Beiträge von Samira

    Eigentlich war ich nicht für die Pferde zuständig, aber ich hörte das Schreien des kleinen Kalbes, was sich so fürchterlich allein in der Box fühlte. Also nahm ich er kurzerhand und stellte es ebenfalls auf die Koppel.


    Assindius und eine junge Frau waren in ein Gespräch vertieft. Sie bemerkten mich gar nicht und so ging ich auf dem kürzesten Weg in die Villa zurück.

    Wortlos blickte ich Assindius an. Sein Äußeres war wirklich ungewöhnlich und seine Einfälle zudem. Und das war noch gelinde ausgedrückt. Ich war gespannt, wie lange sich die Herrin das noch ansehen würde.


    Endlich war alles Fleisch eingelegt und ich begann, es in die mit Gletschereis ausgelegten Kühlräume unterhalb des eigentlichen Kellers zu schaffen. Als auch dies erledig war, meldete ich mich reisebereit bei meiner Herrin.

    Noch ehe ich antworten konnte, war Assindius schon wieder fort. Ich wandte mich erneut dem Fleisch zu und teilte es in portionsgerechte Stücke.


    Er musste geflogen sein, denn kurz darauf stand er schon wieder neben mir. Ich vermied es, das Thema von gestern anzusprechen und schob ihm einfach einen Berg Muskelfleisch entgegen.


    "Wenn die Herrin umgehend abreisen will, dann reicht die Zeit nicht, um das Fleisch im Schatten zu trocknen oder in der Sonne zu dörren. Wir müssen es Einpökeln. Einen Teil legen wir in Salzwasser ein, einen anderen in Essigwasser. Was willst du übernehmen?"

    Sim-Off:

    Also, mich stört das jetzt nicht, aber du darfst andere Figuren – in dem Fall mich – eigentlich nicht mitsimulieren. Du kannst nicht wissen, ob ich noch weine. Vielleicht warte ich ja auch mit einem Dolch auf dein Erscheinen. ;)



    Angst ergriff mich, als ich die Tür zum Kellerverschlag öffnete und Überwindung kostete es mich, dort hinein zutreten. Dunkle Räume bargen Geheimnisse, die man nie ergründen konnte. Unbeweglich lehnte ich an der nasskalten Wand und lauschte fieberhaft auf jedes noch so kleine Geräusch. Die Augen waren schreckgeweitet und doch sahen sie nichts. Tränen rannen ununterbrochen hinab. Ich wusste, hier würde ich kein Auge zumachen.


    Schritte kamen näher, die Tür ging auf und dennoch rührte ich mich nicht. Ich hörte die Nachricht und kam ihr nach. Auf dem Weg zum Tablinum wischte ich mir schnell die Tränen fort. Was würde jetzt bloß noch kommen?


    „Herrin?“ Meine Stimme war weder laut noch sicher.

    Erschrocken fuhr ich zusammen als die Herrin plötzlich auftauchte. Ich ahnte Schlimmes und so kam es auch. Der Verschlag im Keller – ich musste schlucken. Dort war es stockdunkel, es gab nicht einmal eine Liegestatt und es roch muffig. Tränen traten mir in die Augen.


    „Sehr wohl, Herrin“, flüsterte ich und ging.

    Natürlich quietschte ich wieder, denn nichts war so schlimm wie durchkitzeln. Leider war ich extrem kitzelig. Erschrocken hielt ich mir die Hand vor den Mund.


    „Ein Glück, dass die Herrschaften nicht zu Hause sind. Es ist unerwünscht, derartigen Lärm zu verursachen. Vor allem der Herr legt großen Wert darauf, dass wir Sklaven fast lautlos unserer Tätigkeit nachgehen. Du musst noch gehörig viel lernen. Besser schnell, ehe es Komplikationen gibt.


    Und im Übrigens fand ich das wirklich nicht nett eben. Das wird noch ein kleines Nachspiel haben und außerdem habe ich jetzt was bei dir gut.“


    Mit aufgesetzt böse blickender Miene sah ich Assindius an.

    Immer noch am ganzen Körper zitternd, stand ich hinter einer breiten Säule im Atrium. Vorsichtig lugte ich hervor. Falls das Schwein angerast käme, würde ich in das Regenwasserauffangbecken springen. Das hatte ich jedenfalls so geplant.


    Doch wer kam? Assindius! Und ich sah genau, dass er grinste.


    „Was ist jetzt mit dem Schwein? War es am Ende gar nicht mehr lebend und du hast mir ganz unnötig diese Heidenangst eingejagt?“


    Auch wenn ich recht zart gebaut war, böse Blicke zuwerfen konnte ich allemal. Hinter der Säule kam ich dennoch nicht hervor.

