Beiträge von Sica

    Unauffällig schaute Sica sich vor der Villa um. Er schätzte die Belebung der Straße ab, die Entfernungen zwischen den kleinen Gassen...


    Als sich die Tür öffnete und tatsächlich plötzlich sein Besitzer persönlich vor sich stand, wäre er überrascht, ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen. Nachdenklich musterte er auch seinen Herrn.

    Gelassen folgte Sica den beiden Soldaten. Er hatte das deutliche Gefühl, dass sie tatsächlich Angst hatten, er könne sich widersetzen. Beinahe hätte ihm dieser Gedanke ein überlegenes Grinsen entlockt, doch sein Gesicht blieb unbewegt, während sie sich auf den Weg aus dem Carcer heraus machen. Dies war ohnehin mit Sicherheit nicht der richtige Ort für eine Flucht. Merkwürdige Vorstellungen hatten diese Männer.


    In der Villa Flavia Felix hingegen war man sicher noch nicht richtig auf die neuesten Entwicklungen vorbereitet. Sklavenbesitzer unterschätzten solche Situationen ohnehin prinzipiell. Dort würde es keine lästigen Wachen geben, die ihr Handwerk verstanden...

    Sica zuckte gleichgültig mit den Schultern und folgte dem Soldaten. Er war froh, sich wieder ein wenig bewegen zu können. Zwar war die Gefängniszelle angenehmer als die Sklavenunterkünfte bei seinem Herrn gewesen, doch die ewige Eingesperrtheit ging nach einer Weile auch an die Nieren. So setzte Sica nun einen gleichgültigen Gesichtsausdruck auf und folgte dem CU-ler gehorsam. Aus halb geschlossenen Augen behielt er die Umgebung jedoch genau im Auge und wartete während er den Soldaten folgte mit gespannten Muskeln auf den richtigen Moment...

    Sica zögerte. Nicht weil er sich unsicher war. Er zögerte bewusst. Dann erhob er sich und trat selbstsicher auf die Soldaten zu um sie verächtlich von oben herab anzuschauen. Mit eisigem Blick sah er ihnen direkt in die Augen und schwieg.

    ...


    Sed vitate viros cultum formamque professos,
    Quique suas ponunt in statione comas.


    Als sich die Luke in der Tür öffnete verstummte Sica und sah auf. Direkt in die Augen blickte er dem Schließer und schwieg mit ernster unbewegter Miene.

    Nachdem der geforderte Wein nicht gebracht wurde, dachte Sica darüber nach, sich bei dem 'Vorgesetzten' seines 'Wirts' zu beschweren. Er entschloss sich jedoch dazu, schlafende Hunde vorerst nicht zu wecken. Wie viel Zeit vergangen war, seit er in diese Zelle eingesperrt wurde, konnte er längst nicht mehr rekapitulieren. Einzig und allein sein Bartwuchs gab ihm dafür einen Anhaltspunkt. Um sich zu beschäftigen, begann er nun wieder zu rezitieren. Seine Stimme war tief und erstaunlich wohlklingend. Bei einem seiner Vorbesitzer hatte er seine Aussprache und das Vortragen von Texten perfektionieren müssen. Er hasste diese Arbeit damals abgrundtief. Besonders die viel geforderte Aufgabe, vor den Gästen seines Herrn absurde Texte irgendwelcher verrückter Autoren zum Besten zu geben, war ihm zuwider. Doch nun war es wenigstens eine Abwechslung und er kramte in seinem Gedächtnis.


    Siquis in hoc artem populo non novit amandi,
    Hoc legat et lecto carmine doctus amet.
    Arte citae veloque rates remoque moventur,
    Arte leves currus: arte regendus amor.


    Curribus Automedon lentisque erat aptus habenis,
    Tiphys in Haemonia puppe magister erat:
    Me Venus artificem tenero praefecit Amori;
    Tiphys et Automedon dicar Amoris ego.


