus Callidus aus Sparta und ich möchte zunächst einmal vorab anmerken, daß ich kein Mann weniger Worte bin. Zumindest nicht bei diesem Thema.
Mein Vater war einer der Hauptausbilder einer namhaften privaten Gladiatorenschule in Sparta und ich habe vieles vom ihm gelernt und konnte mir auch tiefe Einblicke in den Verwaltungsapparat und die Leitung einer solchen Schule verschaffen. Praktische Erfahrungen habe ich in einigen wenigen Kämpfen gesammelt. Ich kenne also auch die andere Seite der Münze und habe eine Gladiatorenausbildung hinter mir. Mein Schwerpunkt liegt im waffenlosen Kampf, vornehmlich Ringen und Faustkampf. Ansonsten Schwert und Schild. Meine offizielle Laufbahn als Gladiator war bis dato eher kurz, da ich meinen Vater bis zu seinem Tod oft auf „Rekrutierungsreisen" begleitet habe und auch mehr und mehr in der Leitung der Schule zur Hand ging.
Um die Frage, warum ich nicht mehr dort bin, vorab zu beantworten: es gab familiäre Gründe. Der Eigentümer der Schule und seine Söhne hatten unterschiedliche Vorstellungen und legten mehr Wert auf Gewinn als auf Qualität und Ausbildung. Also bin ich mit etwas Startkapital und der Idee einer eigenen Schule nach Rom gereist, wo laut Aussage eines guten Freundes das Imperium nur auf selbstständige Unternehmer mit Tatendrang und guten Ideen wartet.
Werter Publius Decimus Lucidus, werter Consul Publius Matinius Agrippa. Ihr wollt die Qualität der Spiele steigern und eine Schule aufbauen und Förderer im Hintergrund sein ... Hm, habt Ihr eine rechte Vorstellung was für Anforderungen an Kapital, politische und öffentliche Verbindungen, Lage und Personal solch eine Schule stellt? Was sind denn Eure genauen Vorstellungen und Ziele? Eine Gladiatorenschule kostet ein Vermögen im Unterhalt und vielleicht seid Ihr schneller arme Förderer als Ihr schauen könnt. Und ob Ihr groß im Hintergrund bleiben könnt, ist auch so eine Frage.
Ich erlaube mir einmal ein paar kleine Anmerkungen, wobei ich mal das Beispiel Hispania von Spartacus aufgreife.
Die Lage einer Gladiatorenschule ist von immenser Bedeutung. Wir brauchen ein gutes Klima, wodurch eine direkte Lage in Rom ausscheidet. Das würde zunächst einmal für Hispania sprechen, aber auch für andere Orte. Die Schule darf nicht zu abgelegen liegen, denn sie muß mit Gütern und Handwerkern aus der Umgebung versorgt werden. Zumindest am Anfang. Und sie muß erreichbar sein. Stellt Euch vor der Imperator oder ein hoher römischer Senator möchte die Schule besuchen, weil er sich einen Gladiator kaufen möchte. Es ist in einem solchen Fall unzumutbar von Rom bis ins tiefste Gallien reisen zu müssen. Eine Schule mag das Ansehen der Provinz Hispania heben, aber ist Hispania noch gut gelegen für die Schule. Andererseits darf die Schule nicht direkt in einer großen Stadt liegen oder einen Speerwurf von der Stadtmauer entfernt. Ein geflohender Gladiator könnte sofort in der Stadt untertauchen oder es kann ihm Hilfe aus der Stadt zuteil werden. Außerdem wären die Gladiatoren und die Schule direkt im Blickfeld der öffentlichen Augen. Einige Ausbildungsmethoden sind umstritten und das Volk soll die Gladiatoren bei den Spielen bejubeln und sich nicht vorher ein Bild von Ihnen machen.
