Beiträge von Herminia Tarpa

    Papiria Occia


    Die Vestalin nahm den Weihrauch auf und streute ihn langsam in das Kohlebecken, das am Lararium angebracht war, um damit das Opfer zu beginnen. Mit erhobenen Händen begann sie laut zu beten


    "O Lares Vestalium, Schützer und Segner unseres bescheidenen Hauses! Seit Jahrhunderten und Jahrtausenden schützt Ihr dieses Haus, das uns vestalischen Jungfrauen, wie auch unseren längst verblichenen Schwestern Schutz und Sicherheit bietet, uns vor den Verlockungen der Unkeuschheit bewahrt und uns so den Dienst für Res Publica ermöglicht.
    Seit der Begründung jenes Hauses durch die Väter opfern wir Euch als Zeichen unserer ergebenen Dankbarkeit, bringen Euch Wein, Brot, Puls und weiße Schweine dar.
    Steht uns auch in den nächsten Tagen, Jahren und Jahrhunderten bei, segnet dieses Haus, aufdass seine Einwohner niemals Not leiden müsssen, kein böser Geist von ihm Besitz ergreift oder irgendein Schaden über uns kommt.
    Dann können wir auch in den kommenden Tagen, Jahren und Jahrhunderten Euch demütig unsere Opfer darbringen, Eure Heimstatt bewahren und vor allem sterblichen Verfall schützen."


    Langsam senkte sie die Hände und wandte sich nach rechts zu Calvina hin.

    Pomponia Pia


    "Richtig! Die Götter sind zwar übermächtig und können uns jederzeit strafen und zermalmen, doch es ist eines freien Römers nicht würdig, vor den Göttern zu kriechen - wir geben ihnen Gaben, sie helfen uns und es besteht kein Grund, wie ein Sklave vor sie zu treten.


    Viele östliche Kulte haben diese Praktik jedoch angenommen - angefangen bei den Juden und ihren Sekten, aber auch viele andere Kulte verlangen völlige Unterwerfung."


    Damit hatte sie die Hausaufgabe ihrer Meinung nach ausreichend geklärt und sie enthüllte, was das Thema des heutigen Unterrichts war.


    "Deine Ausbildung neigt sich ihrem Ende zu, Sergia. Wir werden ab jetzt nur noch einige Dinge wiederholen, du kannst aber auch Fragen stellen. Deswegen möchte ich noch einmal auf das Opfern, einen zentralen Bestandteil der Religio Romana kommen:


    Kannst du mir sagen, nach welchen Kriterien ich ein Opfertier auswählen muss?"




    Papiria Occia


    Occia nickte knapp - das stellte sie zufrieden. Sie konnte also beginnen - alle warteten schon! So atmete sie tief durch, woraufhin die übrigen Vestalinnen rasch zur Ruhe kamen und sich eine sakrale Stimmung verbreitete. Ein Kreis bildete sich um die Vestalin und die assistierende Amata.


    Dann streckte sie die Hand aus, als wolle sie etwas von Calvina, um das Opfer zu beginnen.


    Sim-Off:

    Mal ein Level schwieriger ;)

    Papiria Occia


    Die Vestalin trat näher und blickte der Amata über die Schulter. Ihr prüfender Blick betrachtete die Leber, dann fasste sie Calvina an der Schulter und meinte


    "Sehr gut. Richtig!"


    Dann ließ sie die Sergierin auch wieder los und trat an Marsus heran, der noch immer das Blut rührte.


    "Ich danke dir und ich hoffe, du hast noch Verwendung für das Lamm!"


    "Klar, da mach' ich gute Filets draus!"


    erwiderte er lächelnd und wischte seine blutigen Hände an der Schürze ab, um sich per Handschlag zu verabschieden, doch Occia hob abwehrend die Hände und lächelte entschuldigend.


    "Ich denke, das lassen wir lieber. Blut macht unrein!"


    Rasch zog der Metzger seine Hand zurück und senkte entschuldigend den Kopf, doch dann lächelte er wieder.


    "Dann bis zum nächsten Mal! Und viel Erfolg bei deiner Ausbildung, Sergia! O...Papiria ist eine tolle Lehrerin, also sei schön brav!"


    "Ach, du!"


    warf Occia geschmeichelt ein und winkte dann Calvina hinter sich her.


    "Komm, wir gehen zurück!"

    Papiria Occia


    Die Vestalin war ein wenig irritiert - hatte sie nicht nach der Leber gefragt? Sie trat näher und überprüfte die Behauptungen von Calvina.


    "Und wie ist es mit der Leber?"


    Nachdem Marsus die Organe herausgetrennt hatte, wandte er sich der Schüssel mit dem Blut zu. Langsam begann er, es zu rühren.

    Papiria Occia


    "Gut, das genügt - wobei ein wenig Wein auch nicht geschadet hätte. Dann fangen wir an."


    Sie blickte in die Runde: Die anderen Vestalinnen warteten bereits und hatten sich postiert. Dann plötzlich fiel Occia doch noch etwas ein.


    "Hast du auch die Geräte vorbereitet?"


