Beiträge von POTITUS VESCULARIUS SALINATOR

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    TITUS SERGIUS LUPUS

    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM VIII KAL SEP DCCCLVIII A.U.C.
    (25.8.2008/105 n.Chr.)
    .

    ZUM
    PRINCEPS PRIOR - COHORTES URBANAE


    Potitus Vescularius Salinator

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    MARCUS ARTORIUS MENAS

    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM VIII KAL SEP DCCCLVIII A.U.C.
    (25.8.2008/105 n.Chr.)
    .

    ZUM
    PROBATUS - COHORTES URBANAE


    Potitus Vescularius Salinator

    "Legio Prima. Aha." Manches Mal konnte Potitus die Quintessenz der vom Anderen gesprochenen Worten auf eine unangenehme Art wiederholen. Dies diente in den allermeisten Fällen dazu, den anderen zu irritieren und in weiterer Folge zu verunsichern.


    "Optio Decimus." begann Potitus unvermittelt. "Auf deinen Patrouillen, hast du da etwas von einer Sekte gehört, die einen Zimmermann anbeten sollen?"

    "Hahaha!"


    Laut hallte Potitus Lachen durch den hohen Raum. Quartos Frage ignorierte er völlig.


    "Ein ehemaliger Peregrinus in den Hallen des Senates! Wie unglaublich demütigend für die erlauchten Herren, die ihre Abstammung in einer Linie von Mars beginnend aufzählen können."


    Mit einer schnellen Handbewegung fuchtelte Salinator vor sich als wollte er ein lästiges Insekt vertreiben.


    "Die Welt bleibt nicht stehen! Es gab schon immer Veränderung. Und sie hat selten schlechtes gebracht. Die Zeiten, in denen degenerierte Blutlinien dieses Reich regierten, sind lange vorbei! Ebenso wie die Zeiten, in denen ein Mann nach seinem Namen und seiner Herkunft verurteilt wurde. Was zählt sind Taten! Eigene Taten. Nicht die irgendeines fernen Vorfahren. Schaut euch doch um. Keiner von euch Senatoren sitzt hier, weil er seine Ahnen bis zu den Anfängen Roms zurück aufzählen kann."


    Er griff nach ein paar Mandeln und zermalmte sie mit hörbarem Knirschen zwischen seinen Zähnen.


    "Wenn der Annaeus es geschafft hat als gebürtiger Peregrinus in den Cursus Honorum zu gelangen, dann sollte er auch im Senat sitzen. Wenn er es verdient."

    Vescularianus wurde langsam auf seine nicht zu alten Tage. Das dachte sich Potitus, als er länger als gewohnt auf seine Wünsche warten musste. Die Wartezeit vertrieb er sich mit dem Verzehr von Mostbrötchen, eine illyrische Spezialität, die er während seiner Zeit in dem Kaff genannt Viminacium und später in Sirmium, nicht minder provinziell für seinen Geschmack, kennen gelernt hatte. Potitus liebte süßes Essen und manche lukullische Preziosen mussten extra für ihn importiert werden. Doch das gehörte nicht hierher.


    Potitus nahm einen Schluck Wein, der aus Achaia stammte und natürlich süß war. Vom Aussehen her war der junge Optio perfekt, lediglich die Narbe auf der Wange störte. Doch diese zu erklären würde nicht sein Problem sein.


    "Decimus Serapio also. So so." begann Potitus langsam, denn er wollte sich erst einen Eindruck von dem Optio machen. "Wie lange bist du schon im Dienst der Cohortes Urbanae?"

    Zuhören können war für einen Mann in seiner Position lebenswichtig. Das hatte Potitus schon früh erkannt, bereits im Kindesalter beim Lesen mancher Biographien oder historischer Ereignisse. Dass man sich dabei das Gehörte auch merken musste, lag auf der Hand. Potitus verließ sich daher nur dann auf Geschriebenes, wenn es denn unbedingt sein musste. Deswegen hörte (im wahrsten Sinne des Wortes hörte) er von seinen Spitzeln interessante Neuigkeiten.


    "Vescularianus!"


    Der angesprochene Schreiber benötigte nur einen Tick länger, als Salinator gewohnt war. Über dieses Versäumnis verzog er etwas säuerlich seinen Gesichtsausdruck.