Und wir brauchen Platz, sehr viel Platz. Ein großer Landsitz zum Beispiel. Der kann zu Beginn auch herunter gekommen sein. Das kann man wieder herrichten und spart Geld, aber die Räumlichkeiten müssen stimmen. Wir brauchen einen großen Innenhof, der an eine römische Kaserne herankommt. Hier trainieren die Gladiatoren und es sollte auch Platz für eine kleine separate Arena sein. Der ganze Innenhof muß befestigt sein, damit die unfreien Gladiatoren nicht fliehen können. Die Gebäude um diesen Innenhof besteht aus 4 Elementen. Ein Wohnhaus und die Räume der Schulleitung und Ausbilder, dann die Zellen der Gladiatoren. Am Besten unterirdisch. Darüber der Wirtschaftstrakt mit der Großküche. Ein Garnisonsgebäude für die Wachen und das Personal. Dazu sanitäre Anlagen, ein funktionales Thermengebäude und ein Hurenhaus. An dieses Großgebäude schließen sich später die Tiergehege und vor allem der Bauernhof mit all seinen Gebäuden an. Wenn man gute und gesunde Gladiatoren haben will, dann sollte man wissen, was auf den Tisch kommt und woher das Essen kommt. Ich war einmal in Condate oder so in Gallien. Dort rühmte man sich in einem Gasthof damit, daß der Fisch extra aus Lutetia käme. Die Götter alleine wissen wie lange der Fisch kein Wasser mehr gesehen hatte. Über kurz oder lang muß die Schule Eigenversorgung betreiben. Ein solches Anwesen kostet sehr viel Geld und sollte auch im Hinblick auf die spätere Rentabilität bereits zu Beginn auf 250 Gladiatoren ausgelegt sein. Mit Platz für Anbauten und mehr Leute. Selbst wenn wir klein anfangen, sollten wir das Training nicht mit weniger als 100-120 Leuten aufnehmen.
Ich habe gehört, daß Hispania in Sachen Bürokratie berüchtigt sein soll. Viele Beamte, die sich wichtig machen wollen oder für die notwendigen Erlaubnisse die Hand aufhalten. Wir brauchen freie Hand und keinen bürokratischen Apparat mit Vorschriften und Auflagen. Ich bin ein Peregrinus und kein römischer Bürger. Ich gehöre keiner großen Familie an. Und dazu kommt noch, daß ich trotz meines römischen Namens Spartaner bin. Der Name war ein Zugeständnis an meine Mutter, welche aus Rom stammte. Da will ich keinen Streit haben, ob ich „als Grieche" dort denn überhaupt eine Schule leiten darf.
Wir müssen einen unfreien Gladiator zur Abschreckung auch schon mal selbst kreuzigen und hart bestrafen dürfen um den Rest klein zu halten. Brot und Spiele und eine harte Hand. Die örtlichen Behörden sollten auch nicht permanent bei uns zu Gast sein. Und wenn dann bestenfalls nach Vorankündigung. Da fehlen mir die Kontakte und das diplomatische Geschick. Dafür müssen sie uns aber die Sklaven und Verurteilten liefern. Das menschliche Material aus dem wir die besten Kämpfer des römischen Imperiums formen.
Was machen wir mit den fertigen Gladiatoren? Sind sie alleine für die Spiele bestimmt und wir refinanzieren uns über Wetten und abgesprochenen kämpfe oder sollen sie meistbietend versteigert werden? Daraus schöpfen wir dann neues Kapital.
