Beiträge von Narrator Italiae

    Natürlich blieb nicht unbemerkt, was im Osten des Padus geschah. Wie sollte es auch, fand zwischen den etruskischen und padanischen Städten schon immer reger Handel statt, ja war sogar ursächlich für so manche Stadtgründung erst gewesen? Es dauerte nicht lange, bis auch westlicher gelegene Städte von den Maßnahmen erfuhren, und nach einiger Zeit verwandelte sich mehr und mehr des Flusstales wieder in die Form, die es vor einigen Jahrzehnten noch hatte: Sümpfe und Moraste bildeten sich wieder überall, wo der Fluss über die Ufer treten konnte. Die alljährlichen Herbsthochwasser kamen dieser geplanten Zerstörungswut zugute, führte der Padus an manchen Stellen ohnehin so viel Wasser, dass die Dämme und Deiche nur gerade so eben gehalten hatten. Die größeren Siedlungen mit befestigten Mauern sträubten sich noch, ihre unmittelbare Umgebung zu fluten, aber auf die Breite des Landes zwischen ihnen wurden wichtige Übergänge unbrauchbar gemacht. Sie selbst hatten wie die meisten Städte den Rat der Haruspices befolgt und sich bewaffnet, um einem Feind standhalten zu können, der hoffentlich nicht kommen würde.


    Und so verwandelte sich in wenigen Tagen in eine natürliche Barriere, die ohne ortskundige Hilfe nur langsam und schwer zu überwinden wäre. Die Wege durch den sumpfigen Morast waren tückisch und nass. Es würde sicherlich lange dauern, bis das Land wieder in den alten Zustand zurückversetzt wäre, sollte der Krieg zuende gehen. Aber die Entscheidung der Städte war zwar schwierig, aber nachvollziehbar: War es besser, später weniger Felder zu haben und sie erst dem Land wieder abtrotzen zu müssen, also später finanzielle Einbußen zu haben, oder es jetzt zu riskieren, niedergebrannt, geplündert und ausgeraubt zu werden? Angesichts von anrückenden Armeen und im Vertrauen auf die Richtigkeit der Worte aus Tarquinia fiel diese Entscheidung dann doch zugunsten der unmittelbareren Bedrohung.

    Gaius Flaminius Cilo

    http://www.kulueke.net/pics/ir…/f-roemer-soldaten/34.jpg Als der Kundschafter (zumindest der Auffassung des Flaminiers nach) zögerte, winkte dieser väterlich lächelnd ab und entließ den Mann aus ihrer Aufmerksamkeit: "Wir werden sicher in der Folge noch genug Informationen über die genaue Zusammensetzung des gegnerischen Heeres erhalten. Du hast ganze Arbeit geleistet, Soldat, diese Informationen sind sehr wertvoll.. wenn das alles ist, was du uns mitteilen kannst, gehe nun und erhole dich von den Strapazen deines Ritts." Ein Blick zu einem seiner Leibsklaven reichte aus, um klar zu machen, dass der Mann eine gewisse Bequemlichkeit in Essen und Unterbringung erfahren würde, bevor er zu seiner Einheit zurückkehren wollte. Dann wandte sich der untergermaniche Legat wieder an die versammelten Offiziere: "Meine Herren, wie mein jüngerer Freund und Kollege bereits erwähnte, bietet und zwingt uns diese Nachricht ein neues Handlungsmoment auf... es gibt für uns zwei Dinge zu klären: einerseits, wie steht es um die Kontakte zu den Städten Etrurias, Aemilias und Venetias? Das ist deine Baustelle, Aurelius, kannst du uns mittlerweile neues berichten?" Da nicht jeder wusste, was der LAPP Germania Inferiors da eigentlich ansprach, fügte er noch erklärend hinzu: "Tribunus Aurelius hat sich als Haruspex... bereit erklärt... seine Kontakte zu den Städten etruskischer Vergangenheit spielen zu lassen um diese zu unserem Vorteil zu verwenden. Zwingend wird dies für uns in diesem einen Moment vor allem, um Laberius Maturus nicht einfach nach Süden entlang des Mare Adriaticum marschieren zu lassen.. sondern ihn hierher zu zwingen, ins Vorland Veronas. Das ist übrigens unser zweites Anliegen... die Auswahl des perfekten Schlachtorts... Iulius Licinus, deine Expertise bitte."