    "Bring mir einen Centurio... nein, besser einen Optio. Ja, ein junger Optio soll es sein. Keinen grobschlächtigen Kerl, nicht so etwas übertrieben maskulines. Du wirst schon den Richtigen finden."


    Potitus hörte schon nicht mehr, wie der Schreiber das Officium verließ. Die Fingerkuppen beider Hände, die einander berührten, zeugten von den Gedankengängen, denen Potitus innerlich folgte.

    Das wichtigste in einem Officium waren eine Kanne voll mit gutem Wein und ein großer Teller angefüllt mit eßbaren Kleinigkeiten. Ganz besonders dann, wenn man gezwungen war, sich mit Berichten zu befassen. Potitus schob sich ein mit herzhaftem Käse und scharfen Oliven belegtes Stück Brot in den Mund. Vinicius Hungaricus hatte anscheinend tatsächlich wenig Elan besessen, sein Amt gewinnbringend zu nutzen. Am Ende hatte er wohl doch nur sein Fähnchen nach dem kaiserlichen Wind gehängt.


    "Vescularianus!"


    Dröhnend donnerte Potitus Stimme durch das Officium und sorgte dafür, daß der Schreiber vor der Tür herein trat.


    "Bring mir den ersten Offizier für den Rapport. Dieses schwammige Zeug nützt mir gar nichts."


    Ganz davon abgesehen, daß Salinator wenig von Lesen und viel mehr von Zuhören hielt.

    Dies ist die Amtsstube des Kommandeurs der Cohortes Urbanae
    Potitus Vescularius Salinator





    Der Praefectus Urbi ist der Stadtpräfekt von Rom und Kommandant der Cohortes Urbanae, der Stadtkohorten. Er übt sowohl die oberste Zivil- als auch Militärgewalt in Rom aus und handelt als rechte Hand des Imperators bei der Verwaltung der Hauptstadt und des gesamten Umlandes im Bereich von 100 Km. Er residiert im kleineren Flügel der Castra Praetoriae und ist unter den Reichspräfekten der zweitoberste Rang, formal allerdings der Stellvertreter des Kaisers in der Stadt Rom.

    Als hätte er nur darauf gewartet, daß der Imperator vor ihm den Raum betrat, folgte Potitus kurz nach Valerianus. Er beeilte sich nicht.


    "Mein Kaiser!"


    Für die übrigen Anwesenden hatte er keine Begrüßung übrig. Er traute keinem von ihnen. Nur Aelius Quarto wurde mit einem süffisanten Lächeln und der Andeutung eines Nickens bedacht, ehe er Platz nahm.


    Hinter Salinator folgte sein Schreiber Vescularianus. Hinter diesem ein Diener, der eine Schüssel mit Mandeln trug, die er auf den Tisch abstellte. Potitus hatte sich über diese Art Zusammenkunft informiert. Es war Zeit, daß die anwesenden Herren bemerkten, daß Iulianus tot war. Valerianus mochte keine Oliven. Valerianus mochte auch keine Mandeln. Er fand kaum noch an irgendeiner festen Nahrung seine Freude. Alles kratzte ihm beim Schlucken im Hals.


    Doch Salinator liebte Mandeln.

    Obwohl Potitus nicht größer war als Hungaricus, schaffte er es mit seinem Blick von oben auf diesen herab zu sehen.


    "Ob ich will oder nicht, das ist doch keine Frage, Vinicius. Der Kaiser hat es in seiner Weisheit beschlossen, und dem habe ich mich zu beugen."


    Behäbig setzte er seinen schweren Leib um den Schreibtisch herum und nahm Platz wie auf einem Thron. Der vordergründigen Hoffnungen des Senators bedurfte es nicht, denn Salinator brauchte keine Eingewöhnung. Er fühlte sich schon jetzt wie zuhause.


    "Über das Geschehen in Rom bin ich bereits informiert. Wenn es nichts gibt, über das du mich noch explizit informieren möchtest, werden mir meine Adlati genügen."


    Womit der Privatmann Vinicius Hungaricus implizit entlassen war.

    Fünf Männer begleiteten Salinator in die Principia. Keiner trug eine sichtbare Waffe, denn noch gehörten sie nicht offiziell zu den Cohortes Urbanae. Doch allesamt fühlten sie sich bereits so heimisch wie ihr alter und neuer Vorgesetzter.


