Beiträge von Narrator Italiae

    Den Einwand bezüglich der Regelungen und Verordnungen wischte der Mann mit einem Brummen beiseite. Offenbar erschien ihm alleine die Tatsache, eben auf Regelungen und Verordnungen zu pochen so starrsinnig, dass er diesen Punkt nicht weiter diskutieren wollte. Auf die anderen Einwände ging er dafür umso mehr ein.


    "Was ich für einen Punkt machen möchte? Das kann ich dir sagen! Mein Punkt ist, dass deine Aussage, dass die Zeiten für das Beladen oder Entladen von Schiffen aufgrund der unterschiedlichen Größe der Mannschaften von der Größe des Schiffes unabhängig sind, völlig an der Praxis vorbei geht! Du kannst nicht pauschal sagen, dass es einen oder eineinhalb Tage dauert, bis ein Schiff entladen ist. Und was das wichtige daran ist: Es liegt nicht alleine in der Macht des Kapitäns oder Eigners, darauf Einfluss zu nehmen. Eine gerechte Regelung, mit der wir uns nicht den Zorn der Händler auf uns ziehen, muss dies berücksichtigen.


    Ebenso muss sie schauen, dass sie die Steigerung der Belastung rechtfertigt. Das ist alles schöne Rechnerei, die du uns hier vorführst und man muss dich loben, dass du deinem Mathematiklehrer folgsam zugehört hast. Aber was ist die sachliche Begründung dafür, nicht nur die absolute Belastung zu steigern sondern auch die relative? Wieso soll ich pro Tag zwei Sesterze zahlen, wenn ich die Liegezeit um drei Tage überziehe, aber nur einen Sesterz pro Tag, wenn ich um einen Tag überziehe?"

    Die Ausführungen schienen einige Mitglieder der Curia zu beruhigen, so dass sie wieder etwas nachdenklicher und leiser wurden. Bei anderen bewirkten sie aber auch das Gegenteil. Ein Mann mittleren Alters erhob kräftig seine Stimme und zog damit sofort alle Aufmerksamkeit auf sich. Offenbar war man gewohnt, dass er laut und klar sprach.


    "Quaestor, es sei deiner Jugend geschuldet und der Tatsache, dass du nicht aus dieser Stadt hier stammt, aber das was du uns hier erzählst geht doch wohl erheblich an der Praxis vorbei. Hast du schonmal mehr als nur eine Stunde im Hafen verbracht und dir die Schiffe angeschaut? Hast du Hafenarbeitern bei ihrer Arbeit zugesehen, mit Händlern und Kapitänen gesprochen? Ich möchte meinen, du hättest es nicht, denn du spricht wie ein Bürokrat, der seine Schreibstube nie verlassen hat.


    Die Hafenordnung spricht von 200 Liegeplätzen und deshalb gibt es auch nicht mehr und nicht weniger? Wie bitte stellst du dir das vor? Natürlich verbrauchen 200 große Schiffe mehr Platz als 200 kleine Schiffe! Natürlich kann ich dort, wo ein großes Schiff liegt, an seiner Stelle auch zwei kleine festmachen!


    Dann zum Entladen. Kennst du die Gewerkschaften der verschiedenen Hafenarbeiter? Die Sackträger und Viehtreiber und Segelflicker? Vermutlich nicht, denn sonst wüsstest du, dass es niemals nur die Mannschaft eines Schiffes ist, die dieses entlädt. Es sind immer Arbeiter des Hafens damit beschäftigt, die dafür entlohnt werden. Und deshalb hängt die Liegezeit eines Schiffes für die Entladung oder Beladung davon ab, wieviele Arbeiter gerade verfügbar sind und welche Löhne der Schiffseigner diesen Tagelöhnern zu zahlen bereit ist. Ein großes Schiff kann in einem Tag entladen sein oder in drei, ganz nach Belieben. Ein großes wird auch länger zur Reparatur dort liegen, wenn mehr Arbeiter benötigt werden, aber ebenso kann ein Eigener eines solchen Schiffes mehr zahlen und alle Arbeiter strömen zu ihm, so dass wiederum andere Schiffe deshalb länger liegen, obwohl sie kleiner sind.