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    ... und wurde stillschweigend ignoriert. Durchdrehende Gefangene, die die Dunkelheit, die Einsamkeit, den Essensentzug und das Gefangensein nicht mehr ertragen konnten, kannten die Wachen zu hauf. Meistens wurden diese Leute dann erlöst, wenn sie sich in den Arenen wiederfanden, um auf die ein oder andere Art hingerichtet zu werden, oder wurden krank oder starben ganz einfach. Jedoch war es kein Grund, sich irgendwie Sorgen zu machen, wenn ein Gefangener randalierte. Das kam öfter vor.

    Es war selten, dass sich Adria und Spina gemeinsam an Ereignissen beteiligten. Die beiden Städte standen in heftiger Konkurrenz zueinander. Einst war Adria groß und mächtig gewesen, eine florierende Handelsmetropole im Norden, die das Gebiet zwischen Padania und Venecia beherrschte. Doch dann war Spina gegründet worden, etwas günstiger am Fluss gelegen, etwas erreichbarer, und hatte nach und nach Adria die wirtschaftliche Stellung abgenommen. Kein Wunder also, dass während Spina aufblühte und zur Großstadt wurde, Adria schrumpfte und ihr Ruhm verblasste. Und kein Wunder, dass sich beide Städte generell nicht besonders leiden konnten.


    Jetzt allerdings standen Kontingente von Arbeitern und Bewaffneten von beiden Städten da und kooperierten. Boote waren am Ufer vertäut, brachten Männer mal von der einen auf die andere Seite des Flusses. Seile waren gespannt, an denen sich Floße von der einen Seite zur anderen ziehen konnten. Alles war vorbereitet, noch ehe der erste Hammerschlag auf einen der Dämme erfolgte. Noch ehe der erste Spatenstich in einen der Deiche geschah.
    Ein alter Mann stand auf einem der Deiche, sein Haar war weiß und der Bart lang, der Rücken krumm von der vielen Arbeit auf dem Feld. Er weinte, wurde von seinem Sohn gestutzt, bewegte sich aber nicht weg. Die Bewaffneten ließen ihn, warfen ihm immer wieder mitleidige Blicke zu, ebenso die Arbeiter, die mit beständigen Spatenstichen und Hammerschlägen die Jahrzehnte alten Bewehrungsmaßnahmen gegen den Fluss abtrugen. Es war sein Land gewesen, sein Großvater hatte Beim Bau der Deiche geholfen, um dieses Land urbar zu machen. Und nun musste er es aufgeben wegen eines Krieges, den er nicht angefangen hatte.
    Einige Gelehrte liefen ebenfalls umher, gaben Anweisungen, hier und da zu graben, zu hämmern, sich vorzusehen. Immer wieder erschallten Warnungen. Erst nach und nach drückte das Wasser des Flusses beständiger gegen die geschwächten Barrikaden. Was in Jahren aufgebaut war, um den Fluss einzudämmen und ihm Land abzutrotzen, wurde binnen Tagen wieder zerstört. Die herbstlichen Fluten schwemmten Felder, die zu Zeiten der Großväter und deren Großväter erst neu angelegt worden waren. Das Land verwandelte sich in Sumpf und Morast.