    Potitus klopfte an das Officium des scheidenden Praefectus Urbi. Er wartete nicht, bis dieser ihn herein ließ, sondern öffnete die Tür und trat ein. Dies war nun sein Officium


    "Salve, Senator Vinicius! Was für ein strahlender Tag für einen Abschied, nicht wahr?"


    Mit einem hämischen Seitenblick aus dem Fenster, vor dem die Sonne heiß auf die Stadt hinunter brannte, legte Potitus die Urkunde des Imperators auf den Schreibtisch vor Hungaricus.


    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH
    POTITUS VESCULARIUS SALINATOR


    MIT WIRKUNG VOM
    ANTE DIEM IV NON IUL DCCCLVIII A.U.C.
    (4.7.2008/105 n.Chr.)
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    ZUM
    PRAEFECTUS URBI - COHORTES URBANAE


    GAIUS ULPIUS AELIANUS VALERIANUS

    Potitus trat durch das Tor und erwiderte den militärischen Gruß der Soldaten. Zu sagen hatte er ihnen nichts. Alles, was sie wissen mußten, was sich ändern würde, würden sie zu einem späteren Zeitpunkt erfahren. Zu einem Zeitpunkt, wenn Vinicius Hungaricus die Castra verlassen hatte.


    Er brauchte auch keinen Soldaten, der ihm den Weg zeigte. Potitus wußte genau, wohin er wollte.

    Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis er der wichtigste Mann nach dem Kaiser in Rom wurde. Potitus rückte aus diesem Grund zu seinem Einzug selbstbewusst gleich mit seinem eigenen Stab an. Er hatte einige Männer aus seiner Legion mitgebracht. Weitere, vor allem Soldaten, würden folgen.


    Einer seiner Männer trat vor und kündigte der Torwache Vescularius Salinator, den neuen Praefectus Urbi der Stadt Rom an, der zu Vinicius Hungaricus, dem bisherigen Praefectus Urbi der Stadt Rom wollte.

    Es war lange her, daß Potitus Zeit in seinem Haus in Rom verbracht hatte. Doch es war alles wie immer. Er legte viel Wert darauf, in jedes seiner zahlhreichen Häuser jederzeit einziehen zu können. Seit die Nachricht von Iulians Tod in Rom angekommen war, hatte sich der Haushalt auf Salinators Rückkehr vorbereitet. Denn der Legat hatte noch vor Valerian gewußt, daß er nach Rom zurück kehren würde. Die Speisekammer war mit den teuersten Speisen gefüllt, die Rom zu bieten hatte. Die Klinen waren mit neuem Tuch überzogen und das Holz der Möbel auf Hochglanz poliert. Ein paar Wandmalereien konnten eine farbliche Aufbesserung vertragen, doch dafür würde noch genug Zeit sein. Allzu schnell würde Potitus nicht mehr aus Rom weichen.


    Er lag im Tablinum des Hauses und verzehrte eine Lamprete. Während er mit seinen Fingern das weiße Fischfleisch zerteilte und in seinen Mund schob, hörte er sich Neuigkeiten und Gerüchte von seinem persönlichen Scriba an. Es waren nicht nur die Themen des Senats oder Ereignisse aus der Stadt, sondern auch Gerüchte und viele Informationen, die nur unter der Hand gehandelt wurden. Potitus spülte das letzte Stück seines Fischs mit einem halben Becher Falerner hinunter.


    "Ich brauche mehr Informationen über die neuen Magistrate! Vor allem über die Consuln. In welchen Provinzen waren sie, wer sind ihre Hintermänner, haben sie Freunde im Militär, vielleicht Veteranen? Außerdem will ich noch mehr Information über die wichtigen Senatoren. Und nicht nur wieder den alten Schmäh von gestern! Wer sind derzeit die Sprecher und wieviele Daumen haben sie hinter sich? Wie stehen sie zu Valerian? Bei der Gelegenheit aktualisiere auch die Daten zu den Priestern. Nach welchem Wind richtet das Collegium Pontificium seine Fahne, wer von denen ist käuflich? Welche Auguren sind käuflich, welche kuschen vor dem Kaiser und welche halten sich für unbestechlich?"


    Sein Scriba hörte wortlos zu und verharrte noch etwas. Doch Potitus hatte seine Aufmerksamkeit wieder dem Essen geschenkt. Er lud sich noch eine Lamprete auf den Teller und verlangte nach mehr Wein.

