Geschickt kletterte Ganymed noch etwas auf der Säulenplattform hoch und spähte nach vorne, als die Priesterin die ersten Worte erhob. Gebannt und voller religiöser Ehrfurcht lauschte er ihren Worten. Immer wieder stimmte er in die Jubelrufe mit hinein und seine Augen leuchteten vor Aufregung. Stumm und ohne einen Laut von sich zu geben verfolgte er ihre Rede. Zwar kannte er die Geschichte um Aeneas nur zu gut, aber wieder schlug ihn diese Legende, wie so viele Andere, in den Bann.
Als dann zu den Opfern aufgerufen wurde, kletterte er vorsichtig wieder herunter und versuchte langsam, aber stetig, ebenfalls nach vorne zu kommen. Doch viele Männer und Frauen hatten sich schon vor der Opferschale eingereiht. Der Zug der Menschen rückte immer nur langsam vor. So dauerte es fast eine Ewigkeit, so schien es Ganymed, bis er endlich an der Opferschale angelangt war.
So stand er vor der Glut und hielt den Kranz, der aus drei Rosen und vielen anderen Blumen, die im Winter blühen, geflochten war, in der Hand. Er hob den Kranz über die Opferschale und sah die Göttin ehrfurchtsvoll an. Leise murmelte er einen fast schüchtern vorgetragenen Wunsch:
"Oh Venus Genetrix, halte Deine Hand schützend über die Frau, die ich liebe." Er zögerte. "Und ich bitte Dich, hilf mir, dass Decima Aemilia meine Liebe, so wie ich es verspüre, ein wenig erwidert." Wieder zögerte er. "Aber schütze die Liebe, die meine Herrin Aemilia und meinen Herr Livianus vereint." schloss er an. Eigentlich hatte er um das Letzte nicht Bitten wollen, aber die Worte kamen ihm dann doch über die Lippen.
Er warf den Kranz in die Opferschale und hoffte, dass der Rauch der Blumen seinen Wunsch zu der Göttin trug. Da die Menschen hinter ihm schon drängelten, trat er dann zur Seite, um auch den Anderen den Zugang zu der Opferschale zu gewähren.