    Ille quidem ferus est et qui mihi saepe repugnet:
    Sed puer est, aetas mollis et apta regi.
    Phillyrides puerum cithara perfecit Achillem,
    Atque animos placida contudit arte feros.


    Qui totiens socios, totiens exterruit hostes,
    Creditur annosum pertimuisse senem.
    Quas Hector sensurus erat, poscente magistro
    Verberibus iussas praebuit ille manus.


    Aeacidae Chiron, ego sum praeceptor Amoris:
    Saevus uterque puer, natus uterque dea.
    Sed tamen et tauri cervix oneratur aratro,
    Frenaque magnanimi dente teruntur equi;


    Et mihi cedet Amor, quamvis mea vulneret arcu
    Pectora, iactatas excutiatque faces.
    Quo me fixit Amor, quo me violentius ussit,
    Hoc melior facti vulneris ultor ero:

    Sica lachte leise. Der tumben Wache hätte er beinahe zugetraut, ihm die geforderte Waffe tatsächlich zu bringen. Irgendwie musste man sich seine Zeit ja vertreiben.


    Er hat schon Recht. Der Komfort dieser Herberge hier ist wahrhaft vorzüglich. Es wird kaum noch nötig sein, dass er meinem Herrn bescheid gibt. Ich erspare ihm viel Arbeit. Nun bringe er mir noch ein Schälchen von diesem köstlichen Wein, Wirt!


    Um seinen Herrn machte Sica sich keine Gedanken. Er beabsichtigte nicht, dorthin zurückzukehren.

    Nachdenklich strich Sica sich über sein Kinn. Die lange Zeit im Carcer hat ihre ersten Spuren hinterlassen. Er müsste sich dringend einmal wieder waschen und auch seine Kleidung könnte eine Säuberung gut gebrauchen. Der Bart war schon wieder ein gutes Stück gewachsen, so dass auch eine Rasur in die Liste seiner Wünsche aufgenommen wurde. Wenn er wenigstens sein Messer noch hätte. Der 'Komfort' dieser Einrichtung schien nun doch zu wünschen übrig lassen. Gelangweilt entschließt er sich zu einem kleinen Zeitvertreib.


    He! Wächter! Er bringe mir ein Messer, damit ich mich rasieren kann...


    Mit dem bereits geleerten Wassernapf schlug er gegen die Tür und erzeugte dadurch großen Lärm.

    Einige Tage später saß Sica noch immer guter Dinge in seiner Kerkerzelle. Der Fluchtplan ist mittlerweile beschlossene Sache und angesichts seiner kurz bevorstehenden Freiheit murmelte er leise vor sich hin.


    In dieser stillen Dunkelheit
    Suche ich den Ort
    Um zu entflieh'n der ew'gen Nacht
    Ein neues Licht zu seh'n


    Mein Schicksal ist mir klar
    Wie schon Erian es erzählt'
    werd' ich immer sein
    Und kämpfen gegen alte Sünd'
    Mondschein in dieser ew'gen Nacht


    Magische Welten
    und verlorene Ewigkeit
    dringen durch Träume
    eines Magiers aus der alten Zeit


    Im sanften Licht der Dämmerung
    Zwischen Herz und Seele
    Will Elgard sich nun hoffnungsvoll
    Dem Untergang entziehen.


    Mein Schicksal ist mir klar
    Wie schon Erian es erzählt'
    werd' ich immer sein
    Und kämpfen gegen alte Sünd'
    Mondschein in dieser ew'gen Nacht


    Magische Welten
    und verlorene Ewigkeit
    dringen durch Träume
    eines Magiers aus der alten Zeit


    Er wusste nicht, woher genau diese Zeilen stammten, doch seit seiner Kindheit kannte er sie und sie schienen ihm sehr gut zu seinem eigenen Schicksal zu passen.