    Hier würde keine Armee entlangmarschieren können, Wagen und Belagerungsmaschinen würden stecken bleiben. Die Häuser der Einheimischen waren zum Großteil auf Pfählen errichtet, da der Padus immer wieder über die Ufer trat, teils so heftig, dass selbst der Senat über Hilfen debattieren musste. Die Leute hier waren auf den Fluss vorbereitet. Aber Armeen würden sich schwer tun.
    Zum Schutz der Städte hatte man zerstört, was das Land so lange vor dem Fluss geschützt hatte. Die Städte Etrurias waren so erst einmal vor Plünderung aus dem Norden sicher – wenngleich auch jetzt auf sich allein gestellt, bis ihre Verbündeten aus dem Norden ebenfalls einen Weg fanden, zu ihnen zu gelangen.

    Venox versuchte es zu unterdrücken, aber er zuckte trotzdem zusammen, als die Faust runterkrachte, direkt vor ihm. Und alles, was der Prätorianer anfangs sagte, versuchte er auszublenden. Er hatte den Kaiser und seine Familie nicht umgebracht, er hatte nur... etwas in Gang gebracht, oder halt, nein, etwas, was schon in Gang gebracht worden war, von anderen, weiterhin am Laufen gehalten. Er war ja wirklich nur ein ganz ganz kleines Licht in dieser ganzen Sache gewesen, und dass er der Kontakt gewesen war, der die Tat überhaupt erst möglich gemacht hatte... nein, sicher hätten sie sonst jemand anderen gefunden. Er hatte sich das Ganze schön geredet, von Anfang an, er hatte es sich schön reden müssen, und daran hatte sich bis jetzt nichts geändert. Wenn überhaupt klammerte er sich jetzt fast noch mehr daran – der Gedanke, dass er da keine allzu große Rolle gespielt hatte, gewürzt damit, dass es richtig gewesen war, das war das einzige, was ihm noch blieb. „Er war überzeugend. Sehr überzeugend. Bitte...“ flehte er dann, während sein Blick nervös zur Tür irrte, als hielte er es für möglich, dass seine Familie schon hier wäre, obwohl der Miles gerade erst fort war. Was konnte den Prätorianer überhaupt davon abhalten, sich mit seiner Familie zu beschäftigen? Richtig... wenn er redete. Was ihn am Ende wirklich überzeugt hatte, war zwar das Geld gewesen, aber das hieß nicht, dass der Typ nicht mehr erzählt hatte – und es hieß noch weniger, dass er nicht noch das ein oder andere dazu erfinden konnte, wenn der Prätorianer unbedingt Details hören wollte. Solange sie nur seine Familie in Ruhe ließen... und ihn nicht folterten. „Seit dem Partherkrieg hatten wir keinen Feldzug mehr, seit Divus Iulianus umgekommen ist! Seitdem haben wir unseren Nachbarn, unseren Feinden nicht mehr demonstriert, wie stark das Imperium ist. Er hat gesagt sie lachen über uns, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie einfallen, weil unser Kaiser schwach und krank ist und nicht mehr in der Lage, das Römische Reich zu verteidigen! Es braucht einen starken Kaiser für ein starkes Reich, hat er gesagt... konnte doch keiner wissen, dass mehr als einer den Thron reklamiert, dass es Römer gibt, die Ulpianus' Testament nicht anerkennen...“ Venox glaubte tatsächlich, was er da sagte. Ihm war gesagt worden, dass es keine Schwierigkeiten geben würde, dass die Verschwörer dafür sorgen würden, dass das Testament eindeutig sein würde... er hatte keine Ahnung, dass auch die Fälschung erneut gefälscht worden war.

