Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Clauidius konnte sich gar nicht entscheiden, ob er zustimmend nicken oder missbilligend den Kopf schütteln sollte.


    "Du hast richtig gehört. Ein Claudier bei den Hilfstruppen - ich habe diese Tatsache weitgehend verdrängt."

    Claudius' Gesichtszüge nahmen einen unwilligen Ausdruck an. Er ärgerte sich über die Verhältnisse in der Gens, hatte bisher geschwiegen oder im Höchstfall mit Vitulus Gedanken getauscht. Es war nicht seine Art, hinter dem Rücken anderer zu reden und es brauchte gewisse Überwindung, bis er es dennoch tat.


    "Es gibt Gensmitglieder, die mehr als ich informiert sind, die dir mehr sagen könnten, vor allem mit besserem Hintergrundwissen, aber vermutlich bin ich der Einzige, der die Dinge derart kritisch sieht.


    Eins steht fest und ich möchte hier keine Namen nennen: In unserem Haus gehen Plebejer ein und aus, werden förmlich von verschiedenen Gensmitgliedern dazu eingeladen. Man pflegt Kontakte zu anderen plebejischen Gentes, die für meinen Geschmack über den vertretbaren Rahmen weit hinausgehen. Ich nenne es Affinität zu Plebejern, die mich veranlasst, diesem Haus so oft es geht den Rücken zu kehren, ich gestehe, meine Augen zu schließen, denn ich habe über kein Mitglied zu bestimmen. Allein, als es um die Adoption eines Straßenmädchens ging, habe ich vehement widersprochen und ebenso, als es um die Aufnahme der Flavia Messalina ging - falls du sie kennst."


    Claudius fand es einerseits alles andere als gut, hier wie ein Waschweib zu reden, andererseits wollte er bestimmt nicht weiter ins Detail gehen und er hatte die Ausrichtung der Gens gründlich satt. Es war an der Zeit, das einmal offen zu äußern.


    "Ein Familienrat sollte einberufen werden, um vor aller Ohren die Dinge zu äußern und zu klären und nicht so wie gerade jetzt im Verborgenen. Ich scheue mich nicht, deutliche Worte zu sprechen, aber am liebsten den Betreffenden ins Gesicht."

    Sollte Vesuvianus wirklich der Hoffnung nachgeben können, dass mit seinem Onkel die von ihm lange vermissten, durch Arbiter aufgelebten und sogleich wieder mit ihm verschwundenen, patrizischen Wertvorstellungen wieder Einzug in die Gens nahmen?


    Lange Augenblicke sah Claudius seinen Onkel an und spürte erste Sympathie diesem Mann gegenüber. Er ließ seinen Blick Richtung Fenster schweifen, gedachte der alten Zeiten, die er bereits vorbei glaubte, die aber vielleicht doch wiederkehren würden. Mit ernstem Gesichtsausdruck blickte er sodann zu seinem Onkel.


    "Das ist nur die Spitze des Eisberges."


    Bisher hatte Claudius anderen gegenüber bestenfalls Andeutungen gemacht, dass ihn die Entwicklung der Gens massiv störte. Er hatte sich in seine Legion vergraben und war seinen eigenen Weg gegangen - politisch wie beruflich.

    "Ein bisschen Schwung könnte der Familie nicht schaden. Seit sich Onkel Arbiter nicht mehr blicken lässt, hat mich nicht mehr viel in die Stadtvilla gezogen."


    Claudius, der eigentlich nur auf einen kurzen Sprung in das Zimmer schauen wollte, nahm nun Platz und verfluchte wieder einmal diese unhandliche Toga, die er noch immer trug.


    "Etwas Zucht und Ordnung würde ebenfalls nicht schaden, ich habe mich in letzter Zeit an manchen Gepflogenheiten gestört und mich auch deswegen komplett in die Legion zurückgezogen."


    Claudius war keineswegs auf dem Laufenden, wer alles in der Villa wohnte. Bei seinen Kurzbesuchen bekam er Gäste wie anwesende Familienmitglieder bestenfalls am Rande mit.


    "Wohnhaft oder zumindest sporadisch anwesend sind Vitulus, Constantius und ein adoptierter Iulier, von dem ich bisher nur gehört, den ich aber noch nie getroffen habe. Zwei Mitglieder der Gens sind kürzlich verstorben, einige leben in Germania."