    Mit einem lauten Quieken rannte ich aus der Küche. Die Schüssel landete in einem hohen Bogen irgendwo auf den Fliesen und schepperte lautstark. Der blecherne Klang verfolgte mich ebenso wie die Grunz- und Prügelgeräusche.

    „Ähm, ja. Ich sehe dann eben weg.“ Mit diesen Worten reichte ich ihm ein Messer. Mir lief bei der Vorstellung bereits eine Gänsehaut über den Rücken.


    „Die Herrin hat einige Kräuter in ihrem Garten anpflanzen lassen. Wir können nachher sehen, ob dort was Brauchbares dabei ist. Helfen will ich dir wohl, auch wenn es nicht unbedingt lecker aussieht.“


    Mit verknautschtem Gesichtsausdruck warf ich einem Blick auf die Wunde. Aber vermutlich würde sie mir nach dem Ausweiden des Schweins nur noch wie eine Banalität vorkommen. Ich holte schließlich eine Schüssel für die Innereien in einen großen Trog für das Muskelfleisch. Was jedoch mit dem struppigen Fell geschehen sollte, wusste ich nicht. Vielleicht hatte ja die Herrin oder der Herr eine Verwendung dafür.


    Mit abgewandten Augen hielt ich die Schüssel in den Händen.

    „Gut, dann machen wir das so. Die Herrin wird erstaunt sein, wenn sie hier eintrifft und das frische Wildbret vorgesetzt bekommt. Vielleicht kommt ja auch der Herr vorbei.


    Um das Ausnehmen hätte ich dich eh gebeten. Sowas kann ich nicht. Erstens bin ich dafür zu zierlich und zweitens zu mitleidig. Tja, dann am besten hier und im Anschluss daran müssen wir dich verarzten.“


    Ich zeigte auf die offene Wunde, die ich sehr wohl gesehen hatte.


    „Brauchst du ein Messer oder wie geht das jetzt?“

    „Ach du meine Güte!“ Mir großen Augen schaute ich Assindius und das erlegte Wildschwein an. „Der wertvolle Carrara. Komm bloß schnell in die Hauswirtschafträume. Wenn Blut auf den weißen Marmor tropft … nicht auszudenken.“


    Ich zog Assindius kurzerhand mit und erst in der Küche begutachtete ich das erlegte Tier. Es flösste mir noch im toten Zustand Angst ein.


    „Was machen wir denn jetzt? Du hast es zwar erlegt, um dich bei mir zu entschuldigen, aber ich kann unmöglich ein ganzes Wildschwein essen. :D Wäre es denn für dich in Ordnung, wenn ich das Fleisch der gesamten Familie anbiete?“

    Immer noch recht müde von der langen Reise begutachtete ich die Räumlichkeiten in der Villa. Seufzend stellte ich einige Vernachlässigungen fest. Mit deren Beseitigung würde ich aber erst am Folgetag beginnen. Zunächst kümmerte ich mich um die Zubereitung eines Essens. Es war schon spät und die mitgereisten Sklaven sicher wie ich hungrig.

    Endlich trafen wir in Mantua ein.


    Ich wusste nicht, ob ich über Assindius lachen oder den Kopf schütteln sollte. Was der immer machte ... So verhielt man sich doch nicht. Was sich Deandra bloß dabei gedacht hatte, als sie ihn erwarb. Sie war doch Patrizierin und die Sklaven von Patriziern sollten dementsprechend auch gesittet und gepflegt sein.
    Na ja, langweilig war es jedenfalls nie mit ihm. Seine Einfälle waren mitunter sehr amüsant, wie auch jetzt die Verabredung mit einem Wildschwein. Ich musste lachen.


    Während die Männer die Pferde in die Ställe brachten, ging ich bereits zur Villa. Sie wollte beim Eintreffen der Herrin vorbereitet sein, d.h. ich musste aufräumen und putzen. Womöglich war noch ein Einkauf nötig, aber das würde sich zeigen.

    Nach Tagen veränderte sich die Gegend. Wir kamen in den Norden Italiens, bald würden wir in Mantua sein. Offenbar vertrugen die Fohlen den ungewohnten Transport sehr gut. Sie standen geduldig auf dem schaukelnden Gefährt und genossen den Freilauf an den jeweiligen Raststätten.


    Den Menschen war die fahrt recht lang und ebenso langweilig. Assindius vertrieb sich die Zeit mir Singen. Na ja, so wirklich begeistert war ich nicht davon. Erstens kannte ich solcherlei Lieder nicht und zweitens besaß er eine eigenwillige Stimme. Daher genoss ich jede Gesangspause auf besondere Weise.


