Beiträge von Quintus Tiberius Vitamalacus

    Sie weinte... und es war meine Schuld.
    Ich war unsicher, was sollte ich tun ?
    Und plötzlich, nur einen ganz kurzen Augenblick, sah ich eine Szene aus meiner Jugend vor mir :
    Ein Bett in dem eine tote Frau liegt, ein kleiner Junge davor und ein streng dreinblickender Mann der den Jungen mit der flachen Hand ins Gesicht schlägt: "Hör mit dem geplärre auf, ein Patrizier zeigt seine Gefühle nicht..."


    War ich das, zusammen mit meinem Vater ? Ich schämte ich, im Angesicht ihres Leidens einen kleinen Schritt näher an meinen Erinnerungen zu sein...


    Ganz sachte, fast schüchtern, legte ich meinem Arm um ihre bebenden Schultern..


    "Helena, bitte, weint nicht..."


    Ganz plötzlich, kam mir ein anderer gedanke.. Ich sanft zog sie dichter an mich und drückte ihren Kopf an meine Schulter.


    "Weint, wenn es euch hilft, vergrabt euren Schmerz nicht..."

    Wie konnte sie denken ich hielte sie für dumm ?


    "Liebe Helena, wir alle müssen lernen. Auch habe nicht die ultimative Wahrheit über unsere Geschichte, schliesslich war ich nicht dabei.... Es ist nur meine Sicht, beeinflusst durch meinen Lehrer, wer immer er oder sie auch war."


    "Vergesst nicht, ich habe die Erinnerungslücken, kann mich weder an Vater und Mutter erinnern......"


    Ich hatte die Worte kaum ausgesprochen, da bereute ich sie schon....


    Quintus, du Trottel...


    "Helena, verzeiht, ich ... ich wollte nicht..."


    Wie konnten meine Worte meinen Fehlverhalten wiedergut machen...

    Ich war erstaunt... Ich kannte dieses Zitat, doch warum war mir der Autor nicht bekannt ??


    "Dies ist von Livius, sagst du ? Ein kluger Satz, und das von einem Dichter... Sicher er hatte recht, Hannibal hat die Elite Roms am Trasimenischen See und in Cannae dahingerafft. Doch wagte er es nicht gegen Rom zu ziehen... und so konnte P. Cornelius Scipio Africanus ihn vor Zama schlagen."


    Ich lachte leise vor mich hin...


    "Das ist noch so eine römische Tugend : Beharrlichkeit und Zähigkeit. Im Ersten Krieg gegen Karthago musten wir lernen zur See zu fahren. Sei mir nicht böse, aber das ist KEINE römische Kunst. Aber wir bauten eine Flotte, kämpften, und verloren die Flotte im Sturm... Und wir bauten eine neue, grössere Flotte...und siegten..."

    Irgendwie hatte ich es geschafft : Die Traurigkeit, welche schon die ganze Zeit in ihrem Blick gelegen hatte, war verschwunden.
    Sicher wäre es Vernünftiger, mich langsam auf den Weg zum Castellum zu machen, aber ich liess es. Sollte mir meine Ausbildung morgen auch etwas schwerer fallen, Helena von ihrer Trauer abzulenken war es mir wert.


    "Ich denke schon eine ganze Weile darüber nach, von wem ich ausgebildet wurde."


    Ich machte eine kurze Pause...


    "Klar, ich weis nicht wer es war, aber ich weis was er mir beibrachte. Ich kann mit den Waffen der Legion umgehen, könnte dir die Liste der Konsuln der Republik seit Lucius Iunius Brutus herunter beten und aus dem Kopf Skizzen der Belagerungsbauwerke vor Genevia und Alesia anfertigen..."


    "Aber,.." fuhr ich fort, "ich bin nicht in der Lage irgendein gedicht zu rezitieren, weder von Vergil, Horaz oder Livius."

    In der Pause ging ich zu meinem Kameraden und sah in Ernst an:


    "Sag mal, Kamerad," sagte ich leise, so das mich der Optio nicht hören konnte, aber doch sehr bestimmt, " hast Du ein Problem mit mir ?"


    Er guckte mich nur an, er war ein Hünne, mir sicherlich um einen Kopf überlegen. Bestimmt hatte er germannische Vorfahren.. So klang auch sein grausamer Akzent.


    "Du bist ein patrizischesr Weichei..."


