Beiträge von Quintus Tiberius Vitamalacus

    Die Sonne war schon vor einger Zeit hinter den Mauern des Castellums verschwunden, doch Tiberius Vitamalacus war erst vor wenigen Augenblicken aus der Principia gekommen und war direkt im Tablinium verschwunden. Unterwegs hatte er einem Sklaven seinen Helm und Umhang geben und angewiesen, ihm ein kleines Mahl ins Tablinium zu bringen. Schnell wollte er sich noch um einige Schriftstücke kümmern, bevor er dann Helena in ihrem Zimmer aufsuchen würde.


    So liess er sich auf den Stuhl hinter dem Tisch fallen, strich Taranis, der sich neben ihn gesetzt hatte, über den Kopf, nahm einen Schluck Wein aus einem bereit stehendem Glas und widmete sich dann wieder dem Brief aus Hispania. Als er geendet hatte, legte er ihn beseite, stand auf und ging zum Fenster.


    Eine ganze Weile stand er da, blickte hinaus in das Perystilium und ging seinen Gedanken nach. Er war es gewohnt entscheidungen zu treffen, auch einsame Entscheidungen und hier stand eine Entscheidung an. Doch ganz allein wollte er sie nicht fällen. Ohne sich um zu drehen sagte er zu einem Sklaven.


    "Albina soll kommen,.... und wenn sie noch nicht schläft, auch meine Verlobte."

    Er war geneigt seinem Clienten zu zu stimmen, doch wusste er auch, wie sehr Rom einen aufrechten Mann korrumpieren konnte. Gerade ein aufrechter Soldat wie der Artorier könnte leicht in die Fänge der intriganten Ränkespieler geraten. Auch wenn er nicht daran glaubte, so wusste er doch, das so manch schwere und ungewohnte Aufgabe und Herrausforderung auf den Artorier warten würde.


    "Die Nähe der Macht kann auch einen guten Soldaten in Versuchung führen. Rom ist für einen Soldaten gefählicher als so manches Schalchtfeld," entgegnete der Legatus. "Doch mit dem Segen der Götter wird er jede Aufgabe meistern, welche ihm der Imperator gibt."

    Er winkte ab, es wäre zwar schön gewesen, zu wissen welche Ziele der Caecilier verfolgte, aber es war auch kein Grund sich zu ärgern. Schliesslich hatte er seinen Clienten nicht nach Rom geschickt, um dort zu spionieren.


    "Es wäre gut, sollte der Imperator Avitus zum Praefectus berufen," meinte er. "Er ist ein zuverlässiger Mann und fähiger Soldat."

    Mochte der Optio noch so fluchen, Taranis war es egal. Er rannte den Zellentrakt entlang, an den meist leeren Zellen entlang, fauchte kurz in jene Zellen, in denen die Trunkenbolde lagen, bis er die Zelle des Parthers erreichte. Dort hatte er seine Beute im Auge, ein Stück Fleisch fast direkt an der Tür.


    Im Vorraum schenkte der Legatus dem Optio immer noch keine Beachtung, er blickte an ihm vorbei in den Zellentrakt, während er mit dem Centurio sprach.


    "In der Tat," meinte er knapp, offenlassend welche Aussage er meinte.


    In dem Moment betrat der Primus Pilus den Trakt und der Legatus erwiderte den Gruss des Artoriers.


    "Primus Pilus ! Du erinnerst dich unseren Gefangenen von Edessa ? Die Garde ist hier, ihn nach Rom zu bringen."

    Es war ein Bericht, wie ihn der Legatus schätzte, kurz und dennoch vollständig, eben ein Konzentrat auf die entscheidenden Punkte. Aufmerksam hörte er seinem Klienten zu, nahm das Glass Wein zunächst mehr nebensächlich in die Hand. Erst als Licinus geendet hatte, hob er es kurz.


    "Auf das Examum, Centurio !" sagte er knapp, bevor er dann das übliche kleine Trankopfer brachte und einen Schluck trank. Erst dann ging er auf den Bericht weiter ein.


    "Der Praefectus will seinen Posten räumen ? Wird über seine weiteren Pläne spekuliert ?"


    Den Posten des Praefecten der Garde hatte noch nie jemand ohne weiteres aufgegeben, dazu war man in dieser Position zu nahe an der Macht. Und man kam auf diesen Posten eigentlich nur, wenn man die Nähe der Macht suchte.