    Endlich kamen die Stadtmauern von Mantua in Sicht. War ich froh. Das Gestüt kannte ich bereits und wir steuerten es direkt an.

    Noch immer konnte ich nicht glauben, was ich gerade erlebt hatte. Also diese Germanen …
    Römer badeten gern und oft, aber so wie ich es wusste immer Männer und Frauen getrennt. Nun ja, ich hatte es überlebt und war um eine Erfahrung reicher. Und was für eine …


    Eifrig beschäftigte ich mich nun mit der Wäsche. Ich musste den Zeitrückstand aufholen. Oje, oje. Das erste Stück hatte etwas gelitten. Hoffentlich würden sich die Falten durch sorgfältiges Trocknen geben. Sonst würde die Herrin sicher mit mir schimpfen und das konnte ich nun gar nicht gebrauchen.


    Endlich fertig und ich richtete mich auf. Kurz schoss mir durch den Kopf, was der neue Sklave wohl noch so für Überraschungen bringen würde, aber zunächst mussten wir sehen, dass wir schnell zurück zur Villa kamen.


    „Ja, fertig. Gehen wir.“ Ansehen mochte ihn lieber nicht. Den Korb mit der Wäsche überließ ich aber wieder ihm.

    Ich nahm ein Stück Wäsche aus dem Korb und griff zur Seife. Vorsichtig ging ich ein paar Schritte ins Wasser und schwenkte den feinen Stoff. Auf meinen Begleiter achtete ich gar nicht mehr, bis plötzlich neben mir das Wasser aufspritzte und ein entkleideter Assindius sich wie selbstverständlich einseifte.


    Mitten in der Bewegung hielt ich inne. Mein Gesichtsausdruck schwankte zwischen Erstaunen, Verlegenheit und Belustigung. Ach du je, wo sehe ich denn jetzt hin? Stur auf das Wasser des Tibers, in die entgegen gesetzte Richtung oder … vielleicht doch mal kurz zu ihm? So, ganz kurz?
    Ich konnte mich nicht erinnern, je einen Mann gänzlich unbekleidet gesehen zu haben und das war natürlich eine interessante Angelegenheit.


    Unnötig lange schwenkte ich das Wäschestück im Wasser. Und warm war das vielleicht heute! Lag das am Wetter? Ach, bestimmt kam es durch das Wäsche waschen. Oder doch durch etwas anderes? Ich pustete mir eine Locke aus der Stirn und hoffte so auf etwas Abkühlung. Und noch mal schnell einen Blick riskiert. So ein Mann sah ja nun wirklich ganz anders aus.


    Wie bei etwas Unanständigem ertappt, zuckte ich zusammen, als er plötzlich ins Wasser sprang, um zu schwimmen. Nun aber besonders eifrig die Wäsche rubbeln, sagte ich mir und tat es auch. Nein, ich habe nichts gesehen. Ich doch nicht!


    Und wieder fuhr ich zusammen, als er mich kurz darauf ansprach. Ohne den Blick von dem inzwischen verknautschten Wäschestück zu heben, antworte ich:
    „Ja, du kannst mir helfen.“


    Schließlich war ich nicht mal mit dem ersten Stück fertig geworden bei der Ablenkung.

    Zusammen mit anderen Sklaven schleppten wir den eingeschlafenen Hausherrn in sein Zimmer und legten ihn - so wie er war - ins Bett. Schließlich konnte er nicht im Atrium liegen bleiben. Was würden sonst wohl eventuelle Besucher sagen!?


    Leise hörte ich die Herrin murmeln, dass dem Offizier wohl beim nächsten Besuch kein Wein mehr vorgesetzt werden dürfe. Wein macht müde, sagte sie, und was sollte sie auch mit einem schachmatt gesetzten Mann anfangen. Also, ich verstand das vollkommen. :]

    "Nein, ich war nicht hier. Ich habe dir eine Tunika gesucht und zum Glück auch noch eine gefunden. Die Römer sind im Allgemeinen kleiner als die Germanen. Etwas Passendes zu finden, ist nicht leicht, nicht einmal auf dem Markt.“


    Ich gab Assindius die Tunika und zugleich ein Stück Seife.


    "Die Wäsche steht im Hauswirtschaftsteil der Villa. Den Gang entlang.“


    Mein Arm wies in Richtung eines schmalen Ganges, der vom Atrium aus zur Küche und wenig später zu den Sklavenunterkünften führte. Ich lächelte, weil ich an das Wildschwein denken musste. Was werden wohl die Herrschaften dazu sagen?


    "Meinetwegen können wir los."