Beiträge von Quintus Tiberius Vitamalacus

    Es dauert in seinen Augen zu lange, bis jemand kam. Und dann war es auch nur der Sklave, der ihm die Nachricht überbrachte, das Minervina schlief.


    "Sie schläft ?"


    "Ja, Domine"


    "Und wie kommst du zu dieser Erkenntnis ?"


    "Sie sagte es mir..."


    Leicht erstaunt sah er den Sklaven an, denn für ihn konnte ein schlafender Mensch schlecht sagen, das er schlafen konnte. Es gab nur eine Schlussfolgerung : Minervina wollte nicht kommen. Nun könnte er selbst hinauf rennen und sie zur Rede stellen. aber dazu liess er sich nicht herab. Er hatte noch andere Möglichkeiten...


    "Sag Titus, das er sie holen soll...."


    Und während der Sklave sich auf den Weg machte, kümmerte er sich wieder um den Luchs.

    "Senator Aelius Quarto, wenn du meinst, der Vergleich zwischen der Kriminalität in der Stadt Rom und jenen Umtrieben in Hispania wäre eine Verharmlosung, so frage ich mich, wann du das letzte Mal in der Subura unterwegs warst. Noch vor wenigen Tagen war ein junger Mann unter meinem Dach zu Gast, der nicht nur Zeuge eines Mordes auf offener Strasse wurde, sondern auch selbst Opfer der Verbrecher wurde."


    "Ich erlaube mir die Behauptung aufzustellen, das es sicherer ist, von Tarraco nach Carthago Nova zu reisen, als nur einmal die Subura in den Seitenstrassen zu durchqueren."


    "Deine Empörung über diesen Brief kann ich verstehen, aber in meinen Augen bringt es nichts über diesen Brief zu debattieren, denn was wissen wir schon über die Verfasser dieses Briefes ? Oder weiss einer von Euch etwas über diese ominösen `Elefanten`? "


    "Wer sagt uns denn, das dies nicht nur eine kleine Gruppe von Verbrechern ist, welche durch die Veröffentlichung eine Plattform bekommen hat, welche der tatsächlichen Bedeutung dieser Gruppe nicht gerecht wird. Vielleicht ist das Schicksal dieser Gruppe auch schon längst besiegelt. Dieser Brief hätte, statt Gegenstand der Veröffnetlichung oder einer Senatsdebatte zu werden, sofort den Praetorianaer und dem Proconsul von Hispania übergeben werden."


    "Und bevor irgendjemand, irgendeiner Gruppe die Schuld an der Rebellion in Corduba gibt, sollten wir doch genau bescheid wissen, was die Ursache für diese ist. Erst wenn die Hintermänner und -gründe bekannt sind, sollten wir uns daran machen die Schuldigen zu suchen. Wer sagt uns denn, das diese nicht aus ganz anderen Regionen des Imperiums kommen."


    "Was aber heute feststeht, sind die einleitenden Worte in der Acta, welche eindeutig eine grosse Gruppe der Bevölkerung des Imperiums beleidigen und als Verräter herabsetzen."

    Der Sklave, der geklopft hatte, blieb unschlüssig vor der Tür stehen. Anscheinend war Domina Minervina nicht in ihrem Zimmer. Oder schlief sie vielleicht ?
    Egal was, er musste seine Botschaft überbringen. Und das möglichst schnell...


    Zeit genug, die Villa auf den Kopfzustellen hatte er zwar nicht, aber er musste sie so schnell es ging finden. Daher eilte er davon, sah vergeblich an ein paar Orten nach, an dem sie sich befinden könnte. Und mit jedem Misserfolg wuchs seine Unruhe, sah er sich doch schon dem Domine gegenüber sein Versagen eingestehen.


    Irgendwann kehrte er zurück zu dem Zimmer der Domina, schweratmend, den er hatte den grössten Teil der wege rennend zurückgelegt. Einen Moment blieb er noch mal stehen, dann klopfte er noch mal, erst leise, dann etwas kräftiger.


