Das der Moralapostel No. 1 nun diese Ansprache hielt, verwunderte Avarus sehr stark. Er wußte selbst welche Hintertüren das Gesetz offen ließ, aber er wußte ebenso gut was Anstand und Moral war. Denn ein Mann, der sich nach einer Absetzung nicht zur Selbstverteidigung stellte und dies wie in jenem Fall auch nicht tat nachdem er genesen war, bezeugte schon von sich aus, das seine Enthebung durchaus gerechtfertigt war und an den Vorwürfen mehr Wahrheit denn Gerücht dran war.
"Die starrhälsige Einstellung ist man von dir gar nicht gewohnt, Senator Durus. Ich kann mich an viele Senatstage erinnern in welchen du Moral, Tugend, Anstand und Sitte gepredigt hast. Jetzt da es einen der Euren trifft, gelten all diese Normen nicht mehr? Es verwundert mich und ich gebe zu es schockiert mich wie lasch du mit diesen Sitten umgehst. Es mag Gesetze geben, die die provinziale Verwaltung festschreiben, es gibt keine Gesetze die vorschreiben, das ein Proconsul Bericht erstatten muß, aber es gehört sich einfach, wenn ein Proconsul abberufen wird, das er Stellung zu den Vorwürfen bezieht, denn wie auch in diesem Fall legt diese Gangart des Flavius eher nahe, das es sich bei den Gerüchten um Wahrheiten handelt, denn das er es mit seinen eigenen Erklärungen wehement bestritten hätte."
Mit Blick auf die vorangegangenen Worte des Flaviers fügte Avarus weiter an:
"Es ist natürlich auch einfacher wilde Beschimpfungen zu verteilen, denn sachliche Erklärungen zu formulieren, will man von der eigentlichen Sache ablenken oder eben davon, das es gegen die Normen, die Sitte und letztlich auch gegen das ein oder andere Gesetz verstoßen hat.
Ich trete nicht gern als Erbsenzähler auf, dieser Part liegt euch viel besser, aber wenn ihr von mir verlangt Beweise vorzubringen, die des Flavius Schuld per Gesetz eindeutig belegen, dann muß auch ich mich tief bücken. Meine Anfrage, sie ging letzlich der Tatsache einher, das es dem guten Anstand, der Sitte und Moral verwerflich ist sich seiner Vergangenheit nicht zu stellen und das obwohl man dem Senat eine Antwort schuldig ist."
Manchmal war es gut einen Scriba bei der Hand zu haben. Jener war schon zu Beginn der Rede mit einer Aufgabe durch den Senator Avarus hinausgeeilt und kam jetzt leicht außer Atem zurück.
"Hm,hm, hmm... die Lex Provincialis ist recht schwammig formuliert, jedoch besagt die Subpars Septima (3) Die Comites der Bezirke einer Provinz sind als Abgeordnete in der Curia vertreten und (4) Der Statthalter darf jederzeit weitere Abgeordnete und Beisitzer ernennen und entlassen. Da wir ja Erbsen zählen wollen, nun ich sehe das 'weitere' nicht als gänzlich an. Zwar darf ein Proconsul durch ein Decretus Provincialia dies abändern, doch davon ist dem Senat nichts bekannt und wenigstens dies hat man ihm mitzuteilen, will er sein Vetorecht gebrauchen."
Doch das war wirkliche Erbsenzählerei, viel wirksamer fand Avarus den anderen Part mit den militärischen Einheiten.
"Wenn wir uns jetzt noch die Unterscheidung der senatorischen Provinz zur kaiserlichen Provinz ansehen wollen, kommen wir als Senat schnell in des Hades Küche, denn was wird ein Kaiser über den Senat denken, der es dultet, das einer ihrer Proconsularen das Recht auf Verteidigung einer Provinz dem Kaiser entreißt, um mit einer militärischen Truppe unter der geduldeten Hand des Senats für Verwirrung zu sorgen. Laut Subpars Secunda - Statthalter § 5 Militär hat nämlich der Proconsul keinerlei militärische Weisungsbefugnis!"
Und noch etwas gehörte sich:
"Und letztlich ist es wohl verständlich, das ein Gremium wie der Senat benachrichtigt gehört bevor ein Proconsul eigenmächtig tief in die Münzkiste greift und Geld rausschmeißt, das nicht ihm gehört sondern dem Senat von Rom. Wenn der Flavius sich unsicher gefühlt hätte und seine polizeilichen Schützlinge als unzureichend empfand, dann wäre es zu allererst seine Pflicht gewesen sich an Rom zu wenden und den Senat entscheiden zu lassen wie der Gefahr, so sie überhaupt bestand Abhilfe zu schaffen sei. Immerhin steht in Hispanien auch eine militärische Hilfstruppe des Imperators für Sicherheit und Ordnung ein. Ich denke der Senat tut gut daran diesen Fauxpas lückenlos aufzuklären, will er seine Souveränität dem Imperator gegenüber wahren."