    Ferner sprichst du davon, dass du die Tagessätze staffelst, um diejenigen stärker zu belasten, die länger an einem Platz liegen. Aber das werden sie doch schon, wenn der Tagessatz für jeden Tag gleich ist! Je länger sie dort liegen, umso mehr zahlen sie. Wieso sollte ich für den sechsten Liegetag einen Sesterz zahlen, für den zehnten jedoch fünf? ist dieser Tag länger? Blockiere ich den Platz an diesem Tag mehr als am sechsten Tag? Das ist nicht nachvollziehbar. Aber was noch schlimmer ist: Es ist auch noch ungerecht! Lege ich zehn Tage vor dem Monatsende an, zahlen ich für den zehnten Tag fünf Sesterze. Komme ich einen Tag später, zahle ich für den zehnten Tag nur einen Sesterz, weil ein neuer Monat begonnen hat! Wie bitte willst du das erklären? Mit welchem Recht muss der, der einen Tag früher kommt, mehr bezahlen als jener, der einen Tag später kommt?"

    Das Gemurmel der Decuriones wurde wie üblich lauter, während erneut Tafeln verteilt wurden und es wurde nicht leiser, als die Männer versuchten, die Regelungen nachzuvollziehen. Das Stirnrunzeln einiger war förmlich zu hören, während sich andere mit einem vernehmlichen Aufstöhnen Erleichterung verschafften, wenn sie die Reglung verstanden hatten, während wieder andere eifrig versuchten, ihren Kollegen die Regelung zu erklären, so sie diese noch nicht verstanden hatten. Kurzum, der Vorschlag sorgte für reichlich Gesprächsstoff, der sich bald auch in Wortmeldungen im Plenum entlud.


    "Das ist zu kompliziert! Wenn die maximale Gebühr bei 500 Sesterze pro Monat liegen soll, wieso dann nicht 5 Tage umsonst und dann 20 Sesterze pro Tag?"


    "Weil du dann im zweiten Monat auch wieder 5 Tage umsonst bekämst oder eben mehr als 500 pro Monat zahlst."


    "Ja und, wäre das schlimm? Außerdem geht es doch jetzt auch zu Beginn des neuen Monates auf einen überhaupt nicht nennenswerten Betrag herunter. Das ist fast dasselbe wie ein paar kostenfreie Tage."


    "Tut es das? Wo steht das?"


    "Im vierten Satz. Die Gebühr an den Kalendern beträgt maximal 1 Sesterz."


    "Ich finde die Regelung lustig. So kommt man wenigstens ins Gespräch. Und die Leute denken nach."


    "Und jeder zweite verklagt uns, weil er die Rechnung nicht versteht."


    "Fünf Tage umsonst sind ohnehin viel zu wenig. So viel Schiffsverkehr haben wir nun auch wieder nicht, dass das nötig wäre."


    "Doch, haben wir schon. Du musst die vielen kleine Lastkähne mit einberechnen. Für die sind fünf Tage reichlich genug. Bei den größeren Schiffen sieht es anders aus. Daher plädiere ich dafür, sowohl die Zahl der freien Tage als auch die Höhe der Gebühr nach der Größe der Schiffe zu staffeln. Je kleiner das Schiff, desto kürzer die Zeit, die es kostenfrei liegen darf und umso geringer die tägliche Gebühr. Je größer das Schiff, desto länger die kostenfreie Liegezeit und umso höher die spätere tägliche Gebühr."

    Titus Duccius Vala


    "Sein Vater war Consul in der Zeit des Divus Iulianus, er selbst hat kürzlich sein Tribunat bei der fünfundzwanzigsten Legion absolviert, und bereitet sich auf seine Kandidatur für die nächste Wahl vor.", wobei er offensichtlich auf die Parteigänger des Salinator baute, was Vala sich zunutze machen konnte.
    "Ein Mitglied der alten Ritterfamilie der Maecilia zählt ebenfalls dazu. Sie haben sich bisher nicht als allzu eifrige Verfechter deiner Sache erwiesen.. aber sie könnten es werden."