Damit wären wir beim nächsten Punkt. Was für Gladiatoren wollen wir ausbilden? Wen bilden wir aus? Wir können Unfreie und Freie ausbilden. Ich halte nichts davon 2 Klassen auszubilden. Wenn ein Freier zum Gladiator ausgebildet werden will, dann muß er durch die harte Schule des Unfreien gehen. Selbst wenn es Euer Sohn ist, werter Consul. Natürlich anonym, denn sonst werden sie Ihn in der Luft zerreissen. Bleiben die Sklaven, Unfreien, Gesetzlose, Verbrecher etc... Wir brauchen viel lebendes Material, aus denen wir diejenigen raussuchen, die Potential haben. Daraus formen wir die beste Qualität, die nicht nur kämpfen kann, sondern auch in Etikette und schauspielerischem Können unterwiesen werden. Es werden die besten und gefährlichsten Kämpfer des Imperiums am Ende sein. Dem entsprechend viel Ausschuss wird auf der Strecke bleiben und wir brauchen stets Nachschub. Der Ausschuss muß dann wieder zurück woher er kam oder wird tot verscharrt. Das muß gewährleistet und organisiert werden. Vorzugsweise aus verschiedenen Einzugsgebieten und Völkern. Sprachprobleme verhindern Fraternisierungen untereinander und reduzieren die Gefahr eines Aufstandes.
Solche Kämpfer wollen gut versorgt, bewacht und bei Laune gehalten werden. Wir brauchen Ausbilder. Gut, diese können durch gute Gladiatoren und professionelle Ausbilder gestellt werden. Je mehr Ausbilder mit ausreichender Befugnis, desto besser werden die Gladiatoren, da man sich intensiver um sie bemühen kann.
Und wir brauchen Wachen. Sowohl gut trainierte private Wachen, vorzugsweise für den eigentlichen Bereich in dem sich die Gladiatoren bewegen, wie auch Soldaten der Legion, die in unregelmäßigen Abständen und Zahl präsent sind. So etwas schüchtert auch ein. Zumindest bis unsere Infrastruktur steht. Das kostet Geld oder Gefälligkeiten.
Dazu kommt ein Heer an Personal. Allein schon für die Küche, den sanitären Bereich, das Bad, die allgemeine Versorgung. Hier können wir locker mal ein Verhältnis von 1:2 oder mehr pro Gladiator rechnen. Das will auch gut bezahlt sein, wenn wir nicht mit einem Heer an Sklaven arbeiten.
Für die Großküche habe ich jemanden an der Hand. Pollux, der Gallier. Man nennt ihn auch den „Kleinen Imperator". Er war früher Koch für die Legion und rühmt sich damit, daß seine Legion nie eine Schlacht verloren hat. Das führt er auf sein Essen zurück. Er könnte den Küchentross stellen und hat auch kein Problem eine große Zahl von Leuten zu bekochen. Allerdings ist die Küche sein Reich und da hat niemand von uns was zu melden. In diesem Punkt soll er recht gewalttätig werden können. Im Moment leitet er eine Gaststätte in Rom und ist totunglücklich, weil er nur für so wenige Leute kochen kann. Offensichtlich ist seine Dienstzeit bei der Legion abgelaufen.
Was die Gladiatoren betrifft, so setze ich auf Zuckerbrot und Peitsche. Die härteste Disziplin, aber auch ein Belohungssystem mit Vergünstigungen. Dazu gehört zum einen eine gute Verköstigung. Weiterhin bekommen die Gladiatoren eine eigene Geldwährung, die nur in der Schule etwas wert ist. Wenn sie gut trainieren, bekommen sie je nach Leistungsfortschritt Geld. Davon können sie sich Annehmlichkeiten kaufen, wie ein Besuch im Hurenhaus oder Massagen in den Thermen und andere Dinge. Damit haben wir in Sparta gute Erfahrungen gemacht. Wer schlechte Leistungen bringt, bekommt Strafen.
Für Siege bei den Spielen bekommen die Gladiatoren auch Geld als Motivation. Wenn sie genug Geld zusammen gespart hatten, was normalerweise erst nach 20-30 Kämpfen der Fall war, konnten sie sich in Sparta freikaufen.
Tja, was sind die genauen Pläne und wie finanzieren wir das alles?"
Firmus Callidus lehnte sich zurück und schaute die Anwesenden fragend an.