    Knapp nickte der Legatus.


    Er war nicht unglücklich darüber, das die Garde nicht länger in Mantua verblieb. Es hätte ihn auch nicht gestört, doch bislang hatte er der Garde wenig Gastfreundschaft gegengebracht, ähnlich wie die Garde ihm vor Rom nicht besondere Gastfreundschaft entgegengebracht hatte. Er hatte einfach nicht das beste Verhälntnis zu Garde und das würde sich wohl auch nicht ändern.


    Er erhob sich.


    "Folge mir," meinte er nur knapp, während er zur Tür schritt und auf dem Weg noch zu einem Scriba sagte : "Der Primus Pilus soll zum Carcer kommen."

    Der OvD* staunte nicht schlecht, als durch die angelehnte Tür Officiums vor dem Zellentrakt der Luchs des Legatus huschte und an ihm vorbei eilte, direkt durch die Gittertür zum Zellentrakt. Es war bislang eine äusserst eintönige Schicht gewesen, neben dem Parther sassen nur die einschlägigen Kandidaten ein, besser lagen sie ein, wurden sie doch stets stockbetrunken eingeliefert. Wenn sie dann wieder nüchtern waren, müssten sie dann ihre Zellen vom Erbrochenen reinigen (Auch der Grund warum die Tür zum Trakt immer leicht offen war, denn anders könnte man den Gestank kaum ertragen) und bekämen dann weitere zwei bis vier Wochen Latrinendienst. So mancher dieser regelmässigen Kunden hatte schon Latrinendienst bis zum Ende der Dienstzeit angesammelt.


    "He, du Mistvieh," grummelte der Optio, während er vom Stuhl sprang um dem LUchs zu folgen. Erst als er das Gitter erreicht hatte, bemerkte er, das sich die Tür mittlerweile geöffnet hatte und neben einem Centurio der Garde, auch die Leibwache des Legatus und eben dieser selbst das Officium betreten hatten.


    Doch zum Glück für den Optio, bemerrkte ihn der Legatus nicht, so schien es zumindest, sprach er doch weiter mit dem Centurio der Garde.


    "Der Gefangene geniesst die gnaze Gastfreudschaft der Prima, regelmässige Mahlzeiten, ein Blick durch ein Fenster auf den Himmel und bei bedarf auch Medizinsche Versorgung."


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    *Optio vom Dienst

    Briefe zu lesen ermüdete ihn meisten und besonders lange, schwüllstige Briefe zu lesen ermüdete ihn um so mehr. Und so war diese Störung sicher keine unerfreuliche Störung, auch wenn er dies natürlich nicht zeigte. Höchstens die Geschwindigkeit mit der der Brief auf dem Tisch landete und die Tatsache, das er ihn nicht direkt vor sich ablegte, sondern ihn auf einem kleinen Stapel neben sich, könnte Rückschlüsse darauf zu lassen, das der Besuch durchweg erfreut aufgenommen wurde.


    "Centurio !" sagte er knapp. "Steh bequem !"


    Ebenso knapp deutete er auf den Stuhl vor seinem Tisch, die wortlose Einladung an den Centurio sich zu setzen. Eine weitere Geste bedeutete einen Sklaven ihnen Wein zu servieren, was dieser auch so gleich tat.


    "Und ?"


    Es war nur ein Wort, mit dem er, ruhig und ohne Ungeduld den Bericht des Centurios einforderte.

    Er legte die Schriftrolle auf den Tisch, blickte auf und erwiederte den Gruss des Praetorianers.


    "Centurio !"


    Eine knappe Geste bedeutete dem Centurio bequem zu stehen.


    "Ich habe euch in der Tat erwartet," stellte er fest. "Wollt ihr sofort wieder aufbrechen oder erst morgen früh ? Für den Fall könnt ihr auf dem Campus euer Nachtlager aufschlagen."

    Es lagen einige Briefe auf dem Tisch des Legatus, Briefe von mehr privater Natur und es waren eben solche Briefe, die nicht in der Principia landeten sondern im Tablinium des Praetoriums. Und dort blieben sie oft eine Weile liegen, bis der Legatus die Zeit fand, sie zu lesen und oftmals noch viel länger, bis er sie beantwortete. Und während es in der Principia gut funktionierte, das er die Briefe in der Reihefolge ihrer Wichtigkeit beantwortete, so klappte es hier im Praetorium garnicht. Titus war definitiv wesentlich besser als Leibwächter zu gebrauchen, denn als Scriba.