    So gut gelaunt wie lange nicht mehr wachte Sica des Morgens wieder auf. Genüsslich streckte er sich auf seinem Lager und sah sich in der Zelle um. Es war angenehm, nicht mehr den unangenehmen Ausdünstungen und den belästigenden Geräuschen der anderen Sklaven ausgesetzt zu sein. Ein Muster an Sauberkeit war zwar auch diese Zelle nichts, doch wenn er an die Behausungen der Sklaven seines Besitzers dachte...


    Ob man ihm wohl ein Frühstück auf sein Zimmer bringen würde? Er lehnte sich an die angenehm kühle Mauer und schloss grübelnd die Augen. Wie lange er wohl noch hier bleiben durfte? Wenn er Glück hatte, dann ließ der Optio sich sicher viel Zeit damit, die Nachricht weiterzugeben. Bis man dann seinen Besitzer informiert hatte vergingen sicherlich auch noch ein paar Tage...

    Zitat

    Original von Secundus Flavius Felix
    Traurig? Nö. Sica vielleicht. :)


    Keine Sorge, Herr. Ich habe ja noch Mia...


    Nicht wahr, Mia? Wir werden noch viel Freude miteinander haben...

    Mein Herr haust nicht in einer Casa.
    Er residiert in einer Villa.


    Ich kenne viele schöne Spielchen...
    Verstecken... Kopfschlagen... Kaufmannschlagen...



    ...Mia: Gerne. Ich freue mich jetzt schon. Bis bald...

    'Komfortabel.' dachte sich Sica angesichts der ihm zugewiesenen Zelle. Hier sah es um einiges sauberer und gemütlicher aus als in den Behausungen der Sklaven in der Villa seines Besitzers. Mit der Kammer, in die teilweise zur Strafe eingesperrt wurde, garkein Vergleich. Sogar einen Napf frischen Wassers gab man ihm, sowie einen Kanten harten Brotes, ganz ohne Schimmel.


    Das vorhandene Stroh schien ebenfalls recht annehmbar und zufrieden ließ Sica sich dort nieder. Neben ihm raschelte etwas und blitzschnell sauste seine rechte Faust auf das Objekt nieder. Ein verzweifeltes Quieken war noch zu hören, gefolgt von einem leisen, trockenen Knacken. Dann sank die Ratte mit gebrochenem Genick leblos zusammen. Sica grinste triumphierend. Die Fleischbeilage zu seinem Brot war gesichert. Schlechter als der Fraß, den sie in der Villa Flavia Felix teilweise bekamen, konnte dies auch nicht sein.


    Sonderlich viel Fleisch hatte die Ratte ja nicht an sich, aber man musste halt nehmen, was man bekam. Zufrieden vor sich hin kauend und knuspernd saß Sica so in seiner Kerkerzelle und machte sich erste Gedanken bezüglich eines Fluchtversuches.

    Zitat

    Original von Cassia
    Also zumindest weiß ich jetzt definitiv, dass ich eine Sklavin sein möchte!


    Secundus Flavius Felix ich konnte aber jetzt nicht erlesen, dass dieses arme Mädchen etwas angestellt hatte! Dein Sklave sagte Du bist ein gütiger Herr stimmt das?


    Von gütig habe ich nichts gesagt. Ich sprach von gut und gerecht, was sich darauf begründet, dass er nicht so lasch und nachsichtig ist, wie manche andere Herren.

    Der Schlag war gut gezielt und Sica spürte, wie seine Nase zu bluten begann. Er wandte sein Gesicht wieder dem Optio zu und grinste verächtlich.


    Ich hoffe, dass du dir den Schadenersatz für diese Sachbeschädigung leisten kannst.


    Diesen Soldaten hatte er genau richtig eingeschätzt. Abgesehen von körperlicher Gewalt war hier wenig Leistung zu erwarten. Umso besser. Der würde sich leicht täuschen lassen. Sica machte keinerlei Anstalten sich zu wehren oder zu fliehen, sondern wendete seinen Blick vom Optio ab und ergab sich scheinbar in sein Schicksal.

