Beiträge von Ganymed

    Bewundernd sah Ganymed Livianus an. Als Ganymed mit Aemilia in Hispania war, hatte er gesehen, was für zähe und auch erstaunlich große Männer die Iberer waren und auch bei der Gladiatoreneinweihung hatte er einige von ihnen kämpfen sehen. Das waren bestimmt keine leichten Gegner. Und wieder, wie so oft in der letzten Zeit spürte er, wie eine Schwermut ihn ergriff, wenn er an solche Dinge und an die Legion dachte, die ihm jetzt doch für immer verwehrt war. Die Hoffnungen, die er sich mit der Legion gemacht hatten, waren weggewischt und hinterließen nur eine bedrückende Leere.


    Aber schnell versuchte er diesen bedrückenden Gedanken wieder loszuwerden. An diesem Morgen hatte er jedoch wieder eines, neben der Kampflektion gelernt, eigentlich wusste er ziemlich wenig über seinen Herren. "Und wie seid ihr dann zur Stadtwache gekommen, Dominus?"

    Ganymed, der kurz seinen Blick über das leere Arbeitszimmer schweifen liess, lächelte Valeria an. "Soll ich Euch das Essen auf Euer Zimmer bringen, Herrin?" fragte er freundlich. Neugierig betrachtete er dabei Valeria. Die Familie der Decima war wirklich riesig und es schien ihm als ob täglich neue Mitglieder auftauchten.

    Ganymed lächelte leicht und nickte als Aemilia das Opfer vorschlug. Langsam setzte er sich neben seine Herrin und sah sie aufmerksam an. Als er die Kunde von der neuen Gesetzeslage hörte, verschwand das Lächeln aus dem Gesicht. Stumm schaute er Aemilia an und versuchte einzuordnen, was sie ihm gerade erzählt hatte. Er öffnete seinen Mund und schloss ihn wieder, so sprachlos war er. Mit einem Schlag waren die letzten Hoffnungen, die er sich gemacht hat, vernichtet. Wieder versuchte er einige Worte zu sagen, um das etwas herunterzuspielen, doch er brachte nichts hervor. Blass saß er auf der Bank, wie vom Donner gerührt, und starrte dabei Aemilia ungläubig an.


    Schließlich rang er sich doch ein schiefes Lächeln ab und er zuckte mit der Schulter. "Ich bin ja auch kein Römer..." murmelte er. "Dann werde ich auch nie zur Legion können!" Er verstummte wieder. Insgeheim dachte er sich, dass das ja auch alles närrische Träumereien waren und er ja auch zufrieden sein konnte, wenn er Sklave bei Aemilia blieb. Er sah sie an und meinte: "Dann ist es vielleicht besser, wenn ich Euer Sklave bleibe, Domina!"

    Geschickt kletterte Ganymed noch etwas auf der Säulenplattform hoch und spähte nach vorne, als die Priesterin die ersten Worte erhob. Gebannt und voller religiöser Ehrfurcht lauschte er ihren Worten. Immer wieder stimmte er in die Jubelrufe mit hinein und seine Augen leuchteten vor Aufregung. Stumm und ohne einen Laut von sich zu geben verfolgte er ihre Rede. Zwar kannte er die Geschichte um Aeneas nur zu gut, aber wieder schlug ihn diese Legende, wie so viele Andere, in den Bann.


    Als dann zu den Opfern aufgerufen wurde, kletterte er vorsichtig wieder herunter und versuchte langsam, aber stetig, ebenfalls nach vorne zu kommen. Doch viele Männer und Frauen hatten sich schon vor der Opferschale eingereiht. Der Zug der Menschen rückte immer nur langsam vor. So dauerte es fast eine Ewigkeit, so schien es Ganymed, bis er endlich an der Opferschale angelangt war.


    So stand er vor der Glut und hielt den Kranz, der aus drei Rosen und vielen anderen Blumen, die im Winter blühen, geflochten war, in der Hand. Er hob den Kranz über die Opferschale und sah die Göttin ehrfurchtsvoll an. Leise murmelte er einen fast schüchtern vorgetragenen Wunsch:


    "Oh Venus Genetrix, halte Deine Hand schützend über die Frau, die ich liebe." Er zögerte. "Und ich bitte Dich, hilf mir, dass Decima Aemilia meine Liebe, so wie ich es verspüre, ein wenig erwidert." Wieder zögerte er. "Aber schütze die Liebe, die meine Herrin Aemilia und meinen Herr Livianus vereint." schloss er an. Eigentlich hatte er um das Letzte nicht Bitten wollen, aber die Worte kamen ihm dann doch über die Lippen.