    "Auch da kann ich dir keine zufriedenstellende Antwort geben, denn erstens bin ich höchst selten hier und kenne Vitulus weniger als Pater Gentis als vielmehr als Kamerad in der LEGIO I und zweitens habe ich ihn monatelang nicht gesehen, weil mich meine Quaestur nach Hispania gerufen hatte."


    Claudius rieb sich nachdenklich das Kinn.


    "Allerdings habe ich ihn davor auch schon höchst selten zu Gesicht bekommen und kann nicht ausschließen, dass er gesundheitlich angegriffen ist. Auf jeden Fall besitzt die Gens in unserem jüngsten Bruder Constantius einen Tausendsassa, der überall seine Nase reinsteckt und sicherlich über alles bestens aufgeklärt ist. Es wäre sicher aufschlussreich, ihn zu rufen und entsprechend zu befragen."


    Bei diesen Worten konnte sich Vesuvianus ein Grinsen nicht verkneifen. Ob er allerdings zu diesem Interview bleiben würde, war noch fraglich.


    "Du bleibst jetzt für länger hier, nehme ich an?"

    "Mir geht es ausgezeichnet, ich kann nicht klagen. Die Dinge entwickeln sich wunschgemäß. Was die Gens betrifft, fragst du den Falschen. Ich weile höchst selten in Rom, zumeist nur dann, wenn ich in der Curia Italica zu tun habe oder wie heute im Senat vorsprechen sollte."


    Claudius musterte seinen Onkel, der seinem Vater in seiner Art recht ähnlich war.


    "Ich hoffe, dir geht es ebenfalls gut?"


    So konnte immerhin Geldnot oder Krankheit Ursache für die Rückkehr des Onkels sein.

    Wir ist gut, dachte sich Claudius grinsend und beachtete besagten Sklaven nicht.


    "Dann willkommen daheim, Onkel. Hast dich ganz schön lange rar gemacht.
    Vater ist inzwischen verstorben",
    fügte Vesuvianus wieder ernst geworden hinzu.


    "Erkennst du mich überhaupt noch? Ich bin sein ältester Sohn Vesuvianus."

    Claudius, der gerade aus dem Senat zurückkam, um sich von Sklaven aus der Toga helfen zu lassen und wieder in seine Militärkleidung zu schlüpfen, hörte im Vorbeigehen die Worte und blieb stehen. Er drückte die Tür interessiert auf und trat ein.


    "Vitulus ist Eques, aber egal. Salve! Hilf meiner Erinnerung auf die Sprünge, denn ich weiß nicht sofort, wohin ich dein Gesicht hin zu stecken habe, obwohl es mir bekannt vorkommt."

    "Kritik am Verwaltungsstil des Proconsul? Nein, den habe ich sicher nicht geübt, denn ich habe ja keinerlei Einblick in seine Arbeit erhalten. Mir wurde nahe gelegt, den Aufenthalt zu genießen. Nicht einmal das anfangs geplante außerdienstliche Treffen mit seinen Mitarbeitern kam bis zum Ende meiner Legislatur zustande.
    Wenn ich mich recht erinnere, habe ich gegenüber Senator Avarus nur erwähnt, dass ich dem Senat zu bedenken geben würde, erneut einen Quaestor in eine Provinz zu entsenden, in der kein Bedarf besteht."

    "Manius Tiberius Durus als Mitglied :dafuer:


    Wie gesagt: Von der Aufnahme des Magister Scriniorum bin ich nicht so richtig begeistert. Für mich entfremdet sich damit der Zweck der Curia. Auch den Beisitzerstatus halte ich nicht für notwendig. Was soll uns die Erfahrung eines Magister Scriniorum im Gegensatz zu der eines Senators - und alle anderen sind Senatoren - auch bringen?"

    Rein äußerlich ließ sich Claudius nicht anmerken, was er von den Ideen seines ehemaligen Legaten hielt. Offensichtlich war Macer zu Scherzen aufgelegt, aber der Centurio ließ Nachsicht walten, auch wenn er sich nun einerseits veralbert fühlte und andererseits auch genierte, als er die "Arme-Leute-Waffe" aufnahm, skeptisch in den Händen drehte und deren Handhabung erforschte.


