Beiträge von Ganymed

    "Ach so!" Ganymed sah etwas enttäuscht aus. Immer wieder kam so netter Besuch aus Hispania, aber er war auch so schnell verschwunden, wie er kam. Er nickte und sah Valeria lächelnd an. "Ihr seht sehr müde aus, Herrin! Ich lass Euch besser mal schlafen gehen!" Er stand auf und nahm das Tablett in die Hand.


    Er blieb jedoch stehen und zögerte kurz. "Dann wünsche ich Euch noch eine gute Reise, Herrin. Ich komme bestimmt mal in Hispania wieder vorbei." Er wollte sich gerade zum gehen wenden, als ihm noch etwas einfiel. "Grüßt mir doch bitte Romanus. Und Euch wünsch ich alles Gute mit Eurem Kind und Eurer Liebe." Er lächelte noch mal und verließ das Zimmer damit Valeria schlafen konnte.


    Sim-Off:

    Und damit du morgen wieder abreisen kannst...;)

    Staunend verfolgte Ganymed den Flug der Tauben. Er hoffte zwar, dass auch seine Worte auf den Flügeln dieser schönen Tiere zur Göttin getragen wurden, doch er bezweifelte stark, dass die Göttin ihr Ohr einem Sklaven schenken würde. Trotzdem freute er sich, an jenem Tag unter den vielen tausend Gläubigen im Tempel zu sein und die Eröffnung miterleben zu dürfen.


    Immer wieder spähte er zwischen dem Kaiser und der Priesterin hin und her. Voller Ehrfurcht verfolgte er die weitere Zeremonie. Und natürlich konnte er der Einladung von süßem Kuchen nicht wiederstehen und so folgte er den vielen Anderen dorthin.

    Erleichtert nickte Ganymed. Dieses klamme Gefühl, was sich in seinem Inneren ausgebreitet hat, dass er jetzt ja nichts falsches sagen sollte, wenn er nicht sein ganzes Leben ins Unglück stürzen wollte, verschwand mit einem Schlag. So kam wieder ein zaghaftes Lächeln auf sein Gesicht und er nickte. "Ja, das mache ich dann, Domina!"


    Und wieder schlug sein Herz heftig, als Aemilia ihn an sich drückte. Er hielt den Atem an in den wenigen kostbaren Momenten, in der er ihr so nah sein konnte. Ein warmes Gefühl durchströmte ihn und innerlich hoffte er, dass dieser Moment nicht vergehen würde. Doch alles hatte sein Ende und ehe er sich versah, stand er auf seinen Beinen. Er hielt Aemilias Hand und er war nahe dran, ihr alles zu gestehen. Schon setzte er an, da war der Augenblick, wo es günstig war, wieder vorbei.


    Er nickte und folgte Aemilia um die Blumen aufzusammeln. Rote Rosen, gelbe Rosen, weiße Rosen und noch mehr rote Rosen, welche mit kurzem und dann auch einige mit langen Stielen kamen da zusammen. Ganymeds Arme waren am Schluss voll mit den Blumen und wieder kratzten die Dornen an seinen Armen. Über den Rosen hinweg beobachtete er Aemilia, die gerade eine der Blumen aufhob. Ein sanftes und verträumtes Lächeln erschien auf seinen Lippen. "Ich glaub, das sind jetzt alle Blumen, Domina!"

    Erstaunt sah Ganymed Valeria an. Das war eine Frage, die er sich noch nie gestellt hatte und somit auch Aemilia nicht. Er zuckte mit der Schulter. "Ich weiß es ehrlich gesagt nicht!" gab er zu. Er lächelte leicht verträumt. "Aber Aemilia hat einfach ein großes Herz und sie kann es nicht sehen, wenn es Menschen schlecht geht. Sie ist einfach eine großartige Frau, so herzlich und fröhlich und so voller Mitgefühl für alle!"


    Er biss sich leicht auf die Lippen. "Und natürlich ist sie eine sehr gute Priesterin!" wollte er seine schwärmerischen Worte sachlicher abschließen. Irgendwie waren ihm die ganzen Worte so herausgerutscht. Er spähte zu Valeria und hoffte, dass sie da nur heraus hörte, dass er seine Herrin so verehrte, wie es sich auch für einen Sklaven gehörte und nicht mehr. "Ich kann Euch doch die Lichtung in den nächsten Tagen mal zeigen, wenn Ihr es wollt!"