    "Ach ja..? Ich würde das gerne Weiter mit dir besprechen, aber nicht hier, wir wollen da keine Offiziere reinziehen. Sagen wir hinter den Hippodrom, nach Diienstschluss ? "

    In diesem Moment wurden wir durch eine folge von lauten Geräuschen auf geschreckt: Erst Bellen dann Fauchen gefolgt von einem gequälten Jaulen und zum schluss der schreckhafte Schrei einer Frau.
    Ich blickte hoch und sah, direkt uns gegenüber eine junge Frau, offebar ein Sklavin auf dem Boden liegen, neben ihr ein umgekippter Korb aus dem einige Äpfel rollten.
    Von dem Hund sah ich nur wie die Schwanzspitze um eine Ecke verschwand, die Katze hingegen, sass, das Fell noch gesträubt auf einem Karren, der an einer Hauswand lehnte.
    Ich stand, ging zu der Frau half ihr hoch und half ihr dann noch die Äpfel wieder auf zusammeln.
    Dann kehrte ich zurück und setzte mich wieder neben Helena...
    Ich schüttelte den Kopf...


    "Katzen, " meinte ich nur, "den Hund an Kraft und Grösse unterlegen und doch siegen sie meist im direktem Vergleich... Fast wie Rom gegen die Barbaren. Denn was die Zahl an geht sind wir den Barbaren, sein es Gallier, Kelten oder Briten, doch meist unterlegen. Nimm doch nur einmal Gaius Julius Caesar, als er gegen die Helvetier zog. Das waren 300000, gut auch alte, Frauen und Kinder, aber doch sicher auch 100000 tapfere, erprobte Männer unter Waffen. Und Caesar ? Er hatte doch gerade mal 4 oder 5 Legionen."


    "Und er siegte, " auf mein Gesicht legte sich ein Zufiedenes lächeln. Es erfreute mich immer mit Stolz, an die grossen Taten Roms zu erinner,".. und das mit militärischer Diziplin und politischer Schlauheit."


    Ich war abgeschweift, und konnte nicht einmal sagen ob dies zu meinen Eigenschaften gehört.


    "Ich denke, für uns Römer gehören Militär und Politik zusammen. Daher will ich mich in der Legion bewähren. Dazu gehört auch, das ich den Kontakt zu deinem Mann im Castellum auf das nötigste beschränke, um jeden Eindruck von Mauschelei zu vermeiden."


    Ich schmunzelte leicht.


    "Das mag in der Politik gang und gebe sein, doch der einfache milite respektiert doch mehr die Tat als die Herkunft. Habe die Grundlage gelegt dann werde ich in die Politik einsteigen, denn nur so kann ich dann die hohen Posten in der Legion erreichen."


    Ich sah sie an.


    "Ich hoffe ich langweile dich nicht ?"

    Ich war ein wenig verunsichert, ich hoffte sie nicht verärgert zu haben.


    "Ja, Legio IX ist jetzt meine neue Heimat. Neben meinem Gens natürlich... Es ist nicht leicht, gerade als Patrizier schonen einen die Offiziere nicht. Aber es ist fühlt sich gut und richtig an."


    Ich dachte an den Centurio auf dem Exerzierplatz und musste unweigerlich lächeln.


    "Weist Du, der Centurio fragte mich heute nach meinem Motiven und ob ich die Legion nur als Trittbrett für eine politische Karriere erachte... Ich habe ihm lieber nicht gesagt, das der Cursus Honorum sicherlich zu meinen Zielen gehört."


    "Ich würde gern meinen Pater Familias kennen lernen und auch meinen weiteren Verwandten."

    2O Meter... Ich bin mir sich, das wäre für mich zu schaffen. Bei einigen meiner Kameraden bin ich mir nicht so sicher..


    Alle Probati holen aus und schleudern ihre Speere..


    Mein Nachbar zur rechten gibt mir einen leichten Stoss. Meine Wurf schlingert und ich sehe ihm mit grosser Besorgnis.


    Die Momente des Fluges erscheinen ewig zu dauern...


    Die Göttern sein Dank, gerade so eben überquert der Speer die Seillinie...


    Ich blicke meinen Kameraden ärgerlich an, doch der grinst nur Blöd...

    Der Schlag des Optio schmerzte mich weniger, als die Kritik..


    Ich schwor mir es besser zu machen. Ich lielt mein scutum fester in der Hand, fest entschlossen künftig keine Lücken mehr zu lassen.