    So hatte er gerade ein paar wirre Zeilen eines Verwandten gelesen, einem Geschäftsvorschlag aus Germanien seine Aufmerksamkeit gewidmet, sich dabei geärgert das Cato gerade in Rom weilte und war dabei, sich durch einen dieser langen Briefe von Furianus zu kämpfen, als ihm die Ankunft des Centurio gemeldet wurde.

    "Soll rein kommen," sagte er knapp, widmete sich dann wieder dem Brief.

    Der Jubel der Legion war für Tiberius Vitamalacus immer so erhaben, wie damlas vor vielen Jahren als er in Hispania der IX. beigetreten war. Es mochten nun mehr als Zwanzig Jahre her sein und wäre er ein gewöhnlicher Milites gewesen, dann wäre er wohl auch mittlerweile ehrenhaft entlassen worden. Aber genau wie so mancheiner von den heutigen entlassenen, wäre er dann auch direkt wieder zum Rekrutierungsbüro gelaufen, um sich für eine zweite Dienstzeit zu verpflichten.


    Militärisch korrekt erwiederte er den Gruss des Centurios.


    "Centurio !"


    "Ich übertrage dir mit sofortiger Wirkung die erste Centurie der ersten Cohorte !"


    Mit kräftiger Stimme verkündete er der Centuria direkt vor ihm, wer ihr neuer Centurio sein würde und der Legion, wer ihr neuer Primus Pilus sein würde.


    "Du darfst deine neue Centurie gleich inspizieren, Primus Pilus !"

    Letzte Woche wachte ich doch mit netten Halsschmerzen in meinem Hotelzimmer in Warschau auf,.... und ein Tag durch das nasskalte Warschau hatte zur Folge, das ich, kaum das ich wieder zu Hause war, erst mal mit wirren Fieberträumen im Bett verschwand.


    Und kaum halbwegs genesen, da wurde ich doch schon wieder abgeholt und nach Holland verfrachtet...


    Hier gibt es zwar WLAN im Hotel, doch bei 10 € pro 100 Minuten, bin ich nur sparsam im Netz...


    Doch Donnerstag werd ich wohl endlich wieder im Lande sein.


    Sorry an alle, die deshalb warten müssen, bzw. mussten...

    Paconius Philogenes öffnete die Tür und fand den Legatus an seinem Tisch vor, wo dieser sich neben zahlosen Berichten der Legion, sich auch Berichten aus der Region und dem Rest des Imperiums widmete. Das Meiste darunter war entweder knochentrocken oder aber banal und langweilig. so wie die Aufstellung der Lagerbestände oder die Beschwerde eines Bauern über die Ausritte der Equittes.


    Als der Optio eintrat, sah Tiberius Vitamalacus kurz auf, hörte sich dessen Anliegen, bzw. das des Besuchers im Vorzimmer an und meinte dann:


    "Soll rein kommen !"


    Noch während der Optio den Raum verliess, trat ein weiterer Scriba an den Tisch heran, räumte zahlreiche Schriftrollen und Tafeln weg und reichte stattdessen dem Legatus eine neue Schritrolle. Dieser überflog diese, während er auf den Besucher wartete.

    Natürlich würden die ehrenhaft entlassenen Milites in ihren Centurien vermisst werden und auch Lücken bei den Immunes hinterlassen, einige von ihnen waren mit nicht unwichtigen Aufgaben in der Principia betraut gewesen, doch würden neue Soldaten die Lücken schnell und ohne grosses Zutun des Legatus füllen. Ein freier Posten allerdings würde sicher nicht von selbst wieder besetzt werden.


    Der Primus Pilus war das eigentliche Bindeglied zwischen den Centurionen und dem Stab, einem Mann, der immer noch den Kontakt zu den einfachen Milites hatte, der auch noch auf dem Campus zugegen war, der aber auch direkt dem Legatus bericht erstattete und dessen Wort im Stab gewicht hatte, mehr Gewicht noch als das eines Tribuns. Die Auswahl eines Primus Pilus war für einen Legatus immer eine wichtige Entscheidung, musste dieser doch nicht nur ein fähiger und in den Reihen der Legion geachteter Centurio sein, sondern musste auch ein Mann sein, dem der Legatus vertrauen konnte. Und so war es nicht zwangsläufig, das einer der Centurionen der ersten Kohorte auch neuer Primus Pilus wurde.