    "Domina Minervina," sagte er eher zögerlich, "seit ihr da ? Domine Tiberius Vitamalacus wünscht dich zu sehen..."

    Er war, nach dem die Geschichte mit dem Helvetier geregelt war, zurück in das Tablinium gegangen. Doch das Verhalten seiner Nichte ging ihm immer noch durch den Kopf. Ihre leicht aufmüpfige Art hatte ihm nicht gefallen und er fragte sich immer noch, was sie dazu bewogen hatte, allein durch die Strassen zu gehen. Davon wusste er durch ein paar wenige Worte, die er mit Titus gewechselt hatte.


    Er ging zu der Schlafstatt von Taranis, nahm den den kleine Luchs auf den Arm. Und während er zu seinem Tisch ging, gab er einem Sklaven die Anweisung, das Minervina zu ihm kommen sollte.


    Während er auf Minervina wartete, begann er Taranis zu füttern.

    Er würde wohl Cato zu Casa Helvetia schicken, irgendwie würde die Nachricht dann sicher den Senator erreichen, egal wo sich dieser aufhielt. So nickte er nur leicht.


    "Es sind keine Umstände. Deine Wunden werden hier noch versorgt und wenn nichts gegen ein Transport spricht, wird Titus dafür sorgen, das dein Transport erfolgt."


    Titus, der im Hintergrund stand, machte einen eher grunzenden Laut, als Zeichen, das er die Anweisung verstanden hatte. Für Tiberius Vitamalacus war die Sache nun eigentlich erledigt, daher wandte er sich zum gehen. Doch in der Tür blieb er noch einmal stehen.


    "Ich kann verstehen, das es dich danach dürstet, deinen Dienst schnellst möglichst wieder auf zunehmen, ich wäre da nicht anders. Aber, vertrau der Erfahrung eines alten Soldaten, es ist besser, wenn du diese Verwundung richtig auskuriest."

    "Werter Senator Spurius Macer, du magst recht haben, das die Beleidigung in den einleitenden Worten sich nicht auf alle Bewohner der Provinz bezog. Aber wie du auch ausgeführt hast, dienen in den Hilfstruppen zahlreiche Iberer. Und das tuen sie schon seit hunderten von Jahren. Unzählige von ihnen liessen ihr Blut und ihr Leben im Kampf für Rom, sei es in den Bügerkriegen, bei der Eroberung Galliens, Germaniens und Britaniens."


    "Und unzählige dieser tapferen Männer haben für ihre treuen Dienste das Bürgerrecht erhalten, begründeten römische Familien, iberischer Herkunft. Es sind Familien, welche nach unseren, römischen Idealen leben, Familien, deren verdienst es ist, das Hispania zu einer Urrömischen Provinz geworden ist. Und doch sind es oft Familien, die ihren Ursprung nicht vergessen haben."


    "Somit richten sich diese beleidigenden Worte nicht an eine Gruppe von Menschen ohne Bürgerrecht, sondern direkt gegen einen zumindest grossen Teil der römischen Bevölkerung Hispanias."


    "Senator Octavius Maximus, Senator Aelius Quarto, ich habe bereits in meinen ersten Worten gesagt, was ich von der Veröffentlichung dieses Leserbriefes halte. Dieses Schreiben gehört in die Hände der Praetorianer und, da kann ich Senator Aelius Quarto nur zustimmen, die Verbrecher und Verräter die dieses Schreiben verfasst haben, dürfen keine Gnade erwarten und das Kreuz ist fast noch zu gut für sie."


    "Und genau so wenig, wie der Proconsul sich auf die erpresserische Forderung der Verbrecher eingelassen hat, hätte sich in meinen Augen die Acta auf die Erpressung der Verbrecher einlassen sollen, die im letzten Absatz dieses schändlichen Traktats gestellt wird."

