Beiträge von Herius Claudius Menecrates

    Es war nicht zu übersehen und auch im Klang der Stimme nicht zu überhören, dass Vitulus schwer an dem Verlust seines Vaters trug. Ich war nicht gut im Trösten, mir fehlten dafür die rechten Worte. So legte ich nur meine Hand auf seine Schulter, drückte sie kurz, griff dann nach meinem Dolch und begann, sinnlose Zeichen in den Erdboden zu ritzen.


    Schweigend vergingen die nächsten Minuten und mir wurde klar, dass ich von meiner Familie fast gar nichts wusste. Nun selbst nachdenklich geworden, sprach ich leise meine Gedanken aus.


    „Für mich ist die Legion meine Familie. Ich bin nicht sicher, ob das richtig ist."

    Mein erster Gedanke: Das war unfair. Natürlich bin ich davon ausgegangen, dass man den Fluss NICHT durchwaten kann. :D


    Den Liegekomfort eines Schildes hatte ich nun auch schon während zweier Märsche erproben dürfen und mir dabei etliche Muskelverspannungen geholt. Nun kam also seine Rolle als Tragevorrichtung ins Spiel. Ein gutes Armtraining, dachte ich bei mir, wenn man Kopfschmerzen durch das Gewicht von Schild und Ausrüstung vermeiden will, indem man den Schild nie ganz absetzt.


    Der Gedanke an die unterstützenden Seile sagte mir zu und da sich sonst niemand meldete…


    „Ich übernehme das.“


    Sofort legte ich meinen Schild auf den Boden, Rüstung und Waffen hinein. Nur noch mit Tunika bekleidet wartete ich auf die Seile und den Befehl.

    „Du meinst, er ist auf mich fixiert?“


    Ich schmunzelte. Sicher, mich und mein Pferd verbanden bereits einige Erlebnisse. Ich klopfte dem Schimmel den Hals, griff in den Mähnenansatz am Widerist und schwang mich auf seinen Rücken. Die Zügel aufgenommen, den Hengst wenden und lostraben war eines. Da seine Muskeln bereits erwärmt waren, trieb ich ihn sofort in den Galopp.


    Nach einigen schnellen Runden stoppte ich abrupt vor Vitulus. Staub stob durch die Luft, als der Hengst die Hinterläufe in den Sandboden stemmte.


    „Wann hast du vor, nach Rom zu reisen? Gern begleite ich dich.“

    Ich nickte zustimmend zu Vitulus’ Worten.


    „Mein Aufenthalt in einer Casa liegt verdammt lang zurück. Ich weiß nicht einmal mehr, wie sich ein normales Bett anfühlt.“



    Gerade erinnerte ich mich an unser unterbrochenes Gespräch beim Waffentraining.


    „Du wolltest mir schon immer einmal erzählen, wie du zur Legion gekommen bist. Jetzt ist dazu die Gelegenheit. Wir können nichts tun außer abzuwarten, bis das Unwetter sich legt. Etwas ruhiger klingt es ja schon. “

    „Hinter den Stallungen befindet sich ein Reitplatz. Der wird zur Ausbildung der Rekruten genutzt. Dort kannst du ungestört deine Runden drehen, derzeit ist niemand dort.“


    Mit dem Gedanken, eines Tages einmal gemeinsam mit Vitulus das Reittraining aufnehmen zu können, verließ ich die Stallungen und bog zum
    Reitplatz ab.

    Ich lief bis zum Reitplatz neben Vitulus her, der auf meinem Pferd saß. Dort angekommen, stellte ich mich an den Rand und sah ihm bei seinen Runden zu. Klar, auch ich hatte Lust auf eine Reitstunde, aber zusehen war auch nicht schlecht.


    Ich griff nach einem Grashalm, kaute gedankenverloren darauf herum und gab mich Zukunftsvorstellungen hin. Es gab Legionäre, die sich spezialisierten, ob als Waffenmeister, Metzger, Sanitäter, Pferdezureiter. Diese Spezialisierungen waren sehr begehrt, boten sie doch eine Abwechslung zum täglichen Dienst. Ich war gespannt, wie mein Werdegang in der Legio einmal sein würde.