    Tiberius Vitamalacus sah den abrückenden ehemaligen Milites nach, dann wanderte sein Blick wieder über die Legion, bis sein Blick auf einem Mann stehen blieb.


    "Centurio Artorius Imperiosus ! Progedere !"

    Wieder verharrte der Legatus einen Augenblick, der eigentliche Grund für den Apell war mit den beiden Veränderungen im Stab natürlich noch nicht gegeben, der wirklich wichtige Grund sollte jetzt erst erfolgen. Tiberius Vitamalacus drehte sich kurz dem Primus Pilum zu und gab diesem mit einem Nicken den knappen Befehl:


    "Lass die Männer antreten !"


    Es mochte ein ungewöhnlicher Befehl, zumindest ein ungewöhnlicher Zeitpunkt diesen Befehl zu geben, war doch schliessllich die gesamte Legion bereits angetreten. Doch der Primus Pilus wusste bereits was zu tun war und begann einen Namen nach dem anderen heraus zu rufen. Es war imm die gleiche Folge : Name, Rang, Kohorte, Centurie. Und es waren Namen von Soldaten aus fast allen Kohorten und Centurien und jedesmal erfolgte das gleiche Ritual :


    Der Primus Pilus gab seinen Befehl an den Pilus Prior der entsprechenden Kohorte, dieser gab ihn weiter an den Centurio des herbei zitierten Miles, dieser erhielt seinen Marschbefehl zum antreten dann von seinem Centurio, trat hervor, grüsste militärisch und marschierte dann nach vorne, wo er sich bei den anderen herbei zitierten einordnete.


    Es dauerte eine Weile, bis dieses starre, aber feierliche militärische Ritual vollendet war und etwa eine halbe Centurie grosse Anzahl an Milites vor dem Legatus stand. Der Primus Pilus ging einmal die Reihe ab, stellte sich dann vor die Gruppe und meldete :


    "Männer wie befohlen angetreten !"


    Tiberius Vitamalacus antwortete mit einem militärischen Gruss, bevor er dann wieder zu sprechen ansetzte und sich an die angetreten Männer wandte.


    "Milites !"


    "Lange Jahre habt ihr Rom, dem Imperium und dem Imperator in der Legion gedient !"


    "Vor langen Jahren habt ihr das erste Mal den Treue Eid geleistet !"


    "Ihr habt euch verpflichtet, stets eure Pflicht zu tun, ihr habt euch verpflichtet euch auch mit eurem Leben für das Imperium einzustehen !"


    "Und genau das habt ihr getan !"


    Kurz verharrte er in Schweigen, dann fuhr er fort :


    "Heute ist jener Tag, an dem ich euch von jener Pflicht entbinde, Heute ist jener Tag, da eure Zeit der Verpflichtung endet."


    Während er sprach, gingen Scriba die Reihe der Milites entlang, verglichen die Dienstnummern der Milites mit den Dienstnummern auf ihren Wachstafeln, hakten Namen ab und reichten dann jedem Milites seine Entlassungsurkunde und eine Wachstafel mit einer Anweisung für die Legionskasse.


    "Heute verlasst ihr das Castellum nicht als Milites, sondern als Civis ! Ihr verlasst die Prima, die für so viele Jahre eure Heimat und Familie war."


    "Doch, auch wenn ihr nicht nicht mehr das Rot der Soldaten tragt, ihr werdet immer zu der grossen Familie der Prima gehören !"


    "Primus Pilus ! Nimm deinen deinen letzten Befehl entgegen : Führe die Männer hinaus aus dem Castellum."


    Wieder verharrte er einen Augenblick, dann wanderte sein Blick über die gesamte Legion und seine Stimme donnerte wieder über alle Köpfe hinweg.


    "Heute verabschieden wir Männer, die treu mit uns gelebt, gekämpft und gelitten haben ! Männer, denen so mancheiner sein Leben verdankt !"


    "Das werden wir ihnen nie vergessen, nicht heute und nicht in Zukunft ! Verabschieden wir sie mit einem Lautstarken :"


    "Prima Victrix ! Roma Victrix !"


    Und während die Legion zum Abschied jubelte, nahm der Legatus Haltung an und verabschiedete die Milites mit einem militärischen Gruss. Die entlassenen Milites wurden vom Primus Pilus an der Spitze durch die Reihen der Legion vom Campus geführt.