    Nun konnte Sica doch nicht mehr widerstehen. Verächtlich spuckte er aus, genau gezielt direkt vor die Füße des Optio, natürlich ohne diesen zu treffen.


    Vergewaltigen? Deine eigenen Wunschträume stehen hier nicht zur Debatte... Optio...


    Sica setzte ein dünnes Lächeln auf, als er die Frage des Vigilen beantwortete.


    Es ist schon faszinierend, was hier für eine Aufregung zustande kommt. Es ist doch kaum etwas passiert. Ich für meinen Teil habe lediglich eine nette kleine Unterhaltung mit dieser... Dame... geführt. Gerade wollte sie mir die Weinamphoren aushändigen, welche ich ihr für einen kurzen Moment anvertraut hatte, da kam dieser... Matrose... dahergelaufen. Plötzlich zog er sein Gladius und fuhr mich rüde an. Natürlich war ich zutiefst erschrocken und im Affekt zog auch ich mein kleines Brotmesserchen, welches ich noch von der heutigen Abendmahlzeit bei mir hatte. Ich wusste kaum, wie mir geschah, da stürmten plötzlich diese... Vigiles... herbei. Natürlich war ich erleichtert über das schnelle Eingreifen dieser vorbildlichen Gesetzeshüter und ließ umgehend mein kleines Messerchen fallen. Erstaunt sah ich dann mit an, wie der rüde auftretende Waffenträger nicht in Gewahrsam genommen wurde, sondern unbehelligt und weiterhin im Besitz seines Gladius davonziehen konnte. Stattdessen finde nun ich mich in den Fängen der Wachen wieder. Ich bin erstaunt und verwirrt, jedoch guter Hoffnung, dass die gerechten Hüter der Sicherheit Roms die Wahrheit alsbald erkennen werden, auf dass ich in Bälde zu meinem Herrn, dem Legatus Augusti pro Praetore Senator Secundus Flavius Felix, zurückkehren kann.

    Sica starrte der Wache mit regungsloser Miene direkt in die Augen. Er ließ sich bewusst Zeit mit den Antworten. Gerade so viel wie notwendig war, um sein Gegenüber ein wenig zu reizen, gerade so viel wie möglich war, ohne mit gewalttätigen Gegenmaßnahmen rechnen zu müssen. Er nutzte diese Zeit, um den Optio mit abfälligem Blick von oben bis unten zu mustern. Am liebsten hätte er noch verächtlich vor ihm auf den Boden gespuckt, doch in Anbetracht der ohnehin schon angespannten Situation entschied er sich dagegen. Langsam, als spräche er mit einem kleinen Kind oder einem Menschen, der kein Latein verstünde, beantwortete er schließlich die Fragen.


    Mein Name... lautet... Sica.


    Der Name eines Sklaven bedeutete ohnehin nicht viel. Es gab sicher tausende Skalven in Rom, die Sica hießen. Der Name seines Herrn jedoch würde etwas bedeuten. Er dachte einen Augenblick nach, ob er die Wahrheit sagen solle. Sicher würden sie nach seinem Herrn suchen und ihn kontaktieren wollen. Sollte er einen falschen Namen nennen, so dass sie nicht fündig werden, wären seine Zukunftsaussichten sicher stark begrenzt. So entschloss er sich, die Wahrheit zu sagen. Möglicherweise ergab sich im Verlaufe der zu erwartenden Verhandlungen ja eine gute Gelegenheit.
    Falls das Ganze doch nicht funktionieren sollte, dann würde sein verhasster Besitzer zumindest auch nicht ganz ungeschoren davonkommen. Er allein war schuld an diesem Auftrag. Er allein trug die Verantwortung dafür, dass Sica in diese beschissene Situation gekommen war. Dafür würde auch er büßen müssen.


    Mein Besitzer... ist der Senator... Secundus... Flavius... Felix.