    Mit großem Interesse beobachtete Potitus den kleinen Machtkampf zwischen Valerianus und dem Praefectus Praetorio. Friede, Freude und Sonnenschein waren dieser Besprechung so fern wie die nächsten Saturnalien.


    "Dein Vater hat viele Entscheidungen seinen Vertrauten überlassen, eben auch jene, welche Männer in seiner Leibgarde dienen sollen. Ihnen eine Mitschuld für seinen Tod zu geben wäre ungerecht und das weißt du. Wir wissen, wie heimtückisch die Parther sind. Sicherlich hätten sie auch bei anderen Gelegenheiten versucht, deinen Vater zu ermorden."


    Potitus unterstrich seine Worte mit einem sanften Lächeln. Die Stimmung war für seinen Geschmack zu negativ.


    "Deine Empfehlungen, Caecilius Crassus, sind auch weiterhin wichtig und willkommen und sie wurden in unsere Überlegungen stark mit einbezogen. Doch finden wir eine Verstärkung bei den Prätorianern äußerst wichtig. Und welcher Mann könnte hier besser dienen als einer, der sowohl Erfahrung im Felde als auch bei der Verwaltung hat?"

    Potitus wich nicht von der Seite seines Imperators und Freundes Valerianus. Dessen Vater, den verstorbenen Kaiser, hatte er nicht halb so gut gekannt. Seine Hoffnung hatte schon lange auf Valerian geruht. Als die Senatoren die Bahre mit dem Kaiser aus Wachs aufnahmen, legte Potitus seinem Freund eine Hand auf die Schulter. Dann trat er selbst vor, um seinen Platz unter den Trägern einzunehmen. Er stand am Ende der Bahre, um alle im Blick zu behalten.

    Während er sich mit größtem Vergnügen den Speisen widmete entging Potitus kein Detail des Gesprächs. Er war kein großer Redner und seine Einschätzung war nichts, was Valerinus an diesem Abend hören wollte. Obwohl er es nicht wusste, war Salinator mit Quarto einer Meinung, denn er hielt von den Consulen ebenfalls nicht viel. Er hielt sie für Schwätzer, ebenso wie den Aelier. Interessant wurde es erst, als Namen fielen. Vinicius - das war ein rot markierter Name auf Potitus Liste. Diese Familie war zu einflussreich, um sie nicht noch eingehender zu untersuchen. Ansonsten waren es nur belanglose Männer auf belanglosen Posten. Nur die stillen Patrizier bereiteten ihm Sorgen. Vielleicht leckten sie nur ihre Wunden, doch vielleicht waren sie auch nur deswegen so leise, daß niemand ihre Pläne hörte. Doch daß die Patrizier bescheidener und umgänglicher geworden sein sollten, glaubte Potitus nicht.

    Potitus hatte früh in seiner Karriere erkannt, daß Namen in Rom alles waren. Ein Name konnte in Rom über Sieg oder Niederlage bestimmen. Gegenüber dem Kaiser konnte ein Name darüber bestimmen, ob die Person dahinter in den Verliesen des Palastes landen oder zum Consul erhoben würde. Er vergaß nie einen Namen und nie den Mann dahinter. Auf den fragenden Blick des Imperators bezüglich Flavius Furianus schüttelte er deswegen leicht abschätzig den Kopf. Der Proconsul von Hispania mochte keine Bedrohung darstellen. Doch daß er sich hinter dem Senat versteckte, würde seine Konsequenzen haben. Vielleicht für die gesamte flavische Familie, ein Verschwörungskomplott war immer schnell ersonnen. Die Familie der Aelier war auf die patrizische Familie nicht gut zu sprechen und Potitus teilte diese Abneigung. Der letzte flavische Kaiser hatte in seinem Wahn auch das Eigentum seiner Familie beschlagnahmt, so daß die gerade erst aufstrebende Familie der Vescularier mit einem Schlag ihren Stand im Imperium verloren hatte. Patrizier waren Salinator ganz allgemein ein Dorn im Auge. Die Aelier mochte er dagegen mit einem gewissen Gleichmut betrachten. Abgesehen von Aelius Quarto, der Valerian als Bruder zu nahe stand und den er im Auge behalten würde. Ebenso wie Vinicius Hungaricus. Der Vinicier mochte Iulianus treu gewesen sein, doch womöglich hatte ihm die Macht über Rom in dessen Abwesenheit ein bisschen zu gut gefallen.