    Er warf den Kranz in die Opferschale und hoffte, dass der Rauch der Blumen seinen Wunsch zu der Göttin trug. Da die Menschen hinter ihm schon drängelten, trat er dann zur Seite, um auch den Anderen den Zugang zu der Opferschale zu gewähren.

    Ganymed musste schwer schlucken, als Aemilia den Vorschlag machte, die Rosensträucher zu kaufen. Hastig suchte er schon wieder nach Ausreden, warum das nicht möglich wäre und dass sie sowieso nicht in den Garten passen würden. Doch dann musste er erneut schwer schlucken, als Aemilia ihn umarmte.


    In den wenigen Sekunden der Umarmung schlang er seine Arme um ihre Taille herum. Sein Herz schlug heftig als er den Duft ihrer Haare einatmen konnte und sie so nah an sich spürte. Am liebsten wollte er sie nicht mehr loslassen und einfach nur ihren Duft in sich aufnehmen zu dürfen. Doch dann war der Moment schon vorbei. Zögerlich ließ Ganymed seine Arme wieder sinken.


    "Welk?" murmelte er. Verlegen und etwas aus dem Tritt gebracht, kratzte er sich kurz am Nacken. "Nun, man kann sie ja erst mal in eine Vase stellen. Wenn die Blumenstiele weich werden, kann man immer noch die Köpfe abschneiden und in eine Wasserschale schwimmen lassen." meinte er nach einigen Sekunden der Pause.

    Ganymed sah noch kurz Livianus hinter her und dann Valeria an. Er lächelte und hob noch mal entschuldigend die Schultern. "Habt Ihr vielleicht Hunger, Herrin?" fragte er sie, als die beiden Männer entschwunden waren.

    Nun fühlte sich Ganymed doch langsam etwas unbehaglich in den Massen ( :P) der Besucher und Einwohner Roms, die sich schon seit dem Forum Romanum immer weiter verdichtet haben. Immer wieder musste der junge Mann seine Ellbogen einsetzen, um überhaupt weiter zu kommen. Trotzdem wollte er sich seine heutige gute Laune nicht verderben lassen.


    Einige Zeit lief er hinter einigen hübschen jungen Frauen hinterher, die Blumenkränze auf den Häuptern trugen. Dafür steckte er auch selber einige Ellbogenhiebe ein, nur um den Anblick der Grazien etwas länger bewundern zu können. Bedauernd stellte er dann jedoch fest, dass er ziemlich weit hinten im Tempel nur einen Platz finden konnte.


    Mühevoll kletterte er auf eine Basis der Säulen, um vielleicht einen Blick auf den Kaiser zu werfen, der, laut der Gerüchteküche im Menschenzug, heute auch kommen wollte. Immer noch hielt er seinen Blumenkranz fest und erspähte auch schon die Feuerschale, in der er das Opfer werfen wollte.

    Ganyme lächelte noch mal Valeria entschuldigend an und streckte seinen Kopf durch die Tür. "Dominus, ein Besucher aus Hispania wartet im Atrium. Er meinte, dass er ein gewisser Publius Matinius Agrippa wäre!" Etwas verdutzt sah er dann, dass auch Martinus anwesend war. Aber das kam ja gerade recht, so dass er nicht zwei Botengänge machen musste.


    "Euch, Herr..." meinte er an Martinus gewandt. "...würde er auch gerne sprechen!" Er sah zu Livianus. "Außerdem wartet vor Eurer Officiumstür noch die Dame Valeria." Er sah kurz lächelnd zu Valeria.


    Dann blickte er wieder zu Livianus. "Soll ich den Herren Matinius Agrippa im Atrium warten lassen?"

    Ganymed nickte beeindruckt. "Habt Ihr in vielen Kämpfen und Schlachten mitgekämpft, Dominus? Und wo ward ihr überall stationiert?"


    Fast hätte er auch gefragt, ob Livianus auch in seiner Heimat war, aber er wollte nicht wieder das Gespräch darauf bringen. Das mit Aemilia hatte ihm in dieser Hinsicht schon gereicht. Aber trotzdem brannte die Neugierde in Ganymed. Er wischte sich den Schweiß von der Stirn und atmete die kühle und erfrischende Morgenluft ein.

    Ganymed kam zu der Tür und lächelte Valeria freundlich an. "Verzeiht, meine Dame, es ist noch mal Besuch aus Spanien eingetroffen, den ich meinem Herren zu melden habe!" meint er entschuldigend und auch er klopfte an die Tür zu Livianus Arbeitszimmer.