    Das Prusten meines Pferdes holte mich in die Wirklichkeit zurück. Ich grinste Vitulus zu.

    Die vorsorglich um das Zelt gelegte Schutzrinne, die das Wasser ableiten sollte, fasste bereist nach kurzer Zeit die Unmengen des feuchten Nass nicht mehr und so kam es, dass zunächst ein kleines Rinnsal und bald ein kleiner Bach am hinteren Ende des Zeltes eintrat, um es auf der gegenüber liegenden Seite wieder zu verlassen.


    Eng saßen die Soldaten zusammen, kaum reichte der Platz. Gedankenverloren verfolgte ich den Fluss des Rinnsals, dachte an die Kameraden, die Wache hielten. Vollkommen durchnässt stundenlang Wache schieben… nicht zu beneiden.


    "Ob die Essvorräte dieses Wetter wohl schadlos überstehen? Was meinst du?" Ich sah nachdenklich zu Vitulus.

    Eilig rannte ich mit den Soldaten meiner Contubernia Richtung Zelt. Die Befestigungen wurden hastig überprüft und für gut befunden. Nachdem auch der Letzte eingetroffen war, zogen wir die Plane des Eingangs zu und befestigten auch diese. Anschließend saßen wir mehr oder weniger unschlüssig im Zelt und lauschten dem Donner, der in immer kürzeren Abständen den Blitzen folgte.


    Wie so viele meiner Kameraden war auch ich abergläubisch. Stets war ich bedacht, die übernatürlichen Mächte nicht zu erzürnen und doch zürnten sie. Juppiter sandte Blitz und Donner zur Erde, selten erlebte ich seinen Zorn so groß.
    In einem Gebet versuchte ich ihn zu besänftigen und hoffte so auf das Ende des Unwetters, doch es fing wohl gerade erst richtig an…

    Tja, ich war noch nie bei einer Wasserübung dabei. Eine Zeitlang grübelte ich, versuchte mir Schild und Rüstung im Wasser vorzustellen und gab schließlich auf.


    „Hm, wie wäre es mit einem Floss?“


    Zwar wusste ich, dass wir zum Schwimmtraining angetreten waren, aber dennoch erschien mir ein Floss zur Überquerung die beste Lösung zu sein. Der Fluss war breit, die komplette Marschausrüstung nicht unerheblich von Umfang und Gewicht, ein Floss trug zugleich mehrere Soldaten, Äxte führten wir immer mit, denn auch beim Lagerbau mussten Bäume gerodet werden.


    Meine Überlegungen gingen weiter...


    "Ich würde auch als erstes einmal testen, ob mein Scutum auf dem Wasser treibt oder sich vollsaugt, um unterzugehen. Erst danach kann ich wirklich beurteilen, ob es mir Hilfe oder Last beim Überqueren ist."


    Ich sah interessiert zu den anderen Soldaten und war auf deren Ideen gespannt.

    ;)


    Wir trafen im Lager ein, als nur noch wenig Blau des Himmels zu sehen war. Der Wind hatte stark zugenommen. Ich sah, dass die schwere Lederplane, die den Einschlupf zu dem Zelt meiner Gemeinschaft darstellte, in dem aufkommenden Sturm flatterte. Würde der Wind durch die geöffnete Eintrittsmöglichkeit in das Zelt fahren, wäre dessen sicherer Stand mehr als bedroht. Wichtiges Gepäck, Ausrüstung und nicht zuletzt unsere schützende Unterkunft wäre damit gefährdet.


    Doch selbständiges Entfernen aus der Zenturie war nicht erlaubt.

    Da mir die Bemerkungen der neuen Probati auch langsam auf die Nerven gingen und ihre Unaufmerksamkeit die Ausbildung unnötig behinderte, grinste ich ungeniert, als der Centurio zur Wachstafel griff. :D


    Ich fragte mich, was sind das bloß für Typen? :rolleyes:Vitulus und ich waren doch auch ganz anders. Entweder gehörten die gar nicht in eine Legion oder sie sollten sich endlich mal ein bisschen zusammenreißen.