    Ganymed war tatsächlich vollkommen in seine Gedanken versunken. Wieder dachte er an sein letztes Gespräch mit seiner Herrin und immer wieder seinen Vorsatz, dass er ihr gestehen wollte, was er fühlte. Aber immer wieder war er zu feige. Verwirrt sah er auf, als er seinen Namen hörte.


    "Ja?" meinte er. Er blinzelte ein paar Mal und hoffte, dass er nicht eine wichtige Frage verpasst hatte.

    Erstaunt sah Ganymed Aemlia an. Jetzt wußte er wieder nicht was er sagen sollte. Er und frei sein? Jetzt war er schon so viele Jahre in der Sklaverei und es erschien ihm als ob er nichts anderes kennen würde. Und es war auch fast so. Die wenigen Jahre, die er in Freiheit verbracht hatte, waren ihm kaum noch bewußt. Wie oft hatte er bei seinem früheren Herren davon geträumt, dem Ganzen zu entkommen und endlich Herr seines eigenen Lebens zu sein. In dem Moment erinnerte er sich auch an die leidenschaftliche Rede, die er Verus gegenüber in der Sklavenunterkunft gehalten hatte.


    Für einen Moment dachte er, dass es doch das war, was er sich schon immer gewünscht hatte. Doch dann packte ihn die Angst und sie schloss sich wie eine eisige Faust um sein Herz. Alles, was er in seinem Leben an vertrautem hatte, war doch hier in der Casa. Auch wenn er nur zum Besitz hier gehörte, so war das sein Zuhause in der letzten Zeit geworden. Was könnte er denn da draußen schon erwarten? Jetzt, wo er tatsächlich nur zum unteren Abschaum gehören würde und niemals die Chance haben würde, etwas anderes zu erreichen. Unschlüssig kaute er auf seiner Unterlippe herum und hörte Aemilia nach ihrer Frage, ob er frei sein wollte, nur mit halben Ohr zu.


    Schließlich brachte er leise, fast unverständlich hervor. "Ich weiß es nicht, Domina!" Unschlüssig sah er Aemilia an. Jetzt wo ihm zum ersten Mal wirklich eine Entscheidung in die Hand gelegt wurde, wußte er nicht was er tun sollte. Zu ungewohnt erschien ihm das alles und immer noch hielt die Angst ihn gepackt.

    "Ich bin 18 Jahre alt!" erwiderte Ganymed lächelnd. "Das glaube ich zumindest, da ich nicht ganz sicher bin. Schließlich weiß nur meine Mutter, wann genau ich geboren wurde." Er zuckte kurz mit seiner Schulter. Eigentlich sollte er so etwas gar nicht erwähnen, da sonst noch Fragen kommen könnten. So wechselte er schnell das Thema, damit Valeria nicht auch noch ihn nach seiner Familie ausfragte.


    "Ja, meine Herrin hat eine Lichtung außerhalb der Stadt ihrer Göttin, Diana, geweiht. Auf dieser Lichtung können Peregrini, Sklaven und Hilfsbedürftige hinkommen, wenn sie in Not sind oder Hunger leiden. Meine Herrin ist sogar oft selber dort und verteilt Brote und Käse!" Ganymed lächelte als er daran dachte, was für ein gutes Herz Aemilia hatte. Sein Blick wurde auch abwesend. Er dachte an Aemilia und ihm wurde das Herz schwer. Ob das Opfer an Venus etwas bringen würde? Unwillkürlich seuftzte er schwer.

    Stolz lächelte Ganymed als Valeria ihn so lobte. Das schmeichelte ihm durchaus, obwohl er sich selber als gar nicht soo jung fühlte. Dann sah er sie verdutzt an. Das war nun schon das zweite Mal, dass man ihn für einen Ianitor hielt. Dabei springt er doch nur manchmal ein, wenn jemand an der Tür klopft.


    "Ich bin nicht der Ianitor. Ehrlich gesagt, haben wir hier auch keinen richtigen Ianitor." fügte er schnell an. "Mal öffne ich, mal Cicero die Tür oder auch Fannia, aber die kann es zur Zeit nicht, da sie bald ihr Kind erwartet. Wir sind alle keine Ianitoren." Er reichte ihr das Pergament zurück.


    "Ich bin der Sklave von Decima Aemilia. Ich spiele die Lyra und singe auch für sie, wenn sie es gerade mag. Und ich helfe ihr ab und zu auf der Lichtung, die sie für Hilfsbedürftige eingerichtet hat."


    Er musterte sie dann. "Aber Ihr seid doch bestimmt nicht älter als ich, oder?" Ganymed lächelte leicht, während er das sprach.