    http://farm3.staticflickr.com/…14842350_c6c18f0533_n.jpg Der Padus gehört zu den größten und wichtigsten Flüssen Italias. Er entspringt weit im Westen gelegen in Alpes Cottiae und im alpinen Norden im Lacus Verbanus und fließt dann fast vierhundert Leuga gen Osten um sich schließlich in das adriatische Meer zu ergießen. Das Delta des Padus, der von den Etruskern Eridanus genannt wird, beherrscht beinahe ganz Aemilia und stellt den Kern der natürlichen, hunderttausende Salti dominierende Grenze des etruskischen Einflussgebiets dar.
    Die Etrusker waren es auch, die dem Padus das umgebende Sumpfland abtrotzten und mit aufwendigen Entwässerungs- und Staumaßnahmen in fruchtbares Ackerland verwandelten. Sie waren es auch, die die große Straße von Patavium gen Süden an Ravenna vorbei nach Ariminium gebaut haben... und sie waren es auch, die auch im römischen Reich mit Spina und Adria zwei wichtige Städte an dieser Straße hatten.
    Natürlich waren die Städte nicht die einzigen in dem großen Gebiet, in dem sich Venetier, Gallier und Etrusker über Jahrhunderte hinweg gegenseitig Ackerland und Flußauen streitig gemacht, aber auch sehr regen Handel betrieben haben. Allerdings waren sie derart einflußreich, dass selbst die Griechen dachten, das adriatische Meer habe seinen Namen von der Stadt Adria, und nicht anders herum. Die weiten Sumpfgebiete verhindern allerdings auch auf Jahre hinaus, dass sich eine Stadt auf das Maß einer Großstadtentwickeln konnte.. und so lagen die größten Städte des Deltas, das ursprünglich gallische Ravenna und das von Siedlern aus Latium neugegründete Bononia am südlichen Rand des Deltas in der Nähe oder am Fuße der Apeninen.


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    „Nein, die Provinzen sind im Moment kaum eine Alternative“, gab der Praefectus zurück. Grundsätzlich war der Gedanke ja gut, nur... „Zu wenig Schiffe, und zu wenig Zeit – seit dem Brand noch weniger als sowieso schon. Beschlagnahmungen... möglich.“ Das Problem dabei war nur, dass so was nie gut ankam bei denen, die man enteignete. Da musste man aufpassen, mit wem man es sich verscherzte... und war sowieso eine Entscheidung, die eine Ebene höher getroffen werden musste. Erst recht da er nicht vorhatte, sich die Finger zu verbrennen. „Ich werd das mal mit ein paar Leuten diskutieren, wenn der Hunger noch schlimmer wird, müssen wir das ins Auge fassen. Eine andere Möglichkeit ist allerdings folgende: Roggen und so was. Das Zeug ist minderwertig und taugt zu nicht viel mehr als Viehfutter, aber in der Not frisst Pluto Fliegen. Und Städte und Gutsbesitzer werden weit geneigter sein, einen Teil von ihrem Viehfutter abzutreten, als von den Vorräten die sie selbst brauchen, um zu überleben.“ War ja nicht so, als sähe es im Rest von Italia anders aus als in Rom, was die Getreideknappheit anging... die Ernte, die hier jetzt im Herbst noch anstand, würde den Bauern aus den Händen gerissen werden. In Rom waren nur deutlich mehr Mäuler zu stopfen. „Sieh also zu, was du in der Richtung auftreiben kannst.“

    Gaius Flaminius Cilo

    http://www.kulueke.net/pics/ir…/f-roemer-soldaten/34.jpg Als derjenige, der quasi den östlichen Teil ihres Unternehmens mit seinen Legionen abgedeckt hatte bis die verbündeten Legionen sich in Verona einfanden, fühlte der Statthalter Untergermaniens sich irgendwie immernoch als Gastgeber hier in Verona. Entsprechend früh war er dann auch mit seinem Teil der Kommandoebene des Unternehmens zur Stabssitzung gekommen. Nach einer kurzen Grußrunde versank man in das übliche Geplänkel des Austauschs von Neuigkeiten aus den anderen Teilen des Heeres, Kleinsprech über die neu geprägten Münzen und das Wetter und dem Allerlei aus dem sich Gespräche zusammensetzten... die antike Zeiteinteilung bot genug Gelegenheit zu sowas, bis sich alle eingefunden hatten.