    Als die Miles den Raum und die Villa verlassen hatten, wandte sich der Tiberier wieder zu dem Verletzten Probatus zu. Dessen Bitte, auch sein Vater zu informieren, war für ihn eine Selbstveständlichkeit und wäre es nicht erforderlich gewesen, zunächst die Cohortes Urbanae zu informieren, hätte er dies schon lange veranlasst. Daher nickte er bejahend.


    "Ich werde es veranlassen."


    Dann ging ihm durch den Kopf, das er den Senator Helvetius Geminus eigentlich bisher nie im Senat geshen hatte und das sein Name auch nicht auf der Liste der an- und abwesenden Senatoren geführt wurde. All das sprach für ihn dafür, das der Senator eventuell nicht in der Casa Helvetia in Roma weilte.


    "Weisst du, ob sich sich dein Vater in der Stadt befindet ? Oder aber auf einem Landgut der Familie ?"

    Er hatte das Gespräch, besser die Befragung des Helvetiers aufmerksam verfolgt. Und natürlich war ihm der Abgang seiner Nichte nicht entgangen, sie hatte ein Verhalten an den Tag gelegt, das er missbilligte. Obendrein fragte er sich, was sie dorthin hinverschlagen hatte, wo sie den Helvetier gefunden hatte. Aber all das würde er später mit ihr besprechen.


    Als der Princepes Prior sich an ihn wandte, nickte Tiberius Vitamalacus.


    "Der Mann kann natürlich noch bleiben. Kümmere du dich um die Aufklärung vor Ort."


    Der Princepes Prior hatte die Befragung in den Augen des Tiberiers vorbildlich geführt und auch die Entscheidung, das der Probatus zunächst das Krankenlager aufsuchen sollte, konnte er nur zustimmen.


    "Du brauchst auch keinen Karren schicken, ich werde veranlassen, das Helvetius Marcellus sicher in euer Valetudinarium gebracht wird."


    Es gab schliesslich genug Gefährte in der Villa, die dafür geeignet waren.

    Es war eine berichtigte Frage, die der Principes Prior noch stellte, denn der Begriff verletzt konnte viel heissen, von einer leichten Schramme bishin zu einem Stadium kurz vor dem Tod.


    "In seinen Augen sind die Verletzungen weniger schwerwiegend, er wäre am liebsten persönlich zur Castra gelaufen. Doch in meinen Augen wäre das zu unvernünftig gewesen. Aber ein paar Tage Ruhe und er ist wieder voll und ganz einsatzfähig."


    Hier sprach seine lange Erfahrung in der Legion aus ihm, hatte er doch in den Jahren genug verletzungen erlebt.


    "Er scheint mir ein fähigen Mann zu sein, davon zeugt seine Einsatzbereitschaft."


    Diese letzte Bemerkung war aus den Mund des Tiberiers ein grosses und seltenes Lob.


    Er öffnete die Tür und führte den Princepes Prior hinein.

    Er beobachtete wie es Taranis genoss, sich von Albina mit Milch füttern zu lassen. Grosse Gedanken darüber, was in Zukunft mit Taranis passieren würde, hatte er sich noch nicht gemacht. Aber so Abwegig fand er es nicht, den Kleinen auch später, wenn er ausgewachsen war, frei herum laufen zu lassen.


    "Ich wüsste nicht, was dagegen spricht... "


    Eingesperrt in irgendeinen Käfig, wie gross der auch immer sein mochte, so konnte er sich ihn nicht vorstellen, höchsten für kurze Zeit, wenn zu viele Gäste in der Villa wären.

    Mit einem knappen Nicken nahm er den Gruss des Princepes Prior entgegen. Er war kein Mann, der sich jetzt mit vielen Worten aufhallten würde, er zog es vor, direkt zu handeln. Daher setzte r sich gleich in Bewegung.


    "Gut das Ihr so schnell gekommen seit. Folgt mir."


    Er deutete knapp in die Richtung in die es gehen würde und führte die Miles in Richtung des Gästezimmers.