    Nun hatten mich die Worte des Optio auch zornig gemacht, und ich merkte das meine nächsten ein zwei Hiebe zwar heftig waren und meinen Übungspartner in Bedrängnis brachten. Aber sie waren unpräzise...


    Quintus, führe dein Gladius mit dem Kopf nicht mit dem Herzen...


    Die Stimme in meinem Kopf erschien mir so vertraut, es war mein Vater. Einen kurzen Moment glaubte ich sogar ein Gesicht zu erkennen...


    Ganz plötzlich wurde ich wieder ruhiger, spürte wie meine Angriffe immer genauer wurden und meine Deckung immer dichter.

    Zitat

    Und insbesondere die Tatsache das Marsch auf Pflastersteinen DEUTLICH anstrengender ist als Marsch auf weicherem Untergrund.


    Das mag ja stimmen, wenn es ein gut gepflegter Untergrund ist, doch ich gebe zu bedenken, das gerade Lehm, Sand und auch Grasswege von der Witterung stärker beeinflusst sind:
    Bei Regen laüft man im Schlamm, im heissen, trockenen Sommer schluckt man Staub und im Winter ist der Boden hart gefrohren...
    Das ganze mag für eine Grasnarbe nicht ganz so zu treffen, doch :


    Wie würde der Weg aussehen wenn eine ganze Legion in Reih und Glied darüber marschiert ist ?

    Es ist eine Pause auf dem Exerzierplatz, der Optio hat uns gestattet etwas zu Trinken und zu Essen.
    Ich nutze die Gelegenheit, während ich einen Apfel esse, einen kleinen Abstecher zu den Stallungen zu machen, um nach dem Pferd zu sehen, das mich hierher gebracht hat.
    Es ist so, als würde ich einen alten Freund begrüssen. Als das Pferd mich sieht, wiehert es leise, so als ob es mich erkennt.


    "Na mein Guter, " ich tätschle es schachte am Kopf, " nun bin ich auch in der Legion.."


    "PROBATI,.. DIE ZEIT DES FAULENZEN IST VORBEI..." Die Stimme des Optio ist nicht zu überhören.


    Mit einem leichten Seufzer gebe ich dem Pferd den Rest meines Apfels und kehre im Laufschritt zurück zum Exerzierplatz....

    Hat uns der Optio wirklich die letzten Liegestütze erlassen ?


    Ich kann nicht sagen das ich unglücklich darüber bin, doch die Erleichterung meines Nebenmannes ist kaum zu übersehen. Sein Kopf ist fast so rot wie seine Tunika, seine Bewegungen sind langsamer geworden,....


    Wieder stehen wir uns mit Gladius und Scutum gegenüber, schlagen aufeinandern ein...

    Liegestütze.....


    Der Optio zählt und gibt den Takt vor, er erlaubt keine Nachzügler.


    eins, zwei, drei ... ich zähle stumm mit... zehn, elf,....


    Mein Nebenmann flucht stattdessen leise...
    Hat er eben den Optio einen Schinder genannt ? Hoffentlich hört hat der nichts gehört...
    Aber so laut, wie der die Zahlen über Platz schreit :


    ...ZWANZIG, EINUNDZWANZIG...

    Immer wieder und wieder läst uns der Optio die Übungen durch führen.
    Auf den Gesichtern meiner Kameraden rinnt der Schweis und auch ich spüre das meine Stirn feucht wird.
    Man kann erahnen das die meisten innerlich den Otio verfluchen, aber wollen in die Legion.
    Doch sind es nicht Disziplin und Kondition, welche die Legionen Roms allen Barbarenhorden überlegen macht ?


    War das ein Lob des Optio ? Ich wage es kaum zu glauben,...


    Doch der Drill geht weiter:


    Deckungslücken suchen-Ausfallschritt-ZUstoßen-Zurückziehen-Schild hoch


    Deckungslücken suchen-Ausfallschritt-ZUstoßen-Zurückziehen-Schild hoch


    Deckungslücken suchen-Ausfallschritt-ZUstoßen-Zurückziehen-Schild hoch


    ...

    Es tat gut hier zu sitzen und jemanden über die Gedanken zu berichten, welche mir in der ganzen Zeit durch den Kopf gingen.
    Dabei kannte ich sie doch erst seit sehr kurzer Zeit, doch schien mir so, als ob ich sie schon seit lange Zeit kannte...


