Beiträge von Samira

    In den Arm genommen zu werden, spendete immer Trost, aber gleichzeitig, wenn man sich ohnehin elend fühlt, öffnete es wieder die Schleusen. Samira lehnte sich an und ließ sie einfach laufen. Die Gedanken, die ohnehin schwer liefen, standen gänzlich still, weil eine Sturzwelle alles überschwemmte. Es hieß immer, dass Tränen erleichtern, weil sie den Kummer fortschwemmten, aber dem war nicht so. Zumindest bei ihr wurde er nicht weniger. Irgendwann versiegten aber die Tränen und sie wischte die verbleibenden Spuren fort.


    Als er zu sprechen begann, versuchte sie ihm zu folgen. Das war nicht unbedingt leicht, denn der Kopf schmerzte. Sie war ohnehin träge im Denken und Assindius sprach auch mitunter in Rätseln. Zunächst meinte er, Liebe sei das Einzige, was den Kampf lohnt. Dann aber machte er offensichtlich die Einschränkung, dass er ja nicht kämpfen wolle. War das jetzt wichtig? Kämpfte man nicht ohnehin nur dann, wenn einer wollte und der andere nicht? Wollten beide, dann musste man doch nicht mehr kämpfen, dann konnte man entspannen und einfach die Lehren aus den gemachten Fehlern ziehen.
    Die nächste Bemerkung verstand sie wieder gut.


    „Ja, wer nicht aufgibt, obwohl er vor einem Schlussstrich steht, der muss zunächst seinen Stolz bezwingen. Ich habe auch abgewogen, was mir wichtiger ist: Meine Würde und mein Stolz oder eben diese Liebe. Für mich wäre sie wichtiger, ganz klar. Nicht die Liebe generell, aber eben diese.“


    Samira richtete sich auf. Assindius stellte viele Fragen, die es lohnte durchzugehen.


    „Aus Liebe den anderen ziehen lassen? Du meinst, weil er damit glücklicher ist? Und woher weiß man das? Und warum nicht kämpfen, wenn der andere sich zwar zurückgezogen hat, aber gleichzeitig eben etwas Besonderes ist? Und die letzte und vielleicht wichtigste Frage überhaupt: Wann ist Liebe nicht genug? Ich finde nicht, dass wir zu verschieden waren.“ Die letzten Worte kamen fast trotzig über ihre Lippen. Die Tränen waren vorerst versiegt und sie sann der letzten Frage nach. Gab sie sich die Schuld?


    „Ja, meine Worte haben ihn verletzt, das weiß ich. Daher trage ich natürlich einen Teil der Schuld. Den anderen Teil trägt aber nicht er, sondern unglückliche Umstände, für die keiner von uns beiden verantwortlich zu machen ist.“

    Die junge Frau, die auf Assindius zuschritt, besaß Ähnlichkeit mit Samira und doch musste man zweimal hinschauen, ehe man sie erkannte: Die Wangen waren bleich, die Augen geschwollen und der Gesichtsausdruck leer. Als sie heran war, wurde offensichtlich, dass sie das Zittern der Beine nicht kontrollieren konnte. Die Kühle des sonnigen Frühlingstages war ihr in den Körper gekrochen und jede noch so warme Palla drang in ihrer Wirkung nicht in diese Tiefe vor. Fragil wirkte die Sklavin, mehr noch als sonst.


    Bevor sie sich neben Assindius setzte, atmete sie tief durch. Druck lastete auf ihrem Brustkorb, den sie auf diese Weise in Abständen milderte. Nach Momenten des Schweigens begann sie mit monotoner Stimme.


    „Danke zunächst, dass du Zeit für mich hast. Es hilft, wenn mir jemand zuhört.“


    Wieder hob sich der Brustkorb in einer Art von Kraftakt, die den Anschein hatte, es lasteten Zentner auf ihm.