    Ganyemd nickte. "Ich werde Euch meinem Herren melden. Wenn ihr Euch ein wenig gedulden würdet?" Er lächelte noch mal kurz und verschwand dann in dem Gang, der vom Atrium wegführte.

    Ganymed nickte. "Das wäre möglich, mein Herr!" Er setzte wieder ein Lächeln auf. "Aber wen darf ich melden?" fragte er beharrlich.

    "Ganymed, Herrin!" beantwortete Ganymed ihre erste Frage und nahm ihr wie selbstverständlich den Leinensack ab. "Und natürlich richte ich Euch das Bad, Herrin!" Er lächelte und schloss hinter Valeria die Tür. "Dominus Livianus ist wahrscheinlich in seinem Arbeitszimmer, wenn er nicht schon in der Cohortes ist. Er arbeitet sehr viel, müßt Ihr wissen, Herrin!"


    Er ging mit ihr in die Casa. "Ich bringe Euer Gepäck auf Euer Zimmer, Herrin, und richte danach das Bad!" Er lächelte noch mal und verschwand in den Gängen der Casa.

    Schnellen Schrittes kam Ganymed den Gang entlang, nachdem er den Leinensack von Valeria in ihr Zimmer gebracht hatte. Er verschwand in der Tür, die nach draußen führte und machte doch schnell ein kleines Feuer an. Dann öffnete er die Wasserleitung, die aus dem nächstgelegenen Aquädukt kam. So trat er in das Bad hinein, sah sich schnell um, ob ordentlich geputzt wurde und legte drei saubere und hellschimmernde Leinentücher, die hell gebleicht waren, auf eine Steinbank. Er vergewisserte sich, dass das Wasser durch das Feuer auch schön heiß wurde und stellte einige Fläschen griffbereit für Valeria an den Rand des Beckens. Dann ging er wieder nach draußen und schloss sorgfältig die Tür hinter sich.

    "Das hätte ich mir natürlich auch denken können!" erwiderte Ganymed warm lächelnd. "Die Familie Decima bringt nur wunderschöne Damen hervor!" So trat er etwas zur Seite, damit Valeria in die Casa treten konnte. "Habt Ihr Gepäck, Herrin?" fragte er und spähte vor den Eingang. "Kennt Ihr Euch in der Casa aus oder soll ich Euch erst in das Atrium führen?" Bei den Fragen sah er ihr offen und immer noch lächelnd ins Gesicht. Auch zeigt er keine Scheu, die so manche Sklaven an den Tag legten.

    Als der Stab so dicht vor Ganymeds Hals schwebte, erstarrte Ganymed auch. Der Schreck darüber war ihm durchaus im Gesicht anzusehen. Er nickte leicht und beschloss beim nächsten Mal besser aufzupassen. Und er war wirklich froh, dass das hier kein echter Kampf war. Sonst wäre er schon nach wenigen Momenten wohl tot gewesen. Er musste leicht schaudern bei dem Gedanken, schüttelte diesen jedoch schnell wieder mit einer leichten Bewegung fort. Sein Atem ging schwer und an seinem Rücken hatte sich, trotz der Morgenkälte, der Schweiß gebildet.


    Er ließ auch seinen Stock sinken und nickte langsam. "Ja, Dominus, das wäre fantastisch!" gab er zur Antwort und lächelte begeistert über das Angebot, dass ihm Livianus gemacht hat. Er wußte zwar nicht, ob er wirklich irgendwann mal zur Legion durfte, aber Kämpfen zu können, konnte in Rom ja auch nicht schaden. Und wieder flammte seine natureigene Neugierde auf. "Dominus, von wem habt Ihr so gut kämpfen gelernt?"

    Ganymed presste die Lippen aufeinander und nickte knapp. Wieder holte er aus und schlug etwas höher und auf der anderen Seite zu. Doch statt zu warten, da seine Schläge sowieso nur auf Holz landeten, setzte er noch mal nach und fing an auch seine Beine zu bewegen. Langsam begann er Livianus zu umrunden, um nach Schwächen in der Deckung zu spähen, während er ab und an Angriffe vortäuschte und mal zu schlug. Man merkte ihm zwar an, dass er eine Form des Kämpfens wohl schon betrieben hatte, doch den Kampf mit den Waffen wohl wirklich nicht geübt war. Doch flink war er und so sauste sein Stock in schneller Reihenfolge hintereinander auf Livianus zu.