    Bevor die Runde allerdings vollständig war, platzte schon ein Bote in den Raum (der von seiner anstrengenden Reise und den Geschehnissen derart gestresst wohl nicht mitbekommen hatte, dass man ihn anstelle zur Principia in die Curia der Stadt gelenkt hatte, wo die Sitzung stattfand), und auch wenn der Mann es fertig brachte ordentlich zu salutieren, so wallte im Flaminier doch eine ordentliche Portion Zorn über diesen Auftritt auf... bis er realisierte, was der Mann gerade berichtet hatte.


    Einen Moment lang herrschte schlagartige Stille.. die einen schockiert darüber, dass man sich derart an der Bevölkerung einer Stadt vergriff die sich in Reichsverhältnissen nahe an Rom befand.. die anderen weil sie versuchten zu erfassen, was das zu bedeuten hatte... und wiederrum andere, weil sie sich fragten warum man nicht selbst auf die Idee gekommen war. Als der erste Offizier (unpässlicherweise einer seiner eigenen) den Meldereiter mit einer Frage beharkte, brach es aus vielen anderen hervor: ein Sturm an Fragen ging auf den Mann ein, bis der Flaminier die Hand hob und mit barschem Tonfall zur Ruhe befahl.
    Dann begann er selbst, aber weniger eindringlich... sie hatten Zeit, es war schon geschehen, sie würden Patavium nicht mehr retten können... und wenn schon, stand noch lange nicht fest ob sie das auch wollten. Aber: er brauchte mehr Informationen, und so fixierte er den Mann mit ruhigem Blick und winkte ihm einen Sklaven heran um ihm etwas zu trinken reichen zu lassen.
    "Trink, Miles, du musst erschöpft sein...", ließ er den Mann erstmal einen kurzen Moment zur Ruhe kommen, bis er damit begann den Mann ordentlich auszufragen: "Wann ist das geschehen, Miles... wer hat es alles gesehen? Und war es nur eine Legion? Was ist mit den anderen Legionen? Sind deine Leute noch am Gegner?"


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    Die Wache rührte sich eine Weile nicht, erst nach etlichen Minuten, die Classicus weiterhin in völliger Dunkelheit in der engen und stinkenden Zelle verbringen musste, öffnete sich ein kleiner Schubriegel in der Tür. Licht fiel durch den schmalen Spalt, viel zu grell für den Insassen, so dass dieser wohl vollkommen geblendet war. “Spione haben keine Rechte. In Rom werden sich vom tarpejischen Felsen geworfen. Aber du kannst gern nach einem Advocatus rufen, vielleicht kommt ja einer.“
    Die Wache lachte und schloss wieder den Sichtschlitz. Hier im carcer hörte niemand einen schreien. Und die Wache hatte nur die Order, nach dem Haruspex zu schicken, wenn der Mann in der Zelle anfing, von der Dunkelheit und dem Hunger wahnsinnig gemacht, alles zu gestehen, was sie wissen wollten.

    Venox' Atem ging schwer, aber immerhin, immerhin: der Prätorianer ließ mit sich reden. Da war noch nichts beschlossene Sache. „Er war... er... war ein Ritter... glaub ich... größer als ich, dunkle Haare, und jünger als ich... aber er hat nichts gesagt über... über irgendwelche Hintergründe, ich weiß davon nichts“, er bemühte sich ruhig zu sprechen, aber er konnte den bettelnden Unterton nicht ganz unterdrücken, und es wurde nicht besser, als der Prätorianer erneut mit seiner Familie drohte. Er würde sie also doch herbringen lassen. Venox hatte für wenige Momente gehofft, seine Frau und Kinder würden bleiben, wo sie waren, würden nicht mit hinein gezogen werden, aber jetzt realisierte er, dass diese Hoffnung vergebens war. Sie würden trotzdem hergebracht werden... und wenn sie einmal hier waren, waren die Chancen klein, so klein, dass sie unbeschadet wieder herauskamen. Venox glaubte nicht an das Märchen mit der Führung. Wenn sie hier waren, würden sie befragt werden. Ein trockenes Husten kam aus seiner Kehle, und mit rauer Zunge fuhr er sich über seine trockenen Lippen. „Er war... er hat nur gesagt, dass der Imperator im Weg ist. Für den neuen Kaiser, den Rom braucht in diesen Zeiten.“ Was ihm im Grunde völlig egal gewesen war. Ihn hatte das Geld interessiert, das Geld und das Versprechen auf einen neuen, lukrativeren Posten als bisher, und die Aussicht darauf, seinen Kindern nicht nur ein besseres Leben ermöglichen zu können, als er es gehabt hatte, sondern ein viel besseres, eines, das deutlich über dem Standard anderer Kinder von Freigelassenen war.