    "Nein, meine Liebe, du sollst dich für deine Worte nicht Entschuldigen. Schenkt mir lieber eines eurer wundervoillen Lächelns"


    Quintus, was fasselst du da ?


    "Verzieh mir, ich war Anmassend. Es steht mir nicht zu, so etwas zu sagen. Und verzeih mir, wenn ich gelegentlich vom Du zum Ihr wechsele. Es scheint ihn in meiner Erziehung zu liege."


    Ich lächelte leise.


    "Wenigsten kann ich so mit Gewissheit sagen, das ich nicht in einer Germanenhütte jenseits des Rheines aufgezogen wurde."

    "Euch scheint kalt zu sein."


    Ich nahm meinen Sagum ab und legte ihn ihr ungefragt um die Schulter.


    "Nehmt meinen Sagum"


    Ich setzte mich neben sie, stützte meine Ellenbogen auf meine Knie und starrte auf den Boden unter mir.


    "Liebe Helena, ich vertraue euch auch, daher seit versichert : Ich hege keinerlei Rachegedanken gegen ein ganzes Volk. Und ich glaube auch das ich mich an den Barbaren rächen will, der mir die sen Hieb auf den Kopf verpasst hat."


    Ich drehte meinen Kopf zu ihr und fuhr fort.


    "Ich spüre das irgendjemand, vielleicht sogar ein römischer Bürger dahinter steckt. Ich weis nicht wer, aber ich werde es herrausfinden...."


    Ich richtete mich auf und sah sie an, sah ihrer Besorgnis.


    "Nein, seid unbesorgt, ich werde nicht mit gezogenem Gladius losstürmen..."


    Ein Lächeln legte sich auf mein Gesicht...


    "Gerade ist mir so als ob ich die Stimme meine Vaters höre : Rache ist ein Gericht welches am besten Kalt genossen wird..."

    Ich sah zu ihr herab... Was für Augen...


    "Leider nicht, aber in mir wächst die Zuversicht das alles zurückkehren wird..."


    Ich lachte leise vor mich hin...


    "Weist du, als der Arzt sagte, mein Gedächtnis würde zurückkehren, da dachte ich : Ja, ja...an den Griechischen Kalenden.."


    Mit jedem Schritt kamen wir dem Castellum immer näher. Meine Schritte wurde kürzer.


    "Aber mittlerweile bin ich sicher alles wird zurückkehren. Und dann, dann werde ich jene zurrechenschaft ziehen, welche mir und meinen Nächsten dies angetan haben.."

    Wir verlassen zusammen die Villa Tiberia. Ich kann es nicht verhehlen, das ich zum ersten Mal seit langen, ja eigentlich so lang ich mich erinnern kann, wirklich zufrieden bin:
    Ich bin in die Legion eingetreten und jetzt begleitet mich eine wundervolle Frau zurück ins Castellum. Ich spüre wie sich meine Schritte unbewusst etwas verlangsamen.


    "Leider, liebe Helena, kann ich mich noch nicht wirklich an meinen Vater erinnern, ich weis nicht seinen Namen und auch von seinem Aussehen habe ich nur eine Ahnung. Es sind vielmehr nur kurze, unscharfe Visionen, Worte aus seinem Mund,..."

    Sorgte sie sich wirklich um mich ? Ich wagte es kaum zu glauben..
    Aber ihr Lächeln war umwerfend, trotz der Trauer, die ich noch in ihrem Gesicht erkennen konnte.


    Ich bräuchte nur ja sagen, dann könnte ich meinen Kopf senken und ihre Hände würden ihn berühren. QUINTUS !!! Die Stimme in meinem Kopf rief mich so laut zurecht, lauter könnte kein Centurio sein.


    "Nein, es ist nichts schlimmes. Mein Vater hatte schon gesagt, ich hätte seinen Dickschädel geerbt.Ja, ih.. du hörst recht, es scheint, dieser Hieb hat meinem Gedächtnis auf die Sprunge geholfen.. "


    Ich machte eine kurze Pause.


    "Vielleicht sollte ich mich häufiger am Kopf treffen lassen."


    Ich sah sie an.


    "Es würde mich sehr freuen, wenn Du mich zurück zu Castellum begleiten würdest."


    Ich zögert etwas.


    "Aber, du solltest einen Sklaven mitnehmen, der dich sicher nach Hause geleiten kann.."