    Nicht, dass die Patera noch schmutzig war! Außerdem musste natürlich das Opferfeuer brennen und die Geräte mussten bereit stehen!

    "Gut, dann sieh sie dir an und sage, ob sie gesund ist!"


    erwiderte Occia, während Marsus damit begann, die restlichen Organe herauszuschneiden und in die Schüssel zu legen. Offensichtlich hatten die beiden beschlossen, dass man Calvina doch nicht zu viel zumuten musste. Er nahm ihr das Messer und machte sich daran, den Magen loszuschneiden. Ein etwas widerlicher Gestank drang aus dem Leib des Tieres, als er das Organ von Speiseröhre und Darm losschnitt.

    Papiria Occia


    Selbstverständlich wartete die Vestalin bereits auf ihre Schülerin und als diese erschien, wurde sie auch entsprechend begrüßt. Sie trug eine Schale mit Opfergaben, dennoch fragte die Opferherrin


    "Was hast du denn mitgebracht?"


    Schließlich wollte sie nichts übersehen, wenn sie es den Göttern anpries! Unterdessen kamen andere Vestalinnen, um dem Opfer beizuwohnen.

    Eines Tages erhielt Calvina wieder einmal eine Nachricht von Occia. Als sie vom Unterricht kam, lag das Täfelchen einfach auf dem Beistelltischchen.



    Morgen muss ich den Laren opfern. Ich möchte, dass du mir dabei assistierst und alles vorbereitest. Bring auch Opfergaben mit - ich werde sie dir dann ersetzen!


    Papiria

    Pomponia Pia


    Pia lächelte zufrieden, als Calvina die Rolle hervorholte und zum Vorlesen ansetzte. Als sie jedoch kurz darauf wieder endete, gefror ihr Lächeln einen Augenblick und erstarb. Nach einem gedehnten Seufzer meinte sie


    "Ich hatte eigentlich einen etwas längeren Text erwartet. Aber wir können das ganze ja auch mündlich machen: Kannst du mir etwas genauer erklären, was du unter Superstitio verstehst? Oder warum ausgerechnet die Juden und Christen?"




    Wenn Calvina geglaubt hätte, dies wäre der ekelhafte Teil der Tieröffnung gewesen, irrte sie sich. Marsus sah ihr wohlwollend zu und hätte beinahe etwas von "Naturtalent" gemurmelt, hielt sich dann aber doch zurück - Talent zum Metzgern war wohl nichts, was einer Vestalin zur Ehre gereichte! So wartete er ab, bis das Lämmchen komplett aufgeschnitten war. Dann wandte er sich um und griff sich eine Schüssel aus dem Regal.


    "Da kommen die Organe jetzt rein."


    Er griff mit beiden Händen in den geöffneten Leib des Tieres und zog die beiden Schnittkanten auseinander, sodass man die teils blutige, teils schleimige Ansammlung von Innereien sehen konnte. Er begann, die verschiedenen Teile zu erklären.


    "Das lange Knäuel da ist der Darm, da haben wir die Leber und drunter den Magen. Das Tierchen muss ganz schön Hunger gehabt haben - schau wie flach er ist! Das Rote da oben sind die Lungen - die haben zwei Flügel und dazwischen..."


    Er bohrte mit den Fingern zwischen die beiden hellroten Lungenflügel.


    "...haben wir das Herz."


    Mit einem Ruck riss er den toten Lämmchen das Herz aus dem Leib und zeigte es Calvina. Papiria Occia schien die Vorstellung nicht ganz so witzig zu finden, denn sie sah schon etwas bleich aus.


    "Ist gut, Marsus! Machen wir weiter!"


    "Gut, dann schneide jetzt am besten die inneren Organe raus und leg' sie hier in die Schüssel."


    meinte er und befreite sich aus dem Inneren des Schafes, um mit seinen blutverschmierten Händen die Schüssel aufzunehmen und Calvina hinzuhalten. Unterdessen fragte Occia


    "Hast du schon etwas über die Kontrolle der Innereien gelernt?"

    Pomponia Pia


    Am nächsten Tag erschien wieder Pomponia Pia, die Virgo Vestalis Maxima, in der Ausbildungs-Kammer. Wie üblich strahlte sie eine gewisse Majestät und Würde aus, als sie sich auf ihren Platz setzte.


    "Hat Minucia dir die Aufgabe für heute gegeben?"


    fragte sie dann knapp.




    Marsus grinste, als ob es Spaß machen würde, einem kleinen, unschuldigen Lämmchen die Gedärme aus dem Leib zu reißen. Dann jedoch wurde sein Gesichtsausdruck wieder professionell und gab das Messer an Calvina weiter.


    Danach ergriff er das tote Lämmchen und hielt es an den Hinterbeinen über eine Schüssel, sodass das Blut, das noch immer aus der Kehle rann, aufgefangen wurde.


    "Für Lupercalia-Wurst!"


    erklärte er sein Handeln, während das Blut in die Schale tropfte. Zu den Lupercalia wurde tatsächlich Blutwurst zu Ehren des Faunus verzehrt und offensichtlich erfreute sich die Version des Marsus auch im übrigen Jahr großer Beliebtheit. Endlich versiegte der Blutschwall und das Lamm hatte eine blasse Farbe angenommen (abgesehen vom Kopf, in den das Blut gesackt war).