    Zustimmendes Gemurmel, allgemeines Nicken, keinerlei lautstarke Gegenstimmen - der Vorschlag schien auf Zustimmung der Decuriones zu stoßen. Einige schaute nicht einmal von den Wachstafeln auf, die sie sich selber mitgebracht hatten, und auf denen sie irgendwelche Dinge notierten, die möglicherweise nicht einmal etwas mit der Sitzung zu tun hatten, sondern mit den Einnahmen aus der letzten Ernte oder der Post irgendeines Verwandten in der Provinz. Daher ergriff der Sitzungsleiter kurz das Wort.


    "Ich sehe keine Gegenrede. Der Vorschlag ist damit angenommen."

    Die erste Zusammenfassung sorgte für Kopfnicken und deutlich artikulierte Zustimmung.


    "Ja, das klingt verständlich und hinreichend einfach. Ich denke, sieben Tage sollte man einem Schiff schon gönnen, aber das können wir ja noch in der Curia aushandeln."


    Der neue Vorschlag zur Berechung der Liegegebühr sorgte dann jedoch für erneutes Stirnrunzeln.


    "Das klingt kompliziert. Kannst du das in einen schriftlichen Entwurf fassen, den auch Juristen verstehen?"

    Die Sorgen um das Aussterben des Hafens teilte der eine Duumvir nicht und schüttelte heftig den Kopf.


    "Eine Gebühr von einem Sesterz pro Tag macht doch bei einem Schiff, das hunderte von Amphoren geladen hat, die für hunderte Sesterze verkauft werden, wirklich nichts aus. Es geht hier doch wohl eher um die Symbolik. Eine jährliche Gebühr von 360 Sesterzen macht einen Senator nicht arm. Vielleicht sollte man eher überlegen, die Gebühr sogar höher anzusetzen und lediglich eine gewisse Liegezeit von der Gebühr auszunehmen. Einige Tage sollten reichen, um Ladung zu löschen, neue an Bord zu nehmen, Matrosen anzuheuern und Vorräte an Bord zu nehmen."


    Der andere Duumvir beschäftige sich erneut mit der rechtlichen Seite.


    "Was für andere Schiffe meinst du? Kriegsschiffe? Nein, diese sind wohl sicher von der Gebühr auszunehmen. Was 'teilweise Handelsschiffe' sein sollen verstehe ich nicht. Und so lapidar wie du das gerade sagst, wird man das mit der Einstufung kaum machen können. Zumal das dazu führt, dass sich nur mehr Leute durch Tricks darum bemühen werden, uns Arbeit zu machen, um ein paar Sesterze zu sparen. Je einfacher eine Regelung, umso höher die Wahrscheinlichkeit, dass sie verstanden, akzeptiert und befolgt wird."

    Die Ausführungen des Quaestors erschienen dem einen Duumvir zwar nicht undurchdacht, aber auch ein bisschen sehr bürokratisch.


    "Warum so kompliziert? Die Hafenverwaltung kann die Gebühr doch einfach an den Kalenden eines jeden Monats kassieren und jeweils letztmalig dann beim Auslaufen. Die Erträge werden dem Quastor gemeldet und von ihm verbucht, ebenso wie er die ordnungsgemäße Eintreibung überwacht und aktiv wird, falls eine Schiffsbesatzung nicht zahlungsfähig ist."


    Der andere Duumvir schien eher an den rechtlichen Dingen interessiert.


    "Rückwirkend wird man dies wohl kaum einführen können. Auch das spricht für eine Liegegebühr, die wir auch auf die jetzt liegenden Schiffe anwenden können, sobald es beschlossen ist. Genauso interessant wird jedoch die Frage, ob wir sie auf senatorische Schiffe beschränken. Nicht wenige Senatoren werden dann auf die Idee kommen, ihre Schiffe schlicht auf Mittelsmänner registrieren zu lassen, wie sie es ohnehin jetzt zuweilen schon tun."