    Der Praefectus nickte nur knapp, als sein neuer Procurator antwortete. „Genau das. Wir hatten vorher schon Schwierigkeiten, genug Getreide für Rom zu bekommen. Dieser Brand hat uns gerade noch gefehlt“, brummte er. „Ich habe die Getreideausgabe sowieso schon rationiert, weil niemand sagen kann, wie lang dieser Bürgerkrieg dauern wird, aber nachdem jetzt ein Gutteil unserer Vorräte in Flammen aufgegangen ist... kurz gesagt: wir brauchen dringend Ersatz. Irgendwelche Ideen?“ Natürlich hatte der Praefect auch eigene, aber trotz der Dringlichkeit des Themas wollte er erst wissen, was der Germanicer zu sagen hatte. Zum einen hatte er trotz seiner Bequemlichkeit dann doch den Anspruch, dass seine Untergebenen vernünftige Arbeit leisten sollten... zum anderen galt: je besser der neue Procurator, desto größer die Chance, dass es für ihn selbst doch wenigstens etwas ruhiger war als er mit der Rebellionserklärung Ägyptens zu befürchten begonnen hatte.

    Sim-Off:

    @Sedulus: mit dem Post war ich gemeint ;)



    Der Mann zuckte zusammen und schien unter dem Gebrüll des Urbaners zu schrumpfen. Warum er nervös war? Warum wohl, genau deswegen, was jetzt hier passierte... so wie der Urbaner sich aufführte, hatte der sein Urteil schon gefällt und schien ihn als Schuldigen verknacken zu wollen. Klar, war ja auch einfacher so, sparte ihm eine Menge Arbeit. „Mein Name ist Trigenimus“, antwortete er trotzdem, wenn auch eingeschüchtert und bemüht, einen Ton zu treffen, der den Urbaner nicht noch mehr reizte. Und nickte dann nur ergeben, als der Urbaner erklärte, dass er zur Castra gebracht werden würde. Viel tun um da noch rauszukommen konnte er eh nicht, außer hoffen, und ein weiterer Blick zu seinen Leuten zeigte ihm, dass es denen nicht besser ging – zwar war bei denen noch kein Urbaner direkt, trotzdem waren sie auf eine Art umzingelt, die klar machte, dass sie keineswegs mehr frei waren zu gehen wohin sie wollten.

    Persius Lusianus ließ den Procurator direkt zu ihm vor. Als er eintrat, begrüßte der alte Mann seinen neuen Untergebenen.
    "Salve, Procurator. Gut, dass du gleich kommen konntest. Es gibt viel zu tun!"
    Leider war das wahr. In Rom brannten Getreidespeicher und das ausgerechnet zu Zeiten, in denen Aegyptus nicht lieferte. Der Praefectus hatte gehofft, einen einträglichen Altersruhesitz zu haben, aber jetzt sah es so aus, als müsse er sein Krisenmanagement-Talent noch einmal voll in die Waagschale werfen...
    "Du weißt sicherlich von dem Brand der Getreidespeicher?"




    Ein Bote kam zum Palatin. Er hatte eine lange Reise hinter sich und sah dementsprechend staubig und übernächtigt auch aus, als er die folgende Tafel mit dem Verweis, es sei wirklich dringend, am Eingang als Post für den Kaiser abgab.