    Ein skeptischer Blick zum Himmel ließ meine Gedanken aber schnell vergessen. Nun würde sich zeigen, wie gut wir die Zelte aufgebaut hatten. Eilig ging es zurück ins Lager.

    „Wenn ich ehrlich bin, hast erst du mich auf den Gedanken gebracht, zur Reiterei zu gehen. Für mich gab es zuvor nichts anderes als die Infanterie. Seit unserem Gespräch habe ich mich jedoch mehr und mehr damit beschäftigt, welche Chancen die römische Legion durch besonders gut geschulte Equites hätte.


    Nicht umsonst gilt die Reiterei als eine Elite im Heer. Mir ist klar, sie wird vor allem vom römischen Adel gebildet, aber ich habe schon immer Herausforderungen geliebt. Eines Tages könnte ich Ritter sein und dann, na ja annähernd, zu dieser Elite gehören.


    Ich gebe zu, ich würde auch gern mit dir gemeinsam in diese Ausbildung gehen. Gewachsene Freundschaft ist ein gutes Fundament für späteres Agieren im Ernstfall.“


    Selten legte sich ein offenes Lächeln auf mein Gesicht. Zumeist war es ein spöttisches Grinsen. Die Aufrichtigkeit meiner Worte ließ aber ein solches Grinsen nicht zu. Freundlich lächelnd sah ich Vitulus an. Ich war froh, ihn hier in der Legion getroffen zu haben.



    Bei meinen nächsten Worten erschien wieder das übliche Grinsen und ich klopfte Vitulus auf die Schulter.


    „Wir sollten uns um ein Pferd für dich bemühen.“

    „Bin erst einmal dazu gekommen, so viel Freizeit haben wir ja nicht und während der Grundausbildung war gar keine Gelegenheit. Na ja, Reiten verlernt man ja nicht.


    Wie sieht es aus, mein Freund? Willst du immer noch zu den Equites oder hat dich die Ausbildung auf einen anderen Geschmack gebracht? Was sagst du überhaupt zu dem zweiten Marsch, an dem wir nun schon teilgenommen haben?“


    Gespannt wartete ich auf Vitulus' Antworten.

    Erste Schwierigkeit war, die Stelle zu finden, an der der Optio das Schwimmtraining aufnehmen wollte. Ich begab mich einfach auf direktem Wege zum Fluss, so wie wir immer zu ihm gelangten, und landete beim Hafen.


    Bis auf zwei Lastschiffe, von denen eines gänzlich ruhig im Hafen lag, war nicht viel zu entdecken. Ich setzte mich also an das Flussufer, kaute auf einem Grashalm herum und beobachtete die Besatzung des zweiten Schiffes beim Löschen der Ladung.

    Es kam immer darauf an, wer Lob und Tadel aussprach und so konnte ein Lob eine gänzlich unterschiedliche Gewichtung haben. Ich ließ mir äußerlich kaum etwas anmerken, aber innerlich freute ich mich sehr.


    Mittagpause und Trinken klang gut, Schwimmen in voller Kampfausrüstung weniger. Hm, ich würde mich überraschen lassen.


    Zunächst begab ich mich in die Unterkünfte, setzte mich und leerte zwei Becher klaren Wassers ohne abzusetzen. Nach dem Verzehr von etwas Getreidebrei setzte ich meinen Helm auf, griff zu Waffen und Schild und tigerte zum Fluss. Schwimmen mit Panzer und Schild? Noch konnte ich mir das nicht wirklich vorstellen.

    Ein zweites Pilum traf den Bullen in den Nacken, ein drittes ins Schulterblatt.




    Nachdem ich einen meiner Speere abgesetzt hatte, rannte ich zu dem jungen Mann, der mitten im Haupttor stand und offenbar die Gefahr nicht erkannte. Ich zog ihn schnell beiseite und schickte ihn zu einem der Soldaten, dessen Waffe ebenfalls bereits in dem Bullen steckte und der somit nichts mehr ausrichten konnte. Er kümmerte sich um den Neuankömmling und brachte sich und ihn in Sicherheit.