    Sim-Off:

    Wenn es Sim-Off zu schwierig ist, macht man es Sim-Off eben sehr viel einfacher. :D Wenn jemand da ist, der etwas ausspielen will, spielt er es eben aus und kümmert sich drum - und wenn nicht, dann eben nicht. In Rom wurde auch mal Wassergeld eingetrieben. Sim-On wäre das natürlich eine regelmäßige Zahlung, aber sowas immer wieder auszuspielen ist arg öde. Mit den Schiffen kann man es genauso machen. Kommt ein neuer Quaestor ins Amt, kann er bei jedem Schiffseigner einfach einmal abkassieren und fertig.

    Über abgenommene Arbeit freuten sich auch Duumviri, so dass sie gerne zustimmten, dass der Quaestor den Antrag formulierte. Wenn sie ihn einbrachten, konnten sie ja immer noch mitteilen, dass er schon abgesprochen sei und somit einen Teil des Lobes für sich behalten.


    "Ja, bereite das bitte für die nächste Sitzung vor."


    Dann kam schon das nächste Thema auf den Tisch und die beiden Männer wurden angesichts der wirklich neuen Idee etwas gespannter.


    "Das ist ein sehr interessanter Vorschlag. Der lange Aufenthalt einiger Schiffe ist mir auch schon aufgefallen. Das könnte sowohl für die Händler sinnvoll sein als auch eine gute Einnahmequelle. An welche Höhe der Gebühren hast du gedacht?"


    Der andere Duumvir kam gleich auf das Verfahren zu sprechen.


    "Wieso eine Einlaufgebühr? Man könnte doch auch eine Liegegebühr erheben, in regelmäßigen Zeitabständen. Wenn es das Ziel ist, die Liegezeiten zu verkürzen um den Platz freizuhalten, ist das doch viel besser, als eine einmalige Gebühr, die jeder entrichtet. Dann ist er einmal drin und hat keinen Grund, wieder weg zu fahren."

    Pontifex et Senator
    Aulus Flavius Piso



    Iullus Paconius Trebanianus s. d.


    Wie du zweifellos weißt, da wir schon an vielen Senatssitzungen gemeinsam teilgenommen haben, bin ich kürzlich gewählter Aedil der Stadt Rom. Bei der Durchsicht der Betriebslisten bin ich auf Unstimmigkeiten gestoßen, die einer dringenden Klärung bedürfen. Nach unseren Aufzeichnungen bist du Inhaber von insgesamt sechs Betrieben, was einen deutlicher Verstoß gegen Paragraph 4 Satz 4 der Lex Mercatus darstellen würde, so es denn der Wahrheit entspricht.


    Ich fordere dich daher hiermit auf, mir bis zu den ID OCT DCCCLXI A.U.C. (15.10.2011/108 n.Chr.) entweder Belege für die Schließung oder den Verkauf der überzähligen Betriebe vorzulegen oder aber darzulegen, welche Betriebe sich derzeit in deinem Besitz befinden und welche du früher einmal besessen hast, so dass wir mögliche Unstimmigkeiten in unseren Aufzeichnungen ausbessern können. Solltest du die Frist versäumen, sehe ich mich gezwungen, Strafmaßnahmen und eine zwangsweise Schließung der Betriebe einzuleiten. Für deine Mühen danke ich dir jetzt schon.


    Beide Dummviri schienen nicht unglücklich darüber zu sein, dass das Thema der Wertkarten zunächst vertragt wurde. Vielleicht wollten sie sich auch untereinander noch ein wenig absprechen. Für das neue Thema nahmen sie die gereichten Wachstafeln zur Hand und nickten nach der sehr überschauben Menge an Änderungen fast gleichzeitig.


    "Ja das können wir direkt ändern lassen. Ich kümmere mich darum."


    Und schon landete die Tafel auf dem Tisch und dieser Punkt war erledigt. Auch der folgende machte weniger Probleme.


    "Das können wir gerne in der nächsten Sitzung des Stadtrates besprechen. Ich denke nicht, dass mir Unstimmigkeiten diesbezüglich zu rechnen ist."

    Der in dieser Angelegenheit wortführende Duumvir schien von den weiteren Argumenten des jungen Quaestors keineswegs überzeugt.


