Unzufrieden blickte Potitus Vescularius Salinator am Tor der Legio Flavia auf die Torwachen hinab, die im feinen Nieselregen ihrer Pflicht nachkamen. Der Regen weichte die Legionäre auf und ließ die Scharniere ihrer Rüstungen rosten. Potitius mochte den Winter hier lieber, wenn es statt zu Regnen so kalt war, dass feiner, weißer Schnee vom Himmel fiel. Doch es fragte ihn niemand, wie er das Wetter gerne hätte.
"Potitus Vescularius Salinator, Legatus Augusti Pro Praetore Illyriens, auf Befehl des Caesars hier." kündigte sein Adjutant ihn an, ehe man ihn durch das Tor und auf der schnurgeraden Straße bis zum Haus des Legaten reiten ließ. Im Vestibulum des für den Caesar und seine Familie prächtig eingerichteten Hauses streifte er seinen nassen Mantel von den Schultern und warf ihn einem Sklaven hin. Er fuhr sich mit der Hand über den kahlen Schädel und wischte die Tropfen fort. Manchmal hatte es durchaus seine Vorteile, keine Haare mehr auf dem Kopf zu haben, die sich nur unangenehm mit Nässe vollsogen und dann noch unangenehmer um die Stirn herum klebten.
"Wie geht es ihm?" fragte der Legat den treuen Sklaven des Caesar.
Der alte Mann zuckte nur ratlos mit den Schultern. "Nicht besser als die letzten Wochen."
"Mhm."
Potitius klopfte und trat in Valerianus' Arbeitszimmer. Auf die Aufforderung Einzutreten und das Salutieren verzichtete er schon lange. Zumindest solange sie sich in einem ihrer Lager oder im Feld befanden. Valerianus nannte ihn seit langem einen Freund. Sie hatten auch schon zu viel zusammen erlebt, als dass Potitius durch den Anblick des kranken Caesars abgeschreckt werden würde. Valerianus sah blass aus, die Wangen eingefallen, die Augenhöhlen hohl und leer. Neben dem Tisch, an dem der Caesar saß, stand eine Blechschüssel. Ihr Boden war gefüllt mit schleimigem Auswurf, der von roten Blutschlieren durchzogen war. Potitius hatte schon seit Wochen nicht mehr erlebt, dass die Schüssel leer war, mindestens seit Nahen des Winters nicht mehr.
"Du wolltest mich sprechen?" Er nahm auf einem Stuhl Platz.