    "Meine Nichte Minervina hat bei einem Spaziergang in der Nähe einen verletzten Mann gewunden. Sie hat ihn hierher gebracht, für die Wundversorgung gesorgt und mich informiert."


    Während er sprach, ging es weiter durch die Flure der Villa.


    "Eine erste Befragubng des Mannes ergab, das es sich um Tiberius Helvetius Marcellus, nach seinen Worten ein Miles von euch, handelt. Er beobachtet in seiner dienstfreien Zeit wie Mann Namens Scaurus, ein Wirt, von vier Männern in eine Seitengasse verschleppt wurde. Helvetius Marcellus eilte ihnen nach, wohl leider spät, denn er fand Scaurus Tot vor. Danach wurde der Helvetier in einen Kampf verwickelt, in dessen Verlauf er wohl einen der Angreifer zumindest schwer verletzt hat. Doch er wurde wohl überwältigt und in einen Keller verschleppt, aus dem er sich später befreien konnte und dann von meiner Nichte gefunden wurde."


    Mittlerweile hatten sie die verschlossene Tür des Gästezimmers erreicht und Tiberius Vitamalacus blieb stehen.


    "Wir sind da. Hast du noch fragen, bevor wir herein gehen ?"

    Er hatte den Artikel in der Acta gerade erst auf dem Weg in demn Senat gelesen und er war selbst erstaunt gewesen, welch ein Leserbrief da veröffentlich worden war und wie dieser eingeleitet worden war. Daher nickte er bei den Worten von Decimus Livianus nur zustimmend und meldete sich nach den Einwurf von Aelius Quarto kurz zu wort.


    "Senatoren. Ich kann den Worten von Senator Decimus Livinanus nur zustimmen. Allein die reine Veröffentlichung eines Leserbriefes dieser Art finde ich bedenklich, er gehört für mich nicht veröffentlich, sondern den Praetorianer überlassen. Doch gut, darüber vermag man andere Meinung sein."


    "Ihn allerdings mit solch einleitenden Worten zu veröffentlichen, in denen pauschal alle Bewohner einer Provinz als Abtrünnige und Verräter bezeichnet werden, ist etwas ganz anderes."


    "Einer Provinz zudem, welche seit langem, seit den gloreichen Tagen in denen Publius Cornelius Scipio Africanus die unsäglichen Karthager vertrieb, zu Rom gehört."

    Tiberius Vitamalacus erhob sich sofort, als Cato hereinblickte. Es war zwar erfreulich schnell gegangen, aber das honorierte er wie gewohnt nicht. Stattdessen nickte er nur kurz und entliess damit Cato fürs erste.


    Mit wenigen, militärisch geprägten Schritten näherte er sich den Miles.


    "Princepes Prior, Miles !" begrüsste er die Männer gewohnt militärisch knapp.

    Natürlich hatte sich auch Tiberius Vitamalacus eingefunden. Und an diesem Tag wurde er, wie die anderen Senatoren auch, von zahlreichen Klienten begleitet. Doch in der Gruppe stachen er und sein ewiger Schatten allein durch ihre Grösse heraus.


    Es war für ihn eine Selbstverständlichkeit, seinem Amtsvorgänger und Cousin für seine erfolgreiche Amtszeit zu applaudieren.

    "Selbstverständlich bekommst du etwas zu trinken," meinte der Tiberier knapp, sich fragend, warum keiner der Anwesenden bereits daran gedacht hatte. So überliess er die weitere Wundversorgung der Sklaven, drehte sich kurz zu Minervina."Du kannst dich, wenn du willst auf dein Zimmer zurück zu ziehen."


    Dann verliess er die Kammer, veranlasste im Gehen das ein Sklave Wasser und auch eine kleine Stärkung in die Kammer bringen würde. Er selbst kehrte zurück ins Tablinium, wartete darauf, das Cato mit den Cohortes Urbanae zurückkehrte.