    Auch Ganymed lächelte und zuckte wieder ratlos mit der Schulter als er erfuhr, dass Valeria keine Schwester hatte. Auf ihre Frage hin, hob er das Pergament und las:


    "Die Zukunft ist biegsam, der Löffel nicht,
    wer die Liebe sucht, ist auf Liebe erpicht.
    Hat er Glück gefunden und vergessen was war,
    stellt sich auch das Leben ganz anders dar.
    Doch raus aus den Federn und rein in die Kiste,
    dieses gehört auf die schwarze Liste."


    Er sah Valeria an. "Die Zukunft steht somit nicht fest. Keiner, auch die Götter, legt Eure Zukunft fest." Er nickte bestimmt, dachte dann kurz nach und fügte schnell an. "Höchsten die Moiren, ähm die Parzen, könnten darauf Einfluss nehmen, aber das ist nur meine bescheidene Meinung." Wieder sah er auf die Textstelle, die er vorgelesen hatte. "Ja, ähm, die Sibylle fordert Euch doch gerade zu auf, dass Ihr die Suche nach dem Glück in Eure Hand nehmt und Eure Liebe selber ergründet."

    "Oh! Ihr erwartet ein Kind?" Erstaunt sah er Valeria an, dann lächelte er breit. "Das ist ja wundervoll. Ich gratuliere Euch!" fügte er strahlend an. Er musterte das Pergament. "Also, das Kind wird der Sibylle nach wohl gesund sein. Gesund...zwei Augen...Komma...Mondgesicht!" las er nochmals leise. Er lachte wieder und schüttelte den Kopf.


    Aber grübelnd las er immer und immer wieder den Teil mit der Schwester. "Hmm...entweder warnt diese Stelle vor Inzest oder die Sibylle möchte Euch vor einer Frau warnen, die Euch sehr nahe ist, vielleicht einer enge Freundin oder sogar Eure Schwester." Er blickte auf und sah Valeria zerknirscht an. "So auf Anhieb wird es mir auch nicht klar." Er lächelte dann jedoch gleich wieder. "Aber der größte Teil der Botschaft klingt doch sehr hoffnungsreich. Euer Kind wird gesund und die Sibylle sagt Euch auch, dass Eure Zukunft in Eurer Hand liegt, Herrin."

    Aufmerksam las Ganymed das Pergament. Ab und zu lachte er, las weiter und musste wieder lachen als er das Pergament sinken ließ. "Man könnte meinen, dass dies von einem Witzbold geschrieben wird!" Dann fiel ihm ein, dass man besser nicht so von einem göttlichen Orakel sprach. "Ähm...könnte man, wenn man nicht wüßte, dass es von der Sibylle stammt." Er sah wieder auf das Pergament. Leise las er vor:


    "Dreißig Tage für ein Kanickel, zehn Wochen für einen Hund.
    Doch des Aeneas' Kinder brauchen noch immer neun Monde."


    Er kratze sich am Kinn und sah auf. "Zumindest ein Kind wird Euch vorrausgesagt, Herrin!" Er ließ wieder das Pergament sinken. "Welchen Teil könnt ihr nicht enträtseln und was war die Fragestellung, wenn ihr mir das verraten wollt?"

    Ganymed hörte Valeria zu. Mal zeigte sich Erstaunen und auch Freude in seinem Gesicht. Nämlich als Valeria sagte, dass Romanus ihn als Freund bezeichnet hatte. Bei dem Thema Rom schien er wohl nicht ihre Meinung zu teilen, was sich klar an seinem Gesichtsausdruck abzeichnete. Aber er schwieg dazu. Er hatte Rom ins Herz geschlossen und konnte deswegen Valerias Worten keinen Glauben schenken.


    So hatte er Zeit die Trauben Stück für Stück und langsam aufzuessen. Nachdem auch die letzte der Trauben in seinem Mund verschwunden war und er gerade überlegt, wo er den häßlichen Stengel lassen konnte, holte Valeria schon das Pergament hervor.


    "Ihr ward schon beim Orakel?" Ganymeds Augen leuchteten auf und er sah voller unbändiger Neugierde auf das ominöse Pergemant, bzw. die ominöse Botschaft, die es enthielt. "Es wird kein Wort darüber über meine Lippen dringen, ich schwöre es bei Juppiter!" fügte mit feierlichem Ernst an. "Was hat sie denn verkündet?" fragte er gespannt.