    "Man kann diese Gehälter auch ganz streichen, wenn dies das Problem sein sollte, dass zu einer Ungleichbehandlung führt. Wenn du auf diese Weise argumentierst, musst du ja gerechterweise auch berücksichtigen, dass ein Quaestor oder Duumvir einer Stadt wie Ostia durchaus auch weniger zeitliche Verpflichtungen des Amtes hat und so auch tatsächlich geschäftlichen Tätigkeiten nachgehen kann. In Rom gibt es zwei Consuln, in Ostia zwei Duumviri. Zweifellos haben jene Männer in Rom mehr zu tun."


    Auch auf die Sache mit der Wertkarte ging er gleich ein und ließ seinen Kollegen nicht einmal zu Wort kommen.


    "Ob der Senat in Rom eine Wertkarte des Cursus Publicus nutzt oder nicht entzieht sich meiner Kenntnis, aber es würde mich wundern, wenn du nicht beispielsweise auch bereits in diese bahnbrechende Sparmaßnahme investiert hättest, die du hier so anpreist. Es ist also keineswegs so, dass die Stadt mehr zu sparen vermag als der Einzelne und somit bleibt es eben doch ein Nullsummenspiel, das dem Einzelnen vorgaukelt, er stünde in keinerlei Verantwortung für die Stadt und könnte sich an bereits bezahlten Leistungen bedienen."

    Von den Gedanken des Quaestors konnten die beiden Duumviri nichts wissen, egal ob sie nun unterstrichen, kursiv, verlinkt oder einfach nur in epischen Texten formuliert waren. Was in diesem Raum zählte war nichts anderes als an anderen Orten, nämlich Worte und Taten, vielleicht auch Gesten und Minenspiel. Solches zeigte sich nun auch im Kopfschütteln der beiden Duumviri.


    "Du verkennst die Situation der italischen Städte, wenn du dieses Bild malst. Wir sind kleiner als Rom, zweifellos, aber deswegen nicht geringer. So wie sich in Rom die erhabendsten und edelsten Männer um das Wohl des Volkes bemühen, so soll es auch in den Städten sein. Du bringst nicht nur die Städte, sondern auch dein eigenes Amt in Misskredit, wenn du unterstellst, hier würden es Männer nicht der Ehre wegen, sonder wegen des Gehaltes ausfüllen. Wer dem Volk für Geld dienen will, kann Soldat werden. Da sind ihm Bezahlung und Vergünstigungen aller Art für 20 Jahre sicher."


    Der andere Duumvir, der bisher zu diesem Thema geschwiegen hatte, pflichtete seinem Kollegen bei.


    "Man könnte natürlich deine Argumentation aufgreifen und Teile der Kosten, die einem Amtsträger entstehen, aus der Stadtkasse bezahlen. Im Gegenzug kürzt man dann die Gehälter, denn dem Amtsträger entstehen ja weniger Unkosten. Letztlich wäre es wohl ein Nullsummenspiel, denn das Geld in der Stadtkasse muss irgendwo herkommen und letztlich kommt es immer nur von jenen, die sich um das Gemeinwohl bemühen."

    Über die Zahlen ließ sich erst einmal nicht diskutieren, denn sie standen nunmal so dort, wie sie waren. Über den richtigen Umgang mit Post oder die Pflichten der Amtsträger ließ sich dagegen umso trefflicher streiten.


    "Dies ist zweifellos eine sehr moderne Ansicht und unter jungen Leute sehr verbreitet. Aber man muss sie deshalb noch lange nicht gutheißen. In früheren Zeiten war es selbstverständliche Pflicht und Ehre eines jeden angesehen Bürgers, der sich in ein Amt hatte wählen lassen, auch mit seinem Vermögen für das Gemeinwohl einzustehen. Man muss dafür nicht bis nach Rom schauen, wo die Aedilen prachtvolle Spiele für das ganze Volk aus eigener Tasche finanzierten, sondern auch in den italischen Städten ist dies kaum anders gewesen. Wo soll es hinführen, wenn das erste, was potenzielle Amtsträger erfragen und sehen und abwägen das ist, was sie von der Gemeinde erhalten, wo es doch viel wichtiger und vornehmer ist, was sie zu geben bereit sind? Sollte es von einem Mann zuviel verlangt sein, einen Kurier zu bezahlen, um ihn in die Nachbarstadt zu senden, dann ist er wahrhaft nicht geeignet, die Gemeinde zu vertreten."