    „Ich durfte ja separat nach Germania reisen, um meine Freundin zu besuchen. Ich komme gerade von ihr.“


    In Erinnerung an das Gespräch stiegen Tränen auf, denn Samira war liebevoll aufgefangen worden und doch konnte die andere den Schmerz nicht lindern. Der Rat, den sie erhalten hatte, war anders als der zuerst gehörte ausgefallen. Er vermittelte für kurze Zeit ein Gefühl der Zuversicht, das aber keinen Bestand gehabt hatte, denn es gab zu wenig Hoffnung auf Erfolg. Traurigkeit schnürte ihr die Kehle zu.


    „Sie sagte, wenn er mir wichtig ist, soll ich um ihn kämpfen“, brachte Samira schließlich heraus. „Aber muss man nicht die Entscheidung des anderen akzeptieren, vor allem, wenn sie so unmissverständlich ist?“


    Samiras Blick streifte Assindius, suchte aber recht bald wieder die endlose Weite, die sich hinter der Fensterscheibe erstreckte. Während er nach einer Antwort suchte, sprach sie weiter:


    „Das Leben ist so ungerecht. Ich hatte nie die Möglichkeit, die Beziehung unbeschwert zu genießen, denn ich stand unter Druck und er wurde zuletzt immer größer. Dieser Druck und die aufgekommene Angst, die man spürt, wenn man fürchten muss, etwas von Wert zu verlieren, haben mich manch unbedachtes Wort sagen lassen. Die Ironie dabei ist, dass diese erste Angst stets unbegründet war, aber letztlich dafür gesorgt hat, dass ich im Nachhinein trotzdem verloren habe.“

    Samira war vom Hausherren aufgetragen worden, auf einen besonderen Gast zu warten und ihn einzulassen. Ein Flavier war es, und ein Soldat. Und es war wichtig, das hatte sie sich gemerkt. Letztens schien der ganze Haushalt Kopf zu stehen. Man rief sie nächtens in das Zimmer der Herrin, damit sie deren ehemaligem Bruder die Toga richten konnte, doch anschließend konnte sie nicht schnell genug wieder verschwinden. Es wurde ein Bankett zur Sichtung potentieller Ehemänner für die Herrin Epicharis abgehalten, und nun wurde der Flavier, der auch schon auf dem Bankett anwesend gewesen war, allein erwartet. In ihre Gedanken hinein klopfte es vernehmlich, und die zierliche Sklavin beeilte sich, noch schnell den Sitz ihrer Kleidung zu überprüfen und dann die Tür zu öffnen. Sie scharrte wieder, und Samira würde später jemandem Bescheid sagen, dass sie neu justiert werden musste. Das Wetter hier im Norden Italiens beeinflusste das alte Holz.


    "Willkommen, Herr. In der Tat wirst du bereits erwartet. Wenn ich dir erst den Umhang abnehmen darf?"


    Sie ließ ihn eintreten und half ihm beim Ablegen der Kleidung, anschließend bedeutete sie ihm, ihr zu folgen.


    "Der Herr wartet im Triclinium."

    "Im Ernst?", erwiderte Samira und meinte gleich verschiedene Dinge. Natürlich war sie über die Ausbruchgedanken überrascht, aber dass diese wenig Erfolg versprachen, hätte sie Aintzane auch vorher sagen können. "Hier wurde noch jeder entflohene Sklave von den Vigiles aufgegriffen, das hat keinen Zweck." Sie winkte ab und wandte sich dem nächsten Überraschungspunkt zu.


    "Ich kann mir kaum vorstellen, dass Dolabella herablassend ist. Bisher kam sie mir nicht einmal wie eine Herrin vor. Erzähle mal bitte, was hat sie gesagt oder gemacht? Und was für eine Kugel überhaupt?"


    Samira schaute zunächst fragend, schüttelte dann mit dem Kopf. "Deine Stirn sieht gar nicht gut aus", bemerkte sie abschließend.

    "Was für eine traurige Geschichte", sinnierte Samira, sah irgendwohin und war mit den Gedanken nicht im Raum.


    Als es knallte, kehrte sie in die Wirklichkeit zurück. Aintzane war wieder einmal an den Türbalken gestoßen. Eigentlich wollte Samira Assindius weiter ausfragen, aber dann lenkte Aintzanes merkwürdiges Verhalten sie von diesem Vorhaben ab.