    "Er vermisst mich...?" Ganymed sah Valeria etwas skeptisch an. Romanus war ja sehr nett und es war wirklich schade, dass sie nicht mehr zu dem Ausritt gekommen sind, aber Ganymed bezweifelte doch arg, dass der junge Decimus länger einen Gedanken an ihn verschwendete. Aber er ließ das Thema auf sich beruhen.


    "Ius Iurandum...Orakel?" bei dem letzten Wort leuchteten seine Augen auf. "Das ist ja spannend. Ich habe gehört, die Sibylle verkündet spannende Weissagungen. Ich wünschte, ich könnte sie auch etwas fragen!" meinte er.


    Aber das mit Rom konnte er unmöglich so stehen lassen. So grinste er breit. "Rom ist fantastisch. Gerade weil es so groß ist und so laut. Ständig passiert hier etwas, von überall aus dem Imperium kommen die Menschen hierher. Wenn man über die Foren geht, hört man Dutzende von Sprachen, die dort gesprochen werden, sieht blonde, hellhäutige Männer oder Frauen so schwarz wie die Nacht. Ich finde es einfach großartig hier."

    Etwas zögerlich nahm Ganymed einen Traubenzweig und spielte mit diesem in seiner Hand ehe er eine Traube aß. Die Trauben waren zwar noch ganz gut, aber nicht mehr so wirklich frisch und saftig wie noch vor ein paar Monaten.


    "Ist das nicht Romanus Vater gewesen? Dann seid ihr Romanus Schwester?" Ganymed lächelte, ehe ihm etwas einfiel. "Oh, Euer Vater ist doch vor kurzem gefallen...Das tut mir leid!" meinte er und sah sie zerknirscht und mit Mitgefühl an.


    Um aber von der Trübsal abzulenken, lächelte er schnell wieder. "Und was führt Euch nach Rom? Wollt Ihr auch hier in Zukunft wohnen?"

    Ganymed grinste und setzte sich auf einen Schemel. Irgendwie erstaunte ihn diese Familie immer wieder, besonders die hispanischen Vertreter. Das war nun schon das zweite Mal, dass er zum mitessen eingeladen wurde aus diesem Familienzweig. Lächelnd beobachtete er, dass es Valeria wohl zu schmecken schien.


    Neugierig sah er sie wieder an und stützte sich hinten mit seinen Händen ab. "Seid Ihr die Tochter von Senator Meridius?" fragte er sie. Dass sie die neue Frau des Senators war, bezweifelte Ganymed kurz, aber man konnte nie sicher sein. Manche Männer hatten ja gerne sehr junge Frauen. Aber mit seiner Frage war er auf jeden Fall eher auf der sicheren Seite, befand er. Außerdem wußte er auch nicht so genau, ob jener überhaupt schon seine Verlobte geheiratet hatte. Diese Verwandschaftsverhälnisse im Hause Decima waren ihm da auch viel zu kompleziert.

    Erschrocken drehte sich Ganymed um. Eigentlich hatte er Valeria tiefschlafend gewähnt. Doch so zuckte er mit der Schulter und grinste schief. "Natürlich, Herrin!" meinte er und kam wieder zu ihr zurück. Er ging zu dem Tablett und hob die Oberschale von einem Schälchen weg, worunter ein dampfender Eintopf zum Vorschein kam. Er goß ihr auch stark verdünnten und gewürzten Wein ein und sah sie fragend an. "Ich hoffe, das ist Euch recht so?"

    Einige Minuten nachdem Ganymed sich zur Küche aufgemacht hatte und dort nach einer längeren Diskussion mit der Köchin endlich ein Tablett mit Essen in der Hand hatte, kam zu dem Cubiculum von Valeria. Mit einer Hand hielt er das Tablett, mit der Anderen klopfte er sachte an der Tür. Er blieb stehen und lauschte, ob er ein 'Herein' hörte, dann öffnete er leise die Tür und spähte hinein. Mit dem Tablett schlüpfte er in das Zimmer und grinste breit, als er Valeria auf dem Sessel eingeschlafen sah.


    Lächelnd stellte er fast lautlos das Tablett auf einem Tisch ab und ging zum Bett. Dort nahm er eine Decke und faltete sie auseinander. Ganz sachte breitete er die Decke über Valeria aus. Dann machte er einen Schritt rückwärts, betrachtete sie jetzt unverhohlen neugierig. Er warf einen Blick auf das Essen und ließ es stehen, für den Fall, dass Valeria hungrig erwachen würde. So versuchte er sich wieder auf leisen Sohlen aus dem Zimmer zu schleichen.