    Jetzt legte Marsus das tote Tier auf die Schlachtbank zurück - auf den Rücken, sodass er es an den Beinen festhalten musste.


    "Du stichst hier rein und schneidest dann einmal bis zum Sternum."


    Er zeigte, wo Calvina loszuschneiden hatte und den Punkt, an dem die Rippen des Schafes zusammenliefen.


    "Geht bisschen schwer, aber einfach feste zudrücken - das Messer packt das!"

    Minucia Milicha


    "Richtig. Das ist ein besonders augenfälliges Beispiel, wie du dir denken kannst. Hat ein geopfertes Tier eine solche Leber, sollte das Opfer dringend wiederholt werden! Es kann sein, dass das Schaf nicht gesund war oder zumindest nicht makellos - so ein Opfer beleidigt die Götter.


    Wenn du ein Opfer durchführst, das so ein Ergebnis hat, musst du es auf jeden Fall wiederholen - sonst kannst du dir göttlichen Zorn zuziehen!"


    erklärte sie. Dann begann sie, verschiedene Stellen an der Leber zu erklären, dazu mögliche Deformationen oder häufige Mäkel. Es dauerte jedoch nicht lange, da hatte sie geendet.


    "So, das ist genug - mehr musst du nicht wissen! Dies solltest du dir aber merken!


    Für morgen hat mir die Virgo Vestalis Maxima aufgetragen, dir eine kleine Aufgabe zu geben: Schreibe auf, was Superstitio für dich ist. Morgen wird sie es abprüfen!


    Desweiteren wünsche ich dir einen angenehmen Nachmittag und noch eine gute Ausbildung. Wir sehen uns sicher noch häufiger! Vale!"


    Damit war der Haruspizin-Unterricht beendet. Minucia Milicha blieb jedoch noch einen Augenblick sitzen, als schien sie nachdenken zu müssen, was als nächstes zu tun sei. Endlich erhob sie sich doch noch und verließ mit schlurfendem Gang den Lehrraum.




    Marsus schien etwas aufgeregt zu sein, dass die Sache doch nicht so glatt gegangen war, wie erwartet und auch Papiria Occia wirkte etwas bleich. Das Blut aus der Halsschlagader des Lämmchens benetzte die Schürze des Metzgers, aber auch den Boden der Schlachtkammer.


    "Mädchen, schnell, fest und entschlossen!"


    meinte Marsus, doch Occia beruhigte die Sergierin rasch wieder ein wenig


    "Das hast du gut gemacht, Sergia. Es ist noch kein Metzger vom Himmel gefallen!"


    Marsus zuckte mit den Schultern und legte das tote Tier endlich auf der Schlachtbank ab.


    "Auch ausnehmen?"


    fragte er die Papirierin, welche knapp nickte. Daher drehte sich der Metzger um und nahm ein weiteres Messer mit einer schmalen Spitze von einer der anderen Schlachtbänke.


    "Hast du schonmal ein Tier ausgenommen?"

    Minucia Milicha


    Calvina wirkte etwas befremdet, doch zufrieden stellte Milicha fest, dass sie nicht angewidert das Gesicht verzog, wie es bei jungen Mädchen beim Anblick innerer Organe so oft der Fall war.


    Dann reichte sie die Leber an Calvina weiter.


    "Schau' sie dir nur gut an, Sergia. Du siehst, dass sie dunkelrot ist wie altes Blut. Auf der Seite ist sie glatt, dort hängen ein paar Dinge daran, deren genauere Bedeutung du aber nicht unbedingt kennen musst. Das dort ist eine Ader, die in den Körper des Schafes geht."


    erklärte sie dann am echten Objekt, wobei sie sich vorbeugte und der Amata all die Dinge durch Daraufzeigen zeigte. Als sie fertig war, lehnte sie sich wieder zurück und seufzte gedehnt.


    "Die andere Leber in dem Korb ist nicht gesund. Nimm sie dir heraus - mein Rücken macht das häufige Bücken nicht mehr mit!"


    Sie schob den Korb ein wenig in Calvinas Richtung, sodass sie sich nur bücken musste, um das nächste Objekt zu nehmen.




    Minucia Milicha


    Am nächsten Morgen kam Milicha etwas später. Sie hatte einen Korb bei sich, den sie neben dem Lehrstuhl abstellte. Dann setzte sie sich mit einem Ächzen. Einen Augenblick musste sie sich sammeln, dann begann sie den Unterricht.


    "Heute machen wir das, was wir gestern gelernt haben, ein wenig praktischer. Ich habe Lebern mitgebracht."


    Sie bückte sich zu dem Korb (was ihr wieder sichtlich Mühe machte) und nahm den Deckel ab. Dann begann sie einen Augenblick zu suchen und holte endlich ein Stück Fleisch heraus. Sie hielt es hoch und dann der Amata hin.


    "Das ist eine gesunde Schafsleber. Ich habe sie schon vom Blut reinigen lassen, damit du alles besser erkennst."