Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Mit einem Lächeln auf den Lippen begab ich mich am Abend dieses ereignisreichen Tages zu meinen Lieblingsplatz. Ich setzte mich auf den Stein, der nur für mich an dieser Stelle zu liegen schien. Ich betrachtete den Himmel. Eine Ansammlung von Wolken verschluckte die Sonne am Horizont lange vor deren Untergang. Sie schickte ihre Strahlen auch nachträglich noch zur Erde. Ein selten schöner Anblick - geeignet, den heutigen Abend zu etwas Besonderem zu machen.


    Ich griff zu meinem Werkzeug und einem Metallstück. Die Gedanken wanderten in alle möglichen Richtungen während ich an dem Anhänger herumwerkelte. Ich dachte an meine Vergangenheit in Germanien, die augenblickliche Konstellation im Lager, meine Zukunft in der Legion, vielleicht eines fernen Tages einmal eine eigene Familie… Warum eigentlich nicht? Es gab Mädchen, die auf die Ehe verzichteten und den spärlichen Familienalltag mit einem Soldaten in Kauf nahmen. Selbst an meine Cousinen dachte ich an diesem Tag. Na, und das wollte schon etwas heißen.


    Nachdem auf den letzten Anhänger bereits eine große I und ein L gekommen waren, ritzte ich auf diesen neben die I ein großes O. Auf die Rückseite kam zusätzlich das heutige Datum, was ich für das vorhergehenden ebenfalls noch nachholte. Mein Cingulum würde eine ganz eigene Geschichte erzählen, nämlich meine, die des Herius Vesuvius Claudius – Sohn aus unbedeutendem Hause aber mit einem erfolgreichen Vater und mit dem Wunsch, diesem in nichts nachzustehen.

    Zeitiger als sonst stand der Optio an diesem Morgen auf den Beinen. Würde es doch der erste sein, an dem er wecken durfte und nicht geweckt wurde.
    Mit großem Vergnügen kam er dieser Aufgabe nach und registrierte mit einem Grinsen auf dem Gesicht die verschlafenen Gesichter der Probaten.


    "Antreten zum Morgenappell vor den Baracken, ohne Kampfausrüstung: Gaius Flavius Catullus, Marcus Aelius Optatus, Gnaeus Octavius Metellus."


    Letzteren hatte er zwar lange nicht gesehen, aber er wollte keinen unerwähnt lassen. In die nächste Stube rief er weitere zwei Namen und anschließend wartete er vor den Mannschaftsquartieren auf das Eintreffen der Probaten.



    edit: Name geändert

    Den Segen der Götter musste der Optio schon lange besitzen, denn seit er sich für die Legion entschieden hatte, lief einfach alles bestens in seinem Leben. Der Dienst machte Spaß, er hatte einen guten Freund gefunden, sein direkter Vorgesetzter, der Centurio, besaß menschliche wie fachliche Qualitäten und sein eigener Aufstieg innerhalb der Legion verlief nahezu optimal.


    Mit einem Lächeln salutierte Claudius und machte sich auf den Weg zu den Mannschaftsunterkünften.

    Aufmerksam folgte Claudius den Erläuterungen zu seinem Aufgabenbereich. Da sich keine ungewöhnlichen Aufgaben darunter befanden, stellten sich ihm auch keine Fragen. Interessant zu hören war, dass zukünftig die Grundausbildung zeitlich verkürzt werden sollte, was durch die Aufgabenteilung der Offiziere leicht erreicht werden konnte, gleichzietig aber an die Konstitution der Probaten höhere Anforderungen stellen würde.
    Insgesamt fand er diese Straffung positiv, denn so konnte besser beurteilt werden, welcher der Probaten in die Legion aufgenommen werden konnte und wer den hohen Anforderungen nicht gewachsen war.


    "Keine Fragen, Centurio.“

    Claudius bedankte sich und nahm Platz. Er war froh, dass es sogleich sachlich weiterging und nicht kompliziert wurde, wie er schon wegen seines holperigen Gesprächsanfangs befürchtet hatte.


    "Mein Vater legte zu Lebzeiten großen Wert darauf, mir eine gute Ausbildung zukommen zu lassen. Ja, ich kann sehr gut lesen und schreiben.“

    Der Soldat betrat den Raum und grüßte zackig.
    "Centurio, Optio Vesuvius Claudius meldet sich unaufgefordert zur Stelle.“


    Mit einem kleinen Schmunzeln im Gesicht suchte er anschließend offenbar nach den passenden Worten.


    "Gut möglich, dass ich mich irre, aber ich denke eher nicht…“ Der Soldat kam ins Stocken. Er hasste große Worte, hatte aber dennoch das Bedürfnis, seiner Vermutung nachzugehen und sich wenigstens mit einem Wort dankbar zu zeigen. Trotzdem fühlte er sich plötzlich unwohl.


    Mit einer fast unwilligen Handbewegung wischte er alle angefangenen Sätze in seinem Kopf fort. Übrig blieb das Wesentliche.


    "Die Ernennung zum Optio hat mich mit Stolz erfüllt und auch mit Dank an jene, die sie möglich gemacht haben. Ich werde das in mich gesetzte Vertrauen nicht enttäuschen und stehe für unterstützende Aufgaben stets bereit.“


    Am Ende hatte er sich wieder gefasst, seine Worte kamen flüssig, das verlegene Schmunzeln war fort.