    Mit so einem Ding hatte Vesuvianus noch nie zu tun gehabt, weder als Soldat noch als Kind. Er war froh, dass keiner seiner Legionäre anwesend war, als er einen eiförmigen Stein nahm, ihn einlegte und die Schleuder kreisen ließ. Als er das Schlaufenende loslassen wollte, klemmte es und als er nachfasste, war der Schwung weg. Eine steile Falte erschien auf Claudius’ Stirn und nur widerwillig probierte er das Spiel von vorn.


    Wieder holte er Schwung und diesmal klappte es besser. Zur Sicherheit zog der Centurio den Kopf ein, denn an seine Zielgenauigkeit mit dem Ding glaubte Claudius nicht. Da würde Masse Übung nötig sein, um Treffer zu erzielen. Irgendwo hinter Vesuvianus spitzte Staub auf, aber er wusste nicht, ob der von seinem Geschoss oder dem eines anderen Teilnehmer herrührte. Claudius tat so, als hätte er seine Übung zufrieden stellend absolviert und trat in der Hoffnung zurück, dass er nicht noch mal vorzitiert werden würde.

    Der Centurio salutierte, nickte dem Praefectus nochmals zu und begab sich alsdann in sein Officium, um sich mit seinem Optio zusammenzusetzen. Nach den faulen Leben als Quaestor provincialis musste sich der Offizier zusammenreißen, um ohne nennenswerte Abstriche zurück in den anspruchsvollen Lageralltag zu finden. Sein selbst auferlegtes Programm am ersten Tag war umfangreich und entsprechend geschlaucht fühlte sich Claudius bereits jetzt. Vielleicht würde er doch den Thermen bald einen Besuch abstatten, erinnerten sie ihn doch an die angenehme Seite des ansonsten eintönigen Quaestorenamtes.

    Der Centurio nickte seinem Optio zu und trat vor die Männer, die in Reih und Glied angetreten waren. Er ließ seinen Blick über die versammelten Soldaten schweifen und bemerkte für sich, dass dies ein erhebendes Gefühl war, das kein Amt in Rom je würde übertreffen können. Er war gern Soldat, war es mit Leib und Seele.


    "Movemini, Milites!


    Wie ihr seht, die Legion hat mich wieder - zum Glück für mich, vielleicht zu eurem Pech." Ein Grinsen überzog Claudius’ Gesicht, bisher hatte er nicht Grund zur Annahme, dass seine Männer derart über ihn dachten.


    "Vielleicht aber auch zu eurem Glück", fügte er deswegen schmunzelnd an. "Ich habe am Vortag eure Arbeit der letzten Wochen begutachtet und ich kann behaupten, dass ich stolz auf euch und euren Bauabschnitt bin. Saubere Arbeit, Männer, der Pfusch und die Unfälle, die mir zu Ohren kamen, gehen nicht auf unser Konto. Nichts ist mir so wichtig wie euer Wohlergehen und der gute Ruf unserer Centurie. Darauf lege ich Wert, sogar gesteigerten Wert, und ich hoffe, dass es jeder einzelne von euch ähnlich empfindet.


    So, und wer über lange Zeit gute Arbeit geleistet hat, der wird auch entsprechend belohnt.


    Optio Priscus, Legionarius Vesuvius Flavian, progredere!"

    Da allem Anschein nach keiner Einwände gegen diese Taktik vorzubringen hatte und jemand ja schließlich das Kommando innehaben musste, sie nicht stur auf die sich langsam formierende Front der anderen zulaufen konnten, gab Vesuvianus nächste Anweisungen.


    "Vier Mann aus den hinteren Reihen des (durch die Schilde auf dieser Seite) starken linken Flügels auf die rechte Flanke und diese quasi abrunden. Gliedert euch derart an, dass ihr sowohl die Schulter eures linken Kameraden schützt als auch euch, passt euch also leicht nach außen verdreht ein und zwar so, dass eure Schilde parallel zur Gegnerschaft stehen, ihr aber vollständig dahinter verborgen bleibt. Die Lanzen richten sich dadurch automatisch seitlicher aus und bilden den Schutz für diese Flanke.


    Und weiter vorwärts, Soldaten, Dort drüben steht ein Haufen Zivilisten. Wäre doch gelacht, wenn wir die nicht überrumpeln."