    Assindius sah sie auch bereits verwundert an. Samira zuckte mit den Schultern und stand auf.


    "Komm, lass uns nachfragen." Mit diesen Worten ging sie auf das Bett zu und sprach in Ermangelung eines Gesichtes das Leinentuch an.


    "Was hast du denn?"

    Zitat

    Original von Manius Tiberius Durus
    Dann sprach er einen herumstehenden Sklaven an.


    "Ich würde gern einen Moment in mein Gästezimmer."


    "Ja, selbstverständlich. Ich gehe voraus.", erwiderte Samira und brachte den Gast in einen anderen Teil der Villa.

    Auf Wunsch des Gastes wurde die Möglichkeit geschaffen, noch während des Banketts sein Zimmer aufsuchen zu können. Eine Schale mit Obst und zwei Tischamphoren - eine mit Wasser, die andere mit Wein - standen auf dem Tisch bereit.

    Eine der Sklavinnen zeigte dem Senator zunächst das für ihn bereitete Gästezimmer, denn man rechnete im Hause der Claudier damit, dass fast alle Gäste in der Villa übernachten würden. Anschließend erklärte sie, welche der Türen in das kleine Bad führte.


    "Der Sklave wird jeden Moment erscheinen", sagte sie beim Hinausgehen und schloss die Tür.

    "An ein Mädchen?" Das klang aber spannend. Samira lächelte.


    "Ich kann nicht schlafen und würde mich über eine Geschichte sehr freuen. Erzählst du mir bitte davon?"


    Sim-Off:

    Ich spare mir mal die PN und schreibe hier. Würdest du bitte den Senator Octavius Victor in Mantua umkleiden und waschen gehen? ;)

    Die erstbeste Sklavin, die Samiras Weg kreuzte, wurde herangewinkt, damit der Herr nicht so lange zu warten brauchte. Samira selbst konnte unmöglich den Eingangsbereich verlassen.


    "Sie wird dich in ein Gästezimmer führen, in unmittelbarer Nähe ist ein kleines Badezimmer. Soll ich einen Sklaven zum Umkleiden hinterherschicken?"


    Von ihren Herrschaften kannte sie es, dass sich niemals jemand alleine einkleidete oder wusch. Wie sich das aber bei einem senatorischen Plebejer verhielt, wusste sie nicht zu sagen.

    Zitat

    Original von Nordwin
    Im Vorübergehen streckte ich Samira die Zunge heraus.
    "Meiner, ätsch", flüsterte ich. :D


    Ohne dass es der Gast sehen konnte, revanchierte sich Samira und zwickte Nordwin beim Vorbeigehen in den Hintern. Daraufhin hatte sie nun Grund zum Lachen.
    Wenig später erschien ein neuer Gast, den sich Samira nicht entgehen ließ.


    Zitat

    Original von Gaius Octavius Victor
    Zu Pferd und noch mit dem Staub der Straße beladen kam der Praefectus Urbi vor die Türe der Villa. Mochte er auch den Beginn des Bankettes verpasst haben, so war Victor doch aber immer der Auffassung, dass man besser spät, als gar nicht erschien.


    Zwar hörte Samira kein Klopfen, hatte aber dennoch die Ankunft bemerkt. Sie winkte Assindius, damit er das Pferd versorgen konnte und trat mit ihm vor die Tür.


    "Salve, wen darf ich melden?"


    Samira kannte sich absolut nicht in militärischen Rängen aus und da sie keinen Fehler machen wollte, fragte sie zur Sicherheit nach.


    Kurz darauf wies sie dem Gast den Weg zum Bankettsaal.

    Es war tatsächlich schon spät, kaum noch etwas zu tun und so liefen gleich mehrere der zum Türdienst abgestellten Sklaven und öffneten. Samira trat zurück und überließ Nordwin das Feld. ;) :)

    Samira setzte sich schweigend neben Assindius. Sie hatte Feierabend, konnte aber nicht schlafen. Zwar verstand sie kein Wort, lauschte aber dennoch dem Klang der Worte.