    "Was genau meinst du mit Refinanzierung? Stellt die denkbare Nachzahlung der beiden Beträge die Kasse der Stadt tatsächlich vor derartige Probleme, dass eine zügige Zahlung nicht ohne weiteres möglich ist?"


    Der Duumvir konnte sich das kaum vorstellen, denn schließlich würde das bedeuten, dass auch die Auszahlung zukünftiger Gehälter akut gefährdet wäre. Der andere Duumvir schien überzeugt zu sein, dass diese Gefahr nicht bestand und ihm schien das Thema daher nicht einmal eine Diskussion wert zu sein. Stattdessen widmete er sich der Idee rund um den Cursus Publicus.


    "Bisher war es Usus, dass die Magistrate, die im Rahmen ihres Amtes den Cursus Publicus in Anspruch nehmen mussten, die notwendigen Kosten selber getragen haben."

    Beide Duumviri betrachteten die Tafeln und die darauf vermerkten Zahlen, während sie den Ausführungen folgten.


    "Lustig, dass das beiden jeweils genau einmal passiert ist. Irgendwann scheint jeder das mal zu vergessen. Ich habe nichts dagegen, das noch nachzuzahlen."


    Auch der andere Duumvir schien wenig beunruhigt zu sein.


    "Ja, schicke ihnen ruhig eine Nachricht. Wobei es mich nicht wundern würde, wenn beide zugunsten der Stadtkasse auf eine Nachzahlung verzichten."

    Die beiden Duumviri wechselten belustigte Blicke, als der Quaestor mit seinem Thema hereingestürmt kam und sich schon die erste Tafel reichen ließ, noch bevor er überhaupt Platz genommen hatte. Offenbar hatte sich die beiden Männer schon über ihn unterhalten und teilten gerade ähnliche Gedanken.


    "Quaestor Iulius! Schön dass du da bist! Nimm erst einmal Platz!"


    Es folgte eine einladende Geste, während sich beide Duumviri etwas zurücklehnten. Der eine machte mit den Fingern ein paar Zeichen und deutete auf Wachstafeln auf einem Tisch, der andere nickte. Offenbar einigten sie sich gerade wortlos, dass sie das Thema, wegen dem sie eigentlich zusammen saßen, für den Bericht des Quaestors unterbrechen und später weiter verhandeln wollten.


    "Unregelmäßigkeiten zu unseren Gunsten? Das ist... erfreulich. Dann lass' mal hören. Wo hast du unverhofft Geld gefunden?"

    "Vorerst von meiner Seite aus nicht. Wir müssen uns ja beide erstmal wieder einarbeiten. Du sowieso und ich auch ein wenig. Danach sehen wir uns ja sicher ohnehin häufiger, wenn wir dann erstmal einen Überblick über die konkreten kurzfristigen und langfristigen Aufgaben haben. Du kannst mir mal eine Übersicht vorbereiten, ob wir tendenziell eher sparen müssen oder finanziellen Spielraum haben."


    Prinzipiell wusste der Duumvir das zwar aus den früheren Jahren und den Sitzungen des Stadtrates, in denen die Finanzen natürlich immer wieder Thema waren, aber ehrliche Zahlen bekam man nur, wenn man selber nachschaute.

    "Du wirst vielleicht den Schreiber deines Amtsvorgängers übernehmen wollen, weil mer sich mit der Materie schon auskennt. Das machen viele Magistrate so. Häufig gibt es jahrelang denselben Schreiber unter wechselnden Magistraten. Aber du kannst auch jemand neues einstellen, wenn du Bedarf hast. Solange du kein Geld dafür verschwendest, wird das kaum jemanden im Detail interessieren."


    Der Duumvir zeigte sich hier von seiner pragmatischen Seite. Es gab wesentlich größere Mengen Geld, die man wesentlich sinnloser herauswerfen konnte als ein paar Sesterze für einen Schreiber.