    Wie wusste Claudius allerdings nicht, denn ein direkter Kampf mit diesen unhandlichen Dingern schien ihm widersinnig. :hmm: Praktisch wären jetzt Bogenschützen oder Pilawerfer.

    Nun wartete die V-Gruppe nicht mehr. Sie war längst formiert und es fehlte nur noch einer, der das Kommando gab.


    "Achtung, Männer. Wir verziehen unsere Phalanx und zwar derart, dass wir uns auf unseren linken Flügel konzentrieren, der rechten ist durch die Schildhaltung mehr oder weniger ungeschützt und muss zurückgesetzt werden - also kein Angriff auf paralleler Front, klar? Mit dem linken Flügel greifen wir deren rechte - nämlich empfindliche - Seite an. Alles klar? Vorwärts, zunächst im Schritt."


    Claudius fasste seine unhandliche Lanze fester und zählte den Gleichschritt an.

    "Hm, ich bin jetzt von der Aufnahme des Magister Scriniorum nicht so wirklich begeistert, wenn es aber allgemein gewünscht ist, passe ich mich dem auch an. Bisher war die Curia für mich der Treffpunkt der verschiedensten Vertreter der Provinzstädte mit dem Comes. Kommt der Magister Scriniorum beim Comes dazu, müssten ja auch die Scribae der Städte hinzugezogen werden und ich meine das ufert aus."

    "Personalintensiver mag der Komplettabriss sein, die andere Variante ist jedenfalls die mit den größeren gesundheitlichen Risiken. Ich kann dir sagen, Latrinen putzen ist nichts gegen das Aufstemmen festen Betons.
    Gut, dann steht unser Programm für morgen schon mal fest. Lass die Männer zum Morgenappell antreten, ich habe sie bisher noch nicht offiziell und schon gar nicht alle begrüßt.


    Ach, und noch was, Priscus. Du hast hervorragende Arbeit während meiner Abwesenheit geleistet. Mein Schreibtisch war zwar noch nie so voll, aber gleichzeitig auch noch nie so aufgeräumt. Bei nächster Gelegenheit und nicht zuletzt wegen deiner Verdienste am Bau werde ich das lobend beim Legatus erwähnen. Mal sehen, ob ich da eine Anerkennung für dich herausschlagen kann."


    Claudius nickte anerkennend. Er wusste, was er an seinem Optio hatte.


    "Wenn du dann nichts mehr hast, kannst du wegtreten."

    Zitat

    Original von Flavus Valerius Severus

    Sim-Off:

    Wie viele sind ungefähr in einer Gruppe?


    Sim-Off:

    Lass uns doch mal die üblichen vier Reihen annehmen und füllen die einfach mit imaginären Teilnehmern auf. Laut Legatus sind ja schon aus der LEGIO I mehrere Centurionen hier. :D


    "Wir brauchen unbedingt mehrere Reihen, denn eine ewig lange Linie nützt nicht viel, wenn keiner da ist, der nachrücken kann. Vier Reihen a acht Mann würde ich vorschlagen und wenn wir uns mal etwas beeilen, können wir die Truppe da drüben auch mal eben schnell überrumpeln, denn wie es aussieht, geht’s dort etwas langsamer voran.
    Außerdem sollten gut trainierte Soldaten auch den schnelleren Vormarsch drauf haben, ohne dass die Formation auseinander fällt."


    Der Centurio reihte sich in die vordere Linie ein, denn so war er es seit seiner Legionärszeit gewöhnt.

    Claudius waren zwar die Gepflogenheiten im Senat fremd, aber deswegen war er keineswegs schüchtern wie ein Mädchen. Er musste daher schmunzeln, als ihn der Princeps förmlich näher heranlocken wollte. ;) Etwas steifer als beabsichtigt und mit dem üblichen militärischen Zack trat der Centurio also heran, verschaffte sich einen Überblick und antwortete sodann mit durchaus ernster Miene, wenngleich er der Unterredung bislang auch etwas Amüsantes abgewinnen konnte:


    "Nun ja, wenn Beschäftigungslosigkeit als Problem angesehen wird, dann gab es in der Tat Nennenswertes. Meine Dienste wurden schlichtweg nicht benötigt, so sah es aus. Ich hätte also meine anderen Verpflichtungen der Amtszeit durchaus von Rom aus tätigen können."