    AD IMPERATOREM CAESAREM AUGUSTUM
    P VESCULARIUM SALINATOREM



    Die Stadt Arretium grüßt ihren Kaiser!


    Mit Verwunderung erreichte uns ein Schreiben eines stadtrömischen Tribunen, ein gewisser Proximus aus dem Haus der Iulii, der von uns die Freilassung eines aufgegriffenen Mannes verlangt. Letzterer wurde in Haft genommen,d a er in der Stadt auffällige Fragen gestellt hatte, die die Wachen und auch die Mitglieder der Curia zu der Überzeugung kommen ließen, dass dieser Mann ein Spion sei. In Zeiten des Bürgerkrieges und angesichts der Tatsache, dass diene Feinde, Imperator, gerade auf uns zu marschieren, hielten wir es für besser, den Mann zu verhören und zu arrestieren, um vielleicht so herauszufinden, in wessen Auftrag er handelte, auch wenn er natürlich seine Spionage bestritt.
    Doch nun erfahren wir, dass dieser Mann gar nicht für deine Feinde spionierte, um herauszufinden, welche Hindernisse auf dem Weg nach Rom liegen könnten – denn selbstverständlich hat sich Arretium wie wohl jede Stadt zusätzlich befestigt, um einem Feind möglichst lange Widerstand leisten zu können – sondern im Auftrag eines Tribunen der Stadtcohorten. Der sich darüber hinaus erdreistet, Berichte anzufordern.


    Hier stellen sich uns gleich mehrere Fragen. Hat die Stadt Arretium dir Anlass gegeben, misstrauisch zu sein, so dass in deinem Namen Spione in unsere Stadt geschickt werden? Oder aber handelte der Tribun hier über seine Kompetenzen hinaus? Wieso erhalten wir Befehle von einem niedrigen Mann bei den Stadtcohorten Roms und nicht eine offizielle Anfrage der Kaiserlichen Kanzlei wie sonst?
    Die Stadt Arretium ist natürlich jederzeit bereit, den Willen des Kaisers umzusetzen, nur möchten wir unsere eindeutige Verärgerung über dieses Verhalten und die Art und Weise, wie es an uns herangetragen wurde, zum Ausdruck bringen. Die stadt Arretium untersteht sicherlich nicht den römischen Stadtcohorten und nimmt von diesen daher auch keine Befehle an. Von dir, mein Kaiser, und deiner in deinem Auftrag handelnden Kanzlei, jederzeit. Auch in Zeiten des Krieges sollte die Ordnung gewahrt sein.


    Anliegend erhältst du eine Kopie des an uns gerichteten Schreibens, so dass du dir selbst ein Bild machen kannst.


    In Erwartung einer Antwort


    Die Stadt Arretium



    Duumviri Arettium
    Principia Arretium




    Salve Duumvir,


    wie mir zu Ohren gekommen ist, befindet sich derzeit der römische Bürger Marcus Aemilius Classicus im Carcer von Arretium.


    Ich verlange, dass dieser sofort freigelassen wird.


    Dieser ist in meinem persönlichen Auftrag unterwegs Richtung Norden.


    Sollte er nicht freigelassen werden, so werde ich die entsprechenden Rückschlüsse daraus ziehen.


    Des Weiteren erwarte ich von Dir einen Bericht über die Verfassung der Stadt.


    Vale,


    Marcus Iulius Proximus
    Tribunus Cohortes Urbanae

    Die Ergebnisse schienen dem Centurio zu gefallen, denn er unterbrach die Übung nicht und forderte niemand zu mehr Leistung auf. "Aufräumen und dann ab auf die Stuben zum Essen fassen!" lautete seine einzige Anweisung am Ende, bevor er den Platz verließ. Später schickte er einen Unteroffizier herum, der allen ihre Einteilung für die Nachtwache mitteilte.