    Als Assindius geendet hatte, sah sie ihn an.
    „Fröhlich klang dieses Lied nicht gerade.“

    Wieder einmal war Samira an der Reihe, zur Türe zu gehen. Ihre Mitstreiter waren damit beschäftigt, Reisemäntel akkurat aufzuhängen oder anderen Gästen den Weg zu weisen. Sie hörte sich an, wen der Sklave meldete und weil sie inzwischen die Liste der Gäste im Kopf hatte, nickte sie unmittelbar nachdem der Mann geendet hatte.


    "Sie werden erwartet und mögen eintreten."


    Samira hielt die Tür auf, bis der Senator mit seiner Gattin im Eingangsbereich stand. Eilfertige Sklaven hielten sich bereit, die um diese Jahreszeit benötigten warmen Kleidungsstücke abzunehmen und zu verwahren. Anschließend ging Samira voran, um das Paar zum Bankettsaal zu führen.

    'Ach, schon wieder', dachte Samira, lächelte und begrüßte den "Gast" anschließend korrekt.


    "Salve, Herr." Diese Anrede hatte sie einfach beibehalten, obwohl sie inzwischen keine Sklavin des aurelischen Haushalts mehr war. Sie wartete wieder, bis Aurelius die warme Kleidung abgelegt hatte und ging ihm anschließend voraus. Mit einer Armbewegung wies sie am Ende des Wegs zu dem entsprechenden Durchgang.

    An diesem Tag teilten sich mehrere Sklaven die Aufgabe, die Gäste zu empfangen und in den entsprechenden Saal zu geleiten. Während Nordwin beschäftigt war, öffnete Samira die Tür, merkte sich den Namen, schaute kurz auf die Einladungsliste, nickte und trat zur Seite. Sie wartete, bis der Herr hinzugetreten war und grüßte ihn anschließend.


    "Salve und herzlich willkommen. Der Reisemantel kann hier zurückgelassen werden. Ich führe dich anschließend."


    Wieder wartete Samira, bis der Herr so weit war und wies ihm anschließend den Weg.

    'Fast wie in altenZeiten', dachte Samira, als sie die Türe öffnete, bereits Luft holte, um nach den Wünschen zu fragen und dann doch ein bekanntes Gesicht erblickte.


    "Salve, Herr." Weitere Worte konnte sie sich sparen, denn sie wusste, warum der junge Aurelius um diese Stunde in die claudische Villa kam.


    "Die Herrinnen empfangen im Triclinium", erklärte sie beiläufig, während sie bereits vorausging.

    Samira nickte, sie hatte verstanden. Nach dem Verstauen der Reisekleidung und des Gepäcks, machte sie sich auf den Weg, Deandra zu suchen, die sicherlich irgendwelchen Geschäften nachging. Sie hatte schon immer das Geld und Vermögen der Familie verwaltete und - wenn man dem Vicarius Glauben schenken konnte - auch vermehrt.

    Samira wusste theoretisch Bescheid, dass Prisca eine weitere Tochter des Vesuvianus' war, die nicht in Mantua lebte, kannte sie allerdings nicht von Angesicht. Sie holte tief Luft und versuchte mit der ganzen Überforderung klar zu kommen.


    "Wenn der Herr Prisca nicht eingeweiht hat - meine Herrin hatte bisher noch keine Gelegenheit ... Wobei auch das sehr unwahrscheinlich ist, denn der Herr ist sicherlich, wie alle anderen Offiziere der Legion, selten genug hier und sicherlich noch seltener an anderen Orten des Imperiums anzutreffen."


    Samira kannte die langfristige Abwesenheit von dem Herrn Aurelius, den sie bestenfalls zweimal im Jahr zu Gesicht bekommen hatte. Und schon kam ein neuer Wunsch, auf den sie eingehen musste.


    "Ich werde meiner Herrin deinen Wunsch überbringen. Wo wird sie auf dich treffen?"


    Wenn man keinerlei Gepflogenheiten einer Familie kennt, bleibt selbständiges Handeln praktisch im Keim erstickt. Das musste sich schnellstens ändern, beschloss Samira bei sich. Sie brauchte den Über- und Durchblick in dem Hause, wo sie diente.