    Der so angesprochene Soldat gehörte zu jenen Menschen, die so lange über eine Sache nachgrübelten, bis sie den Denkfehler gefunden hatten. Mit einem solchen zu leben, war schlichtweg unmöglich. Daher zog sich der Soldat schweigend zurück und ging in Gedanken seine Kenntnisse, beginnend von der Königszeit durch.
    Er wusste, dass zu jener Zeit die Ausrüstung selbst gestellt werden musste. Es gab die Wehrpflichtarmee und es gab die Einteilung in Vermögensklassen. Wie kam er nur darauf, dass sich mit dem Wegfall der Einstufung nach Vermögensklassen gleichzeitig an der Bereitstellung der Ausrüstung etwas geändert haben könnte? Lange kam der Soldat zu keinem Ergebnis, was ihn richtig unzufrieden machte.
    Schließlich erwiderte er ziemlich resigniert:


    „Vermutlich liegt bei mir eine Fehlverknüpfung vor. Ganz sicher habe ich den Fortlauf der Geschichte, nämlich zum einen die Rekrutierungen in Notsituationen, wie zum Beispiel während der Punischen Kriege, in denen, um auf die benötigte Anzahl von Rekruten zu kommen, die bestehenden Einteilungen geöffnet wurden, was dann zum anderen zur Folge hatte, dass viele dieser so Rekrutierten sich oft nicht in der Lage sahen, sich ihre Ausrüstung selbst zu beschaffen und diese der Staat stellen musste, zu eng miteinander verknüpft.“


    Der Soldat grinste etwas verlegen.


    „Vielleicht sollte ich mal nicht so viel in diesen alten Aufzeichnungen lesen. Die machen einen noch ganz wirr. Ich sollte mehr in der Gegenwart leben.“

    Der Soldat kehrte gerade aus den Mannschaftsquartieren zurück, als er erneut angesprochen wurde. Verwundert hörte er die Worte, war er doch bereits zu den Quartieren gelaufen.


    „So leid es mir tut, aber ich muss hier meinen Dienst machen. Ich kann mich nicht hinstellen und eine Runde mit noch so schönen Frauen schwatzen. Der Legionär Vitulus ist informiert und kommt, sobald er es sich einrichten kann.


    Frauen dürfen in jedem Fall nicht das Lager betreten. Es kann euch also niemand zu irgendjemand bringen. Ihr müsst euch gedulden.“

    Der Soldat an der Wache musste schmunzeln. Zum einen über den netten Damenbesuch, das war doch mal eine Abwechslung! :) Zum anderen über die ungewohnt lockere Anrede. Das ist man eben gar nicht mehr gewöhnt, wenn man tagein tagaus nur unter Soldaten lebt.


    "Salvete die Damen! Ich werde betreffenden Soldaten holen gehen. Schön vor der Lagerumwehrung stehen bleiben und nicht fortbewegen, schon gar keinen Fuß hier rein.“


    Der Soldat grinste, gab seinem Wachkollegen Bescheid und lief zu den Mannschaftsquartieren.




    Edit: Sig. entfernt

    Ich musste schmunzeln. Mit einem Augenzwinkern antwortete ich dem Freund:

    "Bevor ich in die Legion eingetreten bin, war das Studium diverser Militärunterlagen regelmäßige Bettlektüre. Die Theorie dann mit der Praxis zu verbinden, ist nicht mehr der ganz große Schritt. Es ist eben auch ein interessantes Thema und nicht zuletzt der Grund, warum ich von dem Gedanken an die Legionsreiterei zurückgetreten bin."

    "Nein, nein, dem ist nicht so. Der Antrag ist dennoch vonnöten, der Bürokratie wegen.“ ;)


    Ich beugte mich etwas näher zu Vitulus.


    "In dem Fall hätte ich auch kurzerhand den Hinweis unterschlagen. :) Außerdem kannst du ja zur Sicherheit, also um Missverständnisse auszuschließen, in deinem Antrag deinen Wunsch nach Verbleib in der Legio I explizit so formulieren.“

    "Wie du weißt, hatte ich mich auf dem Marsch mit dem Centurio Aurelius Sophus über meine oder besser unsere Pläne, die Reiterei betreffend, unterhalten. Er hat sich nun im Officium erkundigt, ob dort Plätze frei sind. Sehr ungewöhnlich, dass er das erfragt hat und ich weiß das sehr zu schätzen!
    Inzwischen habe ich meine Pläne ja geändert, möchte lieber bei der Infantrie bleiben, aber ich soll dir ausrichten, falls deinerseits noch Interesse besteht, dann kannst du einen Versetzungsantrag in der Schreibstube in die Legionsreiterei stellen.


    Was sagst du?“


    Gespannt sah ich Vitulus an.

    Ich stellte mich neben Vitulus und wir tauschten uns über die bisherige Geschützausbildung aus. Überlegten, wie man den einen oder anderen Handgriff noch besser machen konnte, wie man die Entfernung mit der erforderlichen Spannung am besten in Einklang brachte und wie man den eher steilen Bogenflug beim Anvisieren des Zieles berücksichtigte.