    Es dauerte eine ganze Weile, bis der Brief schließlich seinen Weg in die Curia gefunden hatte, und noch etwas länger, bis er gelesen wurde. Um genau zu sein ganze 2 Tage, bis ein Schreiberling ihn dann auf den Stapel der am Tag zu erledigenden Korrespondenz packte und zur Vorbereitung für einen der Quattuorviren (denn wie die meisten etruskischen Städte wurde auch Arretium nicht von zwei, sondern von vier Männern regiert) schon einmal durchlas.
    Danach allerdings ging alles doch recht schnell. Hektik brach aus in der Schreiberstube, und die obersten Herren der Stadt wurden fix zusammengetrommelt, um sich mit dieser neuen Nachricht befassen zu können, die ja doch etwas anders war als das übliche Tagesgeschäft.
    Es wurde viel beratschlagt und sehr hitzig diskutiert, bis man schließlich sich darauf verständigte, selbst erst einmal eine Antwort zu verfassen, die auch sogleich nach Rom geschickt wurde. Ganze zwei Boten wurden hierzu ausgewählt, die mit zwei identischen Nachrichten den Weg in den Süden antreten sollten. Man konnte ja nie wissen, ob einer alleine in diesen Zeiten doch abgefangen werden würde.

    “Sicher doch“ meinte die Wache, die Münzen und Schriftstück entgegennahm. Da hatte sich jemand ein leichtes Geld verdient, mit dem er am späteren Abend ein noch leichteres Mädchen bezahlen würde. Und alles für einen Umweg von vielleicht fünf Minuten.

    Die Wache sah ein wenig verdattert aus der Wäsche. Was war das denn für ein komischer Bote? “Äh...? Eigentlich gehen Boten für gewöhnlich selber dahin, wo sie Botschaften überbringen wollen?“
    Am Tor hatte bislang noch niemand versucht, Nachrichten abzugeben, die nicht direkt an eine der Wachen auch gehen sollten.


    Seine Mitwache stieß dem ersten leicht in die Seite und murmelte ein paar Worte auf etruskisch, woraufhin die erste kurz lachend etwas zurücksagte und daraufhin die Schultern zuckte. “Gleich ist Wachwechsel. Für zwei As nehm ich den Brief mit und bring ihn zur Curia.“

    Sim-Off:

    Nein ;)


    Reiter waren etwas ungewöhnlicher als das Volk zu Fuß. Ein Pferd war ein teures gut, nicht umsonst leitete sich der Status Eques vom equus, also Pferd, ab, da in der alten Republik nur jene in den Ordo Equester gelangen konnten, die sich so ein Tier leisten konnten. Von daher war ein Reiter entweder wohlhabend oder im Auftrag eines wohlhabenden Menschen unterwegs – oder ein Pferdedieb, der von einem wohlhabenden Menschen gesucht wurde – was alles Gründe waren, ihn sich etwas genauer anzusehen.


    Der hier war offenbar im Auftrag unterwegs, denn er hatte eine Nachricht abzugeben. Entweder vom Cursus Publicus oder eben ein Privatbote, das konnte man ihm an der Nasenspitze nicht ansehen.
    “Die Curia ist die Hauptstraße entlang, bis du zur Menerva-Statue kommst. Da musst du links in Richtung des Tempels, ein wenig den Hang hoch, dann stehst du direkt davor“, beschrieb die eine Wache den Weg. So zumindest hatte die Wache die implizite Frage des Reiters verstanden. “In der Stadt musst du das Pferd aber am Zügel führen, die Straßen sind sehr voll, und wenn's ein Kind über den Haufen läuft, ist das Geschrei groß.“ Da das nur ein Bote und eben kein Ritter war, konnte man sich als Wache solche Vorschriften erlauben.
    Dass er selbst die Rolle da hinbringen sollte, das dachte sich die Wache nicht. Immerhin war sie ja eine Wache und der Bote ein Bote.